Ein Volldesaster: Lauterbachs Long‐​COVID‐​Initiative und Brinkmanns Karrieresprung

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellte seine »Initiative Long COVID« vor, inklusive einer aufschlussreichen neuen Website. Opfer der leichtfertig propagierten COVID‐​19‐​Impfung erfahren dabei erneut Statistenstatus. Die Virologin Melanie Brinkmann darf sich über einen neuen Job freuen, und Christian Drosten meldete sich auch mal wieder zu Wort.

Sehr weich fallen, eher dahinsinken, heißt das angenehme Momentum der Stunde für die forderndsten Protagonisten einer ausufernden Corona‐​Verordnungspolitik. Spürbare Konsequenzen musste bis dato keiner der verantwortlichen Einpeitscher und Gesellschaftsspalter der drei dunklen Jahre 2020 bis 2022 befürchten, erahnen oder sogar erleben. Die zurückliegenden Tage belegen: Politik und Wissenschaft gehen unbeeindruckt und anmaßend zur Tagesordnung über.

Woraus resultiert diese jüngste ernüchternde Erkenntnis? Am 12. Juli stellte der unantastbare Karl Lauterbach mal wieder eine Innovation aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) vor – natürlich rein wohlmeinend und besorgt hinsichtlich einer betreuten Hilfsstellung erkrankter Bürger im Land. »Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verhandelt aktuell mit dem Haushaltsausschuss des Bundestages über Gelder für ein Forschungsprogramm zu Long COVID sowie Post‐​Vac, also Impfschäden durch die Corona‐​Vakzine«, vermeldete die Krankenversicherung AOK im März dieses Jahres. Wörtlich heißt es:

Im Januar hatte Lauterbach konkret 100 Millionen Euro für ein solches Programm in Aussicht gestellt, aktuell nannte er keine genaue Zahl mehr.

Die ARD‐​Tagesschau informierte am 12. Juli nun über die Verhältnisse wenige Monate später:

41 Millionen Euro sollen in die Erforschung der Folgeerkrankung nach einer Covid‐​Infektion investiert werden, davon 21 Millionen Euro in die Versorgungsforschung und 20 Millionen Euro in einen Forschungsschwerpunkt Long Covid.

Vor der anwesenden Hauptstadtpresse klang der Minister nun eher leise, ohne das gewohnte Selbstbewusstsein im schmalen Brustton. Gleich zu Beginn der angekündigten »BMG‐​Initiative Long COVID« lautete die Wahrnehmung des Ministers:

Für die Menschen mit Long COVID ist die Pandemie leider aber noch lange nicht beendet. Sie leiden noch immer unter den Folgen, und wir haben auch mittlerweile auch Hinweise, dass viele Betroffene auch dauerhaft von Long COVID wahrscheinlich (!) betroffen sein werden.

Und? Und weiter?, möchte man ihm zurufen. Haben Sie nicht eine wesentliche Opfergruppe der Corona‐​Jahre mit identischem Status quo und Leidensweg vergessen? Hat er, diese wurden erst im Anschluss bei der Befragung thematisiert. Die nachweisliche Dokumentation ist schockierend in ihrer Wirkung und belegt das aktuelle Desaster des negierten Leidens der Betroffenen im Land. Das Tondokument bestätigt den fatalen Leichtsinn und die Nachlässigkeit der verantwortlichen Ministerien und Wissenschaftseinrichtungen des Landes – wie dem RKI und dem Paul‐​Ehrlich‐​Institut (PEI) – von Beginn einer forcierten und provozierten Ausnahmesituation an.

Zu erwartende Irritationen und mögliche folgenschwere bis hin zu tödlichen Nebeneffekte hinsichtlich eines neuartigen mRNA‐​Wirkstoffeinsatzes wurden fahrlässig schlicht nicht dokumentiert. Eine Journalistin wies Lauterbach darauf hin, dass das Thema »COVID‐​Impfopfer« in seinen Ausführungen keinerlei Erwähnung fand. Sie wollte daher wissen, ob dem Minister belegbare Zahlen zum Thema »Post‐​Vac« vorliegen. Zudem wollte sie eine BMG‐​Definition zum gleichen Thema erfahren. Lauterbach stutzte und fragte irritiert allen Ernstes nach: »Was ist jetzt genau die Frage?« Seine Folgeantwort lautete: »Nein, es gibt keine belastbaren Zahlen, die wir offiziell hätten.« Dann bat er sichtlich angespannt den beisitzenden Prof. Dr. Bernhard Schieffer, Leiter der Ambulanz für mRNA‐​Impfgeschädigte der Uniklinik Marburg – Lauterbach: »Ein Experte« – um ergänzende Angaben. Die Antwort Schieffers – ein Desaster für die Bundesregierung und dieser zuarbeitende Instituten:

Eine genaue Erfassung dazu gibt es nicht, muss man tatsächlich sagen. Das Einzige, was wir definitv wissen, was wir über die letzten Jahre beobachtet haben, ist, dass die Symptomatik, die klinische Symptomatik von Post‐​Vac tatsächlich fast identisch ist zu der von Post‐​COVID nach Infektion. Es gibt diese Impfnebenwirkungen. Wir hätten wahrscheinlich vor drei Jahren anfangen müssen, das ganz konsequent zu erfassen. Zahlen dazu, in Deutschland, kann man tatsächlich dazu nur schätzen.

Zusammenfassend – ein unfassbarer Offenbarungseid. Das völlige Versagen kooperierender Verantwortlicher aus Politik und Wissenschaft. Auf der frisch gestalteten Website der »BMG‐​Initiative Long COVID« heißt es themenbezogen:

Seit Beginn der Impfkampagne wurden über 192 Millionen Impfdosen verabreicht. Daraus ergibt sich eine umfangreiche Datenlage zur Sicherheit der COVID‐​19‐​Impfstoffprodukte. Dennoch können Nebenwirkungen, in sehr seltenen Fällen schwerwiegende Nebenwirkungen bzw. Impfkomplikationen, auftreten.

Der Hinweis »umfangreiche Datenlage« ist also eine schlichte Falschbehauptung, eine dreiste Lüge. Zu erwartende Konsequenzen für die verantwortliche Fehldarstellung werden erfahrungsgemäß nicht erfolgen. Für Geschädigte, gutgläubige oder genötigte Bürger mit Folgeschäden nach Erhalt des mRNA‐​Wirkstoffs heißt es wörtlich belehrend und ernüchternd auf der BMG‐​Seite: »Der Begriff ›Post‐​Vac‹ stellt keine medizinisch definierte Bezeichnung einer Erkrankung dar.«

Was denn dann, bitte? Eine »Pech im Leben«-Diagnose? Ein »Wir waren alle irgendwie unsicher, was wir da tun«-Ereignis? Wurde die »COVID‐​Impfung« den Bürgern ans Herz gelegt, empfohlen, auch regelrecht aufgedrängt? Nachweislich ja! Unter anderem durch Melanie Brinkmann. Hatten die Fehldeutungen und ‑informationen der »renommierten Virologin« Folgewirkungen persönlicher Art?

  • Übergang des neuartigen Wirkstoffs in die Muttermilch – Brinkmann: »Das ist biologisch gar nicht möglich«
  • »Das Sicherheitsprofil dieser Impfstoffe ist phantastisch«

Ja, hatten sie: Sie darf ein biografisches Häkchen hinter den beruflichen Aufstieg setzen. So hieß es am 7. Juli auf der Website der TU Braunschweig informierend zur dort tätigen Virologin Brinkmann:

Obwohl es eine Vielzahl von Virologinnen, Infektionsforscherinnen gibt, die Führungspositionen in den deutschen Hochschulen und Forschungsinstituten innehaben, sind diese in der Öffentlichkeit meist wenig sichtbar.

Vielleicht weil sie auf ihre Arbeit und nicht auf medienwirksame Publicity fokussiert sind? Es seien »vor allem männliche Virologen, die in den Medien auftraten und sich als Berater der Politik positionierten«. Daher verkündet die TU Braunschweig weiter, dass »das Bundesministerium für Bildung und Forschung in den kommenden drei Jahren im Rahmen des Programms ‚Innovative Frauen im Fokus‘ den Aufbau eines Netzwerkes deutscher Infektionsforscherinnen unterstützt«. Zum Gründungsteam gehört – welch‘ Überraschung – auch »Professorin Melanie Brinkmann«. Jene Frau, die erneut im Fernsehen eine »77‐​prozentige Impfquote« im Land als »eine demokratische Impfpflichtentscheidung« empfand und verstanden wissen wollte.

