Impe­ria­lis­mus und Gre­at Reset: Der Spät­ka­pi­ta­lis­mus (Teil 3)

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Dies ist der drit­te Teil einer sie­ben­tei­li­gen Serie von Jan Mül­ler zur aktu­el­len Impe­ria­lis­mus­de­bat­te in der kom­mu­nis­ti­schen Bewe­gung. Sie beinhal­tet fol­gen­de­ne Teile:

1. Ein­lei­tung & Marx­sche Methode

2. Klas­si­scher Impe­ria­lis­mus (1895 – 1945)

3. Der Spät­ka­pi­ta­lis­mus (1945 – 1989)

4. Die expan­si­ve Pha­se des neo­li­be­ra­len Kapi­ta­lis­mus (1989 – 2007)

5. Der Neo­li­be­ra­lis­mus in der Kri­se (seit 2007)

6. Chi­nas Auf­stieg und der Abstieg des Wes­tens (bis 2020)

7. Eine vier­te impe­ria­lis­ti­sche Epoche?

7.1 Der Gre­at Reset

7.2 Die Kli­ma-Hys­te­rie von 2019 als Vorspiel

7.3 Die Coro­na-Hys­te­rie von 2020 bis 2022

7.4 Der Drit­te Weltkrieg

7.5 Exkurs: Die Dis­kus­si­on um den Cha­rak­ter Russ­lands inner­halb der Kom­mu­nis­ti­schen Organisation

8. Schluss­fol­ge­run­gen zum Imperialismus

3.Der Spät­ka­pi­ta­lis­mus (1945 – 1989)

3.1 Merk­ma­le des Spätkapitalismus

Das Zeit­al­ter des Kapi­ta­lis­mus nach dem zwei­ten Welt­krieg wird von Ernest Man­del und ande­ren Autoren als Spät­ka­pi­ta­lis­mus bezeich­net. Er dau­er­te bis zum Jahr 1989. Von da an änder­te sich das Gefü­ge der Sur­plus­pro­fi­te: Die­se wur­den nun vor allem durch tech­no­lo­gi­sche Ren­ten erzielt, die nur durch per­ma­nen­te tech­no­lo­gi­sche Erneue­rung erlangt wer­den kön­nen. Sur­plus­pro­fi­te kön­nen nun die­je­ni­gen Fir­men errei­chen, die neue Pro­duk­ti­ons­ver­fah­ren als ers­te anwen­den oder begehr­te tech­no­lo­gi­sche Neu­ent­wick­lun­gen z. B. im Bereich der Kon­sum­gü­ter als ers­te auf den Markt brin­gen. Dies bedingt eine Ver­kür­zung der Umschlags­zeit des fixen Kapi­tals und eine beschleu­nig­te tech­no­lo­gi­sche Erneue­rung.1

Sur­plus­pro­fi­te, die aus der Aus­beu­tung von Kolo­nien und Halb­ko­lo­nien stamm­ten, ver­lo­ren dem­ge­gen­über an Bedeutung.

Hin­ter­grund die­ser Ent­wick­lung ist die Kri­se des klas­si­schen Impe­ria­lis­mus. Auf die beschleu­nig­te Kapi­tal­ak­ku­mu­la­ti­on der Jah­re von 1893 – 1914 folg­te eine Sta­gna­ti­ons­pe­ri­ode, die bis zum Beginn des Zwei­ten Welt­kriegs anhielt. Mit der all­ge­mei­nen Ver­brei­tung der neu­en Tech­ni­ken der zwei­ten indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on wie (elek­tri­scher Strom, Ver­bren­nungs­mo­tor, Che­mie­in­dus­trie etc.) nahm die orga­ni­sche Zusam­men­set­zung des Kapi­tals erneut zu.2 Wegen der stei­gen­den Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät der Indus­trie in den Metro­po­len wur­de die früh­in­dus­tri­el­le Roh­stoff­pro­duk­ti­on in den Kolo­nien von einer Quel­le von Sur­plus­pro­fi­ten zu einem Fak­tor des Rück­gangs der Durch­schnitts­pro­fi­tra­te: Die Roh­stoff­prei­se stie­gen wie­der. Die­se Ent­wick­lung begann wäh­rend des ers­ten Welt­kriegs und erreich­te ihren Höhe­punkt am Anfang der fünf­zi­ger Jah­re.3 Ver­schärft wur­de die­se Ten­denz durch die Zer­rüt­tung des Welt­han­dels und die rück­läu­fi­ge Repro­duk­ti­on der Öko­no­mien im Ers­ten Welt­krieg, gefolgt von einer Ein­engung des Welt­mark­tes als Resul­tat der Okto­ber­re­vo­lu­ti­on. Die­se Ver­lus­te konn­te lang­fris­tig nicht durch ver­stärk­ten Kapi­tal­ex­port in die eige­nen Kolo­nien kom­pen­siert wer­den. Hier­durch kam es erneut zu einem bedeu­ten­den Kapi­tal­über­schuss und einem schar­fen Abfall der Durch­schnitts­pro­fi­tra­te. Dies zeig­te sich in der stark kri­sen­haf­ten Ent­wick­lung des Kapi­ta­lis­mus in der Zwi­schen­kriegs­zeit, die in der gro­ßen Welt­wirt­schafts­kri­se von 1929 kul­mi­nier­te. Nach dem zwei­ten Welt­krieg waren schließ­lich mehr als ein Drit­tel der Erd­ober­flä­che dem Zugriff des Kapi­tals ent­zo­gen (UdSSR, Ost­eu­ro­pa, VR Chi­na, Demo­kra­ti­sche Repu­blik Viet­nam, Demo­kra­ti­sche Volks­re­pu­blik Korea).4

Vor­aus­set­zung für einen neu­en Auf­schwung des Kapi­tals, also einer neu­en lan­gen Wel­le mit expan­die­ren­dem Grund­ton war die radi­ka­le Erhö­hung der Mehr­wer­tra­te durch Faschis­mus und Welt­krieg in den wich­tigs­ten kapi­ta­lis­ti­schen Län­dern5. Dies ermög­lich­te eine mas­si­ve Anla­ge des Kapi­tals und damit wei­te­re Umwäl­zung der Gesamt­tech­nik, die als die drit­te indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on bezeich­net wird:

  • Mit der all­ge­mei­nen Nut­zung von Erd­öl und der Kern­ener­gie wur­de die Ener­gie­er­zeu­gung noch ein­mal revo­lu­tio­niert und erheb­lich verbilligt.
  • Stei­gen­de Roh­stoff­prei­se führ­ten dazu, dass wie­der zuneh­mend Kapi­tal in den Sek­tor der Roh­stoff­er­zeu­gung inves­tiert wur­de. Jetzt wur­den dort – im Unter­schied zur vor­he­ri­gen Epo­che – eben­falls hoch­in­dus­tri­el­le Tech­ni­ken ein­ge­setzt. Damit fiel ein wich­ti­ger Anreiz weg, die­se Indus­trien in den unter­ent­wi­ckel­ten Län­dern zu kon­zen­trie­ren. Bil­li­ge Arbeits­kraft spiel­te nun eine gerin­ge­re Rol­le als zuvor und teu­re Maschi­nen wer­den mit gerin­ge­rem poli­ti­schem Risi­ko in den Metro­po­len ein­ge­setzt. Wo nur mög­lich, wur­de die Roh­stoff­pro­duk­ti­on dort­hin ver­la­gert. Dies geschah z. B. in den Berei­chen der Kunst­gum­mi- und Kunst­fa­ser­pro­duk­ti­on und ist auch der Hin­ter­grund für die jetzt ein­set­zen­de durch­ge­hen­de Indus­tria­li­sie­rung der Land­wirt­schaft der hoch ent­wi­ckel­ten Län­der.6
  • Zu Beginn der neu­en lan­gen Wel­le mit expan­si­ver Ten­denz ström­te viel bis dahin über­schüs­si­ges Kapi­tal in Abtei­lung II. Es ent­stand ein neu­er Sek­tor von dau­er­haf­ten Kon­sum­gü­tern, der die Anwen­dung der zwei­ten indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on auf den Kon­sum­gü­ter­be­reich dar­stell­te. Die wich­tigs­ten Bran­chen waren die Auto­mo­bil­pro­duk­ti­on und Elek­tro­ap­pa­ra­te-Pro­duk­ti­on (Kühl­schrän­ke, Elek­tro­her­de, Wasch­ma­schi­nen, Radi­os, Fern­se­her etc.). Die­ser Sek­tor wur­de zur Leit­in­dus­trie des Spät­ka­pi­ta­lis­mus. Die neue Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on des Tay­lo­ris­mus ermög­lich­te hier eine erheb­li­che Pro­duk­ti­vi­täts­stei­ge­rung. Sie basier­te auf einer weit­ge­hen­den Stan­dar­di­sie­rung der Pro­duk­ti­on, der Nut­zung des Fließ­ban­des, einer extre­men Ver­tie­fung der Arbeits­tei­lung und der detail­lier­ten Kon­trol­le der Arbeits­kräf­te durch Mana­ger. Die Nach­fra­ge nach dau­er­haf­ten Kon­sum­gü­tern war in den ers­ten Jahr­zehn­ten nach 1945 noch nicht voll­stän­dig befrie­digt, es bestand also ein Ver­käu­fer­markt. Unter die­sen Umstän­den waren auch ein gro­ßer inner­be­trieb­li­cher Kon­troll­ap­pa­rat und rela­tiv unfle­xi­ble im Fließ­band hin­ter­ein­an­der geschal­te­te ana­lo­ge Spe­zi­al­ma­schi­nen öko­no­misch trag­bar. Die­se Fix­kos­ten muss­ten nur auf ein genü­gend gro­ßes Pro­duk­ti­ons­vo­lu­men umge­legt wer­den (Ska­len­öko­no­mie).7

In der Nach­kriegs­zeit kamen also zahl­rei­che Fak­to­ren zusam­men, die zu einer Ver­ste­ti­gung des Wirt­schafts­auf­schwungs und so zu einer neu­en lan­gen Wel­le mit expan­si­ver Ten­denz führten:

  • hohe Inves­ti­ti­ons­ra­te
  • rasches Anstei­gen der Arbeitsproduktivität
  • Durch die in der unmit­tel­ba­ren Nach­kriegs­zeit noch vor­han­de­ne indus­tri­el­le Reser­ve­ar­mee beding­te stei­gen­de Mehr­wer­tra­te, d.h. lang­sa­me­res Wachs­tum der Real­löh­ne im Ver­gleich zur Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät bei gleich­zei­ti­gem Abbau der sozia­len Spannungen.
  • Der Wie­der­auf­bau nach Kriegs­zer­stö­run­gen in Euro­pa und Japan wirk­te als zusätz­lich sta­bi­li­sie­ren­der Fak­tor.8

Die erheb­li­chen Pro­duk­ti­vi­täts­stei­ge­run­gen ermög­lich­te län­ger­fris­tig eine deut­li­che Erhö­hung des rea­len Lohn­ni­veaus und ließ damit rele­van­te Tei­le der Arbei­ter­klas­se zu Kon­su­men­ten der indus­tri­ell erzeug­ten Mas­sen­pro­duk­te wer­den. Wirt­schafts­kri­sen und gerin­ge Ein­kom­men gal­ten als Hin­der­nis­se für den ansons­ten gesi­cher­ten Absatz die­ser Güter. Des­halb war eine keyne­sia­ni­sche Wirt­schafts­po­li­tik zunächst auch im Inter­es­se des Kapi­tals.9

Die sys­te­ma­ti­sche Jagd nach tech­no­lo­gi­schen Ren­ten war ein Struk­tur­merk­mal des Spät­ka­pi­ta­lis­mus. Ermög­licht wur­de die­se Ent­wick­lung durch die bedeu­ten­den wis­sen­schaft­li­chen Fort­schrit­te vor allem auf dem Gebiet der Phy­sik seit Beginn des 20. Jahr­hun­derts wie der Rela­ti­vi­täts­theo­rie und der Quan­ten­phy­sik, die mit umwäl­zen­den Fort­schrit­ten in der Mathe­ma­tik und Infor­ma­tik eng ver­bun­den waren. Sie fan­den jedoch in einer Zeit mit ver­lang­sam­tem Wirt­schafts­wachs­tum bzw. einer kri­sen­haf­ten Wirt­schafts­ent­wick­lung statt und wur­den nur wenig genutzt.

Das änder­te sich erst mit dem Zwei­ten Welt­krieg. Durch staat­lich finan­zier­te For­schung wur­den zahl­rei­che Rüs­tungs­gü­ter und mili­tä­risch ein­ge­setz­te Gerä­te ent­wi­ckelt, die auf die­sen Erfin­dun­gen basier­ten: Bei­spie­le sind die Atom­bom­be, das Radar, die Minia­tu­ri­sie­rung elek­tro­ni­scher Gerä­te, der Com­pu­ter und die Anwen­dung der Mathe­ma­tik auf öko­no­mi­sche Orga­ni­sa­ti­ons­pro­ble­me. Nach dem Krie­ge konn­ten die­se Erkennt­nis­se auch in der zivi­len Pro­duk­ti­on genutzt wer­den. Damit beschleu­nig­te sich der wis­sen­schaft­li­che Fort­schritt rapide.

Die­se Ent­wick­lung hielt auch in der Nach­kriegs­zeit an, wobei pri­vat­wirt­schaft­li­che For­schungs­la­bo­ra­to­ri­en, häu­fig in Ver­bin­dung mit staat­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen, eine wich­ti­ge Rol­le spiel­ten.10

Tech­no­lo­gi­sche Ren­ten kön­nen erzielt wer­den, wenn es Unter­neh­men gelingt die Markt­prei­se von neu ent­wi­ckel­ten Pro­duk­ten weit über ihren Kost­prei­sen fest­zu­set­zen. Dies ist in der Regel dann mög­lich, wenn sie in der Lage sind, sich eine – zumin­dest zeit­wei­li­ge – Mono­pol­stel­lung für ihre neu ent­wi­ckel­ten Pro­duk­te zu sichern. Dies kann dadurch gesche­hen, in dem ein Pro­dukt als ers­tes auf den Markt gebracht wird.11

Der Zufluss von Kapi­tal in die­se Pro­duk­ti­ons­zwei­ge kann durch fol­gen­de Fak­to­ren gehemmt werden:

  1. Auf­grund der extre­men Höhe der anzu­le­gen­den Kapi­ta­li­en, die meh­re­re Mil­li­ar­den Dol­lar pro Pro­duk­ti­ons­stät­te betra­gen kann.
  2. Auf­grund von geis­ti­gen Eigen­tums­rech­ten wie Patenten.
  3. Auf­grund des Vor­sprungs von for­schungs­in­ten­si­ven Groß­kon­zer­nen über ihre Kon­kur­ren­ten bei der Beherr­schung von schwie­ri­gen Pro­duk­ti­ons­vor­gän­gen oder der Ent­wick­lung von neu­en Produkten.

Das heißt, es kommt hier nicht oder nur ver­zö­gert zu einem Aus­gleich der Pro­fi­tra­ten. Inno­va­ti­ve Betrie­be konn­ten sich für eine ver­hält­nis­mä­ßig lan­ge Zeit Sur­plus­pro­fi­te sichern.

