Einhalten, mehr Zeit geben oder mit dem Kopf durch die Wand? Wenn deutsche Energiewende scheitert, leidet Luxemburg

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Dieser Beitrag ist der vierte Teil einer Serie:

  1. Wollen wir das dafür bezahlen? – Ausstieg aus Fossilem möglich, aber sauteuer
  2. Strom wird teuer und unregelmäßig verfügbar: Chaos wird organisiert
  3. Auf dem Weg ins Mittelalter: Energienotstand droht
  4. Einhalten, mehr Zeit geben oder mit dem Kopf durch die Wand? Wenn deutsche Energiewende scheitert, leidet Luxemburg

Die Hiobs-​Botschaften werden täglich mehr und kommen mittlerweile auch von den Börsen, wo die viel gelobten grünen Energiewerte in den letzten zwölf Monaten 30 Prozent ihres Kurswerts verloren haben, in den letzten 24 Monaten gar die Hälfte. Dies ist eine Folge dessen, dass die ursprünglichen Gewinnerwartungen absolut nicht eingetreten sind, im Gegenteil.

Dafür gibt es viele Gründe. Ein wesentlicher ist, dass sich herausgestellt hat, dass die Lebensdauer von Windanlagen im Meer wesentlich kürzer als erwartet ausfällt, da das Salzwasser sich weit negativer als berechnet auswirkt. Augen zu und durch ist da keine erfolgversprechende Strategie, denn die Siemens Energy AG musste von der BRD-​Regierung mit 7,5 Milliarden Euro Steuergeld und Garantien über 12 Milliarden gerettet werden, da sie unverzichtbar ist für die angestrebte Energiewende, die mit der angepeilten Menge Strom aus Offshore-​Windanlagen, also solchen im Meer, steht und fällt.

Dabei ist das kein Sonderproblem dieser deutschen Firma, es ist ein allgemeines Branchenproblem. Ganz besonders stark davon betroffen ist das Offshore-​Wind-​Unternehmen Ørsted aus Dänemark, das als Marktführer besonders stark vertreten ist vor den Küsten der USA, wo die Probleme die Ziele der US-​Administration genauso scheitern lassen.

Infrastruktur-​Aufbau Wasserstoff scheitert

Mit diesen sich finanziell auswirkenden Problemen im Hinterkopf ist es leicht zu verstehen, warum das »Leuchtturmprojekt« eines 30-​MW-​Elektrolyseurs zur Erzeugung von »grünem« Wasserstoff letzte Woche abgesagt wurde von den drei Unternehmen Raffinerie Heide, Ørsted Deutschland und Hynamics Deutschland, der Tochtergesellschaft von EDF in der BRD. Seit 2020 wurde daran geplant, von der Staats-​Subvention von 36 Millionen wurde dafür eine Million verbraten. Das Land Schleswig-​Holstein kann sich seine Subvention jetzt sparen, da in Hemmingstedt (Kreis Dithmarschen) jetzt erstmal nichts gebaut wird trotz der direkten Nähe zur Nordsee. Aber die Kosten für den Bau werden als einfach zu hoch eingeschätzt.

Das Problem dabei ist, dass diese 30-​MW-​Anlage noch längst nicht der Beginn des Einstiegs in jene industriellen Größenordnungen gewesen wäre, die laut Berechnungen der Studie von der Berliner e.venture consulting GmbH nötig wären zur Stabilisierung des Stromnetzes. Dafür soll mindestens eine Kapazität bei den Gaskraftwerken von 75 GW nötig sein, und um den Wasserstoff nur für diese zu erzeugen, rechnetete die genannte Studie mit Elektrolyse-​Investitionen von 50 Milliarden Euro unabhängig von den Kapazitäten für andere Anwedungen. Hier war die Dekarbonisierung der Raffinerie Heide angestrebt worden und eine Beimengung von Wassertoff im Gasnetz der Stadtwerke Heide.

Aber der Spaß wird zu teuer! Dies weil jetzt nach dem Verfassungsgerichtsurteil gegen die Umwidmung der nicht ausgegebenen 60 Milliarden Euro aus dem Corona-​Fonds für den Klimafonds die Subventionierung nicht in der ursprünglich zugesagten Höhe erfolgen kann. Der Umstieg in ein neues Energieversorgungssystem ist nun einmal wegen der vielen dafür nötigen Anfangsinvestitionen viel teurer als das Weiterlaufen des vorherigen, ganz banal bestehenden Systems! Das müsste den Politikern eigentlich klar sein, die den Beschluss für die Energiewende tragen.

