Eine Impf­pflicht mit Covid-19 Vak­zi­nen ist nach der­zei­ti­gem wis­sen­schaft­li­chen Kennt­nis­stand recht­lich und ethisch nicht begründbar

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Die von Befür­wor­tern einer all­ge­mei­nen Impf­pflicht ver­tre­te­ne Auf­fas­sung, dass die kol­lek­ti­ve Imp­fung in der gegen­wär­ti­gen Situa­ti­on alter­na­tiv­los sei, ist nach der­zei­ti­gem wis­sen­schaft­li­chen Kennt­nis­stand unhalt­bar. Es gibt kei­ne den übli­chen Stan­dards fol­gen­den wis­sen­schaft­li­chen Daten, die bele­gen, dass die Imp­fung für jede Bür­ge­rin, jeden Bür­ger unab­hän­gig von Alter, Geschlecht, Vor­er­kran­kun­gen oder ande­ren Fak­to­ren mehr Nut­zen als Scha­den stif­tet. Weder lie­gen hier­zu die übli­cher­wei­se in Zulas­sungs­ver­fah­ren gefor­der­ten Daten aus ran­do­mi­sier­ten kon­trol­lier­ten Stu­di­en noch aus epi­de­mio­lo­gi­schen Kohor­ten mit hin­rei­chen­der Qua­li­tät vor. Für gro­ße Grup­pen der Bevöl­ke­rung gibt es über­haupt kei­ne Evi­denz für einen Nut­zen, zum Bei­spiel für gesun­de Kin­der und jun­ge Erwach­se­ne oder für Schwan­ge­re im ers­ten Drit­tel der Schwan­ger­schaft. Dage­gen ist ein Scha­den nicht aus­zu­schlie­ßen, son­dern ist mit einer gewis­sen Wahr­schein­lich­keit sogar anzu­neh­men. Sol­che Grup­pen zur Imp­fung zu nöti­gen, heißt von ihnen zu for­dern, dass sie eine Kör­per­ver­let­zung hin­neh­men. Die Fra­ge, ob eine Imp­fung für eine kon­kre­te Per­son sinn­voll ist oder nicht, ver­bleibt eine indi­vi­du­el­le Ent­schei­dung, die ggfs. nach Rück­spra­che mit einer Ärztin/​Arzt des Ver­trau­ens von jeder Bür­ge­rin und jedem Bür­ger, bzw. von Eltern in eige­ner Ver­ant­wor­tung beant­wor­tet wer­den muss. Die immer wie­der pos­tu­lier­te »Not­la­ge« ist hypo­the­tisch und muss nach fast zwei Jah­ren in einem der best­ent­wi­ckel­ten Gesund­heits­sys­te­me der Welt als unrea­lis­tisch betrach­tet wer­den. Die schein­ba­re Begrün­dung einer sol­chen Not­la­ge durch mathe­ma­ti­sche Model­le führt in die Irre. Sofern trotz der in Deutsch­land ver­füg­ba­ren Kapa­zi­tä­ten Ver­sor­gungs­pro­ble­me auf­tre­ten, ist viel­mehr nach der poli­ti­schen und orga­ni­sa­to­ri­schen Ver­ant­wor­tung zu fragen.

Dem Staat fehlt nach dem Vor­ge­sag­ten jeg­li­che wis­sen­schaft­li­che, recht­li­che und ethi­sche Legi­ti­ma­ti­on, sich über den Wil­len von Bür­ge­rin­nen und Bür­gern hinwegzusetzen.

Neben der all­ge­mei­nen Impf­pflicht wird die Impf­pflicht für bestimm­te Berufs­grup­pen wie Kran­ken­haus­per­so­nal, Beschäf­tig­te in der Pfle­ge etc. unter dem Gesichts­punkt eines erhöh­ten Schutz­be­darfs vul­nerabler Grup­pen dis­ku­tiert. Die bis­he­ri­gen Erfah­run­gen in der Bun­des­re­pu­blik zei­gen, dass nach einer gewis­sen Ein­schwing­zeit am Anfang der Pan­de­mie die pro­fes­sio­nel­le Hygie­ne die­ser Berufs­grup­pen aus­rei­chend ist, Aus­brü­che wei­test­ge­hend zu ver­hin­dern. Eine gene­rel­le Impf­pflicht in die­sen Berufs­grup­pen muss somit als unver­hält­nis­mä­ßig ange­se­hen wer­den, auch und gera­de vor dem Hin­ter­grund einer Infi­zier­bar­keit durch Geimpf­te. Ein kon­se­quen­ter Infek­ti­ons­schutz erfor­dert bei ent­spre­chen­der epi­de­mi­scher Lage die Tes­tung des Per­so­nals unab­hän­gig von des­sen Immun­sta­tus, womit der Zusatz­nut­zen der Imp­fung frag­lich wird und eine Impf­pflicht nicht gerecht­fer­tigt wer­den kann.