Da das Pro­duk­ti­vi­täts­ge­fäl­le zwi­schen Sek­to­ren oder Kon­zer­nen zur wich­tigs­ten Quel­le von Sur­plus­pro­fi­ten wur­de, ver­kürz­te sich die Umschlags­zeit des fixen Kapi­tals und es beschleu­nig­te sich des­sen Erneue­rung. Spä­tes­tens seit den 60er Jah­ren des 20. Jahr­hun­derts ver­such­ten Fir­men in zahl­rei­chen Bran­chen, durch Auto­ma­ti­on und Halb­au­to­ma­ti­on den Lohn­kos­ten­an­teil am Kost­preis der Waren radi­kal abzu­sen­ken. Das war zum einen eine Reak­ti­on auf die beträcht­li­chen Lohn­er­hö­hun­gen die­ser Zeit, zum ande­ren kam es zur Stei­ge­rung des rela­ti­ven Lohn­kos­ten­an­teils durch Ver­bil­li­gung des kon­stan­ten zir­ku­lie­ren­den (Roh­stof­fe) und fixen Kapi­tals (Maschi­nen).12

Es kam zu einer Ver­schie­bung der im Pro­duk­ti­ons­pro­zess täti­gen Arbeits­kraft von der eigent­li­chen Roh­stoff­be­ar­bei­tung auf Vor­be­rei­tungs- und War­tungs­ar­bei­ten. Die­se Tätig­kei­ten sind nach Marx genau­so wert­schöp­fend wie die der im Vor­feld des eigent­li­chen Pro­duk­ti­ons­pro­zes­ses täti­gen Per­so­nen wie Wis­sen­schaft­ler, Labo­ran­ten, Zeich­ner etc. Dar­in zeigt sich eine zuneh­men­de Inte­gra­ti­on des gesell­schaft­li­chen Arbeits­ver­mö­gens.13

Durch kon­ti­nu­ier­li­che Pro­duk­ti­on und radi­ka­le Beschleu­ni­gung der Vor­be­rei­tungs- und Instand­set­zungs­ar­bei­ten wur­de die Pro­duk­ti­ons­pe­ri­ode ver­kürzt. Das wie­der­um erhöh­te den Druck auf eine Ver­kür­zung der Zir­ku­la­ti­ons­pe­ri­ode, durch Pla­nung der Lager­be­stän­de, Markt­for­schung etc. Die (halb)automatischen Maschi­nen­sys­te­me benö­tig­ten Kapi­tal­an­la­gen, die weit höher waren als die­je­ni­gen der zwei­ten indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on. Die orga­ni­sche Zusam­men­set­zung des Kapi­tals nahm erheb­lich zu.14

Es gelang aller­dings nur sehr weni­gen Fir­men, sich lang­fris­tig mono­po­lis­ti­sche Sur­plus­pro­fi­te zu sichern. Nach einer anfäng­li­chen Pha­se sehr hoher Pro­fi­te sind fast alle frü­her oder spä­ter durch Pha­sen des zykli­schen Rück­gangs des Absat­zes hin­durch­ge­gan­gen. Gera­de die Tech­no­lo­gie der drit­ten tech­no­lo­gi­schen Revo­lu­ti­on hat es eini­gen Fir­men ermög­licht, erheb­li­che Sur­plus­pro­fi­te auf­grund von tech­no­lo­gi­schen Ren­ten zu rea­li­sie­ren, die aller­dings ver­schwan­den, wenn der Zufluss von Kapi­tal in die­se Bran­che zu einem erheb­li­chen Preis­sturz führ­te. Man­del nennt hier ins­be­son­de­re die Com­pu­ter- und Halb­lei­ter­bran­che als Bei­spiel.15

Sind die Mono­po­le unfä­hig, ein dau­er­haf­tes Absatz­wachs­tum ihrer spe­zi­fi­schen Waren zu sichern, so kommt die Kon­kur­renz, auch zwi­schen den Mono­po­len, voll zur Gel­tung. Die Gefahr einer rück­läu­fi­gen mono­po­lis­ti­schen Sur­plus-Pro­fi­tra­te, d. h. der Anglei­chung der Mono­pol­pro­fi­tra­te an die ten­den­zi­ell fal­len­de Durch­schnitts­pro­fi­tra­te kann nur durch stän­di­ge Aus­wei­tung sowohl der Absatz­märk­te als auch der Pro­dukt­dif­fe­ren­zie­rung begeg­net wer­den. Daher kam es zu der beschrie­be­nen Ent­fal­tung von For­schung und Ent­wick­lung. Auch durch inter­na­tio­na­le Zen­tra­li­sa­ti­on des Kapi­tals – also durch Schaf­fung mul­ti­na­tio­na­ler Kon­zer­ne – und durch Bil­dung von Misch­kon­zer­nen wur­de ver­sucht der Gefahr des kon­junk­tu­rel­len und struk­tu­rel­len rela­ti­ven Rück­gangs der spe­zi­fi­schen Nach­fra­ge zu ent­rin­nen.16

Noch im klas­si­schen Impe­ria­lis­mus waren die gro­ßen mono­po­lis­tisch bzw. oli­go­po­lis­tisch ope­rie­ren­den Kon­zer­ne oder Trusts meis­tens nur auf ein Land und sei­ne Kolo­nien beschränkt; die inter­na­tio­na­le Kapi­tal­ver­flech­tung war gering. Im Spät­ka­pi­ta­lis­mus wur­de der mul­ti­na­tio­na­le Kon­zern, der auf bestimm­te Pro­duk­te spe­zia­li­siert war, zur bestim­men­den Orga­ni­sa­ti­ons­form des Groß­ka­pi­tals17. In eini­gen Berei­chen war auf­grund der rapi­de gewach­se­nen Pro­duk­tiv­kräf­te und der hohen Kapi­tal­an­la­gen eine ren­ta­ble Pro­duk­ti­on allein auf natio­na­ler Ebe­ne nicht mehr mög­lich. Das galt beson­ders für die im Ver­gleich zu den USA klei­ne­ren euro­päi­schen Ländern.

Die Suche nach Sur­plus­pro­fi­ten in Form von tech­no­lo­gi­schen Ren­ten beding­te die stän­di­ge Ent­wick­lung von neu­en Pro­duk­ten und neu­en Pro­duk­ti­ons­ver­fah­ren. Dies Ver­kür­zung der Umschlags­zeit des fixen Kapi­tals und die gro­ßen, in For­schung und Ent­wick­lung ver­aus­gab­ten Kapi­ta­li­en erfor­der­ten maxi­ma­le Erzeu­gung und maxi­ma­len Absatz der neu ent­wi­ckel­ten Pro­duk­te. Dies war ein wich­ti­ger Anreiz zur Pro­duk­ti­on im inter­na­tio­na­len Rah­men.18

Die aus­län­di­schen Pro­duk­ti­ons­stät­ten wur­den errich­tet, um den Markt im jewei­li­gen Ziel­land zu erschlie­ßen. Damit konn­ten die immer noch recht hohen Zöl­le und sons­ti­gen Han­dels­hemm­nis­se umgan­gen wer­den. Ein Export in die Hei­mat­län­der der Kon­zer­ne hat­te nur eine rela­tiv gerin­ge Bedeu­tung, eine inter­na­tio­na­le Zer­glie­de­rung der Pro­duk­ti­on war sel­ten. Die meis­ten Aus­lands­in­ves­ti­tio­nen wur­den in den ent­wi­ckel­ten kapi­ta­lis­ti­schen Län­dern getä­tigt. Im Her­kunfts­land des Kon­zerns ver­blieb des­sen Haupt­quar­tier und Ein­rich­tun­gen für For­schung und Ent­wick­lung. Dort­hin flos­sen auch die Pro­fi­te aus Aus­lands­in­ves­ti­tio­nen zurück.19

In den meis­ten Fäl­len war das Eigen­tum an die­sen Kon­zer­nen weit­aus weni­ger inter­na­tio­na­li­siert, als ihre Pro­duk­ti­on. Wie im klas­si­schen Impe­ria­lis­mus wur­den sie zum über­wie­gen­den Teil von den gro­ßen natio­na­len Geschäfts­ban­ken kontrolliert.

3.2 Die Wohlstandsgesellschaft

Im Spät­ka­pi­ta­lis­mus kam es in den Indus­trie­län­dern zu einem wei­te­ren Kapi­ta­li­sie­rungs­schub und einem bis­her unge­ahn­ten Auf­schwung des Lebens­stan­dards. Der His­to­ri­ker Eric Hobs­bawm bezeich­ne­te die­se Peri­ode als das gol­de­ne Zeit­al­ter des Kapitalismus.

Über­res­te vor­ka­pi­ta­lis­ti­scher Pro­duk­ti­ons­wei­sen, z. B. in der Land­wirt­schaft, im Hand­werk oder im Bereich der Haus­ar­beit ver­schwan­den weit­ge­hend. In der Land­wirt­schaft kam es durch Spe­zia­li­sie­rung, Mecha­ni­sie­rung und dem Ein­satz von che­mi­schem Dün­ger und Pflan­zen­schutz­mit­teln in der Nach­kriegs­zeit sogar zu einer stär­ke­ren Stei­ge­rung der Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät als in der Indus­trie. Das führ­te dazu, dass die meis­ten Betrie­be jetzt auf kapi­ta­lis­ti­scher Grund­la­ge arbei­te­ten und durch die kapi­ta­lis­ti­sche Kon­kur­renz ein mas­si­ver Druck zur Sen­kung der Her­stel­lungs­kos­ten aus­ge­übt wur­de. Dadurch kam es auch in die­sem Bereich zur Erset­zung der leben­di­gen Arbeit durch Maschinen.

Gleich­zei­tig gin­gen die Berei­che der ein­fa­chen Waren­pro­duk­ti­on und der Sub­sis­tenz­pro­duk­ti­on stark zurück, in der frü­her z. B. auch die Frau­en der Indus­trie­ar­bei­ter noch in gro­ßem Umfang tätig waren. Dies erzwang in den Metro­po­len eine Ver­ste­ti­gung und Erhö­hung der Lohn­ein­kom­men und bil­de­te gleich­zei­tig die Basis für die Aus­deh­nung des inne­ren Mark­tes.20

Der Anteil der Lohn­ab­hän­gi­gen an der Gesamt­be­völ­ke­rung nahm ins­be­son­de­re zulas­ten der selb­stän­di­gen Mit­tel­schich­ten dras­tisch zu. Unge­fähr 90% der west­deut­schen Bevöl­ke­rung waren in den 80er Jah­ren des 20. Jahr­hun­derts in irgend­ei­ner Wei­se lohn­ab­hän­gig. Auch die herr­schen­den Klas­sen wur­den durch den Kon­zen­tra­ti­ons- und Mono­po­li­sie­rungs­pro­zess, die fak­ti­sche Besei­ti­gung des feu­da­len Grund­be­sit­zes und die Moder­ni­sie­rung der selb­stän­di­gen Mit­tel­schich­ten erheb­lich ver­ein­heit­licht. Damit war die Sozi­al­struk­tur des Spät­ka­pi­ta­lis­mus durch eine ver­stärk­te nume­ri­sche Pola­ri­sie­rung zwi­schen Kapi­ta­lis­ten und Lohn­ab­hän­gi­gen cha­rak­te­ri­siert. Dies führ­te aller­dings nicht zu einer Ver­tie­fung der sozia­len Spannungen.

In den 60er Jah­ren setz­te eine Wel­le der Sub­ur­ba­ni­sie­rung ein. Zahl­rei­che neue Wohn­vier­tel – sowohl Ein­fa­mi­li­en­haus­sied­lun­gen als auch Hoch­haus­vier­tel – ent­stan­den außer­halb der Innen­städ­te. Das noch im klas­si­schen Impe­ria­lis­mus ende­mi­sche Woh­nungs­elend gro­ßer Tei­le der Bevöl­ke­rung konn­te wesent­lich gelin­dert wer­den. Erst­mals wur­de nach den Prin­zi­pi­en der bereits 1933 auf­ge­stell­ten Char­ta von Athen gebaut. Auch Ange­hö­ri­ge der Arbei­ter­klas­se beka­men jetzt hel­le und rela­tiv gro­ße Woh­nun­gen mit viel Licht, Luft und Son­ne. Flie­ßen­des war­mes und kal­tes Was­ser wur­de genau­so zu einem Stan­dard wie eine Bade­wan­ne, eine Dusche und eine Zen­tral­hei­zung. Auch auf dem Lan­de setz­te sich lang­sam ein urba­ner Lebens­stil durch.

Die bis­her ein­ma­li­ge Stei­ge­rung des Lebens­stan­dards der Lohn­ab­hän­gi­gen in den Indus­trie­län­dern bewirk­te, dass die Durch­schnitts­bür­ger mit den Wor­ten Hobs­bawms jetzt ein Leben füh­ren konn­ten, das sich eine Gene­ra­ti­on vor­her nur die Wohl­ha­bends­ten leis­ten konn­ten. Der Besitz eines Auto­mo­bils, von elek­tri­schen Haus­halts­ge­rä­ten, Radio, Fern­se­her sowie min­des­tens eine jähr­li­che Urlaubs­rei­se wur­den zu einer Selbst­ver­ständ­lich­keit.21 Zugleich wur­den auch die sozia­len Siche­rungs­sys­te­me aus­ge­baut und damit die Risi­ken der Lohn­ar­beit bei Arbeits­lo­sig­keit, Krank­heit, Unfäl­len und Alter gemin­dert. Neben dem indi­vi­du­el­len Mas­sen­kon­sum trug auch der Aus­bau der sozia­len Infra­struk­tur wie Kran­ken­häu­ser, Schu­len und Uni­ver­si­tä­ten zur Sta­bi­li­sie­rung der Kapi­tal­ak­ku­mu­la­ti­on bei. Der Aus­bau des Sozi­al­staa­tes konn­te aller­dings nur in lang­wie­ri­gen Kämp­fen durch­ge­setzt wer­den.22

Die Durch­ka­pi­ta­li­sie­rung der Gesell­schaft und die Durch­set­zung neu­er Arbeits- und Kon­sum­nor­men führ­ten zu einer all­mäh­li­chen Auf­lö­sung tra­di­tio­nel­ler sozia­ler Zusam­men­hän­ge, Milieus und Lebens­for­men. Auch das Arbei­ter­mi­lieu trock­net lang­sam aus; typi­sche Arbei­ter­vier­tel mit ihren kul­tu­rel­len und sozia­len Zusam­men­hän­gen wur­den von sub­ur­ba­nen Schlaf­städ­ten ver­drängt. Das Fern­se­hen ersetz­te Ver­ei­ne, Wirts­häu­ser und die Arbei­ter­pres­se als Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel.23

Die zuneh­men­de Bedeu­tung von For­schung und Ent­wick­lung für die Erzie­lung von Sur­plus-pro­fi­ten in der Wirt­schaft und der Aus­bau des Sozi­al­staa­tes erhöh­ten auch den Bedarf an Aka­de­mi­kern, deren Anzahl rapi­de zunahm. Zahl­rei­che Stu­den­ten kamen jetzt auch aus dem Klein­bür­ger­tum. Dies war auf­grund der gestie­ge­nen Gehäl­ter der Eltern und durch staat­li­che För­der­maß­nah­men mög­lich.24

Im Spät­ka­pi­ta­lis­mus kam es zu einer mas­si­ven Aus­deh­nung und Mecha­ni­sie­rung des Dienst­leis­tungs­sek­tors. Mit der zuneh­men­den inter­na­tio­na­len Arbeits­tei­lung und der inter­na­tio­na­len objek­ti­ven Ver­ge­sell­schaf­tung der Arbeit dehn­ten sich die Ver­mitt­ler­tä­tig­kei­ten in den Berei­chen Han­del, Trans­port und Bank­we­sen aus. Es kam durch den Ein­satz von Rechen- und Buchungs­ma­schi­nen erst­mals zu einer bedeu­ten­den Mecha­ni­sie­rung der Dienst­leis­tungs­tä­tig­keit in Ban­ken und Ver­si­che­run­gen. Mit dem Con­tai­ner wur­de auch der Schiffs­trans­port stark ratio­na­li­siert und ver­bil­ligt. Durch Selbst­be­die­nungs­lä­den und Super­märk­te kam es zu einer mas­si­ven Ratio­na­li­sie­rung des Han­dels.25 Die objek­ti­ve Sozia­li­sie­rung der Dienst­leis­tun­gen zeigt sich auch in den gro­ßen Infra­struk­tur­ein­rich­tun­gen. Nah­trans­port, Woh­nungs­hei­zung und ‑beleuch­tung, Was­ser- und Ener­gie­ver­sor­gung waren noch in der Mit­te des 19. Jahr­hun­derts rein pri­vat. Kapi­tal drang vor allem im Zusam­men­hang mit der Elek­tri­fi­zie­rung in die­se Berei­che ein. Der gro­ße Auf­wand an fixem Kapi­tal und die extrem lan­gen Amor­ti­sie­rungs­fris­ten mach­ten die­sen Bereich aber für das Pri­vat­ka­pi­tal weit­ge­hend unat­trak­tiv, so dass er im Spät­ka­pi­ta­lis­mus meist von der öffent­li­chen Hand betrie­ben wur­de.26

Aller­dings exis­tier­ten auch star­ke Gegen­ten­den­zen zur Ent­wick­lung der Dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft, denn zugleich wur­den auch unmit­tel­bar per­sön­li­che Diens­te durch mate­ri­el­le Gebrauchs­gü­ter ersetzt, so Haus­halts­dienst­leis­tun­gen durch Haus­halts­ma­schi­nen, per­sön­li­che Unter­hal­tungs­dienst­leis­tun­gen (Thea­ter, Varie­té, Musik­dar­bie­tun­gen) durch Unter­hal­tungs­gü­ter (Radio, Fern­se­her, Video­re­cor­der) und Trans­port­dienst­leis­tun­gen (Eisen­bahn) durch Trans­port­gü­ter (Autos). Des­halb kann nach Man­del und Hirsch/​Roth trotz erheb­li­cher Aus­deh­nung des Dienst­leis­tungs­sek­tors im Spät­ka­pi­ta­lis­mus nicht von der Exis­tenz einer Dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft gespro­chen wer­den.27

3.3 Der Auf­schwung des Welthandels

Nach dem Zwei­ten Welt­krieg kam es auch zu einer bedeu­ten­den Expan­si­on des Welt­han­dels. Er wuchs stär­ker als jemals zuvor in der Geschich­te des Kapi­ta­lis­mus. Dies zeigt fol­gen­de Tabelle:

Tabel­le 4.3.1. Wachs­tum des Welt­han­dels28

Der Welt­han­del wur­de durch das 1944 beschlos­se­ne Welt­wäh­rungs­sys­tem von Bret­ton Woods abge­si­chert. Es basier­te auf fol­gen­den Grundlagen:

  1. Der Dol­lar war jeder­zeit in Gold umtausch­bar nach einem fes­ten Wech­sel­kurs (eine Fein­un­ze Gold =35$). Dies wur­de durch die US-Noten­bank garantiert.
  2. Die Wech­sel­kur­se der Wäh­run­gen schwank­ten wenig in einer gerin­gen vor­ge­ge­ben Bandbreite.
  3. Ab 1958 waren die Wäh­run­gen der wich­tigs­ten euro­päi­schen Indus­trie­län­der frei kon­ver­ti­bel, ab 1964 der japa­ni­sche Yen.

