Baer­bock stellt sich gegen Chi­na, oder: die Wild­sau und die Eiche

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Noch ehe klar war, ob und wie Pelo­si in Tai­wan lan­det, war Baer­bock schon wie­der mit dabei. Man müss­te fast ein neu­es Wort erfin­den, um die­se Mischung aus Lakai­en­tum und Grö­ßen­wahn zu bezeich­nen. Für die deut­schen Bür­ger zeich­net sich die nächs­te von der Regie­rung aus­ge­lös­te Kata­stro­phe ab.

Manch­mal möch­te man ihr ein­fach raten zu schwei­gen. Was Deutsch­lands Außen­mi­nis­te­rin Anna­le­na Baer­bock von sich gibt, ist lei­der oft nicht gera­de schlau und hin und wie­der sogar gefährlich.

Augen­blick­lich bin ich einer von fast 300.000 Men­schen, die den Flug der Maschi­ne mit der Ken­nung SPAR 19 auf der Echt­zeit-Platt­form Fligh­t­ra­dar ver­fol­gen. Das ist die Maschi­ne, in der die Spre­che­rin des US-Reprä­sen­tan­ten­hau­ses und Num­mer drei der US-Erb­fol­ge, Nan­cy Pelo­si, gera­de sitzt, und die sich womög­lich auf den Weg nach Tai­wan macht. Das Pen­ta­gon hat vor einem sol­chen Besuch gewarnt, und US-Außen­mi­nis­ter Antho­ny Blin­ken hat öffent­lich gelo­gen, indem er behaup­te­te, die US-Regie­rung habe mit einem sol­chen Besuch nichts zu tun. Die Außen­po­li­tik ist näm­lich gemäß der US-Ver­fas­sung allei­ni­ges Recht der Regie­rung, und die­se kann Pri­vat­per­so­nen, die mei­nen, Gegen­au­ßen­po­li­tik zu machen, sogar den Pass entziehen.

Was zum einen bedeu­tet, dass auch im Jahr 1997, als Newt Ging­rich als »oppo­si­tio­nel­ler« Spre­cher des Hau­ses nach Tai­wan flog, dies mit dem Segen, wenn nicht gar im Auf­trag der Clin­ton-Regie­rung geschah, und zum ande­ren, dass die Wie­der­ho­lung die­ser Pro­vo­ka­ti­on durch Pelo­si eben­falls nur mit dem Segen der Regie­rung gesche­hen kann.

Aber zurück zu Baer­bock, sie hat in New York Tai­wan Unter­stüt­zung zuge­sagt (womit? Gum­mi­bär­chen?) und erklärt:

Wir akzep­tie­ren nicht, wenn das inter­na­tio­na­le Recht gebro­chen wird und ein grö­ße­rer Nach­bar völ­ker­rechts­wid­rig sei­nen klei­ne­ren Nach­barn über­fällt – und das gilt natür­lich auch für China.

Nun, sie kommt bekannt­lich nicht nur vom Völ­ker­recht, son­dern auch vom Tram­po­lin­sprin­gen. Aber einer ihrer Unter­ge­be­nen hät­te ihr ein­mal flüs­tern kön­nen, dass Tai­wan kein »Nach­bar« ist – auch nicht aus deut­scher Sicht, weil die Vor­aus­set­zung zur Auf­nah­me diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen zur Volks­re­pu­blik Chi­na schon immer war, die Ein-Chi­na-Poli­tik anzu­er­ken­nen. Und das bedeu­tet, anzu­er­ken­nen, dass Tai­wan ein Teil Chi­nas ist. So sieht das übri­gens selbst eine der bei­den Par­tei­en auf die­ser Insel. Ein Teil eines Lan­des ist nicht sein Nach­bar, weder ein klei­ne­rer noch ein größerer.

Aber es hat durch­aus einen gewis­sen Unter­hal­tungs­wert, wenn man sieht, wie völ­lig gegen­sätz­li­che Posi­tio­nen soeben mal mit­ein­an­der ver­bun­den wer­den. Denn war es nicht bei der Ukrai­ne die »ter­ri­to­ria­le Inte­gri­tät«, die die­se auch mit bru­ta­ler Gewalt gegen den Wil­len der Don­bass­be­woh­ner durch­set­zen dür­fen soll, die nicht nur ein­fach ihre Unab­hän­gig­keit erklärt hat­ten, son­dern dies gegen­über einer ille­gi­ti­men Regie­rung taten, noch dazu durch ein Refe­ren­dum? Wäh­rend gleich­zei­tig das­sel­be Deutsch­land den Koso­vo als Staat anerkannte?

