Wie­der ein­mal die Banken

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Nach dem Zusam­men­bruch von Leh­man-Brot­hers im Jah­re 2008 scheint schon wie­der von Ame­ri­ka eine Ban­ken­kri­se aus­zu­ge­hen. Mit der Cre­dit Suis­se hat es nun auch das Ober­haus der Finanz­welt erreicht. Wie­der müs­sen Staat und Noten­ban­ken ein­sprin­gen. Aber wie lan­ge wer­den sie das Finanz­sys­tem in die­ser Form noch auf­recht erhal­ten können?

Ver­än­der­te Lage

Trotz aller Par­al­le­len zum Zusam­men­bruch von Leh­man Brot­hers gibt es auch Unter­schie­de, die viel­leicht zu einem ande­ren Ver­lauf und Ergeb­nis füh­ren wer­den. Der ent­schei­den­de wird in der Dis­kus­si­on über die Gefahr für das Finanz­sys­tem nach dem Zusam­men­bruch der Sili­con Val­ley Bank (SVB) kaum erwähnt: Der Inter­ban­ken­han­del war nach dem Unter­gang von Leh­man Brot­hers zusammengebrochen.

Die Geschäfts­ban­ken lie­hen sich unter­ein­an­der kein Geld mehr, weil sie nicht wuss­ten, wel­che Risi­ken die ande­ren Ban­ken in ihren Bilan­zen hat­ten. Denn im Fal­le einer Insol­venz eines ande­ren Bank­hau­ses konn­te das an die­se aus­ge­lie­he­ne Geld ver­lo­ren sein. Des­halb hiel­ten die Ban­ken ihr Geld zurück aus Angst, selbst zah­lungs­un­fä­hig zu wer­den. Der Zusam­men­bruch des Inter­ban­ken-Han­del ver­schärf­te die Liqui­di­täts­schwie­rig­kei­ten ein­zel­ner Häu­ser noch zusätzlich.

Bis zur Leh­man-Plei­te hat­ten die Geschäfts­ban­ken sich über­schüs­si­ge Liqui­di­tät gegen­sei­tig aus­ge­lie­hen, um Man­gel oder Über­schuss an Kapi­tal aus­zu­glei­chen. Auf die­sem Wege wur­de Ungleich­ge­wich­te in der Kapi­tal­ver­sor­gung über­wun­den. Ehe man über­schüs­si­ges Kapi­tal unge­nutzt ließ, lieh man es kurz­fris­tig an ande­re Ban­ken aus und kas­sier­te dafür Zin­sen. »Vor der Kri­se lie­hen sich Ban­ken unter­ein­an­der täg­lich bis zu 450 Mil­li­ar­den Euro, infol­ge der Finanz­kri­se ab 2007 ist die­ser Inter­ban­ken­han­del fast völ­lig zum Erlie­gen gekommen.«(1).

Um das Welt­fi­nanz­sys­tem vor dem Zusam­men­bruch infol­ge von Kapi­tal­man­gel zu schüt­zen, stell­ten die Noten­ban­ken den Geschäfts­ban­ken Liqui­di­tät in nahe­zu unbe­grenz­tem Aus­maß zur Ver­fü­gung. Der Inter­ban­ken­han­del wur­de ersetzt durch die Ver­sor­gung der Geschäfts­ban­ken durch die Noten­ban­ken selbst. Heu­te lei­hen sich die Geschäfts­ban­ken direkt die benö­tig­ten Kapi­tal­men­gen bei der Noten­bank und hin­ter­le­gen dafür Sicher­hei­ten in Form von Wertpapieren.

Etwa­ige Über­schüs­se der Geschäfts­ban­ken, die vor der Kri­se an ande­re Kre­dit­in­sti­tu­te wei­ter ver­lie­hen wur­den, wer­den nun bei den Noten­ban­ken geparkt. Die Geschäfts­ban­ken erhal­ten dafür Zin­sen von der Noten­bank. Damit wur­de die Anste­ckungs­ge­fahr zwi­schen den Geschäfts­ban­ken unter­bun­den. Die direk­te Bedro­hung einer Bank durch die Zah­lungs­un­fä­hig­keit einer ande­ren besteht nicht mehr, da die Quer­ver­bin­dun­gen unter­ein­an­der gekappt sind. Die­ser wesent­li­che Unter­schied zu 2008 wird aber in der der­zei­ti­gen Dis­kus­si­on nicht beachtet.