Mit dem 1947 gestar­te­ten GATT (Gene­ral Agree­ment on Tariffs and Trade) wur­den in meh­re­ren Ver­hand­lungs­run­den die Zöl­le im Güter­han­del erheb­lich redu­ziert.29

Der Dol­lar fun­gier­te in die­sem Sys­tem als natio­na­les Geld der USA und Welt­geld zugleich. Sei­ne Funk­ti­on als Welt­geld konn­te er aus­üben, weil die Zah­lungs­bi­lanz der USA nach dem Zwei­ten Welt­krieg stän­dig nega­tiv war. Die expor­tier­ten Dol­lars waren vor­wie­gend Kapi­tal, das außer­halb der USA in Form von Direkt­in­ves­ti­tio­nen oder Port­fo­lio­in­ves­ti­tio­nen ange­legt wur­de. Eine ande­re Quel­le waren Ent­wick­lungs­hil­fe und Mili­tär­hil­fen.30

Die rie­si­gen Pro­duk­ti­ons- und Pro­duk­ti­vi­täts­re­ser­ven der USA mach­ten die Anhäu­fung von Dol­lar­for­de­run­gen in den Hän­den der aus­län­di­schen Regie­run­gen und Kapi­ta­lis­ten in der Nach­kriegs­zeit nicht nur unpro­ble­ma­tisch, son­dern gera­de­zu wün­schens­wert. Mit dem Mar-shall­plan und ande­ren Hilfs­ak­tio­nen konn­te eine Men­ge zusätz­li­cher Kauf­kraft in den Welt­han­del ein­ge­bracht wer­den, die zu einer bedeut­sa­men Expan­si­on des Han­dels und der Indus­trie führ­te.31

In den ers­ten Jahr­zehn­ten des Spät­ka­pi­ta­lis­mus war auch in den Indus­trie­län­dern der gesell­schaft­li­che Bedarf für lang­fris­ti­ge Kon­sum­gü­ter wie Autos und Haus­halts­ge­rä­te noch nicht voll­stän­dig gedeckt. Stö­run­gen der an sich in gro­ßem Umfang gege­be­nen Nach­fra­ge konn­ten v. a. durch exter­ne Fak­to­ren wie Wirt­schafts­kri­sen und damit ein­her­ge­hen­der Arbeits­lo­sig­keit ent­ste­hen. Durch kre­dit­fi­nan­zier­te, keyne­sia­nisch inspi­rier­te Aus­ga­ben­pro­gram­me konn­ten für meh­re­re Jahr­zehn­te den Aus­bruch von grö­ße­ren Wirt­schafts­kri­sen ver­hin­dert und Wirt­schafts­ab­schwün­ge abge­mil­dert wer­den.32 Die­se natio­na­len Aus­ga­ben­pro­gram­me konn­ten auch des­halb wirk­sam wer­den, weil die Außen­ver­flech­tung der Volks­wirt­schaf­ten noch rela­tiv gering war und fes­te Wech­sel­kur­se sowie in den meis­ten Indus­trie­län­dern außer den USA Kapi­tal­ver­kehrs­kon­trol­len exis­tier­ten.33

Der Finanz­sek­tor war im Spät­ka­pi­ta­lis­mus strik­ten Kon­trol­len und Beschrän­kun­gen unter­wor­fen, dar­un­ter obli­ga­to­ri­sche Ein­la­gen­si­che­run­gen, die Tren­nung von Geschäfts- und Invest­ment­ban­ken (in den USA), Zins­be­schrän­kun­gen und über den Dis­kont­satz gesteu­er­te Men­gen­be­schrän­kun­gen für Kre­di­te. Damit soll­te eine wei­te­re Welt­wirt­schafts­kri­se wie die­je­ni­ge von 1929 ver­hin­dert wer­den.34

3.4 Begin­nen­de Indus­tria­li­sie­rung der Entwicklungsländer

In der Epo­che des Spät­ka­pi­ta­lis­mus kam es erst­mals zu einer Teil­in­dus­tria­li­sie­rung der Län­der der Drit­ten Welt. Die Stra­te­gie der import­sub­sti­tu­ie­ren­den Indus­tria­li­sie­rung (ISI) sah den Auf­bau eigen­stän­di­ger Indus­trien vor, um vom Roh­stoff­ex­port unab­hän­gi­ger zu werden.

Die­se war jedoch in Latein­ame­ri­ka, Afri­ka und in den meis­ten Län­dern Asi­ens letzt­lich nicht beson­ders erfolg­reich. Denn die extrem unglei­chen Land­be­sitz­ver­hält­nis­se begrenz­ten den inne­ren Markt für Indus­trie­pro­duk­te. Die USA und die Welt­bank ver­hin­der­ten aber in den meis­ten Fäl­len jede grund­le­gen­de Land­re­form und för­der­ten aus­schließ­lich Pro­duk­ti­vi­täts­stei­ge­run­gen im Rah­men von Groß­be­trie­ben (»Grü­ne Revo­lu­ti­on«). Vie­le Bau­ern wur­den in der Land­wirt­schaft nicht mehr gebraucht und von ihrem Grund und Boden ver­trie­ben. Sie zogen in die gro­ßen Städ­te, ohne dort jedoch Arbeit im for­mel­len Sek­tor fin­den zu kön­nen und leb­ten in Slums.35

Auch nahm die Anzahl der Indus­trie­ar­bei­ter kaum zu, weil die neu­en ver­ar­bei­ten­den Indus­trie­be­trie­be jetzt ver­gleichs­wei­se pro­duk­ti­ver arbei­te­ten, als die roh­stoff­er­zeu­gen­den Betrie­be mit pri­mi­tiv-indus­tri­el­len, manu­fak­tur­mä­ßi­gen Metho­den der vor­he­ri­gen Epo­che. Die bedeu­ten­de indus­tri­el­le Reser­ve­ar­mee ver­hin­der­te eine Stei­ge­rung der Arbeits­löh­ne in der Industrie.

Aus die­sen Grün­den kam es nicht zu einem selbst tra­gen­den Indus­tria­li­sie­rungs­pro­zess. Es fand dort zwar erst­mals in grö­ße­rem Maß­stab Akku­mu­la­ti­on von Indus­trie­ka­pi­tal statt. Die­ses blieb ent­we­der weit hin­ter der Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät der Indus­trie der Metro­po­len zurück, was Expor­te auf dem Welt­markt unmög­lich mach­te oder die impor­tier­ten moder­nen Maschi­nen konn­ten auf­grund des nach wie vor engen inne­ren Mark­tes nicht aus­ge­las­tet wer­den und arbei­te­ten mit Ver­lust. Des­halb waren die­se Län­der immer noch auf den Export von Roh­stof­fen ange­wie­sen, um den Import von Maschi­nen, Aus­rüs­tun­gen und Fahr­zeu­gen zu finan­zie­ren. Die Welt­markt­prei­se für die­se Roh­stof­fe sta­gnier­ten aber oder stie­gen lang­sa­mer als die­je­ni­gen für Indus­trie­gü­ter, da die­se Län­der häu­fig nicht mehr die frü­he­re Mono­pol­stel­lung besa­ßen. Zudem hat­ten die Prei­se der manu­fak­tur­mä­ßig oder früh­in­dus­tri­ell erzeug­ten Roh­stof­fe in den Halb­ko­lo­nien die Ten­denz, auf den Pro­duk­ti­ons­preis der mit moderns­ter Tech­nik erzeug­ten Roh­stof­fe in den Metro­po­len abzu­sin­ken. Gleich­zei­tig fun­gier­ten die Metro­po­len auf dem Welt­markt wie ein mono­po­lis­ti­scher Ver­käu­fer von Aus­rüs­tungs­gü­tern. Dies bewirk­te eine stän­di­ge Ver­schlech­te­rung der Terms of Trade zuun­guns­ten der Ent­wick­lungs­län­der. Auch der beträcht­li­che Kapi­tal­ab­fluss durch Gewinn­trans­fers und Schul­den­dienst ver­schärf­te die Situa­ti­on.36

Nur weni­gen kapi­ta­lis­tisch ori­en­tier­ten Ent­wick­lungs­län­dern wie Süd­ko­rea und Tai­wan gelang in die­ser Zeit eine erfolg­rei­che Indus­trie­ali­sie­rung. Vor­aus­set­zung waren jeweils weit rei­chen­de Agrar­re­for­men, die zu einer rela­tiv homo­ge­nen Ein­kom­mens­ver­tei­lung auf dem Land sowie einem zuneh­men­dem Lebens­stan­dard der Bau­ern­schaft führ­te und so die Schaf­fung eines inne­ren Mark­tes ermög­lich­te. Auf die­ser Basis war der Auf­bau einer Indus­trie für den inne­ren Markt bei hohen Zoll­schran­ken mög­lich (Import­sub­sti­tu­ti­on). Finan­ziert wur­de die­se Ent­wick­lung weni­ger durch Roh­stoff­ex­por­te, son­dern durch den Export von arbeits­in­ten­si­ven Indus­trie­wa­ren, z. B. Tex­ti­li­en, die wegen der zunächst extrem bil­li­gen Arbeits­kräf­te auf dem Welt­markt kon­kur­renz­fä­hig waren.37

Welt­wei­te Über­ka­pa­zi­tä­ten nah­men in den 70er Jah­ren auch des­we­gen wei­ter zu, weil jetzt Fir­men aus Ent­wick­lungs­län­dern wie Süd­ko­rea auf den Welt­markt dräng­ten und sich Zutritt zu einer zunächst noch begrenz­ten Anzahl von Her­stel­lungs­li­ni­en ver­schaff­ten. Sie pro­fi­tier­ten von ihren nied­ri­gen Löh­nen in Kom­bi­na­ti­on mit fort­ge­schrit­te­nen Pro­duk­ti­ons­an­la­gen.38

In vie­len Län­dern der Drit­ten Welt wie Mexi­ko, in Zen­tral­ame­ri­ka, den Phil­ip­pi­nen, Malay­sia und Süd­ko­rea wur­den erst­mals Son­der­wirt­schafts­zo­nen ein­ge­rich­tet, wo arbeits­in­ten­si­ve Pro­duk­te für den Export in die Indus­trie­län­der her­ge­stellt wur­den. Der wich­tigs­te Stand­ort­vor­teil waren die extrem bil­li­gen, häu­fig weib­li­chen Arbeits­kräf­te. Ins­be­son­de­re die trans­na­tio­na­len Kon­zer­ne konn­ten jetzt die ver­gleichs­wei­se gerin­gen Löh­ne und Steu­ern die­ser Län­der nut­zen. Es ent­stand erst­mals par­ti­ell ein Welt­markt für Arbeits­kräf­te und Pro­duk­ti­ons­stand­or­te. In eini­gen Bran­chen wie Tex­ti­li­en, opti­sche Gerä­te, elek­tro­ni­sche Pro­duk­te und Stahl fan­den bereits in den 70er Jah­ren mas­si­ve Ver­la­ge­rungs­vor­gän­ge statt. Hier­durch wur­de der Kos­ten­druck auf die Indus­trie in den hoch ent­wi­ckel­ten kapi­ta­lis­ti­schen Län­dern ver­stärkt, was zu Ratio­na­li­sie­rungs­in­ves­ti­tio­nen und Kon­zen­tra­ti­on auf hoch­wer­ti­ge, stär­ker wis­sens­hal­ti­ge Pro­duk­te führ­te.39

3.5 Eine neue Form des Imperialismus

Die Form des Impe­ria­lis­mus nach 1945 unter­schied sich grund­le­gend von dem der Vor­kriegs­zeit. Als Fol­ge des Sie­ges der Alli­ier­ten im Zwei­ten Welt­krieg wur­den die USA und die UdSSR zu Super­mäch­ten, wäh­rend alle ande­ren Groß­mäch­te Deutsch­land, Japan, Groß­bri­tan­ni­en und Frank­reich ent­we­der mili­tä­risch besiegt oder durch den Kriegs­ver­lauf wesent­lich geschwächt waren.

Als Super­macht wird ein Staat bezeich­net, der glo­ba­le Ent­wick­lun­gen auf­grund sei­ner über­ra­gen­den Fähig­kei­ten und Poten­tia­le beein­flus­sen kann und dies auch tut. Super­mäch­te sind in der Lage zu einer glo­ba­len mili­tä­ri­schen Macht­pro­jek­ti­on, was unter ande­rem den Besitz von stra­te­gi­schen Nukle­ar­waf­fen bedeu­tet. Sie sind zudem auch See­mäch­te, die mit zahl­rei­chen – ato­mar ange­trie­be­nen – Flug­zeug­trä­gern und U‑Booten die glo­ba­le See­herr­schaft aus­üben oder dies zumin­dest anstre­ben. Wei­te­re Ein­fluss­mög­lich­kei­ten erge­ben sich aus dem außer­or­dent­lich gro­ßen wirt­schaft­li­chen, indus­tri­el­len, tech­no­lo­gi­schen, finan­zi­el­len und kul­tu­rel­len Poten­ti­al die­ser Staa­ten. Super­mäch­te haben in der Regel eine Staats­phi­lo­so­phie oder ‑Ideo­lo­gie, mit der sie ihre Ein­fluss­nah­me begrün­den. Im Fall der USA ist das Ideo­lo­gie vom Leucht­turm der Frei­heit, der Stadt auf dem Hügel, bzw. dem Neu­en Jeru­sa­lem. Ihre Füh­rer glau­ben, dass sie von Gott per­sön­lich beauf­tragt sei­en, der gan­zen Welt die Frei­heit zu brin­gen. Die Sowjet­uni­on dage­gen lei­te­te aus der Okto­ber­re­vo­lu­ti­on, der ers­ten sozia­lis­ti­schen Revo­lu­ti­on der Welt, den Anspruch ab, an der Spit­ze des Mensch­heits­fort­schritts zu marschieren.

Im Jahr 1945 waren die USA die mit Abstand domi­nie­ren­de Macht. Sie waren von den Kriegs­zer­stö­run­gen fast völ­lig ver­schont geblie­ben und hat­ten einen welt­weit über­le­gen­den Mili­tär­ap­pa­rat, erheb­li­che Vor­sprün­ge im Bereich der Tech­no­lo­gie und Pro­duk­ti­on und einen gigan­ti­schen Binnenmarkt.

