Was hat euer Kurs erreicht? Offe­ner Brief an die Anti-Freie-Linke-Linke

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Ein wei­te­rer Tag der Befrei­ung, an dem wir noch weni­ger frei sind als am letz­ten. Was fasst den erbärm­li­chen Zustand der deut­schen Lin­ken in die­sem Moment am bes­ten zusam­men? Das ist schwer zu sagen. Man könn­te auf den voll­stän­di­gen Zer­fall der Par­tei die Lin­ke und den bedroh­li­chen Auf­stieg der AfD im Osten ver­wei­sen. Oder auf das Ver­säum­nis, die bar­ba­ri­sche Kriegs­po­li­tik und die rück­sichts­lo­se Auf­rüs­tung einer von den Grü­nen und der SPD geführ­ten Koali­ti­on zu ver­hin­dern. Aber viel­leicht bringt man die Din­ge wirk­lich auf den Punkt, wenn man ein­fach die erstaun­li­che Tat­sa­che zur Kennt­nis nimmt, dass das zwei­te Jahr in Fol­ge die Flag­ge der Befrei­er am Tag der Befrei­ung vom Hit­ler­fa­schis­mus in Ber­lin nicht gehisst wer­den durf­te. Sogar nach die­sen Ent­wick­lun­gen – Nazi-Bewaff­nung in der Ukrai­ne, Ver­bot der Sowjet­flag­ge – ent­blö­den sich eini­ge Genos­sen immer noch damit, die müde alte For­de­rung, den 8. Mai zu einem Fei­er­tag zu machen an die­sen Staat zu stel­len. Genos­sin­nen und Genos­sen, ist euch wirk­lich nach fei­ern zumute?

War­um die­se Lin­ke geschei­tert ist, wur­de uns auch wie­der klar, als ein Genos­se der Frei­en Lin­ken Zukunft (FLZ) auf der 8. Mai-Ver­an­stal­tung in Frank­furt von drei Mit­glie­dern der Ver­ei­ni­gung der Ver­folg­ten des Nazi­re­gimes – Bund der Anti­fa­schis­tin­nen und Anti­fa­schis­ten (VVN-BdA) als rechts ver­leum­det und als uner­wünscht bezeich­net wur­de. Nur eine Woche zuvor hat­ten soge­nann­te revo­lu­tio­nä­re Lin­ke in der glei­chen Stadt zuge­se­hen, wie Mit­glie­der der Kom­mu­nis­ti­schen Orga­ni­sa­ti­on (KO) wegen unzu­rei­chen­der Rus­so­pho­bie schi­ka­niert wur­den. In einem Land, in dem die Par­tei die Lin­ke trotz des sich ver­schlech­tern­den Lebens­stan­dards und der Ent­frem­dung der Bevöl­ke­rung von den eta­blier­ten Par­tei­en in den Umfra­gen immer sel­te­ner über fünf Pro­zent kommt, kann man kaum glau­ben, dass es selbst­er­nann­te Lin­ke gibt, die anschei­nend haupt­säch­lich damit beschäf­tigt sind, beken­nen­de lin­ke Anti­fa­schis­ten von ihren Demons­tra­tio­nen fernzuhalten.

War­um genau? Nun, natür­lich, weil wir eigent­lich rechts sei­en, erklä­ren sie. Wie stel­len sie das fest? Anders als beim letz­ten Mal waren die aus­schlie­ßen­den VVN-BdA­ler bereit sich zumin­dest auf eine Dis­kus­si­on ein­zu­las­sen. Die Ergeb­nis­se waren jedoch in gewis­ser Wei­se tra­gi­scher, denn es wur­de deut­lich, dass sich ihre Ana­ly­se sowohl der so genann­ten Pan­de­mie als auch des Pro­tests als Reak­ti­on dar­auf in drei Jah­ren weder wei­ter­ent­wi­ckelt noch ver­bes­sert hat. Das glei­che, düs­te­re Bild der Kri­se, das von den Ope­ra­ti­ons­bri­ga­den der psy­cho­lo­gi­schen Kriegs­füh­rung der herr­schen­den Klas­se erzeugt und ver­brei­tet wur­de, ist nach wie vor in vol­lem Umfang wirk­sam, schein­bar immun gegen jeden Wider­spruch durch die empi­ri­sche Rea­li­tät. Wir möch­ten also kurz die Anschul­di­gun­gen gegen uns durch­ge­hen, so schal sie auch sein mögen. Wir möch­ten die grund­le­gen­den, unter­schied­li­chen Posi­tio­nen, die wir in Bezug auf die angeb­li­che Pan­de­mie und die Pro­test­be­we­gung ein­ge­nom­men haben, ver­glei­chen und gegen­über­stel­len. Wir sind der fes­ten Über­zeu­gung, dass uns, wie König Lear, mehr Sün­de schlug, als dass wir sündigten.

Wir wol­len uns hier nicht nur recht­fer­ti­gen, son­dern auch ver­su­chen, die Anti-Freie-Lin­ke-Lin­ke ein­mal mehr zum nach­den­ken und zur kri­ti­schen Prü­fung anzu­re­gen. Denn sie führt uns alle trotz ihrer bes­ten Absich­ten auf den Weg in Unfrei­heit und Ver­skla­vung. Dabei wen­den wir die­sel­ben Prin­zi­pi­en an, die uns dazu gebracht haben, im Kampf gegen die Coro­na-Maß­nah­men so unter­schied­li­che Bünd­nis­se zu schlie­ßen. Dabei han­delt es sich um die­sel­ben Prin­zi­pi­en, die auch ein Jahr­hun­dert zuvor die Poli­tik der Volks­front bestimm­ten. Wie wir in unse­rem letz­ten Flug­blatt »Auf, auf zum Kampf, denn der Faschis­mus ist zurück!« betont haben, könn­te die Lage erns­ter kaum sein. Der Faschis­mus ist zurück. Er ist bereits da. Und zumin­dest ein Teil der Ver­ant­wor­tung dafür liegt bei den Kräf­ten der ver­meint­lich anti­fa­schis­ti­schen Lin­ken, die ihrer his­to­ri­schen Pflicht nicht nach­ge­kom­men sind. Wir sind nach wie vor davon über­zeugt, dass es unter euch vie­le auf­rich­ti­ge Men­schen gibt, die von der aus­ge­klü­gel­ten Pro­pa­gan­da der herr­schen­den Klas­se ver­wirrt wor­den sind. So wie es in der Coro­na-Pro­test­be­we­gung vie­le Men­schen mit ver­wirr­ten »rech­ten« Ansich­ten gibt. Wir müs­sen ver­su­chen auf sie zuzu­ge­hen, wir kön­nen gar nicht anders, denn schließ­lich wer­den die Ehr­li­chen unter euch ver­ste­hen und mit uns und nicht gegen uns kämp­fen – wir hof­fen nur, dass die­ser Zeit­punkt kommt, bevor es zu spät ist.

Wir begin­nen damit, euch zu fra­gen, sogar in eurer eige­nen Spra­che, wie erfolg­reich euer Vor­ge­hen gegen die so genann­te Pan­de­mie war? Was habt ihr inmit­ten die­ser epo­cha­len Kri­se erreicht, indem ihr einen so gro­ßen Teil Ihrer Ener­gie gegen die Geg­ner der Regie­rung gerich­tet habt? Ver­mut­lich wer­det ihr zumin­dest ein­räu­men, dass es euch nicht gelun­gen ist, die Regie­rung zu einer soli­da­ri­schen Reak­ti­on zu bewe­gen, weder innen­po­li­tisch noch inter­na­tio­nal. Ihr wart nicht in der Lage, den extre­men natio­na­len Chau­vi­nis­mus zu bekämp­fen, den die Regie­rung sowohl bei den Rei­se­be­schrän­kun­gen als auch bei der Ver­tei­lung von Impf­stof­fen (oder ande­ren medi­zi­ni­schen Mit­teln) an den Tag leg­te. Ihr haben es nicht ein­mal geschafft, einen sinn­vol­len bevor­zug­ten Schutz für die beson­ders Schutz­be­dürf­ti­gen durch­zu­set­zen – geschwei­ge denn irgend­et­was, das an »Zero­Co­vid« her­an­reicht. Behaup­tet, neben­bei bemerkt, eigent­lich noch irgend­je­mand, dass dies der wün­schens­wer­te Ansatz war? Und könnt ihr irgend­wel­che aus­sa­ge­kräf­ti­gen Erfolgs­bei­spie­le nen­nen, ins­be­son­de­re sol­che, die auf den deut­schen Kon­text über­trag­bar wären? Natür­lich haben Deutsch­land und die meis­ten ande­ren Län­der mit einer aggres­siv inter­ven­tio­nis­ti­schen Poli­tik Schwe­den in Bezug auf die Über­sterb­lich­keit dra­ma­tisch über­trof­fen, bevor die angeb­li­che Pan­de­mie auch nur die Hälf­te ihres Aus­ma­ßes erreicht hat­te. Eins­ti­ge Vor­zei­ge­län­der wie Aus­tra­li­en und Neu­see­land haben seit ihren Impf­kam­pa­gnen him­mel­ho­he Raten an Über­sterb­lich­keit zu ver­zeich­nen. Selbst Chi­na hält nicht mehr an Zero­Co­vid fest.

