Solidarität mit Kay Strathus wider die grassierende Gesinnungsjustiz

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Nichtsahnend kommentierte der in Düsseldorf lebende Kay Strathus am 1. Juli 2022 in der – wohlgemerkt geschlossenen – Facebook-​Gruppe »Weimar around the world« einen sich nicht übermäßig um Völkerfreundschaft mit dem russischen Volk bemühenden Beitrag eines grünen Stadtverordneten Weimars wie folgt:

»Übrigens hat Russland in Übereinstimmung mit § 51 des Völkerrechts gehandelt (Recht auf Selbstverteidigung), nachdem es die LNR und DNR [Lugansker und Donezker Volksrepublik, Anm.d.Red.] anerkannt hatte und auf deren Wunsch hin den beiden Republiken gegen die ukrainische Agression [sic!] zu Hilfe gekommen ist. (…) Jeder kann sich selbst ein Bild machen von der Kriegshysterie speziell der Olivgrünen, die im Stellvertreterkrieg auf ukrainischem Boden nicht genug Kriegsgerät an die Ukro-​Nazis liefern können (wollen). Zum Glück umsonst; der Krieg ist für das Kiewer Regime verloren und die Ukraine gibt’s bald nicht mehr.«

Vier Monate später, im November, erhielt Strathus einen Brief von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, in dem ihm zur Last gelegt wurde, mit seiner Äußerung »gegen irgendeinen der neu gestalteten und verschärften Gesinnungsjustizparagraphen« (Strathus) verstoßen zu haben. Auf Anraten seines Anwalts entschied sich der Beschuldigte, nicht zu reagieren, in der Hoffnung, die Sache werde sich von selbst erledigen. Doch weit gefehlt. Weitere acht Monate später, im Juli 2023, setzte dieselbe Staatsanwaltschaft Strathus über einen Strafbefehl in Höhe von 3.500 Euro in Kenntnis.

Begründet wurde dieses Vorgehen mit § 138, Absatz 5 StGB derart, dass Strathus mit seiner Äußerung eine Straftat »in einer Weise, die dazu geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören«, gebilligt habe. Genannte Straftat präzisiert die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft unter Bezugnahme auf § 13 VStGB (Völkerstrafgesetzbuch), Verbrechen der Aggression. Darin heißt es unter Absatz 3:

»Eine Angriffshandlung ist die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen Staat.«

Sprich, Strathus wird vorgeworfen, eine »gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängig eines Staates gerichtete« Angriffshandlung gebilligt und dabei den öffentlichen Frieden gestört zu haben. Das ist gleich aus zwei Gründen hanebüchen. Erstens müsste die Staatsanwaltschaft zunächst belegen, inwiefern ein in einer privaten und geschlossenen Facebook-​Gruppe geäußerter Kommentar öffentlichen Charakter besitzt, geeignet, »den öffentlichen Frieden zu stören«.

Zweitens aber – und darauf kommt es uns eigentlich an – billigt Strathus eine solche Straftat ja gar nicht, weil seine Bewertung der »Speziellen Militäroperation« Russlands eben nicht die eines Angriffskrieges, sondern einer völkerrechtlich abgesicherten, »die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit und die politische Unabhängigkeit« der Donezker und Lugansker Volksrepubliken vor der ukrainischen Aggression schützenden militärisch-​politischen Hilfestellung ist.

Einmal mehr betätigen sich die Organe der bundesrepublikanischen Justiz hier als Charaktermasken des deutschen Imperialismus und nicht als von den anderen Gewalten unabhängige Stützen einer idealtypischen Formaldemokratie. Sie behandeln die durch konkrete politisch-​ökonomische Interessen bestimmte Sichtweise auf den in Osteuropa tobenden Stellvertreterkonflikt als unbezweifelbare Tatsachen und bestrafen denjenigen, der dieser Sichtweise widerspricht.

Dieser sukzessive, sich seit dem 24. Februar 2022 drastisch beschleunigt habende Übergang zur Gesinnungsjustiz ist Ausdruck und Symptom einer als Faschisierung zu kennzeichnenden Gesamttendenz, die umso stärker zunehmen muss, je mehr einerseits die Befriedigung des Expansionsdrangs des deutschen und NATO-​Imperialismus auf nach außen wie nach innen formaldemokratischem Wege nicht mehr zu bewerkstelligen ist, aber andererseits auch, je schwächer die realdemokratischen Kräfte sind, je weniger sie sich trauen, dieser Tendenz geschlossen und kraftvoll entgegenzutreten.

Wie schon andere vor ihm – erinnert sei hier etwa an Heinrich Bücker vom Coop Anti-​War Cafe Berlin – denkt Strathus aber nicht im Entferntesten daran, einfach klein beizugeben und unwidersprochen ein Exempel an sich statuieren zu lassen. Er ist gewillt, den Strafbefehl anzufechten und damit dem Recht Geltung zu verschaffen. Doch da das Recht nicht unabhängig von den Bedingungen seiner Realisierung existiert, gerade nicht in der Bundesrepublik, wo juristischer Widerspruch sehr schnell sehr kostspielig werden kann, ist Strathus, um die Prozesskosten tragen zu können, auf die Unterstützung all derer angewiesen, denen wirklich etwas an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, aber auch an Frieden und Völkerfreundschaft liegt. Deswegen:

Solidarität mit Kay Strathus!
Wider die Gesinnungsjustiz!

Die Freie Linke Zukunft am 7. August 2023

Spendenmöglichkeiten:
Kay Strathus, Postbank, IBAN DE42100100100740584126, BIC PBNKDEFF, BLZ 10010010
oder paypal​.me/​k​a​y​s​t​r​a​t​hus

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