Ande­rer­seits war es den USA auch auf dem Höhe­punkt ihrer Macht wegen der Stär­ke der Gegen­macht UdSSR, der Arbei­ter­be­we­gung und der natio­na­len Befrei­ungs­be­we­gun­gen sowie auf­grund der ableh­nen­den öffent­li­chen Mei­nung nicht mög­lich, die Kolo­nien ihrer Riva­len ein­fach zu über­neh­men. Statt­des­sen übten die USA glo­bal eine indi­rek­te Herr­schaft aus, die mit dem von Hen­ry Luce gepräg­ten Schlag­wort »Ame­ri­ka­ni­sches Jahr­hun­dert« beschrie­ben wur­de. Die Kolo­ni­al­rei­che der euro­päi­schen Groß­mäch­te wur­den nicht zuletzt auf Betrei­ben der USA auf­ge­löst und der Ras­sis­mus durch die UNO verurteilt.

Die USA wur­den zur Schutz­macht der besit­zen­den Klas­sen der gan­zen Welt, denen sie wirt­schaft­li­chen und mili­tä­ri­schen Schutz gegen jede grund­le­gen­de Ver­än­de­rung der Eigen­tums­ver­hält­nis­se boten und die im Gegen­zug eine pro-ame­ri­ka­ni­sche Poli­tik betrie­ben. Die Regie­run­gen der USA streb­ten eine inter­na­tio­na­le Ord­nung an, die sich auf Frei­han­del und freie Kapi­tal­ak­ku­mu­la­ti­on stütz­te. In die­sem Sin­ne muss­ten die USA zum »idel­len Gesamt­im­pe­ria­lis­ten« (Robert Kurz) wer­den, also im Inter­es­se des Welt­ka­pi­tals jen­seits eines bloß natio­na­len Aus­deh­nungs­stre­bens han­deln.40

Es war wegen des ato­ma­ren Gleich­ge­wichts des Schre­ckens nicht mög­lich, die zwei­te Super­macht Sowjet­uni­on in einem offe­nen Krieg zu bekämp­fen. Statt­des­sen gelang es den USA, die Sowjet­uni­on im sog. Kal­ten Krieg nie­der­zu­rin­gen. Er war als ein lang­fris­ti­ges und umfas­sen­des stra­te­gi­sche Pro­jekt im glo­ba­len Maß­stab ange­legt41. Eine wich­ti­ge Kon­stan­te die­ser Poli­tik war die Zurück­drän­gung aller sozia­lis­ti­schen Bestre­bun­gen, die eine Umver­tei­lung des gesell­schaft­li­chen Reich­tums vor­sa­hen, v. a. in der Drit­ten Welt.42 Die US-Stra­te­gie bestand aus fol­gen­den Komponenten:

  1. Die USA setz­ten ihre über­le­ge­ne Mili­tär­ma­schi­ne­rie zum Schutz von Satel­li­ten­staa­ten über­all auf der Welt gegen inne­re und äuße­re Bedro­hun­gen ein, zum Bei­spiel im Korea- und Vietnamkrieg.
  2. Die USA unter­hiel­ten mehr als 1.000 Mili­tär­stütz­punk­te in der gan­zen Welt.
  3. Die USA setz­ten sich an die Spit­ze kol­lek­ti­ver Sicher­heits­bünd­nis­se wie der NATO in Euro­pa, der SEA­TO in Süd­ost­asi­en, des ANZUS-Pak­tes (heu­te AUKUS) im Pazi­fik, um die Mög­lich­keit inner­ka­pi­ta­lis­ti­scher Krie­ge ein­zu­schrän­ken und den Ein­fluss des Sozia­lis­mus zurück­zu­drän­gen. Sie übten zudem über die OAS in Latein­ame­ri­ka einen ent­schei­den­den Ein­fluss aus und unter­hiel­ten gute diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen zu Isra­el, dem Iran (bis 1979) und dem Apart­heid­re­gime in Südafrika.
  4. Sie führ­ten zahl­rei­che Geheim­dienst­ope­ra­tio­nen durch und orga­ni­sier­ten Mili­tär­put­sche, um unlieb­sa­me Regie­run­gen zu stür­zen, so unter ande­rem im Iran, Gua­te­ma­la, der DR Kon­go, Bra­si­li­en, Indo­ne­si­en, Argen­ti­ni­en, Para­gu­ay, Uru­gu­ay, Boli­vi­en, Peru, der Domi­ni­ka­ni­schen Repu­blik, Chi­le, Ita­li­en, der Tür­kei und Grie­chen­land. Hier­bei spiel­te es kei­ne Rol­le, ob die betref­fen­den Regie­run­gen demo­kra­tisch gewählt wur­den oder nicht.
  5. Die USA unter­stütz­ten kon­ter­re­vo­lu­tio­nä­re Söld­ner­or­ga­ni­sa­tio­nen, so in Cuba, Nica­ra­gua, Ango­la, Mosam­bik, Afgha­ni­stan, Äthio­pi­en, Kam­bo­dscha und Laos, um den Auf­bau des Sozia­lis­mus in den neu­en Arbei­ter­staa­ten zu ver­hin­dern und ihn zu diskreditieren.
  6. Die USA unter­stütz­ten befreun­de­te, durch Befrei­ungs­be­we­gun­gen »bedroh­te« Regie­run­gen durch mas­si­ve Waf­fen­lie­fe­run­gen, so in El Sal­va­dor, Gua­te­ma­la, Hon­du­ras, dem Apart­heid­re­gime Süd­afri­ka, den Phil­ip­pi­nen und Südvietnam.
  7. In Schlüs­sel­a­re­nen wie Euro­pa und dem fer­nen Osten (Japan, Tai­wan, Süd­ko­rea) unter­stütz­ten sie den Auf­bau star­ker Öko­no­mien auf der Grund­la­ge kapi­ta­lis­ti­scher Prin­zi­pi­en. Hier­zu stell­ten sie bedeu­ten­de Wirt­schafts­hil­fen zur Ver­fü­gung und öff­ne­ten ihren inne­ren Markt für Pro­duk­te aus die­sen Län­dern.43
  8. Ende der 50er Jah­re schei­ter­ten die USA beim Ver­such eines Fron­tal­an­griffs auf die sozia­lis­ti­schen Staa­ten nur wenig unter der Schwel­le eines offe­nen Krie­ges (»Roll­back«). Bei­spie­le hier­für sind die von den USA ange­fach­ten kon­ter­re­vo­lu­tio­nä­ren Ereig­nis­se in der DDR 1953 und Ungarn 1956, wel­che durch das Ein­grei­fen der Sowjet­ar­mee nicht zum Erfolg führ­ten. Nun setz­ten die USA auf eine indi­rek­te Stra­te­gie zur Nie­d­er­rin­gung des Sozia­lis­mus. Die schein­ba­re west­li­che Kom­pro­miss­be­reit­schaft dien­te dazu, Ein­fluss­agen­tu­ren in den sozia­lis­ti­schen Län­dern zu instal­lie­ren, die deren Gesell­schaf­ten von innen auf­wei­chen soll­ten. Das reich­te von schein­bar spon­ta­nen, in Wirk­lich­keit aber gene­ral­stabs­mä­ßig durch­ge­plan­ten Gesprä­chen mit aus­ge­wähl­ten Bür­gern die­ser Staa­ten auf Bot­schafts­emp­fän­gen, über das Wir­ken von schein­bar pri­va­ten Stif­tun­gen wie denen von Geor­ge Sor­os bis hin zur Radio- und Fern­seh­pro­pa­gan­da und zur Ver­öf­fent­li­chung von Zeit­schrif­ten sowie der Grün­dung von Gesprächs­krei­sen die­ser Zeit­schrif­ten.44
  9. Die welt­wei­te Hege­mo­nie der USA wur­de auch durch ihre Kul­tur­pro­duk­te beför­dert, ins­be­son­de­re durch die Hol­ly­wood-Fil­me, Fern­seh­se­ri­en, die Pop­mu­sik und selbst For­men der Gegen­kul­tur.45 Mit die­sen Wer­ken wur­de immer auch eine pro­ka­pi­ta­lis­ti­sche Ideo­lo­gie trans­por­tiert. Durch Geheim­dienst­ope­ra­ti­on dräng­ten sie den Mar­xis­mus im kul­tu­rel­len Feld zurück. Sie för­der­ten heim­lich die abs­trak­te Male­rei und post­struk­tu­ra­lis­ti­sche Theo­rien, die sich unter dem Schlag­wort der Dekon­struk­ti­on der gro­ßen Erzäh­lun­gen fron­tal gegen den Mar­xis­mus und den radi­ka­len Femi­nis­mus wandten.

Die bis­he­ri­gen kapi­ta­lis­ti­schen Groß­mäch­te wie Groß­bri­tan­ni­en, Frank­reich, Deutsch­land und Japan betrie­ben nach wie vor eine eigen­stän­di­ge Handels‑, Außen- und teil­wei­se auch Mili­tär­po­li­tik, aller­dings im Rah­men gemein­sa­mer Bünd­nis­se. Da es in Euro­pa und Japan noch Kapi­tal­ver­kehrs­kon­trol­len gab, hat­ten die ein­zel­nen Staa­ten noch gro­ße Spiel­räu­me in der Geld- und Wäh­rungs­po­li­tik. Zeit­wei­se bra­chen auch Inter­es­sen­ge­gen­sät­ze zwi­schen den gro­ßen kapi­ta­lis­ti­schen Staa­ten aus. Die­se schau­kel­ten sich aller­dings nicht mehr zu gro­ßen Krie­gen hoch, wie dies in der Epo­che von 1895 – 1945 mehr­mals geschah, son­dern sie konn­ten im Rah­men von inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen wie der UNO, EU, G7, IWF, Welt­bank, GATT und WTO bear­bei­tet und bei­gelegt werden.

Hier­für waren fol­gen­de Fak­to­ren ausschlaggebend:

  • Sur­plus­pro­fi­te wur­den vor allem durch tech­no­lo­gi­sche Ren­ten bzw. auf­grund von Pro­duk­ti­vi­täts­ge­fäl­len zwi­schen ein­zel­nen Bran­chen bzw. Fir­men erzielt (sie­he oben). Die Bedeu­tung von Inves­ti­tio­nen in unter­ent­wi­ckel­te Län­der ging zurück.
  • Prin­zi­pi­ell konn­ten die Kapi­ta­le aller ent­wi­ckel­ten kapi­ta­lis­ti­schen Län­der in allen ande­ren Indus­trie­län­dern und in allen pro­west­li­chen Ent­wick­lungs­län­dern inves­tie­ren. Die­se Län­der waren also – im Unter­schied zum Zeit­al­ter des klas­si­schen Impe­ria­lis­mus – nicht mehr durch extrem hohe Zoll­mau­ern abgeschottet.
  • Es kam zu einer zuneh­men­den Kapi­tal­ver­flech­tung zwi­schen den hoch­ent­wi­ckel­ten kapi­ta­lis­ti­schen Län­dern. Direkt­in­ves­ti­tio­nen der US-Kon­zer­ne in Euro­pa und von euro­päi­schen Kon­zer­nen in den USA führ­ten dazu, dass sich die euro­päi­schen Kapi­ta­lis­ten­klas­sen »dis­ar­ti­ku­lier­ten«, d. h. ihre natio­na­le Kohä­renz ver­lo­ren. Es gab einer­seits bedeu­ten­de Stütz­punk­te US-ame­ri­ka­ni­scher Kapi­tal­in­ter­es­sen in jedem euro­päi­schen Land, ande­rer­seits waren die euro­päi­schen Kapi­tal­ei­gen­tü­mer stark auf den gro­ßen US-Bin­nen­markt ange­wie­sen und ersuch­ten pri­mär die USA und weni­ger ihre euro­päi­sche Hei­mat­ba­sis um Hil­fe, wenn ihre Inves­ti­tio­nen in der Drit­ten Welt durch Unru­hen oder Revo­lu­tio­nen bedroht waren46

Auch mili­tä­ri­sche Fak­to­ren spra­chen gegen neue inner­im­pe­ria­lis­ti­sche Kriege:

  • Die über­wäl­ti­gen­de mili­tä­ri­sche Über­le­gen­heit der USA mach­te einen Krieg gegen sie prak­tisch unmöglich.
  • Durch das ato­ma­re »Gleich­ge­wicht des Schre­ckens« war nicht nur ein Krieg zwi­schen den bei­den Super­mäch­ten USA und UdSSR de fac­to unmög­lich, son­dern auch Krie­ge zwi­schen impe­ria­lis­ti­schen Ländern.
  • Von sol­chen Krie­gen hät­te vor allem die UdSSR als gemein­sa­mer Geg­ner des Welt­ka­pi­tals pro­fi­tiert47

Die tat­säch­li­che Kon­stel­la­ti­on des Impe­ria­lis­mus nach 1945 ent­spricht also kei­ner der von Sozia­lis­ten dis­ku­tier­ten For­men des Super­im­pe­ria­lis­mus, des Ultra­im­pe­ria­lis­mus oder der inter-impe­ria­lis­ti­schen Kon­kur­renz zwi­schen den Tria­de­mäch­ten USA, EU und Japan.48 Sie ähnelt noch am ehes­ten dem Kon­zept des Ultra­im­pe­ria­lis­mus, aller­dings nicht im Sin­ne einer gemüt­li­chen gemein­sa­men Aus­beu­tung der Welt durch die Groß­mäch­te, wie er von Kaut­sky pos­tu­liert wur­de, son­dern es ent­stand eine stär­ker hier­ar­chisch geglie­der­te Welt als Resul­tat eines wei­te­ren Aus­le­se­pro­zes­ses durch zwei Welt­krie­ge, wo an die Stel­le von sechs Groß­mäch­ten zwei Super­mäch­te traten.

Die Sowjet­uni­on konn­te über­haupt nur auf­grund ihrer schnel­len plan­wirt­schaft­li­chen Indus­tria­li­sie­rung, die 1928 nach unnö­ti­gen Ver­zö­ge­run­gen star­te­te, die faschis­ti­sche Mili­tär­ma­schi­ne­rie besie­gen. Wäh­rend die USA ab 1946 eine kohä­ren­te Stra­te­gie für eine welt­wei­te Kon­ter­re­vo­lu­ti­on ent­wi­ckel­ten und bis 1989 kon­se­quent nach ihr han­del­ten, besaß die Sowjet­uni­on kei­ne ver­gleich­bar kohä­ren­te Stra­te­gie zur Wei­ter­füh­rung der Welt­re­vo­lu­ti­on. Sta­lin gab die­ses Ziel spä­tes­tens 1936 auf und bezeich­ne­te die Vor­stel­lung von der Welt­re­vo­lu­ti­on in einem Inter­view mit dem Jour­na­lis­ten Roy Howard (The Times) als tra­gi­ko­mi­sches Miss­ver­ständ­nis. Da ist es nur kon­se­quent, dass er 1943 auch die Kom­mu­nis­ti­sche Inter­na­tio­na­le auf­lös­te.49

Sta­lin woll­te mit die­sem Schritt die West­mäch­te beschwich­ti­gen und für eine lang­fris­ti­ge ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit nach dem Krie­ge gewin­nen. Aber der Impe­ria­lis­mus fürch­tet nicht nur die Aus­brei­tung der Welt­re­vo­lu­ti­on. Bereits die Exis­tenz eines oder meh­re­rer Arbei­ter­staa­ten ist für ihn lang­fris­tig nicht hin­nehm­bar.50

Ursprüng­lich hat­te Sta­lin durch­aus nicht vor den Kapi­ta­lis­mus in den von der Roten Armee vom deut­schen Faschis­mus befrei­ten Län­dern Ost­eu­ro­pas abzu­schaf­fen. Nach sei­ner Vor­stel­lung soll­ten die guten Bezie­hun­gen mit den West­mäch­ten auch in der Nach­kriegs­zeit wei­ter­ge­führt wer­den. Die Sowjet­uni­on soll­te sich in die kapi­ta­lis­ti­sche Welt­wirt­schaft inte­grie­ren. Aller­dings ver­such­ten die USA bereits 1946, die Sowjet­ar­mee mit­tels pro­ka­pi­ta­lis­ti­scher Kräf­te aus ihren Posi­tio­nen in Ost­eu­ro­pa zu ver­trei­ben. Unter die­sen Umstän­den blieb Sta­lin letzt­lich nichts ande­res übrig, als die Macht der loka­len Kapi­ta­lis­ten zu bre­chen indem sie ent­eig­net wur­den.51 Alle ost­eu­ro­päi­schen Län­der gin­gen zum Auf­bau des Sozia­lis­mus über und grün­de­ten 1949 den Rat für gegen­sei­ti­ge Wirt­schafts­hil­fe (RGW). Erst als Reak­ti­on auf die Grün­dung der NATO und die Auf­nah­me der BRD in die­se grün­de­ten die Sowjet­uni­on und die ost­eu­ro­päi­schen Volks­de­mo­kra­tien 1955 die War­schau­er Ver­trags­or­ga­ni­sa­ti­on (WVO).

