Der Drit­te Welt­krieg Teil 3: Der Wirt­schafts­krieg der USA gegen Deutsch­land und Euro­pa (Impe­ria­lis­mus und Gre­at Reset Teil 7.4.3)

Lese­zeit34 min

Dies ist der zwölf­te Teil einer mehr­tei­li­gen Serie von Jan Mül­ler zur aktu­el­len Impe­ria­lis­mus­de­bat­te in der kom­mu­nis­ti­schen Bewe­gung. Sie beinhal­tet fol­gen­de­ne Teile:

1. Ein­lei­tung & Marx­sche Methode

2. Klas­si­scher Impe­ria­lis­mus (1895 – 1945)

3. Der Spät­ka­pi­ta­lis­mus (1945 – 1989)

4. Die expan­si­ve Pha­se des neo­li­be­ra­len Kapi­ta­lis­mus (1989 – 2007)

5. Der Neo­li­be­ra­lis­mus in der Kri­se (seit 2007)

6. Chi­nas Auf­stieg und der Abstieg des Wes­tens (bis 2020)

7. Eine vier­te impe­ria­lis­ti­sche Epoche?

7.1 Der Gre­at Reset

7.2 Die Kli­ma-Hys­te­rie von 2019 als Vorspiel

7.3 Die Coro­na-Hys­te­rie von 2020 bis 2022

7.4 Der Drit­te Weltkrieg

7.4.1 Der Ukrai­ni­sche Kriegs­schau­platz 2022

7.4.2 Der Wirt­schafts­krieg gegen Russland

7.4.3 Der Wirt­schafts­krieg der USA gegen Deutsch­land und Europa

7.4.4. Kli­ma­lock­down und Gre­at Reset

7.4.5. Faschis­mus in der Ukrai­ne, Demo­kra­tie­ab­bau im Westen

7.4.6. Umbruch in der Weltwirtschaft

7.4.7. Die Eska­la­ti­on des Krieges

8. Exkur­se zur aktu­el­len Imperialismusdebatte

9. Per­spek­ti­ven des Sozia­lis­mus auf der Erde

Die Serie kann als Bro­schü­re im PDF- und Epub­for­mat frei her­un­ter­ge­la­den werden.

Impe­ria­lis­mus und Gre­at Reset: Eine vier­te impe­ria­lis­ti­sche Epo­che? (Teil 7.4.3)

6.4.3. Der Wirt­schafts­krieg der USA gegen Deutsch­land und Europa

Der Wes­ten beab­sich­tigt nicht nur Russ­land öko­no­misch und mili­tä­risch in die Knie zu zwin­gen, son­dern die USA füh­ren dar­über hin­aus auch noch einen ver­deck­ten Wirt­schafts­krieg gegen die EU und beson­ders gegen ihre Vor­macht Deutsch­land. Was kri­ti­sche Wis­sen­schaft­ler schon seit dem Beginn der Sank­ti­ons­po­li­tik ver­mu­tet haben, ist inzwi­schen im Main­stream ange­kom­men, wenn sich zum Bei­spiel der fran­zö­si­sche Prä­si­dent Macron in ohn­mäch­ti­ger Wut über das Ver­hal­ten der USA beschwert, ohne etwas dar­an ändern zu können.

Wenn wir jedoch in die Geschich­te zurück­bli­cken, erken­nen wir, dass die­ses Ver­hal­ten gar nicht so neu ist. Spä­tes­tens seit 1989 ver­folg­ten die USA das Ziel, Deutsch­land öko­no­misch ein­zu­däm­men. Die­se Feind­se­lig­keit wird sel­ten offen geäu­ßert, aber sie scheint in den letz­ten 30 Jah­ren immer mehr zuge­nom­men zu haben.

Wäh­rend des Kal­ten Krie­ges (1945 bis 1989) haben die USA die west­deut­sche Bun­des­re­pu­blik als Front­staat gegen den Sozia­lis­mus auf­ge­baut und in jeder Bezie­hung unter­stützt. Das reich­te von den Mar­shall­plan-Hil­fen bis hin zu einen unbe­schränk­ten Mark­zu­gang deut­scher Unter­neh­men in den USA. Dabei tole­rier­ten sie auch, dass die BRD einen bedeu­tend höhe­ren Lebens­stan­dard hat­te als ande­re west­li­che Län­der wie Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en und Öster­reich. An die­sem muss­te sich die DDR ori­en­tie­ren – und scheiterte!

Die­se Kon­stel­la­ti­on änder­te sich Ende der 80er Jah­re, als vom Sozia­lis­mus kei­ne Gefahr mehr aus­ging. In die­sen Jah­ren gab es zwei spek­ta­ku­lä­re Mor­de, die den USA sehr zupass kamen: Der Mord an Alfred Herr­hau­sen, dem Vor­stands­spre­cher der Deut­schen Bank am 30. Novem­ber 1989 und an Det­lev Kars­ten Roh­wed­der, dem Chef der Treu­hand­an­stalt am 1. April 1991. Bei­de Mor­de wer­den auf­grund von Beken­ner­schrei­ben der Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on Rote Armee Frak­ti­on zuge­ord­net. Aller­dings fan­den sich im Zuge der Ermitt­lun­gen kei­ner­lei phy­si­sche Spu­ren, die RAF-Mit­glie­dern zuge­ord­net wer­den konn­ten. Zudem wur­den die bei­den Anschlä­ge sehr pro­fes­sio­nell aus­ge­führt, was eher auf eine Geheim­dienst­ar­beit hin­deu­tet. Tat­säch­lich gehen die inves­ti­ga­ti­ven Jour­na­lis­ten Ger­hard Wies­new­s­ki, Wolf­gang Land­grae­ber und Ekke­hard Sie­ker in ihrem Buch Das RAF-Phan­tom davon aus, dass die so genann­te drit­te Gene­ra­ti­on der RAF als authen­ti­sche Bewe­gung nicht exis­tier­te, son­dern ein Geheim­dienst­kon­strukt war. Mög­li­cher­wei­se gab es Ver­bin­dun­gen die­ser Struk­tur zum Gla­dio-Netz­werk.1

Alfred Herr­hau­sen woll­te die Deut­sche Bank glo­bal auf­stel­len und ins­be­son­de­re stark in die USA expan­die­ren. Die Aus­sich­ten hier­für waren güns­tig, denn die Bank kon­trol­lier­te damals noch gro­ße Tei­le der Deutsch­land AG, also des Kerns der enorm pro­duk­ti­ven deut­schen Indus­trie. Zudem trieb Herr­hau­sen eine Initia­ti­ve für die Ent­schul­dung der Ent­wick­lungs­län­der vor­an, von der vor allem die­se Indus­trie pro­fi­tie­ren wür­de, wäh­rend US-Ban­ken die Leid­tra­gen­den wären. Herr­hau­sens Nach­fol­ger Hil­mar Kop­per gab die Expan­si­ons­plä­ne des Bank­hau­ses zunächst auf und setz­te sie nach eini­gen Jah­ren auf klei­ne­rer Stu­fen­lei­ter um.2

Det­lev Kars­ten Roh­wed­der war seit dem 3. Juli 1990 Vor­sit­zen­der und spä­ter Prä­si­dent der Treu­hand­an­stalt, die das DDR-Pro­duk­ti­ons­ver­mö­gen ver­wal­ten soll­te. Sei­ne Devi­se war »Sanie­ren vor pri­va­ti­sie­ren«. Er woll­te also den Indus­trie­be­trie­ben der DDR Zeit las­sen, sich auf die Bedin­gun­gen der Markt­wirt­schaft umzu­stel­len und sie erst dann pri­va­ti­sie­ren, wenn ihre Per­spek­ti­ve gesi­chert ist. Das bedeu­tet, dass der Staat noch län­ge­re Zeit, viel­leicht auf Jahr­zehn­te, Eigen­tü­mer eini­ger die­ser Betrie­be blei­ben wür­de.3

Hier­an übten ins­be­son­de­re US-ame­ri­ka­ni­sche und bri­ti­sche Kapi­tal­k­rei­se här­tes­te Kri­tik. Sie bemän­gel­ten unter ande­rem, dass sie so bei einer Pri­va­ti­sie­rung nicht zum Zuge kämen. Roh­wed­ders Nach­fol­ge­rin Bir­git Breu­el pri­va­ti­sier­te dann auch rück­sichts­los alle Betrie­be in kür­zes­ter Frist. Das hat­te zur Fol­ge, dass die neu­en Bun­des­län­der flä­chen­de­ckend deindus­tria­li­siert wur­den und Deutsch­land ohne eine gestärk­te Indus­trie­ba­sis in die Ver­ei­ni­gung ging. Die DDR war immer­hin das zehnt­größ­te Indus­trie­land der Welt. Die­se Ent­wick­lung kam den USA sicher­lich zustat­ten, denn so wur­de ein mäch­ti­ger Kon­kur­rent nicht noch mächtiger.