Auch in die­ser Situa­ti­on hat der Staat nicht das Recht, die indi­vi­du­el­le Ent­schei­dung über die Imp­fung vor­zu­schrei­ben, da es nie­der­schwel­li­ge Maß­nah­men gibt, die den glei­chen Zweck erfüllen.

Unter­zeich­ner:

Prof. Dr. Karl-Heinz Jöckel, Essen, Prof. Dr. Ulrich Keil, Müns­ter, Dr. Ange­la Spelsberg, Aachen, Prof. Dr. Andre­as Schnepf, Tübin­gen, Prof. Dr. Micha­el Esfeld, Lau­sanne, Prof. Dr. Paul Cul­len, Müns­ter, Prof. Dr. Bern­hard Mül­ler, Mel­bourne, Prof. Dr. Boris Kot­chou­bey, Tübin­gen, Prof. Dr. Tobi­as Unruh, Erlan­gen, Dr. San­dra Kost­ner, Schwä­bisch Gmünd, Dr. René Kegel­mann, Stutt­gart, PD Dr. Ste­fan Luft, Bre­men, Prof. Dr. Harald Schwaet­zer, Biber­ach, Prof. Dr. Andre­as Bren­ner, Basel, Prof. Dr. Wolf­ram Schüf­fel, Mar­burg, Prof. Dr. Anke Stepp­uhn, Stutt­gart, Prof. Dr. Saskia Hek­ker, Hei­del­berg, Jun.-Prof. Dr. Alex­an­dra Eber­hardt, Pader­born, Dr. Hen­ning Nören­berg, Mal­mö, PD Dr. Axel Bernd Kun­ze, Bonn, Prof. Dr. Hen­rie­ke Stahl, Trier, Dr. Jens Schwacht­je, Nür­tin­gen, Prof. Dr. Chris­tin Wer­ner, Dres­den, Prof. Dr. Ole Döring, Ber­lin, Dr. Chris­ti­an Leh­mann, Mün­chen, Prof. Dr. Tho­mas Sören Hoff­mann, Hagen, Prof. Dr. Ste­fan Hom­burg, Han­no­ver, Prof. Dr. Sal­va­to­re Lavec­chia, Udi­ne, Prof. Dr. Stef­fen Roth, La Rochel­le und Vil­ni­us, Dr. Jan Doch­horn, Dur­ham, Prof. Dr. Gün­ter Roth, Mün­chen, Dr. Hans-Jörg Ulmer, Lein­fel­den-Ech­ter­din­gen, Prof. em. Dr. Ste­phan Rist, Bern, Prof. Dr. Wolf­gang Stölz­le, Bazen­heid, PD Dr. Rai­ner Kle­ment, Schwein­furt, Dr. Mat­thi­as Bur­chardt, Köln, Prof. Dr. Eber­hard Göpel, Bie­le­feld, Prof. Dr. Sven Hil­de­brandt, Dres­den, Dr. Jus­ti­ne Büch­ler, Dres­den, Prof. Dr. Mar­tin Wink­ler, Win­ter­thur, Dr. Agnes Imhof, Erlan­gen, Prof. Dr. Vik­to­ria Däsch­lein-Gess­ner, Bochum, Prof. Dr. Jörg Maty­sik, Leip­zig, Dr. Chris­ti­an Mézes, Schwä­bisch Gmünd, Dr. Moha­med Mah­de Saleh, Bonn, Prof. Dr. Alex­an­der Blan­kenagel, Ber­lin, Dr. Dana Sin­der­mann, St. Gal­len, Prof. Dr. Gerald Dyker, Bochum, Prof. Dr. Pie­tro Cor­va­ja, Udi­ne, Prof. Dr. Klaus Mora­wetz, Müns­ter, Prof. Kers­tin Behn­ke, Wei­mar, Prof. Dr. Chris­ti­na Zenk, Tros­sin­gen, Prof. Dr. Fried­rich Röp­ke, Hei­del­berg, Prof. Dr. Har­dy Bouil­lon, Trier

3 thoughts on “Eine Impf­pflicht mit Covid-19 Vak­zi­nen ist nach der­zei­ti­gem wis­sen­schaft­li­chen Kennt­nis­stand recht­lich und ethisch nicht begründbar

  1. Bra­vo, mein volls­ter Respekt den Unterzeichnern.
    Ver­su­che auch wei­ter­hin, wenn’s die Arbeit zulässt, an den fried­li­chen Mon­tags­spa­zier­gän­gen teil­zu­neh­men. Kann jedem, dem was an unse­rer Demo­kra­tie liegt, nur dazu raten kommt mit. Lasst sie sehen, was wir von Impf­zwang halten.

  2. Wur­de die­ser Brief an Ent­schei­dungs­trä­ger ver­sen­det, wenn ja an wen? An alle Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten, den Ethik­rat, das BfG?

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