Sta­lins Nach­fol­ger Chruscht­schow setz­te ab 1953 sei­ne Außen­po­li­tik fort. Trotz der von den USA geschür­ten anti­kom­mu­nis­ti­schen Hys­te­rie und bru­ta­ler Roll­back­ver­su­che woll­te er 1959 einen glo­ba­len Aus­gleich mit den USA errei­chen und ris­kier­te damit die Ein­heit des sozia­lis­ti­schen Lagers. Denn er setz­te nun offen auf eine Poli­tik der fried­li­chen Koexis­tenz. Mao mach­te die­sen Schwenk nicht mit und kri­ti­sier­te Chruscht­schow und die KPdSU ver­nehm­lich. Als Reak­ti­on dar­auf zog die Sowjet­uni­on am 16. Juli 1960 ihre Exper­ten aus Chi­na ab und stopp­te alle Hilfs­lie­fe­run­gen. Damit ver­letz­te sie zahl­rei­che bila­te­ra­le Ver­trä­ge mit der VR China.

Ande­rer­seits konn­te die Sowjet­uni­on gera­de in den 50er und 60er Jah­ren auch gro­ße Erfol­ge errei­chen. Der Vor­kriegs­stand der Indus­trie­pro­duk­ti­on wur­de bereits wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges über­schrit­ten und erreich­te 1950 172% des Stan­des von 1940. Unter Chruscht­schow wur­de die star­ke sozia­le Ungleich­heit der Stalin­jah­re wesent­lich redu­ziert. Der Lebens­stan­dard der Bevöl­ke­rung näher­te sich in gro­ßen Schrit­ten dem Wes­ten an. 1978 besa­ßen je 100 Fami­li­en in der Sowjet­uni­on: 84 Radi­os, 83 Fern­se­her, 78 Kühl­schrän­ke, 70 Wasch­ma­schi­nen, 64 Näh­ma­schi­nen, 24 Staub­sauger und 499 Uhren. Der Kon­sum von Fleisch, Milch und Eiern näher­te sich den wis­sen­schaft­lich begrün­de­ten Ernäh­rungs­nor­men. Auch auf­grund der Kriegs­zer­stö­run­gen blieb die Woh­nungs­not ein gro­ßes sozia­les Pro­blem. Der Woh­nungs­bau wur­de aller­dings unter Chruscht­schow stark beschleu­nigt und ausgeweitet.

Die Eman­zi­pa­ti­on der Frau wur­de geför­dert durch den Aus­bau von Dienst­leis­tungs- und Ver­sor­gungs­zen­tren, Kan­ti­nen und Vor­schul­ein­rich­tun­gen, sowie die bes­se­ren Ver­sor­gung mit Haus­halts­ge­rä­ten und Fer­tig­ge­rich­ten. Auch gab es Auf­klä­rungs­kam­pa­gnen, dass sich Män­ner und Frau­en die ver­blei­ben­de Haus­ar­beit tei­len soll­ten.52

Der Anspruch, an der Spit­ze des Mensch­heits­fort­schritts zu ste­hen, schien durch die Erfol­ge der Sowjet­uni­on in der Raum­fahrt bestä­tigt zu wer­den: 1957 schoss sie mit dem Sput­nik den ers­ten Satel­li­ten ins All, 1961 war Juri Gaga­rin der ers­te Mensch im Welt­all. Im Jahr 1963 flog Valen­ti­na Teresch­ko­wa als ers­te Frau ins Welt­all. Die Tu-144 war das ers­te Über­schall­pas­sa­gier­flug­zeug der Welt. Sie star­te­te am 31. Dezem­ber 1968 zu ihrem Jung­fern­flug, vor der Con­cor­de. Sowje­ti­sche Inge­nieu­re ent­wi­ckel­ten auch Trag­flü­gel­boo­te, Luft­kis­sen­boo­te, ato­mar getrie­be­ne U‑Boote, Atom­eis­bre­cher und Atom­frach­ter. Die Sowjet­uni­on begann rasch mit der groß­tech­ni­schen Strom­erzeu­gung durch Kern­ener­gie und zwar mit den Reak­tor­li­ni­en RBMK (Druck­röh­ren-Sie­de­was­ser­re­ak­tor), WWER (Druck­was­ser­re­ak­tor) und Schnel­len Brü­tern. Es schien in den 60er Jah­ren, als kön­ne die Sowjet­uni­on den Wes­ten auch im Bereich der Fabrik­au­to­ma­ti­on über­flü­geln. In der Sowjet­uni­on wur­den um Grö­ßen­ord­nun­gen mehr Inge­nieu­re und Ärz­te aus­ge­bil­det als im Westen.

Bereits 1949 konn­te die Sowjet­uni­on ihre ers­te Atom­bom­be zün­den und war somit nicht mehr ato­mar von den USA erpress­bar. Im Ver­lauf der 70er Jah­re erreich­te sie die Pari­tät zu den USA im Bereich der Nuklearwaffen.

In den 50er und 60er Jah­ren konn­ten vie­le Mög­lich­kei­ten zum Wei­ter­trei­ben der Welt­re­vo­lu­ti­on auf­grund der zöger­li­chen Hal­tung der Sowjet­uni­on nicht genutzt wer­den. Der Sieg der chi­ne­si­schen Revo­lu­ti­on 1949 ver­lieh zwar der Kolo­ni­al­re­vo­lu­ti­on mäch­ti­gen Auf­trieb. Aber die neu ent­stan­den Staa­ten waren vol­ler sozia­ler Wider­sprü­che. Damit wur­den sie nicht zu einer Puf­fer­zo­ne zwi­schen »Frei­er Welt« und Sozia­lis­mus, wie dies die Füh­rer der Sowjet­uni­on, aber auch bür­ger­li­che Expo­nen­ten der Drit­ten Welt wie Neh­ru, Sukar­no und Ken­yat­ta erwar­te­ten, son­dern zu einem Gebiet hef­ti­ger gesell­schaft­li­cher und sozia­ler Pola­ri­sie­rung, wo die Zusam­men­stö­ße und Bür­ger­krie­ge stän­dig zunah­men. Auf der Tages­ord­nung stand nicht eine irgend­wie gear­te­te »Neue Demo­kra­tie«, son­dern ein Kampf zwi­schen bür­ger­li­chen Staa­ten und ver­arm­ten Mas­sen, die danach streb­ten, pro­le­ta­ri­sche Staa­ten zu errich­ten.53

Den­noch setz­te die Sowjet­uni­on in allen Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei­en die Poli­tik der fried­li­chen Koexis­tenz durch. In einer Situa­ti­on, wo sich die Mas­sen nach links beweg­ten, die Bour­geoi­sie als Reak­ti­on dar­auf aber Schutz vor die­sen Mas­sen bei den USA such­te, muss­te die­se Poli­tik kata­stro­phal schei­tern. Ein Bei­spiel ist Indo­ne­si­en. Prä­si­dent Sukar­no posi­tio­nier­te das Land 1955 an der Spit­ze der Bewe­gung der Block­frei­en Staa­ten. Er kre­ierte auch eine »Drit­te Uni­ver­sal­theo­rie« zwi­schen Kapi­ta­lis­mus und Sozia­lis­mus. Tat­säch­lich aber war Indo­ne­si­en ein armes kapi­ta­lis­ti­sches Ent­wick­lungs­land. Wegen sei­nes Ver­zichts auf Ein­grif­fe in den kapi­ta­lis­ti­schen Markt war Sukar­no auch nicht in der Lage, dar­an irgend­et­was zu ändern. Die Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Indo­ne­si­ens, die zweit­größ­te Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei der Welt, war von Mos­kau und Peking (!) auf eine Zusam­men­ar­beit mit Sukar­no ein­ge­schwo­ren wor­den. Den­noch sah die ein­hei­mi­sche Bour­geoi­sie in die­ser Par­tei eine töd­li­che Gefahr für ihre Macht­po­si­tio­nen. In einem von den USA orga­ni­sier­ten Mili­tär­putsch wur­de Sukar­no 1965 ent­mach­tet und Mil­lio­nen Kom­mu­nis­ten durch isla­mis­ti­sche Kräf­te mas­sa­kriert. Putsch­ge­ne­ral Suhar­to regier­te das Land dik­ta­to­risch bis 1998 und führ­te es in die Rei­hen des Wes­tens. Indo­ne­si­en hat sich bis heu­te nicht von die­sem Ader­lass erholt. Volks­be­we­gun­gen exis­tie­ren seit 1965 prak­tisch nicht mehr.

Erfolg­rei­cher war dage­gen die Kuba­ni­sche Revo­lu­ti­on von 1959. Aller­dings waren Fidel Cas­tro und sei­ne Mit­strei­ter von der Bewe­gung M‑26 – 7 damals kei­ne Sozia­lis­ten, son­dern links­bür­ger­li­che Revo­lu­tio­nä­re, die ursprüng­lich nur die Dik­ta­tur von Ful­gen­cio Batis­ta besei­ti­gen und die bür­ger­li­che Demo­kra­tie wie­der­her­stel­len woll­ten. Das aber erwies sich auf­grund der Macht der USA als unmög­lich und die kuba­ni­sche Regie­rung muss­te nach eini­gen Jah­ren die ein­hei­mi­schen und US-ame­ri­ka­ni­schen Kapi­ta­lis­ten ent­eig­nen. Damit wur­de die Kuba­ni­sche Revo­lu­ti­on zu einer sozia­lis­ti­schen. Das war eine erneu­te Bestä­ti­gung von Trotz­kis Theo­rie der Per­ma­nen­ten Revolution.

Die Kuba­ni­sche Revo­lu­ti­on führ­te zu einem Auf­schwung der Klas­sen­kämp­fe in vie­len Län­dern der Drit­ten Welt. 1964 wur­de Leo­nid Bre­sch­new zum Gene­ral­se­kre­tär der KPdSU gewählt. Er hielt zwar an der Poli­tik der fried­li­chen Koexis­tenz fest, aber unter sei­ner Regie­rung wur­den natio­na­le Befrei­ungs­be­we­gun­gen in den Län­dern der Drit­ten Welt stär­ker unter­stützt, auch durch Waf­fen­lie­fe­run­gen. So zum Bei­spiel die FNL in Viet­nam, die MPLA in Ango­la, die FRELI­MO in Mosam­bik, die PAIGC in Gui­nea-Bis­sau und den Kap­ver­di­schen Inseln. Neue Arbei­ter­staa­ten wie Viet­nam, Afgha­ni­stan, Irak, Syri­en, Liby­en, Alge­ri­en, Mali, Ober­vol­ta, die Volks­re­pu­blik Kon­go, Mada­gas­kar, Ango­la, Mosam­bik, Gui­nea-Bis­sau, die Kap­ver­den, den Sudan und Äthio­pi­en unter­stütz­te die Sowjet­uni­on durch Wirt­schafts- und Mili­tär­hil­fe. Noch 1986 leb­ten knapp 1,6 Mil­li­ar­den Men­schen, also fast 40% der dama­li­gen Welt­be­völ­ke­rung von 4 Mil­li­ar­den in Län­dern, die dem Zugriff des Kapi­tals ent­zo­gen waren.54

Die Sowjet­uni­on stand in den 70er und 80er Jah­ren vor sehr gro­ßen Herausforderungen:

  • Der Lebens­stan­dard der Bevöl­ke­rung muss­te wei­ter gestei­gert wer­den, so dass er schließ­lich den­je­ni­gen des Wes­tens ein­holt und überholt.
  • Die neu­en Arbei­ter­staa­ten in der Drit­ten Welt muss­ten so stark unter­stützt wer­den, dass deren plan­wirt­schaft­li­che Indus­tria­li­sie­rung zu einer raschen und spür­ba­ren Ver­bes­se­rung des Lebens­stan­dards der Men­schen führt. Dadurch kön­nen klein­bür­ger­li­che Kräf­te im Innern die­ser Län­der zurück­ge­drängt und wei­te­re unter­ent­wi­ckel­te Län­der für das sozia­lis­ti­sche Lager gewon­nen werden.
  • Die Sowjet­uni­on muss­te im Wett­rüs­ten mit­hal­ten. In den 80er Jah­ren bedeu­te­te das vor allem der Auf­bau einer eige­nen laser­ge­stütz­ten Rake­ten­ab­wehr im Welt­all, den Aus­bau der U‑Boot-Flot­te durch den Bau der vier­ten U‑Bootgeneration, U‑Boot-Stütz­punk­te am Atlan­tik, zum Bei­spiel in Ango­la und die Schaf­fung eige­ner Flug­zeug­trä­ger­ver­bän­de. Nur so könn­te die See­herr­schaft der USA gebro­chen werden.
  • Um zu demons­trie­ren, dass das sozia­lis­ti­sche Lager tat­säch­lich an der Spit­ze des Mensch­heits­fort­schritts steht, wäre eine Inten­si­vie­rung des Raum­fahrt­pro­gramms, eige­ne Mond- und Mars­lan­dun­gen (die nach 1969 nicht mehr zustan­de kamen) sowie eine Mond­sta­ti­on genau­so not­wen­dig gewe­sen wie die Ver­all­ge­mei­ne­rung des zivi­len Überschallfluges.

Hier­für wäre eine Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät erfor­der­lich gewe­sen, die weit über der­je­ni­gen des Kapi­ta­lis­mus liegt. Tat­säch­lich war die Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät der Sowjet­uni­on bes­ten­falls halb so hoch wie die der USA55. Haupt­ur­sa­che war die Ori­en­tie­rung jedes sozia­lis­ti­schen Lan­des auf den eigen­stän­di­gen Auf­bau des Sozia­lis­mus. Die Zusam­men­ar­beit zwi­schen die­sen Län­dern wur­de zwar als eine sinn­vol­le Ergän­zung gese­hen, aber sie galt nicht als unbe­dingt not­wen­dig. Die­se Stra­te­gie geht zurück auf Sta­lins Theo­rie vom Sozia­lis­mus in einem Lan­de, die er 1924 unmit­tel­bar nach dem Tode Lenins aufstellte.

Ins­be­son­de­re der Sino-Sowje­ti­sche Bruch soll­te fata­le Aus­wir­kun­gen zei­ti­gen: Wäh­rend des ers­ten Fünf­jahr­pla­nes 1953 – 57 erhöh­ten sich die chi­ne­si­sche Indus­trie­pro­duk­ti­on um 141% und der Ertrag bei land­wirt­schaft­li­chen Nah­rungs­gü­tern um 20%. Mit­tels der bereits ein­ge­plan­ten Hil­fe der Sowjet­uni­on und wei­te­rem raschen Indus­trie­wachs­tum soll­te Chi­na 1967 ein moder­nes Indus­trie-Agrar­land mit einem Lebens­ni­veau wer­den, das mit dem­je­ni­gen von Bul­ga­ri­en ver­gleich­bar war. Nach wei­te­ren 10 bis 20 Jah­ren wäre eine Durch­in­dus­tria­li­sie­rung Chi­nas mög­lich gewe­sen. Der Sino-Sowje­ti­sche Bruch 1960 und Maos Wahn­sinns­pro­jek­te des Gro­ßen Sprun­ges nach vor­ne und der Kul­tur­re­vo­lu­ti­on ver­hin­der­ten die­se Ent­wick­lung. Sie bewirk­ten einen Ent­wick­lungs­rück­stand in Chi­na von min­des­tens 20 Jahren.