Die Ost­deut­schen wur­den dau­er­haft zu Men­schen zwei­ter Klas­se degra­diert und auch »in den west­li­chen Bun­des­län­dern wur­den Bil­lio­nen dem Wohl­stand der Bevöl­ke­rung und der Ver­bes­se­rung der Infra­struk­tu­ren ent­zo­gen, um den west­li­chen Kon­zer­nen, den Spe­ku­lan­ten und Oppor­tu­nis­ten auf dem ehe­ma­li­gen DDR-Gebiet das Leben zu ver­sü­ßen. Das nann­te sich Soli.«4

In den 90er Jah­ren beschwer­ten sich deut­sche Indus­trie­un­ter­neh­men, dass die USA ihre Geheim­diens­te auch zur Indus­trie­spio­na­ge nutz­ten, um sie so etwa bei inter­na­tio­na­len Aus­schrei­bun­gen aus­zu­ste­chen. Seit die­ser Zeit wer­den bevor­zugt euro­päi­sche Unter­neh­men in den USA zu hohen Straf­zah­lun­gen häu­fig im Bereich von Mil­li­ar­den Dol­lar ver­ur­teilt, etwa wenn sie die zahl­rei­chen und unüber­sicht­li­chen US-Embarg­obe­stim­mun­gen nicht ein­ge­hal­ten haben.

Wal­ter Gro­be nennt in sei­nem Arti­kel Mer­kels ewi­ge Pan­de­mie wei­te­re Kom­ple­xe, die bereits seit den 00er Jah­ren zu einem zunächst schlei­chen­den und sich dann immer mehr beschleu­ni­gen­den Nie­der­gang Deutsch­lands geführt haben:

  • Aus­stieg aus der Kern­ener­gie und Strom­ver­sor­gung aus­schließ­lich durch erneu­er­ba­re Ener­gien Wind­kraft und Pho­to­vol­ta­ik. Mit der Kern­ener­gie gibt Deutsch­land nicht nur eine zuver­läs­si­ge, siche­re5 und CO2-freie Tech­no­lo­gie auf. Die als Back­up zu den »Erneu­er­ba­ren« not­wen­di­gen kon­ven­tio­nel­len Kraft­wer­ke soll­ten auf Erd­gas basie­ren, da sei­ne Ver­bren­nung weni­ger CO2 frei­setzt als etwa die Koh­le. Damit wur­de eine Soll­bruch­stel­le geschaf­fen, die es den USA ermög­licht, die deut­sche Indus­trie belie­big an oder aus­zu­schal­ten (sie­he unten). Deutsch­land war in den 70er Jah­ren mit sei­nen Leicht­was­ser­re­ak­to­ren, aber auch bei Schnel­len Brü­tern und Tho­ri­um-Hoch­tem­pe­ra­tur­re­ak­to­ren (THTRs) an der Welt­spit­ze im Bereich der Kern­tech­nik ange­kom­men. Mit den Aus­stiegs­be­schlüs­sen 2000 und 2011 wur­den gan­ze Indus­trie­zwei­ge und gro­ße inge­nieur­tech­ni­sche Kom­pe­ten­zen unwi­der­ruf­lich zer­stört. Bereits hier­mit wur­de der deut­schen Indus­trie ein gro­ßer und irrever­si­bler Scha­den zuge­fügt.6 Das hat­te offen­bar sei­nen Grund. Gro­be kommt zu der Schluss­fol­ge­rung: »Es ist aus den Umstän­den der Jah­re 1987 – 90 auch als wahr­schein­lich zu ver­mu­ten, dass im Zuge der inter­na­tio­nal beauf­sich­tig­ten deut­schen Eini­gung die deut­sche Regie­rung auch gehei­me Zusi­che­run­gen über die Dros­se­lung und viel­leicht sogar über die letzt­end­li­che Liqui­die­rung der eige­nen Kern­ener­gie gege­ben hat, die mög­li­cher­wei­se noch heu­te wirk­sam sind. Der­ar­ti­ge Grund­satz­ent­schei­dun­gen fie­len jeden­falls bereits genau in die­sen Jah­ren, wie der Ver­zicht auf die eige­ne Wie­der­auf­ar­bei­tungs-Tech­nik, auf wis­sen­schaft­lich und öko­no­misch hoch­in­ter­es­san­te Reak­tor­ty­pen wie den Schnel­len Brü­ter und den Hoch­tem­pe­ra­tur-Reak­tor, auf die mit allen Wei­ter­ent­wick­lun­gen ver­bun­de­ne Brenn­ele­men­te-Tech­nik und sogar auf den Neu­bau ganz gewöhn­li­cher Druck­was­ser- oder Sie­de­was­ser­re­ak­to­ren.«7 Die ursprüng­lich erz­bür­ger­li­che Anti-Atom­kraft­be­we­gung bekam in die­ser Zeit eine so gro­ße Durch­schlags­kraft, weil sie sich mit mili­tan­ten Auto­no­men ver­bün­de­te. Wäh­rend die Sicher­heits­be­hör­den im Fall der sozi­al­re­vo­lu­tio­nä­ren RAF und der »Bewe­gung 2. Juni« kei­ne Schwie­rig­kei­ten hat­ten, deren Akti­vis­ten ding­fest zu machen, will ihnen das bei den mili­tan­ten Auto­no­men par­tout nicht gelun­gen sein. Genau­so wenig übri­gens wie bei den Atten­tä­tern auf Herr­hau­sen und Rohwedder.
  • Die Auf­lö­sung der Deutsch­land AG unter der Schrö­der-Fischer-Regie­rung ab 2000 ermög­lich­te den Auf­kauf der deut­schen Indus­trie­kon­zer­ne durch US-Ame­ri­ka­ni­sche Schat­ten­ban­ken wie Blackrock.
  • Die BRD und die EU ver­zich­te­ten auf eine Indus­trie­po­li­tik zur För­de­rung der eige­nen Halb­lei­ter­pro­duk­ti­on und von sozia­len Netz­wer­ken, so dass sie immer stär­ker von US-ame­ri­ka­ni­schen Pro­duk­ten und Netz­werk­fir­men wie Goog­le, Face­book, You­Tube und Twit­ter abhän­gig wur­de. Russ­land und Chi­na haben mit VKon­tak­te und Yand­ex, bezie­hungs­wei­se Bai­dou und Tik­Tok recht­zei­tig eige­ne sozia­le Netz­wer­ke auf­ge­baut. Wäh­rend die USA hem­mungs­los ihre eige­ne IT-Indus­trie sub­ven­tio­nier­ten, haben sie das ihre Vasal­len schlicht ver­bo­ten. So wur­de Deutsch­land zuneh­mend auf sei­ne tra­di­tio­nel­len Indus­trie­pro­duk­te fest­ge­legt: Auto­mo­bil­in­dus­trie, Maschi­nen­bau, Che­mie, phar­ma­zeu­ti­sche Indus­trie und Flug­zeug­bau (letz­te­rer zusam­men mit Frank­reich).8
  • Der Neo­li­be­ra­lis­mus wur­de in Deutsch­land mit einer sol­chen Radi­ka­li­tät durch­ge­führt, dass kri­ti­sche Infra­struk­tu­ren wie Schie­nen, Stra­ßen, Schu­len, Kran­ken­häu­ser und ähn­li­che Ein­rich­tun­gen immer schnel­ler ver­fal­len. Ins­be­son­de­re Brü­cken­schä­den behin­dern den Fern­ver­kehr inzwi­schen sehr stark.

Bereits aus die­ser unvoll­stän­di­gen Lis­te ist erkenn­bar, dass Deutsch­land öko­no­misch weit­aus stär­ker sein könn­te, als es heu­te ist. Noch stär­ker könn­te das Land bei einer engen öko­no­mi­schen Ver­flech­tung mit Russ­land sein. Das ist die größ­te Angst der USA, wie eine Rede des STRAT­FOR9-Grün­ders Geor­ge Fried­man auf dem Chi­ca­go Coun­cil von 2015 zeigt. Nach­dem er zunächst die aggres­si­ve US-Poli­tik gegen Russ­land dar­ge­stellt hat­te, sag­te er zu Deutschland:

Wor­auf wir kei­ne Ant­wort parat haben, ist die Fra­ge: Was wird Deutsch­land in die­ser Situa­ti­on unter­neh­men? Die rea­le unbe­kann­te Varia­ble in Euro­pa sind die Deut­schen, wenn die USA die­sen Sicher­heits­gür­tel in Euro­pa [das von Polen kon­trol­lier­te Inter­ma­ri­um] auf­bau­en. Nicht in der Ukrai­ne, son­dern wei­ter im Wes­ten. Der Ein­fluss der Rus­sen in der Ukrai­ne wird schwin­den. Wir wis­sen nicht, wie die deut­sche Hal­tung dazu aus­fal­len wird. Deutsch­land ist in einer sehr eigen­ar­ti­gen Lage. Der ehe­ma­li­ge Bun­des­kanz­ler Ger­hard Schrö­der ist im Auf­sichts­rat von Gaz­prom. Die Deut­schen haben ein sehr kom­ple­xes Ver­hält­nis zu den Rus­sen. Sie wis­sen aber selbst nicht, was sie tun wol­len. Sie müs­sen ihre Waren expor­tie­ren, die Rus­sen kön­nen ihnen die­se Waren abneh­men. Ande­rer­seits ver­lie­ren sie [wenn sie bei den Sank­tio­nen gegen Russ­land nicht mit­ma­chen] ihre Frei­han­dels­zo­ne [die EU], die sie brau­chen, um ande­re Sachen auf­zu­bau­en. Die Befürch­tung der USA ist, dass deut­sches Kapi­tal und deut­sche Tech­no­lo­gie mit rus­si­schen Roh­stoff­res­sour­cen und rus­si­scher Arbeits­kraft sich zu einer ein­zig­ar­ti­gen Kom­bi­na­ti­on ver­bin­den, die die USA seit einem Jahr­hun­dert zu ver­hin­dern ver­su­chen. Wie kann man errei­chen, dass die­se ein­zig­ar­ti­ge Kom­bi­na­ti­on ver­hin­dert wird? Die USA sind bereit, die Kar­ten auf den Tisch zu legen. Es ist die Linie zwi­schen dem Bal­ti­kum und dem Schwar­zen Meer [das Inter­ma­ri­um]. Sei­tens Russ­lands waren die Kar­ten immer schon auf dem Tisch. Für sie ist ent­schei­dend, dass die Ukrai­ne ein neu­tra­les Land wird, kein pro­west­li­ches. […] Wer mir eine Ant­wort dar­auf geben kann, was die Deut­schen in die­ser Situa­ti­on tun wer­den, der kann mir auch sagen, wie die nächs­ten 20 Jah­re Geschich­te aus­se­hen wer­den. Aber unglück­li­cher­wei­se müs­sen die Deut­schen immer wie­der die­se Ent­schei­dung tref­fen. Und das ist das ewi­ge Pro­blem Deutsch­lands. Deutsch­land ist wirt­schaft­lich enorm mäch­tig, aber gleich­zei­tig geo­po­li­tisch sehr zer­brech­lich. Sie wis­sen nie­mals, wo und wie sie ihre expor­tier­ten Waren ver­kau­fen kön­nen. Seit 1871 war das immer die Deut­sche Fra­ge und die Fra­ge Euro­pas. Den­ke sie nach über die Deut­sche Fra­ge, die jetzt wie­der mal auf­kommt. Das ist die nächs­te Fra­ge, die wir stel­len müs­sen, was wir aber nicht tun, da wir nicht wis­sen, was die Deut­schen tun wer­den.10

Die poli­ti­sche und wirt­schaft­li­che Kon­trol­le der USA über Eura­si­en und damit ihr Sta­tus als ein­zi­ger Super­macht hängt in ent­schei­den­dem Maße von zwei Spal­tungs­li­ni­en ab: Der Spal­tung zwi­schen Deutsch­land-Euro­pa und Russ­land einer­seits und der Spal­tung zwi­schen Russ­land und Chi­na ande­rer­seits.11

Die USA ver­folg­ten seit 1989 eine Poli­tik der Ein­däm­mung nicht nur Russ­lands, son­dern auch Deutsch­lands. Letz­te­res war sicher­lich ein wich­ti­ger Fak­tor bei der aggres­si­ven NATO-Expan­si­on nach Osten in die Ukrai­ne. Die deut­schen Regie­run­gen zum Bei­spiel unter Mer­kel konn­ten noch so ser­vil gegen­über den USA auf­tre­ten. Damit konn­ten sie das hart­nä­cki­ge Miss­trau­en in Washing­ton gegen­über Deutsch­land jedoch nie zer­streu­en. Auch unge­ach­tet der Tat­sa­che, dass durch US-Kader­schmie­den und Think Tanks immer radi­ka­le­re US-freund­li­che Poli­ti­ker wie Baer­bock nach vor­ne gescho­ben und in Ent­schei­dungs­po­si­tio­nen gehievt wur­den, blieb die­ses Miss­trau­en bestehen. Wie wir jetzt wis­sen, war die­ses Miss­trau­en ein wich­ti­ger Fak­tor für die Spren­gung der Nord­stream-Pipe­lines.12

Das ist der Kon­text, in dem im Gefol­ge des Ukrai­ne­krie­ges die Ein­däm­mungs­po­li­tik der USA in einen aggres­si­ven Wirt­schafts­krieg gegen Deutsch­land über­geht. Denn jetzt steht für die USA noch bedeu­tend mehr auf dem Spiel.

Die Finan­zia­li­sie­rung der US-Volks­wirt­schaft ist nach Micha­el Hud­son im Grun­de genom­men eine Plün­de­rungs­wirt­schaft, wel­che die Real­wirt­schaft aus­trock­net und sie auf die Dau­er unfä­hig macht, kos­ten­de­ckend zu arbei­ten oder auch nur zu funktionieren.

Unter­neh­mens­ge­win­ne wer­den zum Bei­spiel zu einem gro­ßen Teil für Akti­en­rück­käu­fe genutzt. Das lässt den Akti­en­kurs hoch­schnel­len. Genau­so beliebt bei den Anle­gern ist der Ver­kauf von Unter­neh­mens­tei­len. Das heißt, man zehrt von der Sub­stanz und schüt­tet das ein­ge­nom­me­ne Geld an die Aktio­nä­re aus.

Das Finanz­ka­pi­tal hat auch Infra­struk­tur­ein­rich­tun­gen wie Kran­ken­häu­ser, Schu­len und Uni­ver­si­tä­ten sowie das Woh­nen zu einem Geschäft gemacht. Die auf die­se Wei­se betrie­be­nen Ein­rich­tun­gen sind inef­fi­zi­ent und teu­er. Da die Men­schen aber auf die­se Infra­struk­tu­ren ange­wie­sen sind, müs­sen auch die Löh­ne ent­spre­chend hoch sein. Das macht die US-Wirt­schaft inter­na­tio­nal zuneh­mend weni­ger kon­kur­renz­fä­hig. Der Finanz­ka­pi­ta­lis­mus erhöht die Lebens­hal­tungs­kos­ten und damit auch die Pro­duk­ti­ons­kos­ten so stark wie möglich.

Unter die­sen Umstän­den kann die US-Wirt­schaft nur noch durch Zuflüs­se aus dem Aus­land auf­recht erhal­ten wer­den. Das geschieht vor allem durch Schul­den­dienst, Geis­ti­ge Eigen­tums­rech­te, Pri­va­ti­sie­run­gen und Direkt­in­ves­ti­tio­nen in den USA.13

Soweit Hud­son. Auch wenn er tref­fend die Ent­wick­lung in den USA beschreibt, ist davon aus­zu­ge­hen, dass er die Ursa­chen die­ser Mise­re nicht voll­stän­dig erfasst. Die­se dürf­ten im Fall der Pro­fi­tra­te lie­gen. Da in der Real­wirt­schaft kaum noch Pro­fi­te gene­riert wer­den, kön­nen die hohen Gewin­ne der Schat­ten­ban­ken und die Ver­mö­gens­zu­wäch­se der Mil­li­ar­dä­re wohl nur noch durch Plün­de­rung und Sub­stanz­ver­zehr erreicht wer­den. Es ist klar, dass die­se Ent­wick­lung nicht nach­hal­tig ist und die Mise­re nur noch verschlimmert.

Je schwie­ri­ger die Lage öko­no­misch wird, des­to eher wird der US-Staat mit krie­ge­ri­schen Mit­teln ver­su­chen, ande­re Län­der eben­falls zu läh­men und von ihnen Tri­bu­te ein­zu­zie­hen. Das dürf­te der Hin­ter­grund der Ver­su­che der USA sein, Russ­land zu zer­stü­ckeln und sei­ne Ruf­stof­fe zu rau­ben. Wie wir wei­ter unten sehen wer­den, ver­su­chen die USA und der Wes­ten ins­ge­samt, durch eine Neu­auf­la­ge der Schul­den­kri­se auch die Ent­wick­lungs­län­der zu plün­dern. Das ist aber nicht mehr so ein­fach wie in den 80er Jah­ren, als sich der Wes­ten auf dem Höhe­punkt sei­ner wirt­schaft­li­chen, poli­ti­schen und mili­tä­ri­schen Macht befand.14 Auch des­halb gehen die USA zuneh­mend dazu über, die Res­sour­cen der eige­nen »Ver­bün­de­ten« anzu­zap­fen. Dies betrifft beson­ders die Bun­des­re­pu­blik, da die USA ein pro­spe­rie­ren­des, mit Russ­land ver­bün­de­tes Deutsch­land so stark fürch­ten wie kei­ne ande­re geo­po­li­ti­sche Konstellation.

Ange­sichts einer gegen­über Chi­na nicht mehr wett­be­werbs­fä­hi­gen Wirt­schaft ist es das Ziel der USA, die­sen Wett­be­werb aus­zu­schal­ten, Chi­na und Russ­land von der Welt­wirt­schaft zu iso­lie­ren und sich mit Gewalt ihren eige­nen Wirt­schafts­raum zu schaf­fen, den sie abso­lut beherr­schen. Mit Russ­land soll­te der wich­tigs­te öko­no­mi­sche Ver­bün­de­te Chi­nas aus­ge­schal­tet wer­den. Dies soll­te durch immer här­te­re Sank­tio­nen gesche­hen, die die rus­si­sche Wirt­schaft läh­men soll­ten. Alles, was es brauch­te, um die­se in Kraft zu set­zen, war ein casus belli.