Zwar läuft das Projekt eines 100 MW-​Elektrolyseurs unter dem Namen »HySCALE 100« weiter, aber dieses Projekt ist erst in der Planungs‑, nicht in der Verwirklichungsphase.

Vertagen wäre vernünftig

Angesichts des überdeutlichen Rückschlags und damit der Verlangsamung des Infrastrukturaufbaus, der auch insgesamt in der BRD nicht weiterkommt wie es nötig wäre, um die gesetzten Termine bis 2030 und 2040 einzuhalten, wäre es mehr als vernünftig, den geplanten Zeitrahmen deutlich zu verlängern und das dann unvermeidliche Katastrophen-​Geschrei der Klima-​Verbände in Kauf zu nehmen. Das wäre jedenfalls leichter zu ertragen als der sprichwörtliche Pferde-​Wechsel mitten in der Furt, wo keine Wechsel-​Pferde verfügbar sind. Wir riskieren nämlich, aus den fossilen Energieformen auszusteigen, ohne dass eine andere Energieform die vorherigen ersetzen kann.

Zudem werden die verfügbaren Budgetmittel in der anlaufenden Wirtschaftskrise nicht gerade mehr, weil es ja absolut undenkbar ist, die antirussischen Sanktionen zu beenden und zurückzukehren zur Nutzung günstiger russischer Energie und ebenso günstigen russischen Rohstoffen, womit sich die Krise stoppen ließe. Denn dazu müssten die USA mit ihrer NATO aus Europa geworfen werden, und das will bisher weder die EU-​Kommission noch die ihr folgenden Regierungen der Mitgliedsstaaten.

Die neue Luxemburger Regierung, die jetzt die offizielle Verantwortung übernommen hat für das kleine Land, das beim Strom ein Wurmfortsatz des deutschen Netzes ist, wäre gut beraten, Druck auszuüben auf die EU-​Kommission wie auf die Regierung in Berlin, damit die Termine gestreckt werden. Und zwar so, dass das alternative System mit Wind‑, Photovoltaik- und Wasser-​Energie in Verbindung mit Wasserstoff fertig ist, bevor aus Kohle, Erdgas und Erdöl ausgestiegen wird. Denn die Probleme eines Energiemangels können wir uns nicht leisten!

Bild: Vordergrund von Wisc-​Online (Free for personal and commercial use, No attribution required) – Hintergrund Windkraftanlage Whitelee (Schottland) von Thomas Nugent, Wikimedia Commons

One thought on “Einhalten, mehr Zeit geben oder mit dem Kopf durch die Wand? Wenn deutsche Energiewende scheitert, leidet Luxemburg

  1. Potemkinsche Dörfer mögen den Ansprüchen an eine Präsentation genügen, doch niemals den Qualitäten einer Stromversorgung, die in rund 120 Jahren entwickelt wurde und bis zum Jahr 2000 bestens funktioniert hat. Seitdem geht es steil bergab! Stromkunden in der BRD zahlen in 2024 rund das Dreifache! Fehlender Strom muss importiert werden. Trotzdem häufen sich die Lastabwürfe exponentiell, während täglich ins Netz eingegriffen werden muss, um ein Kollabieren in engen Grenzen zu halten. Tollhaus oder Narrenschiff? Das kommt auf die Perspektive an!

    Fakepower: Jeglicher eingespeister Windstrom und Solarstrom ist ein volkswirtschaftlicher Schaden! Glücklicherweise ist die Einspeisung auf 55 Prozent beschränkt und einige wenige Prozent können noch exportiert werden, andernfalls kollabiert das Wechselstromnetz augenblicklich! Aber alle Braunkohlekraftwerke, Steinkohlekraftwerke und Gaskraftwerke sind durch den Teilbetrieb unwirtschaftlich! Hinzu kommen noch die Kosten für den manuellen Regelungsaufwand, der durch den schwankenden Windstrom und Solarstrom verursacht wird. Oft ist es windstill oder zu windig. Nachts scheint keine Sonne und im Winter viel zu wenig, auch bei wolkenlosem Himmel. Eine doppelte Infrastruktur und maßlos viele neue Stromleitungen haben den Strompreis seit 2000 bis 2023 verdreifacht. Geht es noch dümmer?

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