Es ist ja nicht so, wie wenn niemand vor den Folgen der derzeitigen Politik warnen würde. Im März 2022 erschien im MRS Bulletin, Volume 47 auf Englisch ein viel beachteter Artikel der deutschen Wissenschaftler Petra Zapp, Andrea Schreiber, Josefine Marx und Wilhelm Kuckshinrichs unter dem Titel »Environmental impacts of rare earth production«, also Umweltauswirkungen der Erzeugung seltener Erden.
Es werden da gewichtige Probleme angesprochen wie beispielsweise der Verbrauch großer Mengen fossiler Energie für den Produktionsprozeß, die Verseuchung des Bodens mit Schwermetallen durch Gesteinssprengungen, den radioaktiven Abfall durch bestimmte, aggressive Chemikalien zur Gesteinsabtrennung von den wertvollen Mineralien sowie schädliche Emissionen von krebserzeugendem Fluorwasserstoff in die Luft.
Es sollte daher niemand tun können, als gäbe es diese Probleme nicht. Dennoch tun alle Energieminister in der EU so, als bestünden sie nicht, es sei denn, wir werten die Nichtausbeutung von Vorkommen in der EU als stillschweigendes Eingeständnis. Dabei sagen die doch, es ginge darum die Welt zu retten und nicht die Extraprofite einiger weniger befreundeter Großaktionäre ganz bestimmter Wirtschaftsbereiche!
Es könnte aber durchaus sein, daß Vernunft zu viel verlangt wird in einer Wirtschaft, die ausschließlich von der Sucht nach dem Maximalprofit gesteuert wird, der nie groß genug sein kann und der immer noch steigerungsfähig angesehen wird. Wir riskieren jedenfalls aktuell in einen Energienotstand zu geraten, was weder vernünftig noch profiterhaltend ist. Das ist die wirkliche Wand, an der die EU zu zerschellen droht, und nicht die oftmals beschworene Pensions‐Mauer.
Dabei ist es ganz besonders humorvoll, daß in der Volksrepublik China das Umweltproblem erkannt wurde und Maßnahmen dagegen schon vor einem Dutzend Jahren eingeleitet wurde. Das aber verringerte die Produktion, wonach weniger exportiert werden konnte, denn logischerweise werden die Bedürfnisse der chinesischen Industrie zuerst befriedigt. Daraufhin verklagten die USA, die EU und Japan die VR China vor der WTO, wobei sie aber offensichtlich übersehen hatten, daß die USA mit dem Blockieren der Ernennung von neuen Richtern in der WTO die Organisation praktisch lahmgelegt hatten.
Es begann damals eine fieberhafte Suche nach Vorkommen von seltenen Erden und tatsächlich wurden inzwischen gut 800 Fundorte registriert, doch sind leider die meisten nicht wirklich ergiebig, was eine Ausbeutung zu wirtschaftlich vertretbaren Kosten verunmöglicht. Das umso mehr als der kollektive Westen immer noch über keine eigene Reinigungsinfrastruktur verfügt und alles nach Asien dafür verschifft werden muß. Daß einige der Fundorte im Amazonasgebiet in Brasilien liegen, die bei einer Ausbeutung das Überleben der dortigen indigenen Bevölkerung vernunmöglichen würde, macht die Sache nur schlechter.
Elektrolyseure als nächstes Problemfeld
Wir haben mehrfach darauf hingewiesen, daß ein Ausstieg aus fossilen Energiequellen ohne vorherigen Aufbau einer Wasserstoff‐Infrastruktur zu Energiearmut und nicht mehr ständiger Verfügbarkeit von Strom führt. Da in dem Konzept Wassertoff aber »grün« sein und folglich aus Wind‑, Photovoltaik‐ und Wasser‐Strom in der Elektrolyse erzeugt werden muß, stehen wir da vorm nächsten Rohstoff‐Problem.
Zunächst einmal wird sauberes Süßwasser als Ausgangspunkt des Prozesses benötigt. Da wir viel Wasserstoff brauchen werden, muß dafür viel Trinkwasser verwendet werden, das dann aber Mensch und Tier nicht mehr zur Verfügung steht. Zwar ist es theoretisch möglich, Meerwasser aufzubereiten, aber das ist leider teuer. Mit Salzwasser aber funktioniert keine Elektrolyse.
Dann braucht es Spezialstahl und Nickel für die Elektroden. In den PEM‐Elektrolyseanlagen, die aktuell die besten Ergebnisse liefern, wird für die Aufspaltung des Wassers Platin und Iridium an den Elektroden verwendet neben den Polymerelektrolytmembranen. Der weltgrößte Platin‐Lieferant ist blöderweise der BRICS‐Staat Südafrika, gefolgt von der Russischen Föderation, mit der sich die NATO im Krieg befindet in der Ukraine und die sie deswegen mit Wirtschaftssanktionen belegt hat.
Irgendwie blöd! Denn Platingruppenmetalle gehören zu den seltensten, kohlenstoffintensivsten und teuersten Metallen, da sie noch seltener sind als die zuvor in dieser kleinen Serie angesprochenen »seltenen Erden«.
Die EU träumt davon, unter anderem für Nickel und Platin »öffentlich‐private Partnerschaften« mit Förderländern wie mit Indonesien, den Philippinen, Australien und Südafrika zu schließen, um sich so diese Rohstoffe zu sichern. Das liest sich ganz schön in Texten, in denen oftmals das kleine Wörtchen »soll« neben dem Konjunktiv vorkommt, es wird aber da die Rechnung ohne den Wirt gemacht, weil das ja kostengünstig ablaufen soll. Die von der EU‐Obrigkeit wohl als minderwertig eingeschätzten Bewohner in der Nähe solcher Vorkommen sollen wohl ohne Gegenwehr die Zerstörung ihrer Umwelt zulassen? Diese Rechnung wird nicht aufgehen, und falls eine willfährige Regierurung das trotzdem versuchen sollte, wird mit Unruhen und Versorgungsunterbrechungen zu rechnen sein.
Wenn also schon die Bereitschaft nicht besteht, die »Energiewende« nicht insgesamt aufzugeben oder auf einen kleineren Anteil zurückzustutzen, wird mehr Zeit dafür als bis 2050 nötig sein!
Teil 1, Teil 2, Teil 3 der Serie
Bild: Platinbergbau aus Luftperspektive