Zugleich wur­den durch die Sank­tio­nen auch die euro­päi­schen »Ver­bün­de­ten« der USA mas­siv geschä­digt. Russ­land lie­fer­te reich­lich Ener­gie zu einem wett­be­werbs­fä­hi­gen Preis und die euro­päi­schen Unter­neh­men konn­ten durch Expor­te und Direkt­in­ves­ti­tio­nen in Russ­land gute Geschäf­te machen. Die­se Wirt­schafts­be­zie­hun­gen wur­den bru­tal gestoppt, offen­bar für immer, da die NATO Russ­lands Devi­sen­re­ser­ven beschlag­nahmt hat und die euro­päi­sche Rus­so­pho­bie von US-höri­gen Pro­pa­gan­da­me­di­en bewusst geschürt wird.15 Hier­zu Hudson:

Die Welt­wirt­schaft steht in Flam­men. Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten haben sich auf eine mili­tä­ri­sche Ant­wort, auf die Bewaff­nung ihres eige­nen Öl, Agrar­ex­port- und Waf­fen­han­dels vor­be­rei­tet. Sie wer­den alle Län­der vor die Wahl stel­len, wel­cher Sei­te des Neu­en Eiser­nen Vor­hangs sie sich anschlie­ßen wol­len.16

Es sieht tat­säch­lich so aus, als wür­de die Welt­wirt­schaft in zwei Tei­le zer­bre­chen. Aber es ist kei­nes­falls gesagt, dass der­je­ni­ge der NATO der grö­ße­re Teil sein wird. Der Wes­ten hat den Ent­wick­lungs­län­dern nichts anzu­bie­ten außer einem noch grö­ße­ren Elend. Natür­lich wer­den die USA ver­su­chen, die loka­len Eli­ten zu bestechen. Wie die­ser Ver­such aus­geht, ist völ­lig offen.17

Es kann gut sein, dass der Orkan an Sank­tio­nen und Beschlag­nah­mun­gen gegen Russ­land und inzwi­schen auch gegen Chi­na nur bewirkt, dass der Welt­han­del zuneh­mend um den Wes­ten her­um­ge­lenkt wird. Letzt­lich wür­den dann Russ­land, Chi­na, das übri­ge Asi­en, Afri­ka und Latein­ame­ri­ka eige­ne Han­dels­or­ga­ni­sa­tio­nen und eine eige­ne Leit­wäh­rung schaf­fen. In die­sem Fall hät­te die ver­such­te Iso­lie­rung Russ­lands und Chi­nas nur zur Selbst­iso­lie­rung des Wes­tens geführt.

In die­sem Fall hät­te der neue Eiser­ne Vor­hang nur die eige­nen »Ver­bün­de­ten« der USA ihrem Wirt­schafts­be­reich fest­ge­hal­ten, wo sie deren Will­kür hilf­los aus­ge­lie­fert sind.18

Die Russ­land-Sank­tio­nen führ­ten zu einer glo­ba­len Lebens­mit­tel­kri­se. Sie haben unter ande­rem zur Fol­ge, dass Dün­ge­mit­tel welt­weit knapp und teu­er wer­den. Denn Erd­gas ist der Roh­stoff für Stick­stoff­dün­ger. Das aber ist in Ver­lauf des Jah­res 2022 so teu­er gewor­den, dass sich die Dün­ger­pro­duk­ti­on häu­fig nicht mehr lohnt. Befürch­tet wer­den lang­fris­tig gerin­ge­re Ern­ten im Wes­ten. Auf­grund der Bör­sen­spe­ku­la­ti­on gehen bereits heu­te die Lebens­mit­teprei­se durch die Decke. Die­se Lebens­mit­tekri­se wird in eini­gen euro­päi­schen Län­dern wie den Nie­der­lan­den und Groß­bri­tan­ni­en bewusst noch dadurch ver­schärft, dass sie ein gigan­ti­sches Flä­chen­stil­le­gungs­pro­gramm gestar­tet haben und pla­nen, gro­ße Tei­le ihrer Agrar­pro­duk­ti­on still zu legen (Genaue­res sie­he Abschnitt 7.4.4.6.).

Auch auf den von der EU eta­blier­ten Gas- und Strom­märk­ten treibt die Spe­ku­la­ti­on die Prei­se noch weit über das künst­lich durch poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen ver­knapp­te Ange­bot hinaus.

Vor allem die Che­mie- und die Metall­bran­che sind in hohem Maß etwa auf Erd­gas ange­wie­sen – nicht nur als Ener­gie­trä­ger, son­dern auch als Grund­stoff – und lei­den des­halb erheb­lich unter der Teue­rung.19 Die deut­sche Stahl‑, Auto­mo­bil- und Che­mie­in­dus­trie steht auf­grund der mas­siv gestie­ge­nen Pro­duk­ti­ons­kos­ten inter­na­tio­nal unter uner­mess­li­chem Wettbewerbsdruck.

Im Som­mer 2022 schlos­sen fast täg­lich ener­gie­in­ten­si­ve Betrie­be, zum Bei­spiel Glas­schmel­zen, Dün­ge­mit­tel­her­stel­ler, Che­mie­kon­zer­ne oder sie kün­dig­ten Pro­duk­ti­ons­kür­zun­gen an.20 Gera­de die ver­schie­de­nen Pro­duk­ti­ons­be­rei­che der Che­mie­in­dus­trie sind eng mit­ein­an­der ver­ket­tet. Der Aus­fall eines Basis­pro­dukts wie Ammo­ni­ak hat viel­fäl­ti­ge Aus­wir­kun­gen. So ist er Grund­stoff von Stick­stoff­dün­ger, Ad Blue und Vor­pro­dukt für eine gan­ze Rei­he von Kunst­stof­fen wie Poly­ure­than. Aus die­sem Stoff wer­den Matrat­zen, Schuh­soh­len, Dich­tun­gen, Schläu­che, Fuß­bö­den, Lacke, Kleb­stof­fe, Dicht­stof­fe, Ski­er, Auto­sit­ze, Lauf­bah­nen in Sta­di­en, Arma­tu­ren­bret­ter, Ver­guss­mas­sen, Kon­do­me (Prä­ser­va­ti­ve) und vie­les mehr her­ge­stellt.21

Die deut­schen Indus­trie­be­trie­be sind nicht nur auf güns­ti­ge Ener­gie, son­dern häu­fig auch auf zahl­rei­che Vor­pro­duk­te aus allen mög­li­chen euro­päi­schen Län­dern ange­wie­sen, deren Prei­se wegen der Ener­gie­kri­se eben­falls durch die Decke gehen. Vie­le Indus­trie­un­ter­neh­men wur­den bereits durch Lie­fer­ket­ten­un­ter­bre­chun­gen infol­ge der Coro­na­maß­nah­men mas­siv geschä­digt. Die­se Lie­fer­ket­ten sind in vie­len Berei­chen immer noch gestört, zum Bei­spiel bei der Ver­sor­gung mit Halb­lei­tern. Hin­zu kom­men der Ver­lust des rus­si­schen und wohl bald auch des chi­ne­si­schen Mark­tes. Allein nach Russ­land expor­tier­ten deut­sche Unter­neh­men im ver­gan­ge­nen Jahr noch Waren im Wert von fast 27 Mil­li­ar­den Euro. Die­se fal­len jetzt weg. Die USA kön­nen wegen ihrer zuneh­mend pro­tek­tio­nis­ti­schen Poli­tik auch kei­ne Alter­na­ti­ve als Absatz­markt bie­ten.22 Als Fol­ge die­ser Ent­wick­lung könn­te die deut­sche Indus­trie ihre Kern­bran­chen verlieren.