Ver­än­der­te Risiken

Die heu­ti­gen Gefah­ren sind ande­re, ver­mut­lich sogar bedroh­li­cher. Die Kri­sen der SVB und auch der Cre­dit Suis­se (CS) wur­den gefähr­lich durch eine kri­ti­sche­re Hal­tung der Bank­kun­den im Ver­gleich zu den Ereig­nis­sen von 2008. Damals hat­te noch das Wort der Kanz­le­rin genügt, um die Kun­den vom Sturm auf die Ban­ken abzu­hal­ten. Bei den ers­ten Anzei­chen von Schwä­che und Unsi­cher­heit zie­hen heu­te die Kun­den ihre Ein­la­gen ab. Das geschah so bei der SVB, aber auch zuletzt bei der Cre­dit Suisse.

Die Spa­rer brin­gen ihr Geld bei ver­meint­lich siche­ren Anla­gen und Adres­sen unter. »Die Ban­ken­ko­ali­ti­on mit mehr als 100 Mit­glie­dern mit einer Min­dest­grö­ße von 20 Mil­li­ar­den Dol­lar Bilanz­sum­me sieht sich mit einer Kun­den­flucht kon­fron­tiert. Vie­le Kun­den trans­fe­rie­ren ihre Kon­ten offen­bar zu Groß­ban­ken wie JP Mor­gan, Wells Far­go oder Citibank.«(2) Anle­ger flo­hen aus den Ban­ken­ti­teln. Die Akti­en­kur­se bra­chen ein.

Nur die schnel­le Zusi­che­rung des US-Prä­si­den­ten Joe Biden, dass die Kun­den­ein­la­gen durch den Staat geschützt sind, führ­te zur erst­ma­li­gen Beru­hi­gung in den USA. Ent­ge­gen frü­he­rer War­nun­gen, kei­ne Ban­ken mehr zu ret­ten, zeigt die sehr weit­ge­hen­de Garan­tie Bidens, dass man die Lage äußerst ernst nimmt. Denn es haben weit mehr Ban­ken Ver­lus­te in ihren Büchern, als bis­her öffent­lich, geschwei­ge denn wirk­sam gewor­den ist.

»Das Pro­blem der unrea­li­sier­ten Ver­lus­te ist groß, das Pro­blem der unver­si­cher­ten Gut­ha­ben aber ist gewal­tig. Ame­ri­kas Geschäfts­ban­ken haben davon 9 Bil­lio­nen Dol­lar in ihren Büchern.«(3). Bis­her garan­tiert die staat­li­che Ein­la­gen­ver­si­che­rung (FDIC) nur Gut­ha­ben bis zu 250.000 Dol­lar. Alles dar­über hin­aus ist durch die FDIC nicht ver­si­chert und damit ausfallbedroht.

Das bedeu­tet, dass ein Sturm auf die Ban­ken ein­set­zen könn­te, wenn nicht alle Gut­ha­ben abge­si­chert wer­den. Um eine sol­che Ent­wick­lung zu ver­hin­dern, hat­te die ame­ri­ka­ni­sche Regie­rung ver­gan­ge­nes Wochen­en­de fürs ers­te die Garan­tie über sämt­li­che Gut­ha­ben der bis­her zusam­men­ge­bro­che­nen Insti­tu­te Sili­con Val­ley Bank und Signa­tu­re Bank über­nom­men, also auch über die 250.000 Dol­lar hin­aus. Offen­sicht­lich soll­te ein Zei­chen gesetzt wer­den, dass die Regie­rung alle Gut­ha­ben schützt, um so einer Ver­un­si­che­rung zuvor zu kom­men, die in Panik aus­ar­ten könnte.

Die Ver­mei­dung unkon­trol­lier­ba­rer Ent­wick­lun­gen scheint auch bei der Ret­tung der Cre­dit Suis­se (CS) aus­schlag­ge­bend gewe­sen zu sein. In einer Nacht-und-Nebel­ak­ti­on hat­ten die Schwei­zer Behör­den die United Bank of Switz­er­land (UBS) über das Wochen­en­de zur Über­nah­me der CS gedrängt. Sie scheu­ten sich auch nicht davor, kur­zer­hand die Aktio­närs­rech­te außer Kraft und sich über kar­tell­recht­li­che Bestim­mun­gen hin­weg zu set­zen. Die­se Maß­nah­me geschah in Abspra­che mit den füh­ren­den west­li­chen Staa­ten, denn schließ­lich betraf die­se Ent­schei­dung eine inter­na­tio­nal agie­ren­de Bank.