Von Anfang an haben wir davor gewarnt, dass ein Zero­Co­vid-Ansatz, selbst wenn man ihn unter idea­len Umstän­den – zum Bei­spiel in einer sozia­lis­ti­schen Regie­rung, über die die Bevöl­ke­rung eine ech­te, star­ke demo­kra­ti­sche Kon­trol­le aus­übt – für opti­mal und lebens­fä­hig hält, mit der gesam­ten Struk­tur und Orga­ni­sa­ti­on der impe­ria­lis­ti­schen kapi­ta­lis­ti­schen Volks­wirt­schaf­ten offen­kun­dig unver­ein­bar ist. Und wir haben euch gebe­ten, die prak­ti­schen Kon­se­quen­zen zu beden­ken, wie die uto­pi­sche For­de­rung nach Zero­Co­vid in unse­ren kon­kre­ten poli­ti­schen Ver­hält­nis­sen tat­säch­lich umge­setzt wer­den wür­de. Jetzt, wo sich der Staub etwas gelegt hat und die berau­schen­den Zei­ten des schein­bar nicht enden wol­len­den Stay-at-Home-Schnee­frei-Tags vor­bei sind, habt ihr nüch­tern dar­über nach­ge­dacht, was ihr mit sol­chen Auf­ru­fen in der rea­len, klas­sen­be­stimm­ten Welt, in der wir leben, mög­li­cher­wei­se erhofft haben könn­tet? Wir müs­sen ver­mu­ten, dass die apo­ka­lyp­ti­sche Eksta­se des Coro­na-Spek­ta­kels eine gefähr­li­che Ten­denz auf­greift, die in der Lin­ken der impe­ria­lis­ti­schen Kern­län­der bereits fest ver­an­kert ist: die Auf­ga­be einer auf Klas­sen­kampf basie­ren­den Ana­ly­se zuguns­ten eines mil­lena­ri­schen Glau­bens, dass irgend­ei­ne Kraft außer­halb des Kapi­ta­lis­mus uns irgend­wie ret­ten wird. Die­se Denk­struk­tur hat­te sich in der Haupt­strö­mung der Kli­ma­be­we­gung durch­ge­setzt und brauch­te nur gering­fü­gi­ge Ände­run­gen, um auf den Gesund­heits­not­stand ange­wandt zu wer­den. Hin­ter die­sen uto­pi­schen Phan­ta­sien ver­birgt sich der unheil­vol­le (proto-)faschistische Glau­be an die Soli­da­ri­tät, die dadurch erreicht wird, dass sich die »Gemein­schaft« gegen einen äuße­ren Feind zusam­men­schließt. Ech­te Soli­da­ri­tät kann natür­lich nur durch einen prin­zi­pi­en­fes­ten, kla­ren, inter­na­tio­na­lis­ti­schen Klas­sen­kampf ent­ste­hen, der auf den kon­kre­ten gemein­sa­men Inter­es­sen der unter­drück­ten Mas­sen beruht – und nicht durch Klas­sen­kol­la­bo­ra­ti­on mit den Unter­drü­ckern gegen den von ihnen erfun­de­nen Buhmann!

In der rea­len Welt, in der wir leben, dien­te Zero­Co­vid also vor allem dazu, eine noch nie dage­we­se­ne Macht­kon­zen­tra­ti­on in den Hän­den der höchs­ten Ebe­nen der herr­schen­den Klas­se zu recht­fer­ti­gen und vor kri­ti­scher Ana­ly­se abzu­schir­men. Wir spre­chen also von einer Dyna­mik, die struk­tu­rell dafür sorgt, dass es ins­ge­samt weni­ger Soli­da­ri­tät, weni­ger Gleich­ma­che­rei und weni­ger güns­ti­ge Bedin­gun­gen gibt, um den Klas­sen­kampf bei der Ver­fol­gung unse­rer gemein­sa­men Inter­es­sen wei­ter­zu­füh­ren. Vie­le haben in die­sem Zusam­men­hang eine fast schon comic­haf­te mecha­ni­sche Ana­ly­se des Kapi­ta­lis­mus über­nom­men. Eine, die auf einem Ver­ständ­nis der Kapi­ta­lis­ten als so etwas wie vor­pro­gram­mier­ter Video­spiel­cha­rak­te­re oder Algo­rith­men beruht, die nur durch »legi­ti­mes« kapi­ta­lis­ti­sches Wirt­schaf­ten akku­mu­lie­ren kön­nen. Was für eine absur­de Flucht vor der Geschich­te, was für eine abs­trak­te, idea­lis­ti­sche Ver­blen­dung. Natür­lich haben kon­kre­te Kapi­ta­lis­ten kei­ne tie­fe ideo­lo­gi­sche Hin­ga­be an den Kapi­ta­lis­mus oder die Märk­te an sich, son­dern nur an ihre eige­nen Klas­sen­in­ter­es­sen, in wel­cher Form auch immer sie vor­an­ge­trie­ben wer­den mögen. Kon­kre­te Kapi­ta­lis­ten haben in der Ver­gan­gen­heit eif­rig Mög­lich­kei­ten zur Akku­mu­la­ti­on und Macht­aus­übung ergrif­fen, die sta­bi­ler und weni­ger ris­kant als der Kapi­ta­lis­mus waren: Feu­da­lis­mus, Skla­ve­rei, regel­rech­te Plün­de­rung. Sie tun alles, womit sie durch­kom­men und das wer­den sie immer tun. Genau wie wir es vor­aus­ge­sagt haben, hat die angeb­lich anti­ka­pi­ta­lis­ti­sche, wirt­schafts­zer­stö­ren­de Poli­tik, die unter dem Vor­wand »Lock­down« umge­setzt wur­de, in Wirk­lich­keit mas­siv dazu bei­getra­gen, die schäd­lichs­ten mono­po­lis­ti­schen Ten­den­zen des spät­im­pe­ria­lis­ti­schen Kapi­ta­lis­mus zu beschleu­ni­gen. Die aggres­sivs­ten, reak­tio­närs­ten Ele­men­te des Finanz­ka­pi­tals haben ihren Reich­tum und ihre Macht mas­siv aus­ge­baut und gefes­tigt. Klei­ne­re, schwä­che­re Kapi­ta­le wur­den auf­ge­fres­sen. Die unte­ren Schich­ten der Bour­geoi­sie sowie die Mit­tel­schich­ten im All­ge­mei­nen wur­den erheb­lich ver­armt. Je genau­er man die jüngs­ten angeb­li­chen »Kata­stro­phen« für den Kapi­ta­lis­mus, die uns durch das Spek­ta­kel ver­mit­telt wer­den, unter die Lupe nimmt, des­to mehr stellt man fest, dass die obers­ten Rän­ge der herr­schen­den Klas­se weder Macht noch Reich­tum ver­lo­ren haben. Man sieht statt­des­sen, dass die glo­ba­le Mit­tel­schicht in einem finan­zi­el­len Blitz­krieg sys­te­ma­tisch aus­ge­plün­dert wird.