Die­se zahl­rei­chen Schocks haben die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der deut­schen Indus­trie nach­hal­tig geschä­digt. Bereits im August 2022 über­stie­gen die deut­schen Impor­te wegen der hohen Ener­gie­prei­se erst­mals seit Jahr­zehn­ten die Expor­te.23 Vom ehe­ma­li­gen Export­welt­meis­ter Deutsch­land ist also nicht mehr viel übrig geblie­ben. Eine Über­schlags­rech­nung des IMK-Öko­no­men Sebas­ti­an Dul­li­en pro­gnos­ti­ziert allei­ne für die Gasim­por­te für 2023 einen Net­to­ab­fluss in Höhe von mehr als 250 Mil­li­ar­den Euro im Ver­gleich zu 2020.24

Im Jahr 2022 gehör­te zum ers­ten Mal kein ein­zi­ges deut­sches Unter­neh­men mehr zu den ein­hun­dert wert­volls­ten Unter­neh­men der Welt. 2015 waren es immer­hin noch 6. Die­ser Nie­der­gang des ehe­ma­li­gen Export­welt­meis­ters Deutsch­land zeich­ne­te sich seit der Gro­ßen Welt­wirt­schafts­kri­se von 2007/08 ab, zunächst schlei­chend, seit den Coro­na-Lock­downs mit atem­be­rau­ben­der Geschwin­dig­keit.25

Eine wei­te­re Gefahr ist der Zusam­men­bruch der Bin­nen­kon­junk­tur. Denn das Geld, was nun zusätz­lich für Gas und Strom aus­ge­ge­ben wer­den muss, kann nicht für ande­re Din­ge auf­ge­wen­det wer­den. Die Aus­ga­ben der Haus­hal­te sind jedoch die Ein­nah­men und Auf­trä­ge der Unter­neh­men.26 Im Jahr 2022 sind die Tarif­löh­ne auf­grund der hohen Infla­ti­on um min­des­tens 4,7 Pro­zent gefal­len.27 Ver­mut­lich sind die Real­lohn­ver­lus­te sogar noch viel höher, denn die Infla­ti­on schnell­te 2022 auf mehr als 11 Pro­zent hoch und dies, obwohl sie durch sta­tis­ti­sche Tricks schon her­un­ter­ge­rech­net wird.28 Als Fol­ge die­ser Ent­wick­lung rut­schen immer mehr Men­schen unter die Armuts­schwel­le. Bereits 17 Pro­zent der Ein­woh­ner Deutsch­land sind arm und die Ent­wick­lung hat sich seit 2020 rapi­de beschleu­nigt. Deutsch­land ver­wan­delt sich in einen Alo­mo­sen­staat.29 Was unse­re Olig­ar­chen wohl auch beab­sich­tigt haben.

Im Som­mer 2022 begann die durch die Sank­tio­nen indu­zier­te Wirt­schafts­kri­se auch die all­ge­mei­ne Bevöl­ke­rung zu tref­fen. Der Mie­ten­kon­zern Von­o­via senkt am 7. Juli 2022 die Heiz­tem­pe­ra­tur in vie­len sei­ner Woh­nun­gen zwi­schen 23:00 und 6:00 Uhr auf 17 Grad Cel­si­us ab.

Wirt­schafts­mi­nis­ter Habeck warn­te im Juli 2022 ein­dring­lich vor hohen Preis­stei­ge­run­gen bei Erd­öl und Erd­gas. Er woll­te noch nicht ein­mal aus­schlie­ßen, dass auch den Pri­vat­haus­hal­ten im Fall einer Gas­man­gel­la­ge das Gas abge­dreht wird, obwohl sie beson­ders geschützt sind. Für die­sen Fall haben zahl­rei­che Kom­mu­nen wie Lud­wigs­ha­fen und Ber­lin bereits Wär­me­hal­len vor­be­rei­tet. Habeck schloss auch aus, dass der Bund in Not gera­te­ne Stadt­wer­ke stützt. Sie wer­den damit gezwun­gen, die astro­no­misch hohen Gas­prei­se an ihre Kun­den weiterzugeben.

Poli­ti­ker wie Robert Habeck brann­ten zwar ein »Feu­er­werk der Apo­ka­lyp­tik« ab, aber sie dach­ten gar nicht dar­an, die selbst geschaf­fe­ne Kri­se zu lösen. Statt­des­sen nah­men sie die Bevöl­ke­rung ohne jeg­li­che Skru­pel in Haf­tung. Sie wird auf­ge­for­dert, weni­ger Gas zu ver­brau­chen, am Strom zu spa­ren, weni­ger zu duschen usw.30

Dr. Mar­tin Wans­le­ben, Haupt­ge­schäfts­füh­rer des Deut­schen Indus­trie- und Han­dels­kam­mer­tags (DIHK), erklär­te am 20. Juli 2022 offen, dass die Bevöl­ke­rung als Fol­ge der Sank­tio­nen 20 bis 30 Pro­zent ärmer sein wer­de.31

Ab dem 1. Sep­tem­ber 2022 gilt eine flä­chen­de­cken­de Ver­dun­ke­lung für Deutsch­land. Seit die­ser Zeit ist die Beleuch­tung von Gebäu­den und Denk­mä­lern aus ästhe­ti­schen Grün­den ver­bo­ten. Auch Wer­be­an­la­gen dür­fen zwi­schen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr nicht mehr betrie­ben wer­den. Laden­tü­ren und Dreh­tü­ren im Ein­zel­han­del dür­fen nicht mehr dau­er­haft offen gehal­ten wer­den. Für öffent­li­che Gebäu­de gel­ten stren­ge Tem­pe­ra­tur­ober­gren­zen: Sie reicht von 19 Grad Cel­si­us für kör­per­lich leich­te und über­wie­gend sit­zen­de Tätig­keit bis hin zu 12 Grad für kör­per­lich schwe­re Tätig­keit.32 Aber bereits 19 Grad ist für vie­le Men­schen weit von ihrer Wohl­fühl­zo­ne ent­fernt33, zumal die Tem­pe­ra­tur in den Räu­men in der Regel eher noch nied­ri­ger sein dürf­te. Die hier­durch ver­ur­sach­ten Erkran­kun­gen haben ganz erheb­lich zur weih­nacht­li­chen Grip­pe­wel­le bei­getra­gen.34

Zu allem Über­fluss berei­ten Städ­te und Bun­des­län­der auch noch rol­lie­ren­de Strom­ab­schal­tun­gen in die­sem Win­ter vor, wenn – wie abzu­se­hen – nicht mehr genü­gend Strom zur Ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung zur Ver­fü­gung steht. Die wich­tigs­te Ursa­che hier­für ist der deut­sche Atom­aus­stieg.35

Unter die­sen Umstän­den ist es kein Wun­der, wenn im Spät­som­mer 2022 ers­te Poli­ti­ker wie Oskar Lafon­taine und Sahra Wagen­knecht ein Ende der Russ­land-Sank­tio­nen und die Öff­nung von Nord­stream 2 for­der­ten. Ver­gleich­ba­re For­de­run­gen erho­ben auch die DKP, Tei­le der AfD und meh­re­re Hand­werks­kam­mern. Ins­be­son­de­re in Ost­deutsch­land gab es jeden Mon­tag gro­ße Demons­tra­tio­nen von zusam­men bis zu 100.000 Teilnehmern.

Man hat fast den Ein­druck, dass füh­ren­de Poli­ti­ker wie Anna­le­na Baer­bock und Robert Habeck die­se Demons­tra­tio­nen bewusst her­bei­ge­re­det haben. Auch das geschah wohl, um Kon­trol­le über die Ent­wick­lung zu behal­ten, was bis­her gelun­gen ist. Denn die­se Demons­tra­tio­nen gin­gen nach der Spren­gung von Nord­stream II am 26. Sep­tem­ber 2022 zurück und sind inzwi­schen völ­lig zum Erlie­gen gekom­men. Denn jetzt ist eine Wie­der­auf­nah­me der Gas­lie­fe­run­gen aus Russ­land nahe­zu unmöglich.

Zum Abflau­en der Demons­tra­tio­nen hat sicher­lich auch die har­te Repres­si­on bei­getra­gen. Dazu gehören:

  • Geräusch­vol­le Vor­be­rei­tung auf einen Bun­des­wehr­ein­satz im Inneren
  • mas­si­ve Ver­schär­fung des § 130 StGB und damit fak­ti­sche Abschaf­fung der Mei­nungs­frei­heit in Deutschland
  • Straf­ver­fol­gung gegen kri­ti­sche Jour­na­lis­ten wie Ali­na Lipp
  • Zen­sur von kri­ti­schen Medi­en wie zum Bei­spiel die Nachdenkseiten
  • maß­lo­se Medi­en­het­ze gegen alle Kri­ti­ker des Kriegs­kur­ses der Bundesregierung

Außer­dem hat die Bun­des­re­gie­rung mit ihrem »Dop­pel­wumms« eine Ent­las­tung der Bür­ger von den hohen Ener­gie­kos­ten in Höhe von 200 Mil­li­ar­den Euro beschlos­sen. Wie genau sich das aus­wir­ken wird bleibt abzu­war­ten. Aller­dings erfolgt die Finan­zie­rung auf Kre­dit und kann dau­er­haft nicht durch­ge­hal­ten wer­den. Spä­tes­tens wenn der von USA kon­trol­lier­te IWF auch Deutsch­land ein Struk­tur­an­pas­sungs­pro­gramm auf­zwingt, dro­hen Zustän­de wie in der Drit­ten Welt. Ita­li­en ist ein mah­nen­des Bei­spiel, was auch uns bald bevor­ste­hen könn­te. Die neue ultra­rech­te Regie­rung Melo­ni hat­te die Armen des Lan­des kur­zer­hand auf Null­di­ät gesetzt, indem sie ihnen das Bür­ger­geld strich, mit dem sie bis­her not­dürf­tig über­le­ben konn­ten.36

Die Stra­te­gie der Bun­des­re­gie­rung sah wohl so aus, dass die Men­schen zunächst mit Kata­stro­phen­sze­na­ri­en ter­ro­ri­siert und die ver­gleichs­wei­se weni­gen Demons­tran­ten dann durch eine exem­pla­ri­sche Repres­si­on ein­ge­schüch­tert wur­den. Am Ende beka­men alle noch Bro­sa­men zuge­wor­fen. So konn­ten die Men­schen in eine Dul­dungs­star­re für eine zer­stö­re­ri­sche Poli­tik gezwun­gen werden.