Kurz zuvor noch waren der CS Liqui­di­täts­hil­fen und Kre­dit­li­ni­en in Höhe von etwa 150 Mil­li­ar­den Fran­ken zuge­sagt wor­den. Das schien aber nicht mehr gereicht zu haben, um einen tra­gen­den Pfei­ler der Finanz­welt vor dem Zusam­men­bruch zu bewah­ren. Mit enor­men finan­zi­el­len Siche­rungs­zu­sa­gen mach­ten die Schwei­zer Behör­den offen­sicht­lich der UBS ein Ange­bot, das sie nicht ableh­nen konn­te. Gleich­zei­tig hat man aber jetzt einen Finanz­ko­loss geschaf­fen, für des­sen Ret­tung in Zukunft die Mög­lich­kei­ten der Schweiz allei­ne nicht mehr aus­rei­chen dürften.

Neue Gefah­ren

Nun sind aber die der­zei­ti­gen Tur­bu­len­zen anders als 2008 nicht durch sol­che Ban­ken aus­ge­löst wor­den, die mit hoch­spe­ku­la­ti­ven Pro­duk­ten gear­bei­tet haben. Die der­zei­ti­ge Ban­ken­kri­se wird ver­ur­sacht durch den Ver­fall der Anlei­he­kur­se, also gera­de jener Anla­ge­klas­se, die gemein­hin als kon­ser­va­tiv und sicher dar­ge­stellt wird. Nur weni­ge Anla­gen gal­ten als siche­rer als die Staats­an­lei­hen der USA.

Ursa­che die­ser Ent­wick­lung ist der Zins­an­stieg, der beson­ders im Wes­ten in den letz­ten Mona­ten von den Noten­ban­ken ein­ge­lei­tet wor­den war. Mit der Anhe­bung der Zins­sät­ze wol­len die Noten­ban­ken die Inflation(4) bekämp­fen. Das Anstei­gen der Zin­sen führt zu einem Ver­fall der Kur­se beson­ders bei sol­chen Anlei­hen, die schon län­ger am Markt gehan­delt werden.

Das waren aber gera­de jene Papie­re, in denen vie­le Ban­ken ihr Eigen­ka­pi­tal ange­legt hat­ten, um es jeder­zeit ver­füg­bar, aber auch sicher zu haben. Mit dem Ver­fall der Anlei­he­kur­se sank auch der Wert der Rück­la­gen der Ban­ken. Das ist solan­ge nicht besorg­nis­er­re­gend, wie die Ban­ken nicht aus Liqui­di­täts­grün­den auf die­ses Eigen­ka­pi­tal zurück­grei­fen müs­sen. Im Fall der SVB jedoch sah die Rating­agen­tur Moo­dys die Boni­tät der Bank gefähr­det und kün­dig­te eine Sen­kung der Boni­täts­no­te an.

Spa­rer lös­ten ihre Ein­la­gen auf, Anle­ger ver­kauf­ten die Akti­en der Bank. Um die Aus­zah­lun­gen gewähr­leis­ten zu kön­nen, muss­te die Bank Anlei­hen mit Ver­lust ver­kau­fen. Die­se Ent­wick­lung über­for­der­te die Rück­la­gen der Bank. Sie wur­de zah­lungs­un­fä­hig. Weil aber die SVB nicht die ein­zi­ge Bank ist, die sich gera­de auf die Soli­di­tät ame­ri­ka­ni­scher Staats­an­lei­hen ver­las­sen hat­te, ist die­se Ent­wick­lung so gefähr­lich zum einen für die Exis­tenz der ein­zel­nen Ban­ken, aber auch für das Fun­da­ment des west­li­chen Finanzsystems.

Denn es sind gera­de nicht ris­kan­te Spe­ku­la­tio­nen, die die Ban­ken in Gefahr brin­gen, son­dern eben jene Siche­rungs­me­cha­nis­men, die eine erneu­te Ban­ken­kri­se ver­hin­dern soll­ten. Das erhöh­te Eigen­ka­pi­tal wur­de ange­legt in den schein­bar sichers­ten Anla­gen der Welt. Die Rating­agen­tu­ren, die die Anle­ger vor unse­riö­sen Anbie­tern schüt­zen sol­len, sto­ßen mit ihren War­nun­gen eine Ent­wick­lung an, die zum Unter­gang einer Bank führt. Der Kapi­ta­lis­mus schlägt sich mit sei­nen eige­nen Waffen.