Medien‐​Darling und Charité‐​Virologe Christian Drosten durfte sich während eines Wohlfühltermins in Frankfurt am Main am 10. Juli gewohnt gnädig und mit leicht genervtem Unterton rückblickend zur Corona‐​Krise äußern. »Herausforderungen und Lehren aus der Pandemie« lautete das Thema. Hessens Sozialminister Kai Klose (Grüne) stellte zur Begrüßung beeindruckenderweise fest: »Wir haben in diesen drei Jahren viel gelernt.« Chapeau, gut zusammengefasst. Was durfte nun Drosten beitragen zur Erkenntnisbestätigung? Laut der lokalen Hessenschau waren es bedrückende und belastende Zeiten:

Er war der Erklärer der Pandemie und ein Ratgeber der Regierung. So wurde er Lieblingsfeind von Querdenkern und Objekt einer Kampagne der Bild‐Zeitung.

Drosten resümierte und präsentierte, in sich still leidend, in seinem Kurzvortrag gewohnt unwidersprochen und mit fraglichen Power‐​Point‐​Präsentationen geschmückt laut Hessenschau:

›Ganz viele Trugschlüsse‹, ›entsetzlich viele logische Fehler‹, ›unselige Debatten‹, ›ignorierte Fakten‹, ›traurige Entwicklung für unsere Gesellschaft‹ – Stichworte aus seiner Rede zeigten, wie sehr seine Erfahrungen noch am Virologen Christian Drosten nagen.

Drosten durfte dabei erneut behaupten, dass durch »frühe Erfolge in der Diagnostik und Maßnahmen wie den Lockdown im Frühjahr 2020 in Deutschland rund 60.000 Menschenleben gerettet« wurden. Der »Keim des Wissenschaftszweifels« sei allein von »eitlen Selbstdarstellern« gesät worden. Journalisten hätten die wenigen verlässlichen Daten mit Begriffen wie »Modellierer des Grauens« auch noch »durch den Kakao gezogen«. Er erinnerte laut Hessenschau auch »an Angriffe unter Kollegen: ‚Das war sehr schlecht für den Glauben der Bevölkerung an der Wissenschaft‘.« Dabei wurde den Lesern Drostens arrogantes Agieren in dieser Zeit bewusst vorenthalten:

Bild: Twitter: @holmenkollin

Aktuelle Studien schätzen die »volkswirtschaftlichen Kosten« des argumentativ dehnbaren Phänomens Long COVID »auf über fünf Milliarden Euro jährlich«. Die Kosten für »Post‐​Vac«, also mRNA‐​Geschädigte, dabei nicht einbezogen, vergessen, vermischt oder laut BMG‐​Studienlage unterschlagen? Das Lauterbach‐​Ministerium will laut Ankündigung am 12. September dieses Jahres »unter anderem Expertinnen, Experten & Betroffene an einem Runden Tisch zusammenbringen«. Man möchte dann »ein Bild davon bekommen, was in der Praxis erlebt wird & was die Bedürfnisse der Betroffenen sind. Das wollen wir regelmäßig wiederholen«.

Das klingt und ist unglaubwürdig, schlicht eine weitere BMG‐​Nebelgranate. Hunderttausende, wenn nicht Millionen psychische wie auch physische Opfer der drei dunklen Corona‐​Jahre werden auch weiterhin in ihrem Schicksal mehrheitlich von der verantwortlichen Politik alleingelassen und vergessen. Früher nannte man so etwas »Karteileichen«.

Es ist ein grauenhaftes Volldesaster, ein Gesellschaftsskandal erster Güte, der auch weiterhin regelmäßig thematisiert und aufgearbeitet werden muss.

Bernhard Loyen ist freier Journalist und schreibt für verschiedene alternative Portale, der Artikel wurde von der Website freidenker​.org übernommen, Erstveröffentlichung am 13.07.2023 auf RT DE

Bild: Karl Lauterbach auf dem ColognePride 2023, 08.07.2023 (Foto: © Raimond Spekking /​CC BY‐​SA 4.0)

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