Nur eine enge Koope­ra­ti­on aller Arbei­ter­staa­ten hät­te eine Ska­len­öko­no­mie ermög­licht mit einer Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät, die mit der­je­ni­gen der impe­ria­lis­ti­schen Län­der ver­gleich­bar oder höher wäre. Dies gilt beson­ders für auf­wen­di­ge Hoch­tech­no­lo­gie­pro­duk­tio­nen wie Com­pu­ter­chips und ande­re Halb­lei­ter. Ein bereits in den 70er Jah­ren voll indus­tria­li­sier­tes Chi­na hät­te sowohl einen Teil der hohen, aber not­wen­di­gen Ver­tei­di­gungs­aus­ga­ben des sozia­lis­ti­schen Blocks über­neh­men als auch einen gro­ßen Bei­trag zur Unter­stüt­zung der neu­en Arbei­ter­staa­ten leis­ten kön­nen, einen viel grö­ße­ren, als es der Sowjet­uni­on und ihren Ver­bün­de­ten allei­ne mög­lich war.

Bekannt­lich kam es anders: Die USA ver­bün­de­ten sich unter Prä­si­dent Nixon im Jahr 1971 mit der VR Chi­na. Unter Prä­si­dent Car­ter und sei­nem Sicher­heits­be­ra­ter, dem Rus­sen­has­ser Zbi­gniew Brze­ziń­ski ab 1977 star­te­ten sie eine neue Run­de des Wett­rüs­tens und unter­stütz­ten Söld­ner­or­ga­ni­sa­tio­nen in aller Welt, um die in den 70er Jah­ren erfolg­ten Fort­schrit­te der Welt­re­vo­lu­ti­on rück­gän­gig zu machen. Die­se Poli­tik wur­de von US-Prä­si­dent Rea­gan ab 1981 naht­los fort­ge­führt und radi­ka­li­siert. Sie erwies sich als erfolg­reich und führ­te zum Sieg des Wes­tens im Kal­ten Krieg im Epo­chen­jahr 1989.56

Im Bereich der kon­ven­tio­nel­len Rüs­tung konn­te die NATO in den 70er und 80er Jah­ren lang­sam eine mili­tä­ri­sche Über­le­gen­heit über die sowje­ti­sche Kampf­tech­nik errei­chen. DDR-Mili­tärs schätz­ten den Kampf­wert einer NVA-Divi­si­on mit der Index­zahl 0,85, einer Divi­si­on der Sowjet­ar­mee mit 1, einer Bun­des­wehr­di­vi­si­on mit 1,15 und einer Divi­si­on der US-Army mit 1,25 ein. Die­se tech­ni­sche Unter­le­gen­heit soll­te durch ein beson­ders hohes kör­per­li­ches Leis­tungs­ver­mö­gen der Sol­da­ten kom­pen­siert wer­den. Des­halb wur­de in den 70er Jah­ren in allen Ost­block­län­dern die vor­mi­li­tä­ri­sche Aus­bil­dung ein­ge­führt.57

Im Afgha­ni­stan­krieg schos­sen die radi­kal­is­la­mi­schen Mud­scha­hed­din mit US-ame­ri­ka­ni­schen Stin­ger­ra­ke­ten die sowje­ti­schen Kampf­hub­schrau­ber Mi-24 rei­hen­wei­se ab. Es gelang ihnen, die sowje­ti­sche Luft­über­le­gen­heit zu bre­chen, wodurch der Aus­gang des Krie­ges zu einem gro­ßen Teil ent­schie­den war.

Neben kon­ven­tio­nel­ler Kampf­tech­nik ent­wi­ckel­ten die USA ab 1976 vor allem zahl­rei­che neue Nukle­ar­waf­fen, die das Gleich­ge­wicht des Schre­ckens wesent­lich zuguns­ten des Impe­ria­lis­mus verschoben.

Denn gera­de in die­sen Jah­ren fand die drit­te waf­fen­tech­ni­sche Revo­lu­ti­on der Nukle­ar­waf­fen statt.

  • Die ers­te Ära der Nukle­ar­waf­fen zwi­schen 1945 und 1960 wur­de defi­niert durch die inter­kon­ti­nen­ta­len Lang­stre­cken­bom­ber. Ihr ent­sprach die Nukle­ar­stra­te­gie der mas­si­ven Vergeltung.
  • Die zwei­te Ära der Nukle­ar­waf­fen zwi­schen 1960 und 1974 war cha­rak­te­ri­siert durch Inter­kon­ti­nen­tal­ra­ke­ten. Ihr ent­sprach die Nukle­ar­stra­te­gie der Fle­xi­ble Response.
  • Die drit­te Ära der Nukle­ar­waf­fen zwi­schen 1974 und 1990 war cha­rak­te­ri­siert durch einen wei­te­ren stür­mi­schen Fort­schritt der Waf­fen­tech­no­lo­gie: Ultra­prä­zi­se Spreng­köp­fe, Mehr­fach­spreng­köp­fe, Kil­ler­sa­tel­li­ten, Las­er­waf­fen, U‑Boot-Jagd­tech­no­lo­gien. Ihr ent­sprach die Stra­te­gie des Ent­haup­tungs­schla­ges.58

Die neu­en MX-Inter­kon­ti­nen­tal­ra­ke­ten der USA mit Mehr­fach­spreng­köp­fen hat­ten dank neu­es­ter Com­pu­ter­tech­no­lo­gie nach Anga­ben aus den 80er Jah­ren eine Ziel­ge­nau­ig­keit von unter 30 Metern. Die in West­eu­ro­pa sta­tio­nier­ten Pers­hing-II-Mit­tel­stre­cken­ra­ke­ten sowie die U‑Boot-gestütz­ten Trident-II-Rake­ten hat­ten sogar eine Ziel­ge­nau­ig­keit von 10 Metern. Damit waren zum Bei­spiel Ent­haup­tungs­schlä­ge gegen das Haupt­quar­tier der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei in Mos­kau sowie dort ange­sie­del­te Kom­man­do­zen­tra­len, Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Auf­klä­rungs­ein­rich­tun­gen mög­lich – bei extrem kur­zer Vor­warn­zeit von 6 Minu­ten oder weni­ger. Dem­ge­gen­über hat­ten die sowje­ti­schen Inter­kon­ti­nen­tal­ra­ke­ten nur eine Ziel­ge­nau­ig­keit von 300 Metern und waren für Prä­zi­si­ons­schlä­ge nicht geeignet.

Selbst im Fall eines Ent­haup­tungs­schla­ges blie­ben der Sowjet­uni­on noch die see­ge­stütz­ten Rake­ten für einen Zweit­schlag. Aller­dings unter­nah­men die USA in den 70er und 80er Jah­ren gro­ße Anstren­gun­gen, die sowje­ti­schen U‑Boote auf­zu­spü­ren. Das geschah nicht nur immer bes­ser durch das SOSUS59, ein glo­ba­les Hydro­phon-Netz­werk auf dem Mee­res­bo­den, son­dern soll­te in Zukunft vor allem durch die so genann­te Wir­bel­er­ken­nung erfol­gen. Satel­li­ten soll­ten aus dem Orbit durch Beob­ach­tung von Wel­len­hö­he, Wind­ge­schwin­dig­keit und ‑rich­tung sowie der Oze­an­tem­pe­ra­tur die Signa­tu­ren von getauch­ten U‑Booten prä­zi­se erken­nen kön­nen, zum Bei­spiel durch auf­quel­len­des Was­ser. Dies soll­te auch unter Wol­ken funk­tio­nie­ren. Angeb­lich waren die USA in den 80er Jah­ren nur noch weni­ge Jah­re von einem Durch­bruch ent­fernt. Nach 1989 wur­den die­se For­schun­gen aller­dings ein­ge­stellt.60

Mit dem SDI-Pro­gramm, der Rake­ten­ab­wehr mit Las­er­waf­fen im Welt­all, woll­ten die USA anflie­gen­de sowje­ti­sche Inter­kon­ti­nen­tal­ra­ke­ten abschie­ßen. Aller­dings konn­ten US-For­scher bis 1989 die Fra­ge nicht lösen, woher die hier­für benö­tig­ten enor­men Ener­gie­men­gen kom­men sollen.

Die Sowjet­uni­on reagier­te auf die neu­en ziel­ge­nau­en US-ame­ri­ka­ni­schen Nukle­ar­waf­fen, die zu Ent­haup­tungs­schlä­gen genutzt wer­den soll­ten, mit dem Sys­tem Peri­me­ter, im Wes­ten bekannt als Tote Hand. Mit einem gro­ßen mate­ri­el­len Auf­wand wur­de in der Nähe von Mos­kau und an eini­gen Reser­ve­stand­or­ten unter­ir­di­sche Kom­man­do­zen­tra­len ange­legt, die es ermög­lich­ten, in Fal­le eines Ent­haup­tungs­schla­ges die eige­nen Nukle­ar­ra­ke­ten zu star­ten, not­falls auch völ­lig auto­ma­ti­siert. Als dies im Wes­ten bekannt wur­de, ver­schwan­den Über­le­gun­gen zu einem Ent­haup­tungs­schlag urplötz­lich aus den Spal­ten der außen­po­li­ti­schen Zeit­schrif­ten wie For­eign Affairs.

Um die Wir­bel­er­ken­nung zu kon­tern, ent­wi­ckel­ten sowje­ti­sche Kon­struk­ti­ons­bü­ros Plä­ne für eine vier­te U‑Boot-Gene­ra­ti­on. Die Fort­füh­rung von uner­kann­ten Abschre­ckungs­pa­trouil­len in den Welt­mee­ren durch Rake­ten-U-Boo­te soll­te durch eine Tauch­tie­fe die­ser Boo­te von 1.500 bis 2.000 Metern errei­chen wer­den. Ermög­licht wür­de das durch mit­ein­an­der ver­bun­de­ne Sphä­ren aus Titan. Die Geschwin­dig­keit soll­te bis zu 60 Kno­ten betra­gen, rea­li­siert mit einem Was­ser­strahl­an­trieb ohne Schiff­schrau­ben. Hier­für wären sehr star­ke Kern­re­ak­to­ren not­wen­dig gewe­sen, die im schnel­len Neu­tro­nen­spek­trum arbei­ten, zum Bei­spiel natri­um­ge­kühl­te schnel­le Brü­ter oder Thorium-Hochtemperaturreaktoren.

Aller­dings brach­ten bereits die Rake­ten-U-Boo­te des Pro­jekts 941 (im Wes­ten bekannt als Typho­on) die Sowjet­uni­on an die Gren­ze des öko­no­misch mach­ba­ren. Die ange­dach­ten U‑Boote der vier­ten Gene­ra­ti­on wären noch ein­mal um Grö­ßen­ord­nun­gen teu­rer gewor­den. Die kri­sen­ge­schüt­tel­te sowje­ti­sche Wirt­schaft wäre in den 80er Jah­ren nicht in der Lage gewe­sen sie zu bauen.

Um das US-ame­ri­ka­ni­sche Rake­ten­ab­wehr­pro­gramm SDI zu kon­tern, ent­wi­ckel­te die Sowjet­uni­on eine eige­ne Rake­ten­ab­wehr, das Pro­jekt Pol­jus (»Pol«). Satel­li­ten mit Hoch­en­er­gie­la­sern soll­ten anflie­gen­de US-Inter­kon­ti­nen­tal­ra­ke­ten abschie­ßen. Den sowje­ti­schen Inge­nieu­ren gelang es sogar, das Ener­gie­pro­blem zu lösen. Die Laser soll­ten durch Kern­re­ak­to­ren mit einer Leis­tung von 200 bis 300 MW ange­trie­ben wer­den, die in den Pol­jus-Satel­li­ten inte­griert wären. Die Ein­zel­tei­le der Reak­to­ren und Laser wären dann mit der sowje­ti­schen Raum­fäh­re Buran in eine Raum­sta­ti­on trans­por­tiert und dort zusam­men­ge­baut wor­den. Auf die­se Wei­se woll­te die Sowjet­uni­on das stra­te­gi­sche Gleich­ge­wicht wie­der­her­stel­len. Denn wenn nur eine der Super­mäch­te eine Rake­ten­ab­wehr hät­te, wäre sie eine offen­si­ve Waf­fe, da sie es die­ser Macht ermög­lich­te, einen Nukle­ar­waf­fen­an­griff zu füh­ren, ohne selbst ver­nich­tet zu wer­den. Wenn aber bei­de Sei­ten über eine effek­ti­ve Rake­ten­ab­wehr ver­füg­ten, wäre dies nicht mehr mög­lich. Ende der 80er Jah­re exis­tier­ten Pro­to­ty­pen von Pol­jus61 und der Raum­fäh­re Buran. Nach dem Zer­fall der Sowjet­uni­on wur­den die Pro­gram­me ein­ge­stellt. Genau­so wenig wie zum Bau einer vier­ten U‑Bootgeneration wäre die Sowjet­uni­on in den 80er Jah­ren in der Lage gewe­sen, die rie­si­gen Aus­ga­ben für eine Rake­ten­ab­wehr zu stemmen.

Hin­zu kam, dass der sowje­ti­sche Lebens­stan­dard in den 70er Jah­ren sta­gnier­te und in eini­gen Jah­ren sogar leicht zurück­ging. Letzt­lich war die Sowjet­öko­no­mie nicht mehr in der Lage, alle not­wen­di­gen Rüs­tungs­aus­ga­ben zu stem­men und zugleich den Lebens­stan­dard der Men­schen zu ver­bes­sern. Haupt­ur­sa­che die­ser Ent­wick­lung war neben der unzu­rei­chen­den Koope­ra­ti­on zwi­schen den Arbei­ter­staa­ten, die bis in die 80er Jah­re aus­schließ­lich exten­si­ve Indus­trie­ent­wick­lung, eine unzu­rei­chen­de Infra­struk­tur und ein Lei­tungs­chaos zwi­schen Unions‑, Repu­blik- und loka­len Instan­zen, das durch die zahl­rei­chen markt­wirt­schaft­li­chen Refor­men unter Chruscht­schow und Bre­sch­new noch wei­ter ver­schlim­mert wur­de.62 Ein Erbe der Sta­lin­zeit war die star­ke Stel­lung des Betriebs­lei­ters, die zusam­men mit den Markt­re­for­men zu Betrieb­s­ego­is­mus führ­te und die Wirt­schafts­plä­ne chaotisierte.

Die­se nega­ti­ve Ent­wick­lung beschleu­nig­te unter Bevöl­ke­rung und Par­tei­füh­rung die Abkehr vom Mar­xis­mus, der schon unter Sta­lin mehr und mehr zu einer Legi­ti­ma­ti­ons­ideo­lo­gie dege­ne­riert war. Bereits in den 70er Jah­ren brei­te­te sich zum Bei­spiel ein gif­ti­ger ukrai­ni­scher Natio­na­lis­mus aus, der sich bis heu­te zu einem offe­nen Faschis­mus wei­ter­ent­wi­ckelt hat.

Des­halb sah die sowje­ti­sche Füh­rung unter Gor­bat­schow (KPdSU-Gene­ral­se­kre­tär ab 1985) kei­nen ande­ren Aus­weg mehr als zu kapi­tu­lie­ren. Ins­be­son­de­re durch das SDI-Pro­gramm war die Sowjet­uni­on tot­ge­rüs­tet wor­den. Umso bit­te­rer ist, dass die­se neu­en Tech­no­lo­gien zu einem Teil Bluff waren. Die Ziel­ge­nau­ig­keit der US-Rake­ten wird heu­te wesent­lich gerin­ger ange­ge­ben als in den 80er Jah­ren, eine Wir­bel­er­ken­nung von U‑Booten exis­tiert – zumin­dest offi­zi­ell – bis heu­te genau­so wenig wie eine welt­raum­ge­stütz­te Rake­ten­ab­wehr. Die Sowjet­uni­on lag auch im Bereich der Prä­zi­si­on von Nukle­ar­waf­fen längst nicht so weit zurück, wie dies in den 80er Jah­ren behaup­tet und auch von sowje­ti­schen Wis­sen­schaft­lern geglaubt wurde.

Der Wes­ten hat die Sowjet­uni­on in den 70er und 80er Jah­ren durch sei­ne Rüs­tungs­pro­jek­te gezielt unter öko­no­mi­schen Stress gesetzt und zu rie­si­gen Aus­ga­ben ver­an­lasst. Zugleich bra­chen nach 1985 die sowje­ti­schen Devi­sen­ein­nah­men weg, da die USA Sau­di-Ara­bi­en ver­an­lass­ten, den Ölpreis für eine gewis­se Zeit stark abzu­sen­ken. Haupt­ex­port­ar­ti­kel der Sowjet­uni­on waren seit den 70er Jah­ren Öl und Gas.