Die herr­schen­de Klas­se liebt nichts mehr als den Putsch durch die Revo­lu­ti­on zu erset­zen, die Fas­ces durch Ham­mer und Sichel, das Pogrom durch den Klas­sen­kampf. Sie ver­su­chen dabei die­ses mas­si­ve Pro­gramm des Dieb­stahls und der Macht­kon­so­li­die­rung aus­ge­rech­net als Nie­der­la­ge für eine aus einem Comic­heft her­ge­nom­me­ne Kari­ka­tur von »Kapi­ta­lis­mus« zu ver­kau­fen. Man den­ke an die klei­nen wäh­rend der »Lock­downs« ver­schlun­gen Kapi­ta­li­en. Klei­nen und mitt­le­ren Betrie­be, die jene mit Ach und Krach über­stan­den, droht nun die Erdross­lung mit­tels absur­der Kli­ma- und Sank­ti­ons­po­li­tik. Man den­ke an das Schick­sal der nie­der­län­di­schen Bau­ern. Aber auch an die aktu­el­len Beschlag­nah­mun­gen von Jach­ten und ande­ren Ver­mö­gens­wer­ten von »rus­si­schen Olig­ar­chen«. Hier sind ansatz­wei­se Par­al­le­len zu frü­he­ren »außer­ka­pi­ta­lis­ti­schen« Raub­zü­gen der herr­schen­den kapi­ta­lis­ti­schen Klas­sen in der Geschich­te wie der »Ari­sie­rung« des jüdi­schen Reich­tums durch die Nazis oder die Plün­de­rung der DDR zu ver­zeich­nen. Ganz gewiss aber sind Par­al­le­len zu denen, die sol­che Manö­ver als anti­ka­pi­ta­lis­tisch oder sozia­lis­tisch fei­ern! Denn viel­leicht weiß jemand unter euch noch, dass ein typi­sches Manö­ver des Faschis­mus in dem Ver­such bestand, die ech­ten revo­lu­tio­nä­ren Gefüh­le der Men­schen koop­tie­rend auf­zu­grei­fen, indem er sei­ne eige­nen außer­ka­pi­ta­lis­ti­schen Angrif­fe, wie die direk­te Akku­mu­la­ti­on durch Ent­eig­nung, miss­brau­chend und mani­pu­lie­rend als »anti­ka­pi­ta­lis­tisch« aus­gab. Natür­lich plün­der­ten die Faschis­ten den jüdi­schen Reich­tum, weil sie ihn schlicht­weg woll­ten. Gleich­wohl ver­such­ten sie auch die Juden als Sün­den­bock für den abs­trak­ten Kapi­ta­lis­mus hin­zu­stel­len und so die Ari­sie­rung (und ande­re Din­ge wie Angrif­fe auf jüdi­sche Unter­neh­men) als »anti­ka­pi­ta­lis­tisch« zu ver­kau­fen. Genau­so ist die herr­schen­de Klas­se heu­te dabei, eine Orgie der Aus­plün­de­rung an allen außer den obers­ten Krei­sen durch­zu­füh­ren. Auch sie ver­su­chen ihren Raub­zug der Bevöl­ke­rung stän­dig als anti­ka­pi­ta­lis­tisch zu verkaufen.

Hat die Anti-Freie-Lin­ke-Lin­ke, indem sie den aggres­sivs­ten, domi­nan­tes­ten Tei­len der herr­schen­den Klas­se Deckung bei der Demon­ta­ge und Absorp­ti­on klei­ne­rer, schwä­che­rer Tei­le gab, irgend­ei­nen Hebel für sich selbst oder für die arbei­ten­den Mas­sen, für die sie zu kämp­fen vor­gibt, gewon­nen? Hat eure Poli­tik es euch ermög­licht, zumin­dest eine gewis­se Ver­tei­lung die­ser inner­ka­pi­ta­lis­ti­schen Aus­beu­tung zu erzwin­gen? Nein, natür­lich nicht. In der Tat wird die gesam­te Last der künst­li­chen Kri­se den Mas­sen auf­er­legt. Die deut­sche Bevöl­ke­rung erlebt die größ­te Sen­kung des rea­len Lebens­stan­dards in der Geschich­te, wäh­rend die herr­schen­de Klas­se die Dreis­tig­keit besitzt 100 Mil­li­ar­den Euro in die Auf­rüs­tung des Staats­ap­pa­rats zu ste­cken, der gera­de drei Jah­re lang sei­ne eige­ne Bevöl­ke­rung uner­bitt­lich über­wacht, schi­ka­niert und unter­drückt hat, oft mit still­schwei­gen­der oder sogar offe­ner Bil­li­gung eben die­ser ver­meint­li­chen Lin­ken. Anstatt die Bevöl­ke­rung auf die Rück­erobe­rung unse­res eige­nen kol­lek­ti­ven Reich­tums und des mate­ri­el­len Über­flus­ses aus­zu­rich­ten, den wir alle genie­ßen könn­ten, wenn wir befreit wären und die Kon­trol­le über die Pro­duk­ti­ons­mit­tel hät­ten, sind vie­le tat­säch­lich eher damit beschäf­tigt, noch aggres­si­ve­re Posi­tio­nen gegen den Lebens­stan­dard der Bevöl­ke­rung ein­zu­neh­men als die Herr­schen­den selbst. Die eigent­li­chen Plün­de­rer der Erde blei­ben unan­ge­tas­tet, wäh­rend die Mas­sen jedes Anscheins von Wohl­be­fin­den oder Frei­hei­ten beraubt wer­den müs­sen, um sie zu »ret­ten«. Die­se Absur­di­tät könn­te nicht bes­ser auf den Punkt gebracht wer­den als durch die gleich­zei­ti­ge Befür­wor­tung eines impe­ria­lis­ti­schen Krie­ges im Osten und eines Wirt­schafts­krie­ges gegen die Bevöl­ke­rung im eige­nen Land durch die Grü­nen. Kann es etwas geben, das ein­deu­tig umwelt­zer­stö­re­ri­scher ist als die impe­ria­lis­ti­sche Kriegs­ma­schi­ne­rie selbst? Gibt es über­haupt eine »grü­ne« Par­tei, die die­sen Namen ver­dient, deren obers­te Prio­ri­tät nicht die Zer­schla­gung die­ser Todes­ma­schi­ne ist, weit vor allen anderen?

In der Tat offen­bart viel­leicht nichts die grund­le­gen­de Unehr­lich­keit der angeb­li­chen prin­zi­pi­el­len Distan­zie­rung der Anti-Freie-Lin­ke-Lin­ke von uns – angeb­lich Rech­ten – als die Wei­ge­rung, kei­ne sol­che Abgren­zung gegen­über den Anhän­gern der nun objek­tiv faschis­to­iden Par­la­ments­par­tei­en zu zie­hen. Der Kon­takt mit jeman­dem, der mit jeman­dem mar­schiert ist, der ein­mal bei einer rech­ten Demons­tra­ti­on dabei war, reicht aus, um uns für unrett­bar »rechts­of­fen« zu erklä­ren. Mit der Ampel-Koali­ti­on, die in Wirk­lich­keit aktiv den deut­schen Impe­ria­lis­mus auf­rüs­tet und Neo­na­zis in der Ukrai­ne mate­ri­ell unter­stützt, die Sym­bo­le der anti­fa­schis­ti­schen Befrei­ung ver­bie­tet, die das anti­se­mi­ti­sche Nazi-Pro­pa­gan­da-Nar­ra­tiv des »Holo­mo­dor« als offi­zi­el­le, staat­lich erzwun­ge­ne Wahr­heit fest­schreibt – nun, mit denen kann man anschei­nend gewis­se Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten haben. In der Tat ist es nicht nur erlaubt, mit ihnen zu mar­schie­ren, sich mit ihnen zu orga­ni­sie­ren und für sie zu stim­men. Es wird als völ­lig akzep­ta­bel erach­tet, dass der neu gewähl­te Frank­fur­ter Ober­bür­ger­meis­ter die­ser SPD, die ja die­se Koali­ti­on im Bund anführt, dass der die Haupt­re­de auf der 1. Mai-Demons­tra­ti­on hält.

Womit wir beim viel­leicht auf­fäl­ligs­ten Miss­erfolg eures Kur­ses ange­langt sind: bei eurem Ver­hält­nis zur Pro­test­be­we­gung gegen die Coro­na-Maß­nah­men selbst. Unab­hän­gig davon, wie man die wah­re Natur der Kri­se beur­teilt, kön­nen wir uns hof­fent­lich auf eini­ge unbe­streit­ba­re Fak­ten eini­gen. Die ers­te ist, dass die Reak­ti­on der bür­ger­li­chen Regie­run­gen auf Kri­sen nie­mals von Wohl­wol­len gelei­tet ist. Man könn­te argu­men­tie­ren, dass sie durch die Not­wen­dig­keit, das Sys­tem auf­recht­zu­er­hal­ten, das »Rich­ti­ge« zu tun, ange­trie­ben wer­den, um den kon­ti­nu­ier­li­chen Fluss des Pro­fits zu gewähr­leis­ten; sie könn­ten durch die Erwar­tun­gen der Bevöl­ke­rung, die Not­wen­dig­keit, wie­der­ge­wählt zu wer­den und so wei­ter, gezwun­gen sein; viel­leicht müs­sen sie auch ein­fach nur die Bevöl­ke­rung zumin­dest teil­wei­se ret­ten, wenn dies die ein­zi­ge Mög­lich­keit ist, auch sich selbst zu ret­ten. Schön und gut. Aber wir sind uns sicher alle einig, dass von den bür­ger­li­chen Regie­run­gen nicht mehr zu erwar­ten ist und dass sie eine Kri­se zynisch aus­nut­zen kön­nen, um ihre eige­nen Klas­sen­in­ter­es­sen gegen die der arbei­ten­den Mas­sen durch­zu­set­zen, was sie auch tun wer­den. Und wir wis­sen, dass der Zynis­mus der herr­schen­den Klas­se ein­fach nicht unter­schätzt wer­den darf frei nach dem Mot­to: »Eine gute Kri­se darf man sich nicht ent­ge­hen lassen«.