Die Situa­ti­on wird sich in den nächs­ten Jah­ren nicht ver­bes­sern, eher im Gegen­teil. Noch 2022 flos­sen gro­ße Men­gen an rus­si­schem Gas nach Wes­ten. Damit ist im Jahr 2023 nicht zu rech­nen. Die Gas­man­gel­la­ge wird sich wohl erst im Win­ter 2023/24 voll bemerk­bar machen. Mit ver­hee­ren­den Fol­gen für Ver­brau­cher und Indus­trie.37

Da die US-Unter­neh­men durch die Finan­zia­li­sie­rung – sprich Plün­de­rung – durch Schat­ten­ban­ken und Olig­ar­chen aus­ge­zehrt sind, sind die USA drin­gend auf Kapi­tal­zu­flüs­se von außer­halb ange­wie­sen. Euro­pa und beson­ders Deutsch­land gel­ten offen­bar als Haupt­quel­le die­ser Zuflüs­se. Die­se Ent­wick­lung wird dadurch erleich­tert, dass die US-Schat­ten­ban­ken wie Black­Rock oder Van­guard bereits 2018 34,6 Pro­zent der Antei­le aller DAX-Unter­neh­men besa­ßen. Wei­te­re 20 Pro­zent gehör­ten bri­ti­schen und iri­schen Ver­mö­gens­ver­wal­tern.38

Durch die Spren­gung der Nord­stream-Pipe­lines am 26. Sep­tem­ber 2022 wur­de Deutsch­land ver­mut­lich irrever­si­bel39 von preis­wer­ter rus­si­scher Ener­gie abge­schnit­ten. Für die USA ist das natür­lich eine groß­ar­ti­ge Gele­gen­heit, so US-Außen­mi­nis­ter Blin­ken am 2. Okto­ber die­ses Jah­res. Denn inzwi­schen ist eine gro­ße Ver­la­ge­rungs­wel­le von ursprüng­lich deut­schen, aber jetzt den US-Schat­ten­ban­ken gehö­ren­den Indus­trie­be­trie­ben in die USA angelaufen.

Einen Anreiz hier­zu bie­ten zahl­rei­che Aus­ga­ben­pro­gram­me wie der am 16. August 2022 ver­ab­schie­de­te »Infla­ti­on Reduc­tion Act«. Er sieht 369 Mil­li­ar­den Dol­lar an Sub­ven­tio­nen für Unter­neh­men vor, die in der »grü­nen« Energie‑, Trans­port- und Was­ser­stoff­in­dus­trie tätig sind. Ergänzt wird er durch den Infra­struc­tu­re Invest­ment and Jobs Act, der bereits im Novem­ber 2021 in Kraft getre­ten ist. Er sieht zusätz­li­che 1,2 Bil­lio­nen US-Dol­lar vor, die in den Aus­bau von Stra­ßen und Brü­cken, in die Repa­ra­tur von Was­ser­lei­tun­gen sowie in den Bau von Auf­la­de­sta­tio­nen für Elek­tro­au­tos flie­ßen sol­len. Dabei han­delt es sich um das größ­te der­ar­ti­ge Pro­gramm seit den 1950er Jah­ren. Zusätz­lich stellt der eben­falls im August 2022 in Kraft getre­te­ne »Chips and Sci­ence Act« über 52 Mil­li­ar­den US-Dol­lar für den Wie­der­auf­bau der US-Halb­lei­ter­pro­duk­ti­on bereit. Alle die­se Pro­gram­me kom­men nur Unter­neh­men zugu­te, die in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten produzieren.

Die EU kann kaum etwas dage­gen tun. Denn wie Robert Habeck fest­stell­te: »Wir kön­nen in Zei­ten wie die­sen kei­nen Han­dels­krieg anfan­gen.« Die EU-Kom­mis­si­on will jetzt vor der Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on WTO kla­gen. Sol­che Pro­zes­se kön­nen Jah­re dau­ern und gehen auf­grund der meis­tens US-freund­li­chen Rich­ter in der Regel zuguns­ten der USA aus. Selbst wenn die EU nach einem lan­gen Pro­zess wider Erwar­ten doch Recht bekom­men soll­te, wäre sie dann bereits weit­ge­hend deindus­tria­li­siert und wirt­schaft­lich irrele­vant.40

Wäh­rend in Euro­pa die Ener­gie­prei­se in astro­no­mi­sche Höhen geschnellt sind, blei­ben sie in den USA nied­rig. Die Gas- und Strom­prei­se sind inzwi­schen in Euro­pa mehr als vier­mal so hoch als jen­seits des Atlan­tiks.41

Nach dem Ende der Öllie­fe­run­gen aus Russ­land durch die Drush­ba-Pipe­line am 1. Janu­ar 2023 als Fol­ge von EU-Sank­tio­nen droht der Ölraf­fi­ne­rie PCK in Schwedt das Aus. Noch wird sie durch Tan­ker-Öl aus Ros­tock ver­sorgt, aller­dings arbei­tet sie auf­grund der gerin­gen Kapa­zi­tät der Schwedt-Ros­tock-Pipe­line nur mit 55 Pro­zent, was nicht kos­ten­de­ckend ist. Ursprüng­lich war geplant, das PCK zusätz­lich mit Öl zu ver­sor­gen, das im pol­ni­schen Hafen Gdy­nia ange­lan­det und dort in das Pipe­line­netz ein­ge­speist wird. Aller­dings wei­gert sich Polen, Öl an die PCK zu lie­fern, solan­ge die Raf­fi­ne­rie noch for­mal dem rus­si­schen Kon­zern Ros­neft gehört, auch wenn sie schon im April 2022 unter Zwangs­ver­wal­tung gestellt wur­de. Da eine Ent­eig­nung von Ros­neft aus for­mel­len Grün­den nicht ein­fach ist, dürf­te das Ende der Raf­fi­ne­rie bereits beschlos­sen sein. Die Bun­des­re­gie­rung wei­gert sich jeden­falls strikt, auf Polen Druck aus­zu­üben oder eine wei­te­re Pipe­line von Ros­tock nach Schwedt zu bau­en. Der durch eine Still­le­gung der PCK pro­vo­zier­te Ben­zin­man­gel und die damit ein­her­ge­hen­den Preis­stei­ge­run­gen kommt ihr gera­de recht, um die Men­schen wei­ter zu ver­ar­men und vom Auto­fah­ren abzu­hal­ten. Auch die deut­sche Indus­trie ver­liert wei­ter an Wett­be­werbs­fä­hig­keit.42

Es ist also kein Wun­der, wenn Unter­neh­men wie BMW, VW, Mer­ce­des-Benz, Sie­mens, BASF und Evo­nik jeweils Mil­li­ar­den­sum­men in den USA inves­tie­ren. Zur glei­chen Zeit lahmt ihr Geschäft auf dem deut­schen Hei­mat­markt und in Euro­pa ins­ge­samt. Wenn sich die­se Ent­wick­lung fort­setzt, ist eine voll­stän­di­ge Ver­la­ge­rung der Pro­duk­ti­on die­ser Fir­men in die USA denk­bar.43 Der Gas­her­stel­ler Lin­de mach­te den Anfang und sie­del­te bereits im Janu­ar 2023 voll­stän­dig in die USA über.44 Der Phar­ma­kon­zern Bay­er will den Schwer­punkt sei­nes Geschäfts in die USA ver­la­gern. Nur dort wird er wei­ter inves­tie­ren, nicht aber in Euro­pa. Zusätz­lich pro­fi­tie­ren die USA von den hohen Prei­sen auf den Welt­markt für ihr Frack­ing­gas und von Waf­fen­käu­fen. Tho­mas Röper fasst zusammen:

Es drängt sich der Ein­druck auf, dass die USA die­sen Kon­flikt pro­vo­ziert haben, um ihre Stel­lung als Welt­macht zu fes­ti­gen, auch wenn das bedeu­tet, dass es auf Kos­ten der euro­päi­schen ‚Ver­bün­de­ten‘ geschieht, die an den Fol­gen gera­de wirt­schaft­lich aus­blu­ten.45

Mit dem Ukrai­ne­krieg haben die USA nicht nur Russ­land geschwächt, son­dern gleich­zei­tig einen für sie gefähr­li­chen indus­tri­el­len Kon­kur­ren­ten aus­ge­schal­tet. Sie gehen zudem die eige­ne Reindus­tria­li­sie­rung ener­gisch an. Per­spek­ti­visch wür­den sie nahe­zu die ein­zi­ge Indus­trie­macht in der von ihnen beherrsch­ten Sphä­re wer­den und könn­ten sich gegen­über Chi­na sta­bi­li­sie­ren, zumin­dest eine Zeitlang.