Der Wes­ten hat­te den Kal­ten Krieg gewon­nen. Die wich­tigs­te Ursa­che für das Schei­tern des ers­ten Sozia­lis­mus­ver­suchs war letzt­lich des­sen gerin­ge Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät. Damit bestä­tigt sich die bekann­te Aus­sa­ge von Lenin: »Die Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät ist in letz­ter Instanz das aller­wich­tigs­te, das aus­schlag­ge­ben­de für den Sieg der neu­en Gesell­schafts­ord­nung.«63

3.6 Die all­ge­mei­ne Kri­se des Spätkapitalismus

Die Erfolgs­ge­schich­te des Wes­tens ver­deckt aber, dass auch die spät­ka­pi­ta­lis­ti­sche Gesell­schafts­ord­nung nicht frei von Kri­sen war und sein Sieg im Kal­ten Krieg längst kei­ne aus­ge­mach­te Sache war. Denn in den 70er und 80er Jah­ren geriet nicht nur der rea­le Sozia­lis­mus in eine Kri­se, son­dern auch der Spätkapitalismus.

Ein ers­tes Anzei­chen die­ser Kri­se war, dass vie­le Arbei­ter auf dem Höhe­punkt der spät­ka­pi­ta­lis­ti­schen Wirt­schafts­ent­wick­lung die­se Pro­duk­ti­ons­wei­se ablehn­ten und zum Sozia­lis­mus über­ge­hen woll­ten. In der zwei­ten Hälf­te der 60er Jah­re wur­de in den meis­ten kapi­ta­lis­ti­schen Län­dern Voll­be­schäf­ti­gung erreicht. Die Macht der Arbei­ter­klas­se befand sich in die­ser Zeit auf einem Höhepunkt.

Im Mai 1968 in Frank­reich waren Stu­den­ten­pro­tes­te die Initi­al­zün­dung für einen Gene­ral­streik der Arbei­ter­klas­se. Sie stell­te nun ernst­haft die Macht­fra­ge. Ohne den Ver­rat der KPF wäre es ver­mut­lich zum Sturz der kapi­ta­lis­ti­schen Aus­beu­ter­ord­nung in Frank­reich gekommen.

In Ita­li­en waren die 70er Jah­re von hef­tigs­ten Arbei­ter­pro­tes­ten, Streiks, lin­kem Ter­ror der Roten Bri­ga­den und staat­li­chem Gegen­ter­ror geprägt. Sie wer­den des­halb als die blei­er­nen Jah­re (»Anni di piom­bo«) bezeich­net. Die USA sahen die Situa­ti­on in Ita­li­en als so kri­tisch an, dass sie zusam­men mit den Geheim­lo­ge P2 in der Mit­te der 70er Jah­re einen Putsch orga­ni­sier­ten, der dann aber doch nicht zustan­de kam. Sol­che blu­ti­gen Put­sche fan­den dann aber in den NATO-Staa­ten Grie­chen­land und Tür­kei statt.

In der BRD waren die Ver­hält­nis­se nicht so weit fort­ge­schrit­ten. Aber auch hier gab es in den Jah­ren 1973 und 1974 wil­de Streiks, die erfolg­reich waren und wo die Arbei­ter gegen den Wil­len der Gewerk­schaf­ten beträcht­li­che Lohn­er­hö­hun­gen durch­set­zen konnten.

Zum ers­ten Mal über­haupt in der Geschich­te wand­te sich nach 1968 im gesam­ten Wes­ten eine gan­ze Stu­den­ten­ge­nera­ti­on nach links und pro­tes­tier­te hef­tig gegen den Bil­dungs­not­stand, auto­ri­tä­re Lehr­for­men und ver­al­te­te Lehr­in­hal­te an den Uni­ver­si­tä­ten, die dau­ern­den impe­ria­lis­ti­schen Krie­ge, den bru­ta­len Anti­kom­mu­nis­mus, die ende­mi­sche Sexu­al- und Frau­en­un­ter­drü­ckung. Wie der Sozio­lo­ge Pierre Bour­dieu her­aus­ge­fun­den hat, ist der rela­ti­ve sozio­öko­no­mi­sche Abstieg der Aka­de­mi­ker der Hin­ter­grund die­ser Ent­wick­lung. Wäh­rend ein Stu­di­um frü­her den Zugang zur herr­schen­den Klas­se sicher­te, wur­de es in der Nach­kriegs­zeit zu einer Mas­sen­er­schei­nung und in vie­len Fäl­len zur Vor­aus­set­zung für die Berufs­aus­übung über­haupt. Unter die­sen Umstän­den nei­gen Aka­de­mi­ker dazu, das gan­ze gesell­schaft­li­che Feld umzu­sto­ßen, etwa durch eine Revo­lu­ti­on.64 Die 68er Bewe­gung erschüt­ter­te die west­li­chen Gesell­schaf­ten in ihren Grund­fes­ten. Es dau­er­te mehr als ein Jahr­zehnt, bis die herr­schen­de Klas­se ihre Herr­schafts­me­cha­nis­men auf die­se Ent­wick­lung ein­ge­stellt hatte.

In vie­len west­li­chen Staa­ten gestal­te­te die sexu­el­le Revo­lu­ti­on Anfang der 70er Jah­re in weni­gen Jah­ren das Sexu­al­le­ben der Men­schen gründ­lich um und ermög­lich­te den­je­ni­gen, die die neu­en Chan­cen wahr­neh­men konn­ten, ein wesent­lich glück­li­che­res Leben. Die Hip­pies wur­den zu Vor­rei­tern die­ser sexu­el­len Revo­lu­ti­on.65 Auch die Frau­en­be­we­gung nahm einen beträcht­li­chen Aufschwung.

In den 70er Jah­ren began­nen die Fak­to­ren aus­zu­lau­fen, die ein zwei Jahr­zehn­te andau­ern­des unge­stör­tes Wachs­tum ermög­licht hat­ten. Das Gesetz des ten­den­zi­el­len Falls der Pro­fi­tra­te, letz­ten Endes ver­ur­sacht durch den Anstieg der orga­ni­schen Zusam­men­set­zung des Kapi­tals, mach­te sich wie­der ver­stärkt bemerk­bar. Die lan­ge Wel­le mit expan­si­vem ging in eine lan­ge Wel­le mit sta­gnie­ren­dem Grund­ton über. Als Fol­ge wuchs die Wirt­schaft wäh­rend der 70er und 80er Jah­re deut­lich lang­sa­mer als vorher.

Sur­plus­pro­fi­te durch tech­ni­sche Ren­ten im Bereich der Elek­tro- und der che­mi­schen Indus­trie gin­gen zurück. Die markt­be­herr­schen­den Groß­kon­zer­ne wie IBM waren einem zuneh­men­dem Kon­kur­renz­druck aus­ge­setzt, was die Prei­se ihrer Pro­duk­te erheb­lich redu­zier­te und ihr Mono­pol gefähr­de­te66.

Gegen Ende der 60er Jah­re kam es in vie­len Märk­ten für lang­fris­ti­ge Kon­sum­gü­ter zu erheb­li­chen Über­ka­pa­zi­tä­ten, was zu Preis­sen­kun­gen und zu einer Ver­rin­ge­rung der Pro­fi­tra­ten der Her­stel­ler führ­te.67 Euro­päi­sche und japa­ni­sche Her­stel­ler mach­ten bedeu­ten­de Pro­duk­ti­vi­täts­fort­schrit­te. Es gelang ihnen immer häu­fi­ger, sich gegen US-ame­ri­ka­ni­sche Fir­men auch im US-Markt durch­zu­set­zen. Dem­zu­fol­ge tra­ten Über­ka­pa­zi­tä­ten bzw. eine Unter­aus­las­tung der Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tät zunächst in der US-Indus­trie auf.

Eine spür­ba­re Erhö­hung der Mehr­wer­tra­te als Reak­ti­on des Kapi­tals auf die zuneh­men­den Schwie­rig­kei­ten war zunächst unmöglich.

In den 60er Jah­ren ent­stan­den erst­mals pri­va­te inter­na­tio­na­le Geld und Kre­dit­märk­te, weil Erträ­ge aus pri­va­ten Kapi­tal­an­la­gen der USA häu­fig nicht wie­der repa­tri­iert, son­dern bei aus­län­di­schen – haupt­säch­lich bri­ti­schen – Ban­ken ange­legt wur­den, die began­nen, einen Han­del mit ihnen zu orga­ni­sie­ren. Die sog. Euro-Dol­lar-Märk­te waren somit nicht den stren­gen inner­ame­ri­ka­ni­schen Regu­lie­rungs­maß­nah­men wie Reser­ve­ver­pflich­tun­gen und Zins­satz­re­strik­tio­nen unter­wor­fen, was den Anle­gern und Ban­ken hohe Pro­fi­te brach­te.68

Die Ent­wick­lung der Euro-Dol­lar-Märk­te gibt fol­gen­de Tabel­le wieder:

Tabel­le 4.6.1. Umfang der Euro-Dol­lar-Märk­te69

Die Euro-Dol­lar-Märk­te mach­ten es immer schwe­rer, die fes­ten Wech­sel­kur­se gegen Devi­sen­spe­ku­la­ti­on zu ver­tei­di­gen. Denn seit den 60er Jah­ren mach­ten pri­va­te Anla­gen ein Viel­fa­ches der von den Zen­tral­ban­ken gehal­te­nen Reser­ven aus. Die­se Ent­wick­lung trug eben­falls zum Ende des Sys­tems der fes­ten Wech­sel­kur­se bei.

In den Jah­ren zwi­schen 1973 und 1979 stieg der Ölpreis um das Zwei­ein­halb­fa­che. Die­se Preis­stei­ge­run­gen wirk­ten auf vie­le Volks­wirt­schaf­ten wie ein Schock und ver­stärk­ten noch die wirt­schaft­li­chen Schwie­rig­kei­ten aller Län­der, die auf Erd­öl­im­por­te ange­wie­sen waren. Die OPEC-Län­der häuf­ten dage­gen zunächst mas­si­ve Zah­lungs­bi­lanz­über­schüs­se an und leg­ten die­se Über­schüs­se zum gro­ßen Teil auf den Euro­dol­lar-Märk­ten an, deren Volu­men wei­ter zunahm.70

In den 70er Jah­ren ver­schul­de­ten sich vie­le Regie­run­gen beson­ders der Ent­wick­lungs­län­der bei pri­va­ten Ban­ken. Zin­sen waren zunächst noch rela­tiv nied­rig, denn durch die auf den Euro­dol­lar­märk­ten bei ver­schie­de­nen Ban­ken ange­leg­ten Petro-Dol­lar bestand ein Über­an­ge­bot an Geld­ka­pi­tal, was zu nied­ri­gen Zin­sen führ­te. Die Kre­dit­auf­nah­me der Ent­wick­lungs­län­der erfolg­te immer häu­fi­ger zu dem Zweck, die Ölrech­nung, sowie alte Zin­sen und Til­gun­gen zah­len zu kön­nen. Damit wur­de die Grund­la­ge für die Schul­den­kri­se der Län­der der Drit­ten Welt in den 80er Jah­ren gelegt, als durch den Volcker-Schock welt­weit die Zin­sen anstie­gen.71

Von die­ser Schul­den­kri­se waren fast alle Ent­wick­lungs­län­der betrof­fen. Die vom IWF gewähr­ten Kre­di­te zur Umschul­dung gaben ihm die Mög­lich­keit, tief in die Wirt­schafts­po­li­tik der Län­der ein­zu­grei­fen und dras­ti­sche Haus­halts­kür­zun­gen, Sozi­al­ab­bau, Pri­va­ti­sie­run­gen und Libe­ra­li­sie­run­gen durch­zu­set­zen. Es began­nen zwei ver­lo­re­ne Jahr­zehn­te für die Entwicklungsländer.

Mit dem Zusam­men­bruch des Bret­ton-Woods-Sys­tems der fes­ten Wech­sel­kur­se und der Ein­lös­bar­keit des Dol­lars in Gold im Jahr 1973 nahm der Bedarf von Fir­men zu, sich gegen die jetzt schwan­ken­den Wech­sel­kur­se durch Ter­min­ge­schäf­te abzu­si­chern. Zu die­sem Zweck wur­den zahl­rei­che neue Finanz­in­stru­men­te wie Hedge-Fonds und Deri­va­te ent­wi­ckelt, die spä­ter vor allem zu Spe­ku­la­ti­ons­zwe­cken genutzt wurden.

In den 70er Jah­ren ver­such­ten die meis­ten Regie­run­gen der Indus­trie­län­der noch durch eine keyne­sia­ni­sche, expan­si­ve Geld­po­li­tik das Wirt­schafts­wachs­tum anzu­kur­beln. Sie nah­men dafür beträcht­li­che Haus­halts­de­fi­zi­te in Kauf. Aller­dings ver­lor sol­che Aus­ga­ben­pro­gram­me zuneh­mend ihre Wir­kung, denn selbst in Zei­ten der Hoch­kon­junk­tur waren noch bedeut­sa­me Über­ka­pa­zi­tä­ten vor­han­den. Des­halb waren die Unter­neh­men nicht in der Lage und auch nicht wil­lig, auf die von der Poli­tik her­bei­ge­führ­ten Nach­fra­ge­er­hö­hun­gen mit einer ent­spre­chen­den Pro­duk­ti­ons­aus­wei­tung zu reagie­ren. Dem­entspre­chend führ­ten die wach­sen­den Haus­halts­de­fi­zi­te nicht so sehr zu einer Erhö­hung des Pro­duk­ti­ons­aus­sto­ßes, son­dern zur Erhö­hung der Prei­se. Es kam also zu Infla­ti­on bei wirt­schaft­li­cher Sta­gna­ti­on, was als Stag­fla­ti­on bezeich­net wur­de.72 Hin­zu kam, dass ins­be­son­de­re der euro­päi­sche Wirt­schafts­raum so stark ver­floch­ten war, dass Aus­ga­ben­pro­gram­me in einem Land häu­fig zu einer Zunah­men von Impor­ten und weni­ger zu einer Pro­duk­ti­ons­aus­wei­tung im eige­nen Land führ­ten.73

Zudem waren in den 70er Jah­ren die Märk­te für lang­le­bi­ge Kon­sum­gü­ter wie Auto­mo­bi­le in den Indus­trie­län­dern im Wesent­li­chen gesät­tigt. Obwohl auf­grund des tech­ni­schen Fort­schritts immer wie­der neue lang­le­bi­ge Kon­sum­gü­ter wie Video­re­cor­der, PCs, DVD-Play­er, Han­dys, Smart­phones oder LCD-Fern­se­her ent­wi­ckelt wur­de, konn­te kei­nes die­ser Güter einen sol­chen lang andau­ern­den Nach­fra­ge­schub aus­lö­sen, wie es in der Nach­kriegs­zeit mit dem Auto­mo­bil der Fall war. Die Bevöl­ke­rung reagiert also auf eine Kauf­kraft­stei­ge­rung weni­ger mit der Neu­an­schaf­fung von lang­le­bi­gen, von den Groß­kon­zer­nen in Betrie­ben mit höchs­ter Pro­duk­ti­vi­tät her­ge­stell­ten Kon­sum­gü­tern, son­dern eher mit der Nach­fra­ge von Dienst­leis­tun­gen. Des­halb hat­te auch das Groß­ka­pi­tal deut­lich weni­ger Inter­es­se an einer keyne­sia­ni­schen Poli­tik, da ihm die gestie­ge­ne Kauf­kraft der Bevöl­ke­rung nicht mehr zugu­te­ge­kom­men wäre.74

Die zuneh­men­de Bedeu­tung der Finanz­märk­te, die nach­las­sen­de Wirk­sam­keit von Aus­ga­ben­pro­gram­men sowie die stark gestie­ge­ne welt­wei­te Ver­flech­tung der Volks­wirt­schaf­ten führ­te zu einer Syn­chro­ni­sie­rung der Wirt­schafts­kri­sen, was sie zusätz­lich ver­stärk­te. Die Welt­wirt­schafts­kri­se der Jah­res 1974/75 war die schwers­te nach 1929. Im Unter­schied zu klei­ne­ren Rezes­sio­nen nach dem zwei­ten Welt­krieg traf sie alle ent­wi­ckel­ten kapi­ta­lis­ti­schen Län­der zur glei­chen Zeit.75

Vie­le Men­schen waren in den 80er Jah­ren geblen­det von der mili­tä­ri­schen, poli­ti­schen und kul­tu­rel­len Stär­ke des Wes­tens. Tat­säch­lich aber war in die­sem Jahr­zehnt sei­ne wirt­schaft­li­che Situa­ti­on aus­ge­spro­chen schwie­rig. Die Pro­fi­te in der Indus­trie waren sehr nied­rig und an den Bör­sen häuf­ten sich Kurs­ein­brü­che, so zum Bei­spiel am schwar­zen Mon­tag, dem 19. Okto­ber 1987, wo der Dow-Jones-Index inner­halb eines Tages um 23% fiel. Die Löh­ne stie­gen nur noch lang­sam oder sta­gnier­ten. Die Regie­run­gen führ­ten bru­ta­le Kam­pa­gnen gegen die Gewerk­schaf­ten und schnit­ten den Sozi­al­staat zurück. Die Arbeits­lo­sig­keit erreich­te im Wes­ten immer neue Rekord­stän­de wie seit der gro­ßen Welt­wirt­schafts­kri­se von 1929 nicht mehr.