Wenn es nicht so brand­ge­fähr­lich wäre, müss­te man dar­über lachen, und zwar lang und hef­tig, weil die Ver­ei­nig­ten Staa­ten, nach­dem sie sich an Russ­land die Zäh­ne aus­ge­bis­sen haben, offen­kun­dig mei­nen, es jetzt bei Chi­na ver­su­chen zu kön­nen. Einem Land, das inzwi­schen der welt­größ­te Indus­trie­staat ist und bei­na­he die fünf­fa­che Ein­woh­ner­zahl der USA auf­weist (nur, um dar­an zu erin­nern, wel­che Mas­sen prin­zi­pi­ell mobi­li­sier­bar wären). Und Deutsch­land, des­sen Indus­trie schon auf­grund der Sank­tio­nen gegen Russ­land vor dem Kol­laps steht und des­sen Bür­ger für Selen­s­kij frie­ren dür­fen, soll sich nun nach Mei­nung sei­ner Außen­mi­nis­te­rin bedin­gungs­los hin­ter eine abtrün­ni­ge Pro­vinz stel­len und auch noch sei­ne Bezie­hun­gen zu Chi­na end­gül­tig begraben …

Viel­leicht denkt sie auch, wenn schon die Ener­gie fehlt, um eine Indus­trie zu betrei­ben, ist es auch egal, wenn man kei­ne Vor­pro­duk­te mehr bekommt, kei­ne Han­dys oder Spiel­zeu­ge oder … die Lis­te braucht man gar nicht anzu­fan­gen, sie wäre end­los. Es reicht viel­leicht, anzu­deu­ten, dass die größ­ten Stoff­pro­du­zen­ten welt­weit inzwi­schen Chi­na und Indi­en sind, wie sie es schon bis ins 18. Jahr­hun­dert waren. Zum Frie­ren käme dann noch ein Man­gel an Klei­dung. Wirk­lich, erst Sank­tio­nen gegen Chi­na machen das Leid end­gül­tig kom­plett. Die Außen­mi­nis­ter­si­mu­la­ti­on hät­te viel­leicht wenigs­tens einen hal­ben Tag durch die Web­sei­te von Ali­baba spa­zie­ren sol­len, um zu erken­nen, auf wel­chen Din­gen alles »Made in Chi­na« steht.

Und natür­lich, auch das hät­te ihr jemand sagen kön­nen, wür­den Sank­tio­nen gegen Chi­na noch kata­stro­pha­ler ver­lau­fen als jene gegen Russ­land, weil der Glo­ba­le Süden kein Inter­es­se an uns hat. Vor die Wahl gestellt, ob er die Bezie­hun­gen mit dem kol­lek­ti­ven Wes­ten oder mit Chi­na fort­set­zen wol­le, wird er dem Wes­ten die Tür wei­sen. Sowohl in Afri­ka als auch in Latein­ame­ri­ka ist Chi­na längst der größ­te Handelspartner.

Wie heißt das schö­ne deut­sche Sprich­wort? »Was schert sich die Eiche, wenn sich die Wild­sau an ihr reibt«, das ist das wirk­li­che Ver­hält­nis zwi­schen Deutsch­land und Chi­na, und Deutsch­land ist in die­sem Fall nicht die Eiche.

Für 141 Mil­li­ar­den wur­den im ver­gan­ge­nen Jahr Waren aus Chi­na impor­tiert und für 103 Mil­li­ar­den dort­hin expor­tiert. Natür­lich, auch hier gilt, wer nichts mehr pro­du­zie­ren kann, kann auch nichts expor­tie­ren. Aber ernst­haft, gibt es nicht ein­mal nach der abseh­ba­ren mili­tä­ri­schen Nie­der­la­ge der Ukrai­ne einen kur­zen Moment des Nach­den­kens? Muss man jede Idio­tie der USA bedin­gungs­los nachvollziehen?

Wobei Baer­bock damit nicht allein steht. Die FDP-Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te Nico­la Beer hat in einem Inter­view mit dem Deutsch­land­funk gesagt, Besu­che auf Tai­wan wären »extrem wich­tig, um die Sicht­bar­keit zu erhö­hen und die­ses Land zu schüt­zen«. Und mehr noch (wenn man wie­der an die Krim und den Don­bass denkt): »Wir wol­len ein kla­res Signal Chi­na gegen­über aus­sen­den, dass die Ent­schei­dung der tai­wa­ne­si­schen Bür­ge­rin­nen und Bür­ger zu akzep­tie­ren ist.« Um den Preis eines Weltkrieges?

»Da wir in Hong­kong zu spät waren, das Sys­tem ‚Ein Land, zwei Sys­te­me‘ zu schüt­zen, dür­fen wir auf gar kei­nen Fall in Tai­wan zu spät sein«, so Frau Beer. Auf den Gedan­ken, dass sich auch die Fra­ge Tai­wan ohne jede west­li­che Ein­mi­schung fried­lich lösen könn­te, weil die Ent­wick­lung Chi­nas ein­fach zu attrak­tiv ist, und sich seit Jah­ren schon immer enge­re Ver­bin­dun­gen ent­wi­ckeln, weil Fir­men koope­rie­ren und tai­wa­ne­si­sche Stu­den­ten in Fest­land­chi­na stu­die­ren, kommt sie nicht. Oder sie will sie dem deut­schen Publi­kum gegen­über ver­schwei­gen, weil das nur ein wei­te­rer Beleg dafür wäre, dass der Wes­ten, wie bei den Mins­ker Abkom­men, alles dafür tut, eine fried­li­che Lösung zu verhindern.

