Gegen den Frieden der Unterdrücker!

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Deinem Urgroßvater
Haben sie erzählt:
Gegen den Erbfeind.
Für das Vaterland.
Und er hat das tatsächlich geglaubt.
Was hat er gekriegt?
Granatsplitter in Beine
Und Kopp
Vor Verdun.

Deinem Großvater sagten sie:
Gegen die slawischen Horden.
Für die abendländische Kultur.
Er hat das wirklich geglaubt.
Was hat er gekriegt?
Bauchschuß und
Einen verrückten Kopp
Vor Stalingrad.

Deinem Vater erzählen sie jetzt:
Gegen die Völkermörder.
Für die Menschenrechte.
Für den Frieden.
Unglaublich – er glaubt’s.
Was er wohl kriegt?
Und wo wird das sein –
Diesmal?

Franz-​Josef Degenhart

Seit 2022 ist in Deutschland Zeitenwende. In seiner Rede vom 27. Februar 2022 erklärte der Bundeskanzler, dass es Frieden in Europa nur mit einem besiegten Russland geben wird. Dieser Sieg setze »eigene Stärke« voraus. Diese neue Stärke beinhaltet vielleicht schon bald die Entsendung von deutschen Soldaten in die Ukraine. Die Zeitenwende beinhaltet, so Pistorius, in fünf Jahren Krieg gegen Russland führen zu können.

Auch in Palästina gilt für die Bundesregierung: Frieden gibt es nur mit einer besiegten Hamas. Bei über 32.000 Toten, die der zionistische Genozid seit dem 7. Oktober 2023 gefordert hat, reden sie allen Ernstes weiterhin davon, dass Israel sich »selbst verteidigen« dürfe. Die Friedensbewegung steht in diesen Zeiten unter enormem Druck, und hat große Schwierigkeiten ihre Rolle zu finden, offensiv nach außen zu treten.

Der Frieden des Westens

Die Bundesregierung, so wie alle NATO-​Regierungen, kämpft für den »Frieden«. Dieser Frieden ist für sie die »freiheitlich-​demokratische Weltordnung« unter ihrer Vorherrschaft. Alle politischen Kräfte, die sich dieser Weltordnung nicht weiter unterordnen wollen, sind Störer des Friedens. Ihre politischen Ziele wären illegitim, autoritär und müssen in Jugoslawien, Afghanistan, Irak oder Lybien gewaltsam bekämpft werden. Dann herrscht wieder Frieden.

So ist es auch in der Zeitenwende: Der Militäreinsatz Russlands in der Ukraine sei ein »völkerrechtswidriger Angriffskrieg«, der den »Frieden in Europa« gefährde. Somit bedürfe es für die notwendige »Ruinierung« Russlands keiner weiteren Erklärung. Die Militäroperation des palästinensischen Widerstandes gegen die zionistischen Besatzer sei ein »barbarischer Terrorakt«, somit sei für die Ausrottung des Widerstands jedes Mittel recht- auch ein Genozid.

Es zeigt sich: Die »Verurteilung« dieser Aktionen ist der Freifahrtschein für den Kriegseinsatz.

Erlaubte und unerlaubte Kritik

Seit Beginn der Zeitenwende ist eine kritische Begleitung der deutschen Kriegs- und Völkermordbeteiligung durchaus präsent. Die »sozialen Auswirkungen« des Krieges für die Bevölkerung in Deutschland durch die steigenden Energiepreise und der »Nutzen« der immer weitergehenden Waffenlieferungen an die Ukraine werden durchaus kritisch kommentiert. Und auch die »Verhältnismäßigkeit« des israelischen Massenmords und ihr tatsächlicher Nutzen für die »Vernichtung der Hamas« sind Gesprächsthema der sogenannten demokratischen Öffentlichkeit. So lange also die moralische Gretchenfrage – die Verurteilung des Feindes und die Notwendigkeit seiner Vernichtung – richtig beantwortet wird, ist »Kritik« erlaubt.

An dieser Stelle liegen die Grenzen der Meinungsfreiheit und des politisch Sagbaren. Dass der erklärte Feind möglicherweise einen guten Grund für seine Aktion hat, das ist unsagbar. Wer es auch nur wagt, den russischen Militäreinsatz mit der zunehmenden Bedrohung durch die NATO zu erklären findet sich mit dem Vorwurf der »Belohnung und Billigung eines Angriffskriegs« schnell vor dem Strafrichter wieder. Das gleiche gilt für Aktivisten, welche die Aktionen des palästinensischen Widerstands gegen Israel als völkerrechtlich verbrieftes Recht eines Volkes unter Besatzung bezeichnen.

Die Friedensbewegung

Die »Deutsche Friedensgesellschaft- Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen« (DFG-​VK) hat den russischen Militäreinsatz als »völkerrechtswidrigen Angriffskrieg« verurteilt. Ihre bayrische Sektion verurteilt die palästinensische Militäroperation vom 7. Oktober als »Exzesse und Morde der Hamas-​Terroristen«, für die es »keine Rechtfertigung« gäbe. Sie ist damit voll auf Linie der Bundesregierung und der NATO, die sie für ihre Kriegstreiberei eigentlich kritisieren will. Sie unterstützt damit, ob sie will oder nicht, die Kriegshetze gegen Russland und den Genozid Israels an den Palästinensern.

Auch in den Bündnissen, in denen wir aktiv sind, kennen wir die Diskussionen um die Aufrufe. Häufig wird argumentiert, dass man zum Zweck der »Anknüpfungsfähigkeit« seine Positionen abschwächen müsste.

Es stellt sich jedoch die Frage: An wen will man da eigentlich anknüpfen?

Eine Friedens- bzw. Anti-​Kriegs-​Bewegung, welche die aggressive Rolle der NATO, oder der Besatzungsmacht Israel nicht erkennt und das Narrativ der Kriegstreiber bedient, wird damit in letzter Konsequenz eine Pro-​Kriegs-​Bewegung. Sie verurteilt die Gewalt der Unterdrückten so wie es die Unterdrücker tun.

Wir müssen erkennen, was der moralische Druck auf die Kriegsgegner erreichen soll: Er ist der Versuch, jegliche ernsthafte oppositionelle Stimme gegen den Kriegskurs im Keim zu erdrücken! Er soll Menschen mit einem ehrlichen Willen nach Frieden auf den menschenrechtsimperialistischen Kurs der Baerbocks und Strack-​Zimmermanns bringen. Das ist der tödliche Frieden, den sie mit ihren ständigen Kriegen sichern wollen. Er ist nicht unser Frieden.

Die Friedensbewegung muss sich, wenn sie eine Friedensbewegung sein will, gegen den deutschen Krieg gegen Russland wenden. Sie muss die Unterstützung der ukrainischen Faschisten angreifen. Und sie muss sich an die Seite der palästinensischen Befreiungsbewegung stellen!

Auf den diesjährigen Ostermärschen muss die Parole heißen:

Stoppt den Krieg gegen Russland!

Stoppt den zionistischen Genozid!

Gegen die deutsche Staatsräson!

Freiheit für Palästina!

Zuerst erschienen auf der Website der Kommunistischen Organisation

Bild: Transparent der Kommunistischen Organisation auf einer Friedensdemonstration

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