Die Kapi­ta­lis­ten star­te­ten weni­ge Jah­re spä­ter als Reak­ti­on auf die oben beschrie­be­nen Arbei­ter­mas­sen­pro­tes­te Ende der 60er und Anfang der 70er Jah­re eine kon­zer­tier­te Gegen­of­fen­si­ve, um die Macht der Arbei­ter­klas­se in den west­li­chen Län­dern ein und für alle Mal zu bre­chen, was in den 80er Jah­ren auch gelun­gen ist. Fol­gen­den Sta­tio­nen waren hier­für wichtig:

  • Mili­tär­putsch in Chi­le 1973. Ein­füh­rung eines blu­ti­gen peri­phe­ren Neo­li­be­ra­lis­mus als glo­ba­les Versuchslabor.
  • Nie­der­la­ge der fran­zö­si­schen Arbei­ter bei der Beset­zung der Uhren­fa­brik LIP in Besan­çon 1973 – 76.
  • Bank­rott der Stadt New York 1975 und Struk­tur­an­pas­sungs­pro­gramm zu Las­ten der Arbeiterklasse.
  • Struk­tur­an­pas­sungs­pro­gramm im Groß­bri­tan­ni­en 1976 zu Las­ten der Arbeiterklasse.
  • Nie­der­schla­gung des Flug­lot­sen­streiks 1981 in den USA durch die Regie­rung Reagan.
  • Schwe­re Nie­der­la­ge der US-ame­ri­ka­ni­schen Gewerk­schaft United Auto Workers (UAW) im Zusam­men­hang mit der Ret­tung von Chrys­ler 1980.
  • Nie­der­la­ge des gro­ßen Streiks bei Fiat 1980 in Italien.
  • Bru­ta­le poli­zei­li­che Nie­der­schla­gung des Berg­leu­te­streiks 1984 in Groß­bri­tan­ni­en durch die Regie­rung Thatcher.
  • Die Ände­rung des Arbeits­för­de­rungs­ge­set­zes 1986 in der BRD durch die Regie­rung Kohl erschwer­te Streiks beträchtlich.

Wei­ter geschwächt wur­de die Arbei­ter­klas­se durch den soge­nann­ten Volcker-Schock 1979. In die­sem Jahr setz­te Paul Volcker, damals Vor­sit­zen­der der US-Noten­bank, den Leit­zins bis auf 20% hoch. Hier­durch wur­de in allen Indus­trie­län­dern eine schwe­re Wirt­schafts­kri­se aus­ge­löst, durch die ange­schla­ge­ne Unter­neh­men in den Kon­kurs getrie­ben und all­ge­mein die Arbeits­lo­sig­keit bedeu­tend erhöht wur­de. Auch wur­de hier­durch die Bau­kon­junk­tur bru­tal abge­würgt, denn die Zin­sen stie­gen in allen west­li­chen Län­dern in sol­che Höhen, dass der Woh­nungs­bau für meh­re­re Jah­re zum Erlie­gen kam. Die­se Fak­to­ren schwäch­ten die Gewerk­schaf­ten wei­ter und führ­ten dazu, dass die Real­löh­ne seit die­ser Zeit prak­tisch stagnierten.

Das von Volcker extrem ange­ho­be­ne Zins­ni­veau führ­te auch dazu, dass viel Aus­lands­ka­pi­tal in die USA ström­te. Das erlaub­te es dem US-ame­ri­ka­ni­schen Staat, durch Staats­schul­den auch ohne Wäh­rungs­re­ser­ven die für eine Super­macht not­wen­di­gen Aus­ga­ben zu täti­gen. Ins­be­son­de­re konn­te so das gigan­ti­sche Auf­rüs­tungs­pro­gramm der Regie­rung Rea­gan finan­ziert und die Sowjet­uni­on tot­ge­rüs­tet wer­den (600-Schif­fe-Navy, MX-Atom­ra­ke­ten, SDI-Pro­gramm einer laser­ge­stütz­ten Rake­ten­ab­wehr im Welt­all etc.).

Trotz aller Anstren­gun­gen konn­ten in den 80er Jah­ren die Pro­fi­te nicht nach­hal­tig gestei­gert wer­den. Dem­nach kam es auch nicht zu einem stär­ke­ren Wirt­schafts­wachs­tum. Das änder­te sich erst mit der kata­stro­pha­len Nie­der­la­ge des Sozia­lis­mus im Epo­chen­jahr 1989.

Dazu mehr in Teil 4.

Ver­wei­se

1 Vgl. Man­del 1974, S. 178f, 205ff, 230ff, 296

2 Vgl. Man­del 1974, S. 175

3 Vgl. Man­del 1974, S. 59

4 Vgl. Ernest Man­del: Mar­xis­ti­sche Wirt­schafts­theo­rie, Band 2, Frank­furt am Main 1979, S. 610f

5 Vgl. Man­del 1974, S. 149ff

6 Vgl. Man­del 1974, S. 60

7 Vgl. Mar­co Revel­li: Vom „For­dis­mus“ zum „Toyo­tis­mus“, Sup­ple­ment der Zeit­schrift Sozia­lis­mus 4/97, S. 3ff, Joa­chim Hirsch/​Roland Roth: Das neue Gesicht des Kapi­ta­lis­mus, Ham­burg 1986, S. 50

8 Vgl. Man­del 1974, S. 166, Elmar Alt­va­ter / Kurt Hüb­ner / Micha­el Stan­ger: Alter­na­ti­ve Wirt­schafts­po­li­tik jen­seits des Keyne­sia­nis­mus. Wirt­schafts­po­li­ti­sche Optio­nen der Gewerk­schaf­ten in West­eu­ro­pa, Opla­den 1983, S. 37ff

9 Vgl. Revel­li 1997, S. 3, Michel Huss­on: Der Kapi­ta­lis­mus nach der „neu­en Öko­no­mie“, in: Chris­ti­an Zel­ler (Hrsg.): Die glo­ba­le Ent­eig­nungs­öko­no­mie, Müns­ter 2004, S. 149

10 Vgl. Man­del 1974, S. 233

11 Vgl. Man­del 1974, S. 238

12 Vgl. Man­del 1974, S. 176, 179f

13 Vgl. Karl Marx: Resul­ta­te des unmit­tel­ba­ren Pro­duk­ti­ons­pro­zes­ses, Ber­lin 1988, S. 146 – 147

14 Vgl. Man­del 1974, S. 181ff

15 Vgl. Man­del 1974, S. 472

16 Vgl. Man­del 1974, S. 472

17 Misch­kon­zer­ne mit Betrie­ben aus ganz unter­schied­li­chen, nicht zusam­men­hän­gen­den Bran­chen kamen zwar auch vor, aber sie waren weni­ger häufig.

18 Vgl. Man­del 1974, S. 295ff

19 Vgl. Revel­li 1997, S. 9

20 Vgl. Hirsch/​Roth 1986, S. 51, Man­del 1974, S. 346

21 Vgl. Eric Hobs­bawm: Das Zeit­al­ter der Extre­me, München/​Wien 1995, S. 333

22 Vgl. Hirsch/​Roth 1986, S. 67

23 Vgl. Hirsch/​Roth 1986, S. 56, Man­del 1974, S. 358

24 Vgl. Hobs­bawm 1995, S. 372ff

25 Vgl. Man­del 1974, S. 351

26 Vgl. Man­del 1972, S. 352

27 Vgl. Man­del 1974, S. 371, Hirsch/​Roth 1986, S. 59

28 Vgl. Altvater/​Hübner/​Stanger 1983, S. 31

29 Vgl. Altvater/​Hübner/​Stanger 1983, S. 29ff

30 Vgl. Elmar Alt­va­ter: Die Welt­wäh­rungs­kri­se, Frank­furt am Main 1969, S. 60f.

31 Vgl. Man­del 1974, S. 423

32 Vgl. Huss­on 2004, S. 149

33 Vgl. David Har­vey: Eine klei­ne Geschich­te des Neo­li­be­ra­lis­mus, Zürich 2007, S. 20f

34 Vgl. Jörg Huff­schmid: Poli­ti­sche Öko­no­mie der Finanz­märk­te, Ham­burg 2002, S. 110

35 Vgl. für Zen­tral­ame­ri­ka Die­ter Boris: Dimen­sio­nen des gegen­wär­ti­gen Kri­sen­pro­zes­ses in Latein­ame­ri­ka, in: Die­ter Boris / Rena­te Rausch: Zen­tral­ame­ri­ka, Köln 1983, S. 41f

36 Vgl. Man­del 1974, S. 341

37 Vgl. Ulrich Men­zel: In der Nach­fol­ge Euro­pas, Mün­chen 1985, S. 46ff

38 Vgl. Robert Bren­ner: Boom & Bubble, Ham­burg 2003, S. 60 und 66

39 Vgl. Altvater/​Hübner/​Stanger 1983, S. 69, Hirsch/​Roth 1986, S. 85ff

40 Vgl. Robert Kurz: Welt­ord­nungs­krieg, Bad Hon­nef 2003, S. 31

41 Vgl. Sahra Wagen­knecht: Anti­so­zia­lis­ti­sche Stra­te­gien im Zeit­al­ter der Sys­tem­aus­ein­an­der­set­zung, Bonn 1995, S. 12ff

42 Vgl. David Har­vey: Der neue Impe­ria­lis­mus, Ham­burg 2005, S. 54ff

43 Vgl. Har­vey 2005, S. 57f

44 Im MfS nann­te man das Kontakttätigkeit/​Kontaktpolitik. Vgl. Rein­hard Grim­mer und Wer­ner Irm­ler: Haupt­auf­ga­ben und Metho­den der Abwehr, in: Rein­hard Grim­mer, Wer­ner Irm­ler, Wil­li Opitz, Wolf­gang Schwa­nitz (Hrsg.): Die Sicher­heit, Band 1, Ber­lin 2002, S. 254, Hen­ry Nit­sch­ke: Die Spio­na­ge­ab­wehr der DDR II, Ber­lin 2019, S. 395ff, Ped: Der Test­fall Tian­an­men-Platz, 21.02.2019, im Inter­net: https://​peds​-ansich​ten​.de/​2​0​1​9​/​0​2​/​t​i​a​n​a​n​m​e​n​-​m​a​s​s​a​k​e​r​-​1​9​89/, abge­ru­fen am 13.10.2022

45 Vgl. Har­vey 2005, S. 54ff, Frank Dep­pe: Der neue Impe­ria­lis­mus, Heil­bronn 2004, S. 37ff

46 Leo Panitch und Sam Gindin: Glo­bal Capi­ta­lism and Ame­ri­can Empire, 2004, im Inter­net: http://​www​.nodo50​.org/​c​u​b​a​s​i​g​l​o​X​X​I​/​c​o​n​g​r​e​s​o​0​4​/​p​a​n​i​t​c​h​_​0​6​0​4​0​4​.​pdf, abge­ru­fen am 13.10.2022, S. 32

47 Vgl. Kurz 2003, S. 37ff

48 Vgl. Man­del 1974, S. 308f

49 Vgl. Leo Trotz­ki: Die ver­ra­te­ne Revo­lu­ti­on, Essen 1990, S. 208ff, Pierre Frank: Geschich­te der Kom­mu­nis­ti­schen Inter­na­tio­na­le, Band 2, Frank­furt am Main 1981, S. 735

50 Vgl. Ernest Man­del: Fried­li­che Koexis­tenz und Welt­re­vo­lu­ti­on, ISP Theo­rie 1, Frank­furt am Main 1975, S. 11ff

51 Vgl. Hel­mut Wolf­gang Kahn: Der Kal­te Krieg, Band 1, Köln 1986, S. 51ff

52 Vgl. Gert Mey­er: Die Indus­trie­ge­sell­schaft der Gegen­wart: Die UdSSR als Bei­spiel einer sozia­lis­ti­schen Plan­wirt­schaft, in: Hel­mut Schnei­der (Hrsg.): Geschich­te der Arbeit, Frank­furt am Main, West­ber­lin, Wien 1983, S. 382ff

53 Vgl. Man­del 1975, S. 27ff

54 Berech­nun­gen nach: Die Län­der der Erde, Köln 1986

55 Vgl. Mey­er 1983, S. 382ff

57 Vgl. Horst Egon Syl­la: Die Land­streit­kräf­te der Natio­na­len Volks­ar­mee, in: Wolf­gang Wün­sche (Hrsg.): Rührt euch!, Ber­lin 1998, S. 182

58 Vgl. Michio Kaku / Dani­el Axel­rod: To Win a Nuclear War, Bos­ton 1987, S. 194

59 SOSUS = Sound Sur­veil­lan­ce System

60 Vgl. Kaku/​Axelrod 1987, S. 189ff

61 Aller­dings ohne Laser und Kernreaktor.

63 W.I. Lenin: Die gro­ße Initia­ti­ve, in: Lenin-Wer­ke, Band 29, Ber­lin 1984, S. 416

64 Vgl. Pierre Bour­dieu: Homo aca­de­mi­cus, Frank­furt am Main 1992

65 In Ost­eu­ro­pa war eine sol­che Revo­lu­ti­on nicht erfor­der­lich, weil die­se Län­der die reak­tio­nä­re Restau­ra­ti­ons­pe­ri­ode der Nach­kriegs­zeit nicht mit­ge­macht hatten.

66 Vgl. Ernest Man­del: Die Kri­se. Welt­wirt­schaft 1974 – 1986, Ham­burg 1987, S. 80

67 Vgl. Bren­ner 2003, S. 50f

68 Vgl. Altvater/​Hübner/​Stanger 1983, S. 62.

69 Vgl. Altvater/​Hübner/​Stanger 1983, S. 62 und 65

70 Vgl. Altvater/​Hübner/​Stanger 1983, S. 56ff

71 Vgl. Altvater/​Hübner/​Stanger 1983, S. 66

72 Vgl. Bren­ner 2003, S. 69

73 Vgl. Altvater/​Hübner/​Stanger 1983, S. 132

74 Vgl. Huss­on 2004, S. 150

75 Vgl. Ernest Man­del / Win­fried Wolf: Ende der Kri­se oder Kri­se ohne Ende, West­ber­lin 1977, S. 11f.

Bild: Der Bau von Hoch­haus­sied­lun­gen wie hier in Braun­schweig-West­stadt 1974 führ­te im Spät­ka­pi­ta­lis­mus zu einer wesent­li­chen Lin­de­rung der ende­mi­schen Wohnungsnot.

2 thoughts on “Impe­ria­lis­mus und Gre­at Reset: Der Spät­ka­pi­ta­lis­mus (Teil 3)

  1. Da fehlt ein Stück Text

    Nur weni­gen kapi­ta­lis­tisch ori­en­tier­ten Ent­wick­lungs­län­dern wie Süd­ko­rea und Tai­wan gelang in die­ser Zeit eine (???) erfolg­rei­che Vor­aus­set­zung waren jeweils weit rei­chen­de Agrar­re­for­men, die zu einer rela­tiv homo­ge­nen Ein­kom­mens­ver­tei­lung auf dem Land sowie einem zuneh­men­dem Lebens­stan­dard der Bau­ern­schaft führ­te und so die Schaf­fung eines inne­ren Mark­tes ermöglichte.

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