Die EU und beson­ders Deutsch­land dro­hen bis 2030 zu einem voll­stän­dig ent­in­dus­tria­li­sier­ten Ödland zu wer­den. Ver­schärft wird die­se Ent­wick­lung durch den Kampf gegen das CO2: Pho­to­vol­ta­ik und Wind­kraft sind nicht in der Lage, sta­bi­le und zuver­läs­si­ge Ener­gie zu lie­fern. Zugleich fährt die EU auch noch die hoch­pro­duk­ti­ve euro­päi­sche Land­wirt­schaft bewusst her­un­ter, so dass man dar­an zwei­feln kann, ob noch alle euro­päi­schen Bür­ger ernährt wer­den kön­nen.46

Ein wich­ti­ger Zweck der hys­te­ri­sche Ent­schlie­ßun­gen wie die Erklä­rung von Russ­land zum Ter­ror­staat durch das EU-Par­la­ment am 23. Novem­ber und die Aner­ken­nung des »Holo­do­mor« als Völ­ker­mord an Ukrai­nern durch den Deut­schen Bun­des­tag am 30. Novem­ber 2022, ist sicher­zu­stel­len, dass der Bruch zwi­schen EU-Deutsch­land und Russ­land mög­lichst dau­er­haft erhal­ten bleibt.47 Dazu Dag­mar Henn:

Es sind letzt­lich also nicht nur die Sank­tio­nen, son­dern auch die­se pro­pa­gan­dis­tisch über­dreh­ten Beschlüs­se, die sich gegen Russ­land zu rich­ten schei­nen, aber die euro­päi­schen Indus­trie­län­der zum Ziel haben.48

Offen­bar die­nen sol­che Beschlüs­se auch dazu, die euro­päi­schen Poli­ti­ker gewis­ser­ma­ßen in Gei­sel­haft zu neh­men. Je mehr sol­cher Beschlüs­se gefasst wer­den, umso schwie­ri­ger ist es, die nor­ma­len Bezie­hun­gen zu Russ­land wie­der­her­zu­stel­len. Es ist immer weni­ger mög­lich, ent­spre­chen­de Vor­schlä­ge auch nur in die poli­ti­sche Debat­te ein­zu­brin­gen. Damit ist das Schick­sal die­ser Poli­ti­ker mit der Fort­set­zung des jet­zi­gen Kriegs­kur­ses ver­knüpft. Sie kön­nen ihn nicht ändern, ohne damit ihre Kar­rie­re zu been­den. Und zwar auch dann nicht, wenn sie begrei­fen soll­ten, dass sie ihren Län­dern den größt­mög­li­chen Scha­den zufü­gen.49

Das Schlim­me an die­sem Sze­na­rio ist, dass es für den Rest der Welt sogar von Vor­teil wäre, denn eine wirt­schaft­li­che und poli­ti­sche Desta­bi­li­sie­rung der USA wäre weit­aus gefähr­li­cher.50 Und das ist noch nicht alles. Auch die EU gehört, wenn es nach den USA geht, aufs Abstell­gleis. Sie soll durch ein Bünd­nis ost­eu­ro­päi­scher Län­der unter Füh­rung Polens ersetzt wer­den, die eine noch här­te­re Posi­ti­on gegen­über Russ­land ein­neh­men. Sie bil­den zudem einen phy­si­schen Rie­gel zwi­schen Deutsch­land und Russ­land. Das wäre das von den USA vor­an­ge­trie­be­ne Inter­ma­ri­um. Die­sem Inter­ma­ri­um sol­len neben Polen fol­gen­de Län­der ange­hö­ren: Die bal­ti­schen Staa­ten, die Tsche­chi­sche Repu­blik, die Slo­wa­kei, die west­li­che Ukrai­ne, Rumä­ni­en mit Mol­da­wi­en und Bul­ga­ri­en.51

Wäh­rend die USA in West­eu­ro­pa offen­bar auf einen tota­len zivi­li­sa­to­ri­schen Zusam­men­bruch hin­ar­bei­ten52, dürf­ten sie beim Front­saat Polen einen etwas höhe­ren Lebens­stan­dard tole­rie­ren. Dar­auf deu­tet hin, dass im pol­ni­schen Ort Choc­ze­wo das ers­te Kern­kraft­werk des Lan­des ent­ste­hen soll und zwar mit sechs Reak­to­ren der US-Fir­ma West­ing­house. Im End­aus­bau wird es ein Drit­tel des in Polen ver­brauch­ten elek­tri­schen Stroms erzeu­gen.53

Auch die an Deutsch­land gerich­te­ten pol­ni­schen Repa­ra­ti­ons­for­de­run­gen für Ver­wüs­tun­gen von Krieg und Besat­zung zwi­schen 1939 und 1945 in Höhe von 1,3 Bil­lio­nen Dol­lar sind in die­sem Zusam­men­hang zu sehen.54 Polen wird die­se For­de­rung wohl bald bei einem US-Gericht ein­kla­gen. Mit dem zu erwar­ten­den posi­ti­ven Urteil hät­te Polen einen voll­streck­ba­ren Titel, mit dem es über­all auf der Welt deut­sches Eigen­tum beschlag­nah­men könn­te. Um wei­ter Druck zu machen, könn­ten die USA ihre Flüs­sig­gas­lie­fe­run­gen nach Deutsch­land ein­stel­len. Dann blie­be den Deut­schen nichts ande­res übrig als zu zah­len. Die­ser mas­si­ve Reich­tums­trans­fer wäre der letz­te Sarg­na­gel bei der Zer­stö­rung der deut­schen Indus­trie und damit der deut­schen Gesellschaft.

Deutsch­land soll­te in der Tat auf­rüs­ten, aber nicht gegen Russ­land, son­dern gegen Polen. Denn wer kann aus­schlie­ßen, dass Polen als Anfüh­rer des Inter­ma­ri­ums sei­ne Repa­ra­ti­ons­for­de­run­gen nicht mili­tä­risch ein­treibt, so wie das die Fran­zo­sen 1923 bis 1925 mit der Ruhr­be­set­zung vor­ge­macht haben?

Ver­wei­se

1 Vgl. Ger­hard Wis­new­s­ki / Wolf­gang Land­grae­ber / Ekke­hard Sie­ker: Das RAF-Phan­tom, Mün­chen 1993, S. 436ff

2 Vgl. Wis­new­s­ki u.a. 1993, a.a.O., S. 96ff

3 Vgl. Wis­new­s­ki u.a. 1993, a.a.O., S. S. 233ff

4 Soli = Soli­da­ri­täts­zu­schlag auf die Ein­kom­mens­steu­er, Wal­ter Gro­be: Mer­kels ewi­ge Pan­de­mie. Die deut­sche Öko­no­mie vor der Über­nah­me durch US-Kapi­tal?, in: Autoren­kol­lek­tiv: Dark Win­ter, Ber­lin 2021, S. 148, im Inter­net: https://​mag​ma​-maga​zin​.su/​b​r​o​s​c​h​u​e​r​e​n​/​d​a​r​k​-​w​i​n​t​e​r​-​a​n​a​l​y​s​e​n​-​z​u​m​-​c​o​r​o​n​a​-​k​a​p​i​t​a​l​i​s​m​us/, abge­ru­fen am 22.02.2023

5 Aus­führ­li­che Dis­kus­si­on zur Sicher­heit der Kern­ener­gie in: Jan Mül­ler: Der ver­mut­lich kom­men­de Kli­ma­lock­down und sei­ne Alter­na­ti­ven, in: Autoren­kol­lek­tiv: Dark Win­ter, 2021, S. 209ff, a.a.O.

6 Vgl. Gro­be 2021, S. 149 – 151 und 161 – 162, a.a.O.

7 Gro­be 2021, S. 160, a.a.O.

8 Jens Ber­ger: Unter­neh­mens­ran­king – Deutsch­lands Groß­kon­zer­ne schaf­fen sich ab, US-Kon­zer­ne domi­nie­ren, 03.01.2023, Nach­denk­sei­ten, im Inter­net: https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​9​2​072, abge­ru­fen am 24.02.2023

9 Das als geo­pol­ti­sches Ana­ly­se­insti­tut fir­mie­ren­de Strat­for gilt als der bedeu­tends­te Pri­vat­ge­heim­dienst der USA.