Frau Beer, die unbe­deu­tend genug ist, um mit ihrem Besuch kei­ne chi­ne­si­sche Reak­ti­on pro­vo­zie­ren zu kön­nen, war übri­gens erst letz­ten Monat in Tai­wan und hat sich sogar dazu ver­stie­gen, von einer »sou­ve­rä­nen« Zukunft Tai­wans zu spre­chen. Die Frau ist Vize­prä­si­den­tin des Euro­päi­schen Parlaments.

Zumin­dest heu­te noch reg­te sich im Spie­gel lei­ser Pro­test, wenn auch aus den fal­schen Grün­den: »Wer in die­ser Lage den öko­no­mi­schen Aus­tausch mit Chi­na infra­ge stellt, hat offen­bar noch nicht genug Pro­ble­me. Er schwächt die Wirt­schaft und ver­zich­tet auf Ein­nah­men, die er im Kon­flikt mit dem Kreml drin­gend benö­tigt – zur wei­te­ren Unter­stüt­zung der Ukrai­ne mit Finanz­hil­fen und Waf­fen. (…) ‚Wer sich aus dem chi­ne­si­schen Markt her­aus­zieht‘, bekräf­tig­te jüngst die euro­päi­sche Han­dels­kam­mer in Peking, die der Volks­re­pu­blik durch­aus kri­tisch gegen­über­steht, ’scha­det sich selbst‘.«

Sank­tio­nen gegen Chi­na wür­den die­ses nur Russ­land näher brin­gen. Nun, ges­tern Abend leuch­te­te auf dem Mos­kau­er Fern­seh­turm die Bot­schaft »Chi­na, Russ­land ist mit dir.« Und wenn man betrach­tet, wel­che Popu­la­ri­tät vor weni­gen Tagen eine Kurz­mel­dung einer chi­ne­si­schen Armee-Ein­heit auf dem chi­ne­si­schen Twit­ter-Gegen­stück Wei­bo erlang­te, die aus der kur­zen Aus­sa­ge »auf den Krieg vor­be­rei­ten« bestand, ist ziem­lich klar, wie die Stim­mung in der Bevöl­ke­rung aussieht.

Nur, was 1,4 Mil­li­ar­den Chi­ne­sen mei­nen, spielt natür­lich im Wes­ten kei­ne Rol­le. Und man wird sich dort dies­be­züg­lich erneut den Fan­ta­sien hin­ge­ben, die schon gegen­über Russ­land bestanden.

Das Dreh­buch ist bereits bekannt. Wenn Chi­na es wagen soll­te, sei­ne ter­ri­to­ria­le Inte­gri­tät zu ver­tei­di­gen, wird die EU Sank­tio­nen gegen Chi­na ver­hän­gen, selbst, wenn sogar die Putsch-Zen­tra­le Fried­rich-Nau­mann-Stif­tung fest­ge­stellt hat: »Den Zah­len des His­to­ri­kers Nicho­las Muld­er zufol­ge hat sich der Ein­satz von Sank­tio­nen in den 1990er und 2000er-Jah­ren im Ver­gleich zum Zeit­raum zwi­schen 1950 und 1985 ver­dop­pelt. In den 2010er-Jah­ren ver­dop­pel­te sich der Ein­satz von Sank­tio­nen noch ein­mal, gleich­zei­tig ging die Wirk­sam­keit von Sank­tio­nen deut­lich zurück: Die Erfolgs­aus­sich­ten von Sank­tio­nen san­ken von 35 bis 40 Pro­zent zwi­schen 1985 und 1995 auf unter 20 Pro­zent im Jahr 2016.«

Nun, Baer­bock wird dann mit ihrem Kol­le­gen Habeck und dem Rest der Ampel den Grab­stein für die deut­sche Indus­trie errich­ten. Und in nicht all­zu fer­ner Zeit wird man sich in Deutsch­land fra­gen, ob man sie nicht bes­ser ein­fach mit in SPAR 19 gesetzt hät­te – um das Wohl des deut­schen Vol­kes zu meh­ren und Scha­den von ihm abzuwenden.

Dag­mar Henn ist Mit­glied des Deut­schen Frei­den­ker-Ver­ban­des, von des­sen Web­site frei​den​ker​.org der Bei­trag über­nom­men wur­de. Erst­ver­öf­fent­li­chung am 02.08.2022 auf RT DE.

Bild: Anna­le­na Baer­bock, 2021 nach einem Wahl­kampf­auf­tritt in Mün­chen (Foto: Micha­el Lucan, CC BY-SA 3.0 de, Quel­le: https://​com​mons​.wiki​me​dia​.org/​w​/​i​n​d​e​x​.​p​h​p​?​c​u​r​i​d​=​1​1​0​5​8​7​281)

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