Wir müs­sen also damit rech­nen, dass die herr­schen­de Klas­se eine Kri­se – sei sie nun real oder künst­lich her­bei­ge­führt – so weit miss­brau­chen wird, wie sie nur kann. Jede herr­schen­de Klas­se in der Geschich­te hat nichts mehr geliebt als einen Aus­nah­me­zu­stand, um sich von demo­kra­ti­schen oder volks­na­hen Zwän­gen zu befrei­en. Sofern es sich um eine rea­le Kri­se han­delt, müs­sen wir davon aus­ge­hen, dass die herr­schen­de Klas­se nur dann ver­su­chen wird, sie zu besei­ti­gen, wenn dies ihren eige­nen Inter­es­sen dient. Jede Maß­nah­me, die über ihre eige­nen Inter­es­sen hin­aus­geht oder aus­nahms­los gegen ihre und unse­re Inter­es­sen gerich­tet ist, muss durch poli­ti­schen Kampf erzwun­gen wer­den. Die ein­zig rich­ti­ge lin­ke Ant­wort auf eine Kri­se muss also die Mobi­li­sie­rung der Bevöl­ke­rung sein, nicht ihre Entmachtung.

Die Anti-Freie-Lin­ke-Lin­ke hat nicht nur die Mobi­li­sie­rung der Bevöl­ke­rung ver­säumt, son­dern die Regie­rung aktiv bei der Demo­bi­li­sie­rung durch Haus­ar­rest und Aus­gangs­sper­re unter­stützt. Skla­visch hat sie die lächer­lichs­ten den Pro­test ein­schrän­ken­den Dik­ta­te des Staa­tes akzep­tiert, selbst wenn die­se nach der phan­tas­ti­schen und sur­rea­len Logik der angeb­li­chen Covid-Patho­ge­ne­se kaum einer Prü­fung stand­hiel­ten. Ihr habt ande­re ande­re dazu gedrängt, der Regie­rung zu gehor­chen. Mehr noch: vie­le von euch dräng­ten die Regie­rung dazu, noch här­ter gegen Wider­stand vor­zu­ge­hen. Das Skan­da­lö­ses­te aber dabei ist, dass sich eini­ge von euch sogar frei­wil­lig bereit erklär­ten, als Stoß­trupps der Regie­rung zu die­nen und die Pro­tes­tie­ren­den zu stö­ren, zu behin­dern, zu beläs­ti­gen und anzu­grei­fen. Und was habt ihr damit erreicht? Haben ihr dazu bei­getra­gen, das Wie­der­erstar­ken der radi­ka­len Rech­ten in Deutsch­land zu ver­hin­dern? Mit­nich­ten, genau das Gegen­teil habt ihr erreicht. Eine noch nie dage­we­se­ne Anzahl von Men­schen, vie­le, wenn nicht sogar die meis­ten, aus der unte­ren Mit­tel­schicht- und Arbei­ter­klas­se, began­nen zum ers­ten Mal wirk­lich radi­kal die Legi­ti­mi­tät nicht nur der der­zei­ti­gen Regie­rung, son­dern des Kapi­ta­lis­mus und der par­la­men­ta­ri­schen Demo­kra­tie selbst in Fra­ge zu stel­len. Habt ihr euch auf sie ein­ge­las­sen, habt ihr ihnen gehol­fen die Hemm­nis­se ihrer bis­he­ri­gen Indok­tri­na­ti­on zu über­win­den, habt ihr kon­struk­ti­ve Kri­tik geübt, sie erzo­gen und auf­ge­klärt? Nein, ihr habt sie alle mit einem Schlag zu Rech­ten erklärt – in der viel­leicht gro­tes­kes­ten Tra­gö­die der Selbst­be­stä­ti­gung, die es je gege­ben hat. Denn was habt ihr mit all dem erreicht, durch eure objek­ti­ve Aus­rich­tung auf die Regie­rung und die Vor­hut der herr­schen­den Klas­se, der sie dient; durch eure hys­te­ri­sche, toll­wü­ti­ge Ableh­nung jeg­li­chen kri­ti­schen Den­kens gegen­über der offi­zi­el­len Dar­stel­lung; durch euren Ver­rat an grund­le­gen­den lin­ken Prin­zi­pi­en? Ihr habt erreicht, dass unzäh­li­ge poten­zi­el­le Ver­bün­de­te in die Hän­de der schlimms­ten rech­ten Dem­ago­gen getrie­ben wur­den. Ihr habt die rei­ße­rischs­ten, oft anti­se­mi­ti­schen Phan­ta­sien der Rech­ten über eine Ver­schwö­rung der »radi­ka­len Lin­ken« und der »inter­na­tio­na­len Finanz­welt« gegen die Bevöl­ke­rung befeu­ert. Ihr habt die Arbeit der­je­ni­gen von uns, die den Faschis­mus, wie er sich heu­te wirk­lich und kon­kret mani­fes­tiert, bekämp­fen wol­len, unge­mein erschwert. Die unter­schied­li­chen Ent­wick­lun­gen der Par­tei die Lin­ke und der AfD sind dafür ein deut­li­ches Zeichen.

Wir soll­ten auch kurz direkt über das The­ma Faschis­mus spre­chen. Zunächst soll­ten wir die viel­leicht absur­des­te und selbst­zer­stö­re­ri­sche Behaup­tung der Anti-Freie-Lin­ke-Lin­ke anspre­chen: dass jeder, der irgend­ei­nen Aspekt der Coro­na-Maß­nah­men mit irgend­ei­nem Aspekt des his­to­ri­schen Faschis­mus ver­gli­chen hat, letz­te­ren nur rela­ti­vie­ren und her­ab­set­zen konn­te, mit dem Ziel, ihn letzt­lich zurück­zu­brin­gen. Natür­lich wird ein sol­cher Schach­zug von der Rech­ten durch­ge­führt – häu­fig und mit zuneh­men­der Ver­lo­gen­heit. Er wird jetzt sogar von der Bun­des­re­gie­rung selbst durch­ge­führt, indem sie den so genann­ten »Holo­mo­dor« zum Völ­ker­mord erklärt und die beson­de­re Bedeu­tung des Vor­wurfs der Volks­ver­het­zung unter­gräbt. Was an der Inter­pre­ta­ti­on (und der anschlie­ßen­den Ver­leum­dung) der Coro­na-Pro­test­be­we­gung so zutiefst unauf­rich­tig war, war die Tat­sa­che, dass so vie­le von euch ein­fach davon aus­gin­gen (zwei­fel­los auf Ver­an­las­sung staat­li­cher Geheim­dienst­agen­ten), dass alle Ver­glei­che, die im Zusam­men­hang mit den Coro­na-Pro­tes­ten ange­stellt wur­den, von die­ser rela­ti­vie­ren­den, her­ab­set­zen­den Art gewe­sen sein müs­sen. Denn ihr hat­tet die Pro­tes­te bereits als rechts und faschis­tisch aus­ge­ge­ben, also konn­ten die Ver­glei­che es ja nur so mei­nen. Und der Beweis, dass sie rechts und faschis­tisch waren? Dass sie sich eben einer sol­chen Rela­ti­vie­rung schul­dig gemacht haben. Das ver­steht sich doch von selbst!

Wenn ihr jemals ver­sucht hät­tet, euch nur kurz mit den Teil­neh­mern der Pro­tes­te zu unter­hal­ten, hät­tet ihr fest­ge­stellt, dass die Men­schen auf den Demons­tra­tio­nen gegen die Coro­na-Poli­tik, wenn sie Ver­glei­che mit dem Faschis­mus oder dem Natio­nal­so­zia­lis­mus anstell­ten, dies genau des­halb taten, weil sie als Anti­fa­schis­ten und Anti­na­zis die­se als Bezugs­punk­te für das abso­lut Böse ansa­hen, von einer klei­nen Hand­voll Pro­vo­ka­teu­re abge­se­hen. Sie – und vie­le von uns – fühl­ten und füh­len, dass die der­zei­ti­ge herr­schen­de Klas­se – die in vie­ler­lei Hin­sicht eine unge­bro­che­ne Kon­ti­nui­tät mit den­je­ni­gen auf­weist, die den Faschis­mus durch­ge­führt haben – dar­auf aus ist, erneut so abscheu­li­che, unvor­stell­ba­re und gro­tes­ke Ver­bre­chen zu bege­hen wie jene mons­trö­sen Ver­bre­chen, die vor weni­ger als einem Jahr­hun­dert began­gen wur­den. Ihr mögt den­ken, dass wir mit die­ser Ein­schät­zung falsch lie­gen; aber ihr dürft dies nicht als Rela­ti­vie­rung oder Ver­harm­lo­sung die­ser Ver­bre­chen auf­fas­sen. Gera­de weil wir den gan­zen Schre­cken die­ser Ver­bre­chen erfasst haben, sehen wir uns gezwun­gen die Wahr­heit über ihre dro­hen­de Wie­der­ho­lung zu sagen.

In der Tat lässt sich ein tief­grei­fen­der Wider­spruch in eurer eige­nen Logik fest­stel­len. Wenn ihr tat­säch­lich glaubt, dass alle Ver­glei­che mit dem Faschis­mus rela­ti­vie­rend sein müs­sen, bedeu­tet das selbst­re­dend, dass ihr es eigent­lich für unmög­lich hal­ten müss­tet, dass der Faschis­mus oder etwas ähn­lich Unge­heu­er­li­ches jemals wie­der­kehrt. Denn dann gäbe es zumin­dest theo­re­tisch die Mög­lich­keit eines nicht rela­ti­vie­ren­den Ver­gleichs. Dann wäre der Anti­fa­schis­mus über­flüs­sig, wenn ihr das glau­ben wür­det. Aber das tut ihr natür­lich nicht. In der Tat hat­ten vie­le von euch kei­ner­lei Skru­pel, uns oder die­je­ni­gen, die mit uns mar­schier­ten, zu Faschis­ten zu erklä­ren ohne auch nur die gerings­te Prü­fung unse­rer tat­säch­li­chen Ansich­ten oder Posi­tio­nen vor­zu­neh­men. War das nicht rela­ti­vie­rend? In der Tat war es das, und zwar auf eine viel schlim­me­re, tief­grei­fen­de­re und ver­derb­li­che­re Art als die, die man uns oder unse­ren Mit­de­mons­tran­ten vor­wirft. Denn damit habt ihr es wirk­lich geschafft, die Bedeu­tung, das Gewicht und die Trag­wei­te von Begrif­fen wie »Faschist« und »Nazi« ernst­haft zu unter­gra­ben. Könnt ihr ermes­sen, was für einen Scha­den ihr damit ange­rich­tet habt! Könnt ihr erah­nen, wie außer­or­dent­lich schwie­rig ihr den wich­ti­gen und ech­ten Kampf gegen den Faschis­mus gemacht habt, den wir aus der Pro­test­be­we­gung her­aus geführt haben. Denn für so vie­le der­je­ni­gen, die durch die Coro­na-Pro­tes­te neu oder repo­li­ti­siert wur­den, die durch die Ereig­nis­se, den Zusam­men­bruch ihrer frü­he­ren Vor­an­nah­men, so ver­un­si­chert waren, habt ihr die­sen so zen­tra­len Wor­ten des Anti­fa­schis­mus die Bedeu­tung und Kohä­renz genom­men. Damit habt ihr den faschis­ti­schen Dem­ago­gen, die im Rah­men der Pro­tes­te agie­ren, einen unschätz­ba­ren Dienst erwie­sen, denn sie hät­ten sich kaum mehr freu­en kön­nen als in solch trü­ben Gewäs­sern zu schwim­men. Dies sind die Früch­te eurer schreck­lich falsch kal­ku­lier­ten Stra­te­gie, die in der Tat noch nicht ein­mal voll aus­ge­reift sind. Sicher ist, die auf euren Mist gewach­se­ne, direkt der Rech­ten zugu­te kom­men­de poli­ti­sche Ver­wir­rung wird die poli­ti­sche Bil­dung und die anti­fa­schis­ti­sche Orga­ni­sie­rung wei­ter­hin deut­lich behindern.

Mehr als alles ande­re ver­rät die­ser Feh­ler die erstaun­li­che Eng­stir­nig­keit, Leicht­gläu­big­keit und Ober­fläch­lich­keit des Den­kens, die bei der Anti-Freie-Lin­ke-Lin­ke vor­herr­schen. Den Ernst der aktu­el­len Situa­ti­on oder die Natur des Geg­ners, dem wir in der gegen­wär­tig herr­schen­den Klas­se gegen­über­ste­hen, habt ihr über­haupt nicht ansatz­wei­se begrif­fen, vor allem nicht die Raf­fi­nes­se ihrer Metho­den der psy­cho­lo­gi­schen Kriegs­füh­rung. Die herr­schen­de Klas­se hat die frü­he­ren Metho­den des Faschis­mus ver­in­ner­licht und ver­bes­sert. Die­ser bezog einen Groß­teil sei­ner Stär­ke und Macht aus der spek­ta­ku­lä­ren Aneig­nung und Umkeh­rung lin­ker revo­lu­tio­nä­rer Kri­tik. Wie wir in dem von der VVN-BdA Frank­furt so uner­wünsch­ten Flug­blatt vom 8. Mai zitie­ren, schrieb Dmitroff:

Der Faschis­mus kommt zur Macht als Par­tei des Angriffs gegen die revo­lu­tio­nä­re Bewe­gung des Pro­le­ta­ri­ats, gegen die in Gärung befind­li­chen Volks­mas­sen, er stellt jedoch sei­nen Macht­an­tritt hin als eine ›revo­lu­tio­nä­re‹ Bewe­gung gegen die Bour­geoi­sie im Namen der ›gan­zen Nati­on‹ und zur ›Ret­tung der Nati­on‹ (man den­ke an den ›Marsch‹ Mus­so­li­nis nach Rom, an den ›Marsch‹ Pil­sudskis nach War­schau, an die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche ›Revo­lu­ti­on‹ Hit­lers in Deutsch­land usw.

Die herr­schen­de Klas­se hat die­se For­mel erheb­lich wei­ter­ent­wi­ckelt. Sie unter­nimmt heu­te nichts von Wich­tig­keit ohne das Sperr­feu­er einer rie­si­gen Maschi­ne­rie der Des­ori­en­tie­rung und Des­in­for­ma­ti­on. Dazu gehört in der Regel nicht nur, dass sie ihr eige­nes Haupt­ma­nö­ver in ein »lin­kes« oder »fort­schritt­li­ches« Gewand klei­det, son­dern auch, dass sie ver­schie­de­ne kon­trol­lier­te Oppo­si­ti­ons­be­we­gun­gen aus­heckt, die ihrer­seits eine Rei­he von ver­deck­ten Funk­tio­nen erfül­len. Denkt zum Bei­spiel dar­an, wie die herr­schen­de Klas­se ver­sucht hat, den Kampf gegen den Impe­ria­lis­mus in Syri­en oder der Ukrai­ne mit wei­ßem Natio­na­lis­mus oder die Unter­stüt­zung für Paläs­ti­na mit Anti­se­mi­tis­mus zu verbinden.

Der Fall von 9/11 ist hier viel­leicht noch auf­schluss­rei­cher. Die impe­ria­lis­ti­sche herr­schen­de Klas­se sorg­te dafür, das lin­ke Kräf­ten, die ihr Pro­gramm hät­ten stop­pen kön­nen, auf das desas­trö­se »Blow­back-Nar­ra­tiv« auf­spran­gen, dem­nach sich bei 9/11 also um eine unbe­ab­sich­ti­ge Fol­ge der US-Poli­tik han­de­le. Das war äußerst attrak­tiv für die klein­bür­ger­li­chen, loya­len »lin­ken« Geg­ner der herr­schen­den Klas­se, die unauf­hör­lich an ihre eige­ne Klug­heit und die angeb­li­che Unfä­hig­keit der Herr­schen­den glau­ben. Es schmei­chel­te all ihren Vor­ur­tei­len, gab ihnen »Recht« – als ob das Pro­blem des Impe­ria­lis­mus eine schlech­te Stra­te­gie wäre! Fer­ner lie­fer­te es ihnen end­lo­ses Mate­ri­al für hämi­sches, selbst­ge­rech­tes Geze­ter. Natür­lich wur­den sie dabei dazu ver­führt, die zutiefst ras­sis­ti­schen, islam­feind­li­chen und ori­en­ta­lis­ti­schen Annah­men zu akzep­tie­ren, die not­wen­dig sind, um eine solch lächer­li­che Geschich­te zu glau­ben. Und es ver­pflich­te­te sie zu einem fana­ti­schen, absur­den Revi­sio­nis­mus hin­sicht­li­cher der his­to­ri­schen Rol­le der USA in West­asi­en und Nord­afri­ka (und natür­lich auch im Inland). Auf die­se Wei­se gelang es der herr­schen­den Klas­se, gro­ße Tei­le der Füh­rung der »Lin­ken« auf eine Linie ein­zu­schwö­ren, die 1) die unver­zicht­bars­ten Ele­men­te des offi­zi­el­len Nar­ra­tivs ver­stärk­te, 2) den Wider­stand der Bevöl­ke­rung gegen das faschis­ti­sche Bush-Che­ney-Regime völ­lig ver­wirr­te, spal­te­te und des­ori­en­tier­te und 3) sie von der gro­ßen Mehr­heit der Arbei­ter­klas­se ent­frem­de­te, ins­be­son­de­re der nicht-wei­ßen Arbei­ter­klas­se, die kei­ne Skru­pel hat­te, eine offen­sicht­li­che »Ver­schwö­rung« als das zu erken­nen, was sie war.

Im Fall der so genann­ten Pan­de­mie hat die herr­schen­de Klas­se eine bei­spiel­lo­se Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pa­gne gestar­tet. Aber nicht, um den Scha­den her­un­ter­zu­spie­len, son­dern um ihn zu über­trei­ben. Sowohl im Sin­ne einer Über­trei­bung der Bedro­hung als auch im Sin­ne einer akti­ven Kon­struk­ti­on töd­li­cher und ander­wei­tig schäd­li­cher Umstän­de in Kran­ken­häu­sern, Pfle­ge­hei­men wie der Gesell­schaft im All­ge­mei­nen. Die Herr­schen­den haben Medi­en und Eli­te­insti­tu­tio­nen benutzt, um den fal­schen Ein­druck eines Exper­ten­kon­sen­ses zu erwe­cken. Vor allem aber haben sich die kapi­ta­lis­ti­schen Medi­en und Regie­run­gen den weit ver­brei­te­ten Zynis­mus zunut­ze gemacht, den ihre Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen in der Ver­gan­gen­heit her­vor­ge­ru­fen haben, um die gegen­wär­ti­ge glo­ba­le Ope­ra­ti­on psy­cho­lo­gi­scher Kriegs­füh­rung zu insze­nie­ren: Indem sie unter den Lin­ken die Vor­stel­lung ver­brei­te­ten, dass sie als Regie­run­gen die Bedro­hung leug­nen oder ver­harm­lo­sen, haben sie sich selbst einen ver­blüf­fend effek­ti­ven Deck­man­tel gege­ben, um die Bedro­hung gren­zen­los zu aufzublähen.

In Ver­bin­dung mit die­ser Kam­pa­gne hat die herr­schen­de Klas­se bewusst eine Pseu­do­op­po­si­ti­on aus ihren eige­nen tra­di­tio­nel­len poli­ti­schen Schock­trup­pen und Spiel­fi­gu­ren wie etwa den Liber­tä­ren, Natio­na­lis­ten, rech­ten Eso­te­ri­ker und so fort sowie aus gro­ßen Tei­len des zuneh­mend ent­behr­li­chen Klein­bür­ger­tums kul­ti­viert und krei­iert. Man konn­te davon aus­ge­hen, dass sie kaum eine Bedro­hung dar­stell­ten, da sie prak­tisch weder orga­ni­siert waren noch die Fähig­keit oder die Nei­gung hat­ten, sich ernst­haft mit dem Staat anzu­le­gen. Sie waren größ­ten­teils hoff­nungs­los in die kapi­ta­lis­ti­sche Ideo­lo­gie ver­strickt, so dass es ein Leich­tes war, sie in die Irre zu lei­ten oder sie in Zukunft sogar ganz zurückzuerobern.

Außer­ge­wöhn­li­cher­wei­se ist es für die Anti-Freie-Lin­ke-Lin­ke zum Tabu gewor­den zu behaup­ten, dass die herr­schen­de Klas­se das Feld des Klas­sen­krie­ges mit einer sol­chen Stra­te­gie und Vor­aus­sicht steu­ert, indem sie ande­re Klas­sen­schich­ten gegen­ein­an­der aus­spielt, um ihre eige­nen Kern­zie­le vor­an­zu­trei­ben. Dies anzu­neh­men ist jetzt eine »Ver­schwö­rungs­theo­rie«. War es eine »Ver­schwö­rungs­theo­rie«, als Marx das­sel­be tat, im »18. Bru­mai­re« oder in »Revo­lu­ti­on und Kon­ter­re­vo­lu­ti­on in Deutschland«?

Die­je­ni­gen von uns, die spä­ter die Bewe­gung der Frei­en Lin­ken bil­den soll­ten, erkann­ten das Feld als das, was es war und erkann­ten, dass wir nur in die­sem Feld als sol­chem inter­ve­nie­ren konn­ten. Wir wuss­ten, dass, wie Marx im 18. Bru­mai­re bemerk­te, die Men­schen ihre eige­ne Geschich­te machen, aber nicht, wie es ihnen gefällt unter selbst­ge­wähl­ten Umstän­den, son­dern unter bereits bestehen­den, von der Ver­gan­gen­heit gege­be­nen und über­lie­fer­ten Umstän­den. Ihr jeden­falls konn­tet lei­der nicht aus eurer fana­ti­schen Trance geris­sen wer­den – wir haben es mit allen uns zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­teln ver­sucht. Die herr­schen­de Klas­se war dabei, einen glo­ba­len Blitz­an­griff zu star­ten. Die Mas­sen for­mier­ten sich auf der Stra­ße und die herr­schen­de Klas­se hat­te ihre Armee von Agen­ten, Beein­fluss­ern und Irre­füh­rern aller Art ein­ge­setzt, um sie ein­zu­fan­gen, zu ver­wir­ren und zu trei­ben. Wir muss­ten dort sein. Wir muss­ten den Mas­sen hel­fen, ihre rich­ti­gen Intui­tio­nen und Ein­sich­ten in eine inte­grier­te, ratio­na­le, mate­ria­lis­ti­sche Ana­ly­se der Situa­ti­on zu ver­wan­deln. Wir muss­ten dabei hel­fen, die zahl­lo­sen Fal­len zu ent­schär­fen, die die herr­schen­de Klas­se für sie auf­ge­stellt hat­te. Und wir muss­ten, wie alle ech­ten Revo­lu­tio­nä­re, von ihnen ler­nen! Wir muss­ten mit ihnen debat­tie­ren, dis­ku­tie­ren und kämpfen.

Bevor die Bewe­gung über­haupt in Gang kom­men konn­te, habt ihr euch an das Dreh­buch gehal­ten, das euch die herr­schen­de Klas­se vor­ge­legt hat und Aus­rei­ser aus euren eige­nen Rei­hen schnell ein­ge­fan­gen und kalt­ge­stellt. Sofort aber habt ihr alle Teil­neh­mer, die die­sem bei­spiel­lo­sen Vor­stoß der herr­schen­den Klas­se skep­tisch gegen­über­stan­den, als Faschis­ten, Anti­se­mi­ten und Rechts­ra­di­ka­le ver­leum­det. Damit haben ihr erheb­lich dazu bei­getra­gen, dass vie­le ande­re poli­tisch fort­schritt­li­che lin­ke Kri­ti­ker, die beim eta­blie­ren einer lin­ke Hege­mo­nie in der Pro­test­be­we­gung mit­hel­fen konn­ten und woll­ten, zu Hau­se blie­ben und das Feld den Agen­ten und Dem­ago­gen über­lie­ßen. Da wir mit einem his­to­ri­schen und mate­ria­lis­ti­schen Ver­ständ­nis der Reak­ti­on bewaff­net waren, lie­ßen wir uns nicht so leicht ein­schüch­tern. Das soll­ten wir kurz klar­stel­len. Es ist kein Zufall, dass der deut­sche Faschis­mus den Begriff »Sozia­lis­mus« für sich ver­ein­nahmt hat, wie Dmitroff oben ange­merkt hat. In der Tat steckt viel Wahr­heit in der mar­ki­gen Cha­rak­te­ri­sie­rung des Anti­se­mi­tis­mus als »Sozia­lis­mus der Nar­ren«. Die Mas­sen sind die Quel­le der revo­lu­tio­nä­ren Ideo­lo­gie, die sie im Kampf gegen ihre Unter­drü­cker schmie­den und klä­ren. Reak­tio­nä­re Ideo­lo­gien kön­nen all­ge­mein als die ideo­lo­gi­schen Waf­fen der herr­schen­den Klas­sen und ihrer Hand­lan­ger ver­stan­den wer­den. Sie wer­den für die Unter­wer­fung der Mas­sen geschmie­det und sol­len jeden Keim der Selbst­auf­klä­rung aus­trock­nen. Das Klas­sen­be­wusst­sein ist viel­leicht der gefähr­lichs­te die­ser Kei­me. Die wah­re und kor­rek­te Ein­sicht, dass die herr­schen­de Klas­se eine Klas­se ist, die sich in ihren Inter­es­sen und Zie­len von den Mas­sen abgrenzt und ihnen entgegensteht.

Daher unter­nimmt die herr­schen­de Klas­se alle Anstren­gun­gen, um einer­seits die­se grund­le­gen­de Ein­sicht zu ent­schär­fen und ande­rer­seits ihre Potenz zum Zwe­cke der Unter­füt­te­rung ihres eige­nen ideo­lo­gi­schen Mate­ri­als aus­zu­sau­gen. Die herr­schen­de Klas­se pro­du­ziert nichts; selbst ihre Ideo­lo­gie ist eine Aneig­nung und Per­ver­si­on der all­ge­mei­nen Pro­duk­ti­on der Mensch­heit. Die reak­tio­nä­ren Pro­gram­me umgar­nen die Mas­sen inso­fern, als sie die wirk­li­chen revo­lu­tio­nä­ren Pro­gram­me nach­ah­men, zu denen ihre Unter­drü­ckung die Mas­sen treibt. Die manch­mal ver­wor­re­nen, unaus­ge­go­re­nen For­men der Klas­sen­ana­ly­se – also Ver­schwö­rungs­theo­rien -, die die Mas­sen her­vor­brin­gen, vor allem dann, wenn sie kei­ne ech­te revo­lu­tio­nä­re Füh­rung haben, ent­sprin­gen einem grund­le­gend rich­ti­gen Instinkt und einer rich­ti­gen Ori­en­tie­rung. Die Auf­ga­be des Revo­lu­tio­närs besteht dar­in, sich mit ihnen aus­ein­an­der­zu­set­zen und sie zur Klar­heit zu bringen.

Die Posi­ti­on der Anti-Freie-Lin­ke-Lin­ke steht im völ­li­gen Gegen­satz zu die­sem Ansatz. Die Mas­sen in Deutsch­land sind seit Jahr­zehn­ten, vie­le sogar ihr gan­zes Leben lang, einer uner­bitt­li­chen Pro­pa­gan­da der herr­schen­den Klas­se aus­ge­setzt. In der Schu­le, am Arbeits­platz, in den Medi­en wur­de ihnen kapi­ta­lis­ti­schem Indi­vi­dua­lis­mus, impe­ria­lis­ti­schem Chau­vi­nis­mus und Ras­sis­mus, Sexis­mus, Mal­thu­sia­nis­mus, Mili­ta­ris­mus und Anti­kom­mu­nis­mus zum Fraß vor­ge­wor­fen. In dem Moment, in dem sie sich auch nur ein wenig außer­halb des Main­streams bewe­gen, wer­den sie mit Mil­lio­nen von gif­ti­gen kon­trol­lier­ten Oppo­si­ti­ons- und Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen bom­bar­diert. Trotz­dem genüg­te euch der gerings­te Makel, per­sön­lich oder auch nur per Kon­takt­schuld, um sie als unrett­bar zu ver­ur­tei­len und ihre direk­te Unter­drü­ckung durch den Staat zu beju­beln. Die­ser grund­sätz­lich idea­lis­ti­sche, ja sogar qua­si-reli­giö­se Ansatz ist sehr effek­tiv, wenn es dar­um geht, den eige­nen Anhän­gern ein befrie­di­gen­des Gefühl von ritu­el­ler Rein­heit zu ver­mit­teln. Als poli­ti­sches Pro­gramm ist es der größ­te Freund, den sich der wie­der­auf­er­stan­de­ne Faschis­mus nur wün­schen kann.

Die brei­te Bewe­gung der Frei­en Lin­ken hat ihre eige­nen Feh­ler gemacht. Die­se ana­ly­sie­ren wir flei­ßig und fort­lau­fend, indem wir uns der Kri­tik und Selbst­kri­tik unter­zie­hen. Hier ist nicht der Ort, um dar­auf ein­zu­ge­hen. In der grund­le­gends­ten Fra­ge hat­ten die­je­ni­gen von uns Lin­ken Recht, die sich ent­schie­den haben, in die Pro­test­be­we­gung ein­zu­grei­fen und sich an ihr zu betei­li­gen – nicht nur die Freie Lin­ke, son­dern auch zum Bei­spiel »Klar­text« aus Frank­furt, die Frei­den­ker, die Ber­li­ner Kom­mu­nar­den, die Rote Fah­ne aus Öster­reich und ande­re mehr. Wäh­rend ihr laut­stark in den von der herr­schen­den Klas­se ange­stimm­ten Chor ein­ge­stimmt habt, der den Pro­test für »rechts« aus­gab – und damit ver­sucht habt, ihn wirk­lich »rechts« zu machen – haben wir eine kla­re Prä­senz gezeigt und dazu bei­getra­gen, zumin­dest eini­ge, die ihr vor­ha­tet zu ver­grau­len, zur Teil­nah­me zu bewe­gen. Wir haben auch dazu bei­getra­gen, die Pro­pa­gan­da der herr­schen­den Klas­se und ihrer bewuss­ten wie unbe­wuss­ten Hand­lan­ger zu bekämp­fen, die das Coro­na-Manö­ver als »links« oder »kom­mu­nis­tisch« dar­stell­te, um den schwar­zen Fleck zu bekämp­fen, den ihr auf alle unse­re Namen gelegt habt. Wir haben den wie­der­auf­le­ben­den Faschis­mus bekämpft, indem wir einen prin­zi­pi­en­fes­ten Kampf gegen sei­ne wah­re Quel­le, die herr­schen­de Klas­se und ihre Hand­lan­ger, geführt haben. Dazu gehört das aus­ar­bei­ten und set­zen der bes­se­ren – weil wah­ren! – mate­ria­lis­ti­sche Ana­ly­se der Situa­ti­on gegen Des­in­for­ma­ti­on und Mythen. Sicher­lich habt ihr unse­re Arbeit auf dem gan­zen Weg behin­dert. Dabei seid ihr zu Lauf­bur­schen für die fins­ters­te aller Quer­fron­ten gewor­den, die von Washing­ton über die CDU und Ampel-Koali­ti­on bis zum Asow-Batail­lon ver­läuft. Und doch bringt ihr noch die Dreis­tig­keit auf zu hin­ter­fra­gen, mit wem wir unter Umstän­den mar­schiert sind oder auch nicht. Wohl­ge­merkt zu einer Zeit, in der die staat­li­che Repres­si­on, die Des­in­for­ma­ti­on und die Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit groß waren – als man oft nicht wuss­te, wer hin­ter einem Pro­test stand oder wer dabei sein wür­de. Noch bevor sich die Freie Lin­ke zu einer auch nur annä­hernd kohä­ren­ten Ein­heit zusam­men­schlie­ßen konn­te, war sie so über­wäl­ti­gen­den Kräf­ten der Zer­set­zung aus­ge­setzt, dass die Tat­sa­che, dass wir über­haupt etwas erreicht haben, uns von allen Sün­den frei­spre­chen wird. Das Wich­tigs­te, das Wesent­li­che, war, auf die Stra­ße zu gehen, die Mas­sen zu mobi­li­sie­ren und gegen die herr­schen­de Klas­se zu kämpfen.