10 Ukrai­ne – »kei­ne 100 Mil­lio­nen Tote« – Krieg in Euro­pa – Geor­ge Fried­man – The Chi­ca­go Coun­cil (2015), Deut­sche Über­set­zung der Rede, die Fried­man 2015 gehal­ten hat , 20.01.2022, You­Tube, im Inter­net: https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​k​j​e​n​O​H​M​b​H_A, abge­ru­fen am 24.02.2023

11 Vgl. Gro­be 2021, S. 148, a.a.O.

14 Vgl. Dag­mar Henn: Die Hin­ter­grün­de des Krie­ges, 11.10.2022, Frei­den­ker, im Inter­net: https://​www​.frei​den​ker​.org/​?​p​=​1​4​408, abge­ru­fen am 24.02.2023

16 Hud­son, 10.04.2022, a.a.O.

17 Vgl. Hud­son, 10.04.2022, a.a.O.

18 Vgl. Mathi­as Brö­ckers: Noti­zen vom Ende der uni­po­la­ren Welt – Teil 25, 21.05.2022, Blog von Mathi­as Brö­ckers, im Inter­net: https://​www​.broe​ckers​.com/​2​0​2​2​/​0​5​/​2​1​/​n​o​t​i​z​e​n​-​v​o​m​-​e​n​d​e​-​d​e​r​-​u​n​i​p​o​l​a​r​e​n​-​w​e​l​t​-​25/, abge­ru­fen am 24.02.2023

19 Vgl. Jörg Kro­nau­er: Die Sank­tio­nen schla­gen zurück, 27.05.2022, Ger­man For­eign Poli­cy, im Inter­net: https://​www​.ger​man​-for​eign​-poli​cy​.com/​n​e​w​s​/​d​e​t​a​i​l​/​8​932, abge­ru­fen am 24.02.2023

22 Vgl. Henn, 11.06.2022, a.a.O.

23 Vgl. Sta­tis­ta, 02.12.2022, a.a.O.

24 Vgl. Jens Ber­ger: Vol­le Fahrt vor­aus und Kurs aufs Riff!, 31.08.2022, Nach­denk­sei­ten, im Inter­net: https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​8​7​446, abge­ru­fen am 24.02.2023

25 Vgl. Ber­ger, 03.01.2023, a.a.O.

26 Vgl. Ber­ger, 31.08.2022, a.a.O.

28 Vgl. Dag­mar Henn: 2023 geht es ums Brot, nicht um die But­ter – Infla­ti­on, Ener­gie­kri­se und Rezes­si­on, 01.01.2023, RT, im Inter­net: https://​deutsch​.rt​.com/​m​e​i​n​u​n​g​/​1​5​8​283 – 2023-geht-es-ums-brot-nicht-um-die-but­ter/, abge­ru­fen am 24.02.2023

29 Vgl. Sus­an Bonath: Poli­tisch for­cier­te Mas­sen­ver­ar­mung: Immer mehr Men­schen rut­schen unter das Exis­tenz­mi­ni­mum, 08.01.2023, RT, im Inter­net: https://​deutsch​.rt​.com/​m​e​i​n​u​n​g​/​1​5​8​9​7​2​-​p​o​l​i​t​i​s​c​h​-​f​o​r​c​i​e​r​t​e​-​m​a​s​s​e​n​v​e​r​a​r​m​u​n​g​-​i​m​m​e​r​-​m​e​hr/, abge­ru­fen am 24.02.2023

30 Vgl. Wolf­gang Bitt­ner: Kei­ner soll hun­gern, ohne zu frie­ren. Der Weg in die Kata­stro­phe, 12.07.2022, Nach­denk­sei­ten, im Inter­net: https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​8​5​733, abge­ru­fen am 24.02.2023

31 Vgl. Flo­ri­an War­weg: »Wer­den am Ende 20 bis 30 Pro­zent ärmer sein«, 22.07.2022, Nach­denk­sei­ten, im Inter­net: https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​8​6​125, abge­ru­fen am 24.02.2023

33 Vgl. Dag­mar Henn: Dun­kel­kalt und Ermah­nun­gen für 32 Mil­lio­nen Euro – Da kön­nen die Mos­kau­er nur stau­nen, 18.12.2022, RT, im Inter­net: https://​deutsch​.rt​.com/​m​e​i​n​u​n​g​/​1​5​7​2​9​0​-​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​-​i​m​-​w​i​n​t​e​r​-​d​u​n​k​e​l​k​a​l​t​-​u​nd/, abge­ru­fen am 24.02.2023

35 Vgl. Zum Schutz gegen Black­outs: Netz­hol­ding will Ber­li­nern den Strom abdre­hen – zumin­dest stun­den­wei­se, 16.09.2022, RT, im Inter­net: https://​deutsch​.rt​.com/​i​n​l​a​n​d​/​1​4​9​0​9​3​-​z​u​m​-​s​c​h​u​t​z​-​e​n​e​r​g​i​e​n​e​t​z​e​s​-​n​e​t​z​h​o​l​d​i​n​g​-​w​i​ll/, abge­ru­fen am 24.02.2023

36 Vgl. Kri­sen-Reak­ti­on in Ita­li­en: Regie­rungs­chefin Melo­ni lei­tet Abschaf­fung des Bür­ger­gel­des ein, 23.11.2022, RT, im Inter­net: https://​deutsch​.rt​.com/​e​u​r​o​p​a​/​1​5​5​1​6​6​-​k​r​i​s​e​n​-​r​e​a​k​t​i​o​n​-​i​n​-​i​t​a​l​i​e​n​-​r​e​g​i​e​r​u​n​g​s​c​h​e​f​in/, abge­ru­fen am 24.02.2023

38 Vgl. Chris­ti­an Kreiß: Baer­bock und Habeck: Auf­trags­kil­ler des deut­schen Mit­tel­stan­des?, 17.11.2022, Nach­denk­sei­ten, im Inter­net: https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​9​0​484, abge­ru­fen am 24.02.2023

39 Die Repa­ra­tur die­ser Pipe­lines dau­ert Jah­re. In Russ­land fin­det aber gegen­wär­tig eine gro­ße Ver­la­ge­rung der eige­nen Ener­gie­res­sour­cen in Rich­tung Osten statt. Es wer­den zahl­rei­che Pipe­lines und Erd­gas­ver­flüs­si­gungs­an­la­gen gebaut. Das heißt, selbst wenn im unwahr­schein­li­chen Fall unse­re rus­so­pho­ben Poli­ti­ker nach eini­gen Jah­ren abge­löst wer­den, wäre schlicht­weg nicht mehr genug Gas vor­han­den, um Euro­pa damit zu versorgen.

41 Vgl. Kro­nau­er, 26.10.2022, a.a.O.

42 Vgl. Jens Ber­ger: Kein Schiff wird kom­men, 06.02.2023, Nach­denk­sei­ten, im Inter­net: https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​9​3​471, Knut Mel­len­thin: Der Rest sind Lügen, 02.02.2023 jW, im Inter­net; https://www.jungewelt.de/artikel/444050.pck-raffinerie-der-rest-sind‑l ProzentC3 ProzentBCgen.html, Tho­mas Röper: Der pol­ni­sche Wirt­schafts­krieg gegen Deutsch­land, 05.02.2023, Anti-Spie­gel, im Inter­net: https://​www​.anti​-spie​gel​.ru/​2​0​2​3​/​d​e​r​-​p​o​l​n​i​s​c​h​e​-​w​i​r​t​s​c​h​a​f​t​s​k​r​i​e​g​-​g​e​g​e​n​-​d​e​u​t​s​c​h​l​a​nd/, abge­ru­fen am 24.02.2023

43 Vgl. Kro­nau­er, 26.10.2022, a.a.O.

44 Vgl. Moritz Gru­ber: Lin­de macht rüber, 20.01.2023, jW, Im Inter­net: https://www.jungewelt.de/artikel/443139.us-monopolmacht-linde-macht‑r ProzentC3 ProzentBCber.html, abge­ru­fen am 24.02.2023

48 Henn, 03.12.2022, a.a.O.

49 Vgl. Henn, 03.12.2022, a.a.O.

50 Vgl. Henn, 03.12.2022, a.a.O.

52 Vgl. Dag­mar Henn: Ener­gie, Indus­trie und Zusam­men­bruch – ein Blick in eine mög­li­che Zukunft, Teil 1, 03.09.2022, RT, im Inter­net: https://deutsch.rt.com/meinung/147535-energie-industrie-und-zusammenbruch-blick-in-eine-moegliche-zukunft-teil‑1/, Dag­mar Henn: Ener­gie, Indus­trie und Zusam­men­bruch – ein Blick in eine mög­li­che Zukunft, Teil 2, 04.09.2022, RT, im Inter­net: https://​deutsch​.rt​.com/​m​e​i​n​u​n​g​/​1​4​7​5​3​7​-​e​n​e​r​g​i​e​-​i​n​d​u​s​t​r​i​e​-​u​n​d​-​z​u​s​a​m​m​e​n​b​r​u​c​h​-​b​l​i​ck/, abge­ru­fen am 24.02.2023

53 Vgl. Polen lässt ers­tes AKW von US-Fir­ma bau­en, 29.10.2022, ARD, im Inter­net: https://​www​.tages​schau​.de/​a​u​s​l​a​n​d​/​p​o​l​e​n​-​a​k​w​-​1​0​3​.​h​tml, abge­ru­fen am 24.02.2023

54 Vgl. Jens Ber­ger: Die Bil­lio­nen­fra­ge – haben die Polen (und auch die Deut­schen) im Geschichts­un­ter­richt geschla­fen?, 05.01.2023, Nach­denk­sei­ten, im Inter­net: https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​9​2​158, abge­ru­fen am 24.02.2023. Ber­ger behaup­tet zwar, es gäbe kei­ne Rechts­grund­la­ge für die pol­ni­schen Repa­ra­ti­ons­for­de­run­gen. Aber so etwas hat die USA noch nie gestört.

Bild: Noch eini­ge Jah­re Sank­tio­nen wird Deutsch­land, nicht Russ­land, zu einem ein­zi­gen Indus­trie­mu­se­um, wie hier die Hen­richs­hüt­te Hattingen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert