Arbeiter! Parteigenossen!

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Durch unterschriftslose Flugblätter und durch Agitation von Mund zu Mund und über Telegram ist an euch die Aufforderung ergangen, in den nächsten Tagen auf die Straße oder »spazieren« zu gehen. Wir raten euch dringend, dieser Aufforderung nicht zu folgen.

Wie ihr alle wißt, befindet sich die sozialdemokratische Partei im Zuge einer wichtigen Aktion. Sie hat einige Genossen in die Regierung entsandt, damit diese schleunigst den endgültigen Sieg im Kriege gegen das Virus erringe, und im Innern alle bürgerlichen Freiheiten wieder herstellt, indem diese von nun an allen unvernünftigen, ungeboosterten oder spaziergehenden Personen vorenthalten werden.

Seit dem Eintritt unserer Genossen in die Regierung hat diese an die Gegner ein Angebot gerichtet, das in kürzester Zeit zur Befriedung führen muss: Es ist die allgemeine Impfpflicht, die dazu führen wird dass ungeimpfte Pandemietreiber sich freiwillig impfen lassen werden. Wo nicht jetzt schon der Kampf gegen Ungeimpfte durch offene Anfeindungen oder durch 2G‐​Regeln Früchte trug, wird die Abmahnung
durch Bußgelder oder die Drohung von existentiellem Ruin dies bald erledigen. Wie Sie bereits wissen scheut die SPD keine noch so verwerflichen Mittel einzusetzen, wenn dies einem guten Zwecke – in diesem Fall dem Schutzbedürfnis einer vernünftigen Mehrheit im Lande, zum Teil auch der Schaffung eines Absatzmarktes für neuartige Impfstoffe – dienlich ist.

Wir fordern Euch auf, diese Politik nicht durch unbesonnenes Dazwischentreten zu durchkreuzen.

Genosse Lauterbach feierte mit dem Fallpauschalsystem, welches er bereits als Beraterdes Kabinetts Schröder vorschlug, im Kampf um die totale Gesundheit große Erfolge, mit dessen Einführung die Anzahl durchgeführter medizinischer Eingriffe pro Patient signifikant angehoben wurde. Die Gerüchte, dass dieses Prämiensystem zu einem Anstieg unsinniger Eingriffe führte – inklusive der zuletzt verbreiteten Behauptung, dass derzeit die Extravergütung von Coronapatienten zu einem Anstieg ebensolcher Fälle geführt habe – ist natürlich frei erfunden.

Dank neoliberaler Umstrukturierung des Klinikwesens konnte auch eine wesentlich effizientere und kostengünstigere Ausbeute des hochqualifizierten medizinischen Personals erreicht werden, von dem wir letztendlich alle profitieren. Genosse Lauterbach (Aufsichtsrat Rhön‐​KlinikumAG) hat erst 2019 eine Bertelsmann‐​Studie getwittert, welche die Schließung weiterer 800 der 1400 Kliniken Deutschlands
vorsieht (50 wurden bereits in den letzten 2 Jahren geschlossen).

Dies wird ein weiterer großer Sprung nach vorn für das deutsche Gesundheitswesen. Dank weltweiter Impfkampagnen (Genosse Scholz warb als Bundeskanzler dafür jüngst auf dem World Economic Forum) werden wir in Zukunft sowieso kaum noch Kliniken brauchen, da niemand mehr erkranken können wird (die Bundesregierung hat für Deutschland bereits über 500 Millionen Impfdosen bestellt). Wenn doch, so werden dies mit hoher Wahrscheinlichkeit Ungeimpfte sein, und es haben sich bereits einige Ärzte dafür ausgesprochen, diese bei der Triagierung hintanzustellen, was nur moralisch und gerecht ist.

Der Präsident Genosse Steinmeier:

Es gibt Menschen, die sagen: Wir haben in Deutschland eine ›Corona‐​Diktatur‹. Das ist bösartiger Unfug! Denn darin steckt nicht nur Verachtung für unsere demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen. Sondern darin steckt eine Beleidigung von uns allen!

Aus ihm spricht der gerechte Volkszorn! Genossin Bärbel Bas führt derzeit im Bundestag vor, wie mit Andersdenkenden umzugehen ist, indem sie ungeimpfte Abgeordnete ins Abseits stellt. Und Genossin Faeser wird gegen die Verleumdungen im Internet bald noch
vehementer vorgehen, und diese 3‑fach faktenchecken oder löschen lassen.

Je geschlossener Ihr unsere Aktion unterstützt, desto früher werden alle Einschränkungen von Grundrechten und sonstigen Maßnahmen, die Euch beunruhigen, wieder rückgängig gemacht werden, desto sicherer werden wir rasch die klinische Überwachungsgesellschaft durchsetzen.

Folgt darum keiner Parole, die von einer unverantwortlichen Minderheit ausgegeben wird.


Ein ähnlich lautendes Flugblatt verbreitete die sozialdemokratische Partei Deutschland während des ersten Weltkrieges am 4. November 1918, welchen sie durch den Bruch ihres Wahlversprechens im Parlament erst möglich gemacht hatte. Nachdem immer mehr Menschen in Deutschland des Krieges müde waren und deswegen zu Kundgebungen und Streiks aufgerufen hatten, taten die SPD und die mit ihr verbandelten Gewerkschaften alles um die Mobilisierung für den Krieg aufrecht zu erhalten, der längst verloren war. Letztendlich konnte sie die großen basisdemokratisch organisierten Massenstreiks allerdings nicht verhindern, welche als Novemberrevolution schließlich das Ende des globalen Gemetzels einläuteten. Allerdings nahm die SPD‐​Führung um Friedrich Ebert, Scheidemann und Noske später blutige Rache an der arbeitenden Bevölkerung, indem sie sich mit Hilfe der heimgekehrten Reichswehr an die Macht putschte und eine Militär‐​Diktatur errichtete, der tausende Menschenleben zum Opfer fielen. Übrigens richtete sich der Terror nicht nur gegen Aufständische, welche man gezielt misshandelte und hinrichtete, sondern konnte im Prinzip jeden treffen.

Schon damals wusste man, dass man mit Angst am besten regiert. Dieses geschichtliche Lehrstück zeigt auch, wohin es einen bringen kann, wenn man sich blind auf Abgeordnete in einer Parteiendemokratie verlässt.

Vgl. Sebastian Haffner, Die deutsche Revolution 1918/​1919; Richard Müller, Eine Geschichte der Novemberrevolution, https://​histmove​.ouvaton​.org/​p​a​g​/​c​h​r​/​p​a​g​_​0​0​9​/​d​e​/​c​h​r​o​_​1​9​1​8​_​1​1​_​a​.​htm

? Freie Vervielfältigung, Weitergabe sowie Wiederverwendung dieses Textes ausdrücklich erwünscht. Hier als PDF: Flugblatt.

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