In der Zwickmühle

In der jet­zi­gen Situa­ti­on belas­ten stei­gen­de Zin­sen nicht nur Wirt­schaft und Kon­sum son­dern auch das Eigen­ka­pi­tal der Geschäfts­ban­ken. Ande­rer­seits rut­schen auch die Noten­ban­ken selbst in die Ver­lust­zo­ne, weil sie für die Ein­la­gen der Ban­ken mehr Zin­sen an die­se zah­len müs­sen, als sie selbst an Zin­sen aus den Anlei­hen erhal­ten, die sie im Rah­men der Anlei­he­kauf­pro­gram­me erwor­ben haben (5).

Die Noten­ban­ken steht vor einem Dilem­ma. Senkt man die Zin­sen, um die Ban­ken zu ent­las­ten, oder erhöht man sie, um die Infla­ti­on zu bekämp­fen? Für die Ame­ri­ka­ner scheint die Ret­tung der Ban­ken im Vor­der­grund zu ste­hen. »Die ame­ri­ka­ni­sche Regie­rung hat ihre Bereit­schaft bekräf­tigt, die Gut­ha­ben in mit­tel­gro­ßen und klei­ne­ren Ban­ken zu garan­tie­ren, wenn damit ein Flä­chen­brand im Finanz­sek­tor ver­hin­dert wer­den kann.«(6) Die neu­er­li­che Zins­er­hö­hung der FED um 0,25 Pro­zent­punk­te fiel dem­entspre­chend zurück­hal­tend aus.

Ange­sichts der Sum­men, die im Feu­er ste­hen, ist es frag­lich, ob die USA über­haupt finan­zi­ell in der Lage sind, alle bedroh­ten Ban­ken zu ret­ten. Ver­mut­lich dient Bidens Garan­tie nur der Hoff­nung, dass der Not­fall nicht ein­tritt. Denn schon jetzt sind die Mit­tel so knapp, dass man immer wie­der die Ver­schul­dungs­gren­zen anhe­ben muss, um den Staats­haus­halt finan­zie­ren zu kön­nen. Und der Ukrai­ne­krieg for­dert stän­dig neue Ausgaben.

Ange­sichts der Infla­ti­on von Finan­zie­rungs­run­den für die Wirt­schafts­för­de­rung, Son­der­ver­mö­gen, För­der­töp­fe und sons­ti­ge Unter­stüt­zungs­maß­nah­men stellt sich Fra­ge nach der Finan­zier­bar­keit all die­ser staat­li­chen Aus­ga­ben. Mitt­ler­wei­le scheint die Hal­tung vor­zu­herr­schen: »Dar­auf kommt es nun auch nicht mehr an«.

Die Schul­den­trag­fä­hig­keit der Staa­ten, die die Theo­rien der Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten ein­mal bei 60 Pro­zent gese­hen hat­ten, ist in den rei­chen west­li­chen Staa­ten längst über­schrit­ten. Es stellt sich zum wie­der­hol­ten Male die Fra­ge: »Wie lan­ge geht das noch gut?«

Finanz­macht Dollar

Trotz regel­mä­ßi­ger Pro­phe­zei­un­gen über den Zusam­men­bruch des Kapi­ta­lis­mus funk­tio­niert das Sys­tem immer noch, ande­rer­seits aber wer­den auch die Kri­sen immer häu­fi­ger und hef­ti­ger. Kann auch der Zeit­punkt nicht ange­ge­ben wer­den, so kön­nen doch Bedin­gun­gen her­aus­ge­ar­bei­tet wer­den, unter denen beson­ders der west­li­che Kapi­ta­lis­mus an sei­ne Gren­zen stößt.

Die­ses west­lich bestimm­te Finanz­sys­tem wird beherrscht durch den Dol­lar. Er ist die uni­ver­sel­le Wäh­rung, mit der über­all auf der Welt gezahlt und abge­rech­net wer­den kann. Alle Waren der Welt kön­nen gegen Dol­lar erwor­ben wer­den. Mit der Aus­wei­tung der Dol­lar­men­gen durch die US-Noten­bank hat der ame­ri­ka­ni­sche Staat sich die Mög­lich­keit geschaf­fen, immer grö­ße­re Antei­le der Welt­pro­duk­ti­on zu erwer­ben, ohne eine ent­spre­chen­de eige­ne Leis­tung erbracht zu haben, wie die immer wie­der Han­dels­de­fi­zi­te verdeutlichen.

Wäh­rend sich die Indus­trie­staa­ten der west­li­chen Welt ihre Geld­men­gen selbst schaf­fen, um mit dem Rest der Welt Han­del zu trei­ben, muss der Rest der Welt kon­kur­renz­fä­hi­ge Pro­duk­te auf dem Welt­markt anbie­ten, um in den Besitz von Dol­lar zu kom­men. Russ­land und die Ölför­der­staa­ten zum Bei­spiel expor­tier­ten ihre Roh­stof­fe und erhal­ten dafür Dol­lar oder Euro. Chi­na expor­tiert haupt­säch­lich die Pro­duk­te sei­ner Industrie.

Nur im Aus­tausch ihrer Roh­stof­fe und Pro­duk­te erhal­ten Staa­ten, deren Wäh­run­gen kei­ne Reser­ve­wäh­run­gen sind, die Devi­sen, mit denen sie nun über­all auf der Welt sich mit dem ver­sor­gen kön­nen, was sie selbst nicht haben. Dra­ma­tisch ist die­ser Mecha­nis­mus für sol­che Staa­ten beson­ders in der Drit­ten Welt, die wenig haben, womit sie Devi­sen erwirt­schaf­ten kön­nen. Sie blei­ben in ihrer Ent­wick­lung zurück.

Reser­ve­wäh­run­gen

In Dol­lar erwor­be­ne Waren müs­sen nicht ein­mal in den USA her­ge­stellt wor­den sein, um in Dol­lar gehan­delt zu wer­den. Das ist bei den meis­ten Wäh­run­gen der Welt anders. Mit der mon­go­li­schen Wäh­rung Tögrög zum Bei­spiel kann man nur in der Mon­go­lei bezah­len. Man wird im Rest der Welt kaum jeman­den fin­den, der Tögrög im Waren- oder Zah­lungs­ver­kehr akzep­tiert. Über den Dol­lar aber ist die­ser Aus­tausch mög­lich sogar unter Part­nern, die über­haupt kei­nen wirt­schaft­li­chen Kon­takt zu den USA haben.

Die Geld­men­gen, die die west­li­chen Noten­ban­ken in den Jah­ren seit der Leh­man-Plei­te geschaf­fen haben, ent­spre­chen nicht der wirt­schaft­li­chen Leis­tungs­kraft die­ser Staa­ten. Das gilt für den Dol­lar eben­so wie für ande­re, die als die gro­ßen Reser­ve­wäh­run­gen für das Kapi­tal der Welt die­nen. Die­se Geld­men­gen wur­den zwar von die­sen Staa­ten geschaf­fen, aber sie bil­den nicht den Wert­zu­wachs der eige­nen Wirt­schaft ab son­dern den glo­ba­len Wertzuwachs.

Denn die­se Wäh­run­gen die­nen nicht nur als Zah­lungs­mit­tel son­dern auch als Spei­cher für all jene Wer­te, die bis­her in der glo­ba­len Pro­duk­ti­on erwirt­schaf­tet wur­den. Der gewal­ti­ge Markt der ame­ri­ka­ni­schen Staats­an­lei­hen ist in der Lage, das Kapi­tal, das in der Geschich­te des Kapi­ta­lis­mus geschaf­fen wor­den war, auf­zu­neh­men und wert­stei­gernd zu ver­wah­ren. Das macht die Macht der Reser­ve­wäh­run­gen aus. Sie spei­chern Kapi­tal und ver­meh­ren es. Das kann die mon­go­li­sche Wäh­rung nicht. Dazu feh­len die ent­spre­chen­den Geld­men­gen und loh­nen­den Anlagemöglichkeiten.

Gren­zen des Dollars

Trotz­dem schwin­det die Macht des Dol­lars. Immer mehr Staa­ten sind von Dol­lar­sank­tio­nen betrof­fen. Das schwächt nicht nur die­se Staa­ten, es schwächt auch die ame­ri­ka­ni­sche Wirt­schaft, die mit den Sank­tio­nier­ten kei­nen Han­del mehr betrei­ben darf. Das macht aber auch zuneh­mend den Dol­lar über­flüs­sig, weil immer mehr Staa­ten von sei­ner Nut­zung aus­ge­schlos­sen sind. Sie suchen nach Alternativen.

Das ist erkenn­bar in den Bestre­bun­gen der BRICS-Staa­ten, eine eige­ne Reser­ve­wäh­rung zu schaf­fen. Das deu­tet sich auch an in der Zunah­me der Ver­wen­dung natio­na­ler Wäh­run­gen in den Han­dels­be­zie­hun­gen. Mit der Poli­ti­sie­rung des Dol­lars wird die­ser immer unbe­re­chen­ba­rer. Es stellt sich für immer mehr Staa­ten die Fra­ge, ob sie der ame­ri­ka­ni­schen Poli­tik noch trau­en kön­nen und damit dem Dol­lar. Miss­trau­en greift mitt­ler­wei­le im eige­nen, west­li­chen Lager um sich.

Wäh­rend Russ­land und Chi­na immer enger zusam­men arbei­ten, kan­ni­ba­li­sie­ren sich die west­li­chen Staa­ten unter­ein­an­der. Mit ihrem Infla­ti­on Reduc­tion Act (IRA) ver­su­chen die USA, die Indus­trien Euro­pas an sich zu zie­hen. Die­se Bestre­bun­gen pariert die EU mit eige­nen finan­zi­el­len Anrei­zen. Mit die­sem An- und Abwer­ben von Unter­neh­men wer­den gewal­ti­ge Kapi­tal­men­gen ver­geu­det, ohne dass die Wirt­schaft des Wes­tens ins­ge­samt wächst. Wachs­tum fin­det statt auf Kos­ten ande­rer west­li­cher Staa­ten und Bünd­nis­part­ner. Was aber tat­säch­lich wächst, ist die Ver­schul­dung auf bei­den Sei­ten des Atlantiks.

Durch die nach­las­sen­de wirt­schaft­li­che Kraft des west­li­chen Kapi­ta­lis­mus steigt sei­ne Anfäl­lig­keit für die Erschüt­te­run­gen der Finanz­märk­te. Die­se sind Ergeb­nis einer Poli­tik, die gezwun­gen ist, die Wirt­schaft durch Ver­schul­dung am Lau­fen zu hal­ten und dabei den Zusam­men­bruch des Finanz­sys­tems zu ver­hin­dern. Der Dol­lar wird als welt­wei­te Wäh­rung nicht so schnell ver­schwin­den, aber es wird immer deut­li­cher, dass das Sys­tem Dol­lar ersetzt wer­den muss.

Die Gren­zen des west­li­chen Finanz­sys­tems dürf­ten erreicht sein, wenn es sich selbst nicht mehr finan­zie­ren kann. Die Ver­schul­dung hat eine Gren­ze erreicht, die durch die Erträ­ge der Wirt­schaft nicht mehr begli­chen wer­den kann. Noch tra­gen das die pri­va­ten Geld­ge­ber mit, indem sie die Anlei­hen der Staa­ten kau­fen. Aber pri­va­tes Invest­ment reicht nicht mehr aus. Immer öfter müs­sen die Noten­ban­ken ein­sprin­gen, um die Anlei­hen der Staa­ten zu kaufen.

Noch gibt es kei­ne Alter­na­ti­ve zum Dol­lar­sys­tem, das die gewal­ti­gen Geld­men­gen auf­neh­men könn­te, die im Dol­lar geparkt sind. Aber das Geld ist nur geparkt und kann jeder­zeit abge­zo­gen wer­den, wenn eine Anla­ge­form an den Märk­ten erscheint, die wert­hal­ti­ger und weni­ger risi­ko­reich ist.

Ver­wei­se

  1. https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​I​n​t​e​r​b​a​n​k​e​n​h​a​n​del
  2. Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung 20.03.2023: US-Ban­ken bit­ten die Regie­rung um Hilfe
  3. FAZ 21.3.23: Wie gefähr­det sind Ame­ri­kas Banken?
  4. sie­he dazu: Rüdi­ger Rauls: Infla­ti­on und Hochwasser
  5. sie­he dazu: Rüdi­ger Rauls: Noten­ban­ken in Not
  6. FAZ 22.03.23 Yel­len stützt die Banken

Rüdi­ger Rauls ist Buch­au­tor und betreibt den Blog Poli­ti­sche Analyse

Bild: Büro der Cre­dit Suis­se Büro der Cre­dit Suis­se in der Euro­pa­al­lee in Zürich, Schweiz (Ank Kumar, Info­sys Limi­t­ed, CC BY-SA 4.0)

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