Dem ist auch heu­te noch so. Die Ver­tre­ter der herr­schen­den Klas­se waren zwei­fel­los genau­so wenig erfreut, uns auf den Coro­na-Demos zu sehen, wie ihr uns auf den Demos gegen den Krieg, gegen den Faschis­mus, gegen Kapi­ta­lis­mus und Impe­ria­lis­mus. Aber wir haben nicht die Absicht, zu Hau­se zu blei­ben. Wir wer­den es wei­ter ver­su­chen, das müs­sen wir. Eini­ge von euch, da sind wir uns sicher, wer­den anfan­gen zu ver­ste­hen, dass die Situa­ti­on so dring­lich war und ist, wie wir gewarnt haben. Ihr wer­den sehen, dass unser Kurs im Grun­de genom­men gerecht­fer­tigt war und dass euer Kurs ein schwe­rer Feh­ler war. Wir freu­en uns natür­lich nach wie vor über auf­rich­ti­ge, gut­gläu­bi­ge Kri­tik. Auch wir sind kaum zufrie­den mit dem, was wir erreicht haben. Sprecht mit uns, wann immer ihr wollt. Wir sehen uns auf der Straße.

Den­je­ni­gen unter euch, die bereit sind sich ehr­lich mit einer alter­na­ti­ven Ana­ly­se der aktu­el­len Situa­ti­on aus­ein­an­der­zu­set­zen, emp­feh­len wir die Ansät­ze und Arbei­ten lesen, die inner­halb der Netz­werks Lin­ker Wider­stand enstan­den sind in der Publi­ka­ti­on Mag­Ma – Maga­zin der Mas­se ver­füg­bar sind. Im Fol­gen­den fin­det ihr eini­ge Empfehlungen:

Bild: Wand­ma­le­rei eines KPÖ-Mit­glied in einem Ver­an­stal­tungs­ge­bäu­de des Post-Lock­down-Wiens, das zeit­wei­se von der KPÖ als auch der FLOE fre­quen­tiert wurde

5 thoughts on “Was hat euer Kurs erreicht? Offe­ner Brief an die Anti-Freie-Linke-Linke

  1. Lie­be Genossen,
    dan­ke für die­se gran­dio­se Zusam­men­fas­sung und der berech­tig­ten Kri­tik, die ihr ange­führt habt.
    Auch ich per­sön­lich muss­te ganz zu Beginn der Coro­na-Maß­nah­men die Erfah­rung machen,
    von Mit­glie­dern « Die Lin­ke« auf der Stras­se als Rech­ter ange­grif­fen zu wer­den, weil ich an eine anti-coro­na Demons­tra­ti­on teil­nahm. Auch Genos­sen von der MLPD, zu denen ich in der Ver­gan­gen­heit eher ein freund­schaft­li­ches Ver­hält­nis pfleg­te, kri­ti­sier­ten mich .
    Es war wirk­lich an der Zeit, den Faden so auf­zu­neh­men, wie ihr es dann getan habt.
    Ich ver­fol­ge eue­re Akti­vi­tä­ten und stel­le fest, dass sie mit mei­nem eige­nen Ver­ständ­nis und Beur­tei­lun­gen der sich ver­än­dern­den Welt über­ein­stim­men. Der Sozia­lis­mus geht kei­ne aus­ge­tre­te­nen Pfa­de, des­halb ist eine Ana­ly­se der kon­kre­ten Situa­ti­on unabdingbar.
    Der Weg, den der Sozia­lis­mus heu­te genom­men hat, ist ein Umweg über den Anti-Imperialismus.
    Die­se Sicht auf die kon­kre­te Bewe­gung des Sozia­lis­mus heu­te, erlaubt uns vie­le Zusam­men­schlüs­se mit ande­ren anti­im­pe­ria­lis­ti­schen Kräf­ten, die unbe­dingt genutzt wer­den müs­sen und in denen die Kom­mu­nis­ten die Füh­rung über­neh­men müssen.

    Vie­len Dank für euren Kampf

    Giu­sep­pe

  2. Wahr­schein­lich ist die gan­ze Pro­ble­ma­tik ein­fa­cher erklärt:
    Waren Leu­te bereit, sich trotz Dif­fa­mie­rung und beruf­li­chen, sozia­len Nach­tei­len gegen die (»Corona«-)Zumutungen zu wehren?
    Wenn sie das nicht waren, gab es genü­gend »Argu­men­te«, es sich im Lock­down mög­lichst gemüt­lich zu machen. Dann gab es den »Piks« und fertig.
    Das gan­ze wur­de dann noch ideo­lo­gisch-poli­tisch ein­ge­färbt, im Sin­ne einer Ratio­na­li­sie­rung, denn schließ­lich ste­hen unse­re »Covid-Lin­ken« ja per defi­ni­to­nem auf der rich­ti­gen Seite!
    Eigent­lich ganz ein­fach: Die Angst­ha­sen haben sich eine poli­ti­sche Ratio­na­li­sie­rung ausgewählt!

  3. Die­se Pseu­do­lin­ken und Impf­lin­ge soll­te man doch mal fra­gen ob sie ihr Soll erfüllt haben:
    Näm­lich sich 10x gegen Covid imp­fen zu las­sen, so oft wie das ihre Eu-Kom­mis­si­on bestellt und bezahlt hat. Die­se Fra­ge gilt aber auch für die Kin­der u. Babys die­ser Pseudolinken.

  4. Jep. Rich­tig gut gelun­gen die­ser »Brief«, lie­ße sich auch als Mani­fest ver­brei­ten. Genu­in sozia­lis­ti­sche Argu­men­ta­ti­on und erfreu­lich wenig »links« im Sin­ne des Mainstreams.

    Bleibt ein Problem.

    »In Ver­bin­dung mit die­ser Kam­pa­gne hat die herr­schen­de Klas­se bewusst eine Pseu­do­op­po­si­ti­on aus ihren eige­nen tra­di­tio­nel­len poli­ti­schen Schock­trup­pen und Spiel­fi­gu­ren wie etwa den Liber­tä­ren, Natio­na­lis­ten, rech­ten Eso­te­ri­ker und so fort sowie aus gro­ßen Tei­len des zuneh­mend ent­behr­li­chen Klein­bür­ger­tums kul­ti­viert und kreiiert.«

    Und ein gro­ßer Teil der Frei­en Lin­ken ist eben Bestand­teil die­ser Pseu­do­op­po­si­ti­on. Wird es der FLZ gelin­gen die­ser »spek­ta­ku­lä­ren« Frei­en Lin­ken, die sich mit Tei­len der sich auf­lö­sen­den PdL ver­bin­det, eine wirk­li­che Orga­ni­sa­ti­on der Klas­se ent­ge­gen­zu­stel­len und die Koop­ti­on des Pro­jekts zu verhindern?

    Die Chan­cen ste­hen schlecht. Der Kampf um die Freie Lin­ke ist den­noch not­wen­dig. Es bleibt span­nend, auch dank die­ses Brie­fes – mal sehen, wel­che Freie Lin­ken ihn wei­ter­ver­brei­ten und wel­che ihn zensieren!

    Dan­ke für die­ses Test-kit!

    1. PS: Wer sich dar­über gewun­dert haben soll­te, dass es in Aachen zur Ver­lei­hung des Karls­prei­ses kei­ne grö­ße­ren Pro­tes­te gab: Es wur­de zum 14.5. offen­bar nur lokal organisiert. 

      Es gab eine Anrei­se von Frei­en Lin­ken tat­säch­lich erst am 18.5. zu einer alter­na­ti­ven Preis­ver­lei­hung an einen Theo­lo­gen mit Cam­ping im Grü­nen und PdL-Pro­mi. Im Nach­hin­ein wird das mit der über­rra­schen­den Vor­ver­le­gung der offi­zi­el­len Preis­ver­lei­hung begrün­det. Angeb­lich sei auch auf der Haupt­sei­te der FL ein Akti­ons­auf­ruf zum 18.5. ver­öf­fent­licht wor­den. – Das stimmt nicht, die Sei­te ist seit gerau­mer Zeit tot!

      Aber nicht nur die FL mobi­li­sier­te nicht; auch APO NRW (die Basis) ver­öf­fent­lich­te auf ihrer Sei­te kei­nen Auf­ruf zum Pro­test gegen Zelensky.

      Kei­ne Ahnung, wie das gan­ze von Tele­gram aus aus­sah; vor Ort jeden­falls nicht beein­dru­ckend ganz im Gegen­satz zur pro-ukrai­ni­schen Mas­sen­in­sze­nie­rung, die unge­stört verlief.

      Außer als Fuß­volk für PdL-Manö­ver scheint die FL wirk­lich nicht mehr viel zu taugen.

      Der Test, neben­bei, viel posi­tiv aus.

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