»Preußenschlag« 20. Juli 1932

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Am 20. Juli 1932 ersetzte der deutsche Reichspräsident Paul Hindenburg auf dem Verordnungsweg den preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun (SPD) durch einen Reichskommissar. Wenige Monate zuvor war Hindenburg, ein Vertreter von Reichswehr und Großgrundherrschaft, der später Hitler zum Reichskanzler ernannte, mit Hilfe der SPD-​Führung zum Reichspräsidenten gemacht geworden – als »kleineres Übel« unter dem Motto: »Schlagt Hitler! Darum wählt Hindenburg!« 1

Nach einer verbreiteten Erzählung fiel mit der Regierung und relativen Selbständigkeit Preußens das letzte »demokratische Bollwerk« gegen den Faschismus.

Die Rechtsgrundlage für den dann so genannten »Preußenschlag« bot Artikel 48 der Weimarer Verfassung, angewandt schon einmal im Auftrag des Reichspräsidenten Friedrich Ebert (SPD) unter der Großen Koalition aus Deutscher Volkspartei (DVP), SPD, Zentrum und Deutscher Demokratischer Partei (DDP) 1923 gegen Sachsen und Thüringen. Die KPD hatte dort ihre Regierungsbeteiligungen genutzt, um mit sowjetischer militärischer und finanzieller Unterstützung eine Revolution vorzubereiten, die dann abgeblasen wurde (in Hamburg irrtümlich nicht, was in den »Hamburger Aufstand von 1923« mündete).2

»…Der Reichspräsident kann, wenn im Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen … Von allen … getroffenen Maßnahmen hat der Reichspräsident unverzüglich dem Reichstag Kenntnis zu geben. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichstags außer Kraft zu setzen.«
(Verfassung des Deutschen Reiches 1919, Artikel 48)

Dem »Preußenschlag« war eine passende Bitte des preußischen Landtagspräsidenten Kerrl (NSDAP) und ein vom Vorsitzenden des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Alfred Krupp, geäußerter Wunsch nach Verhängung eines reichsweiten Ausnahmezustands vorangegangen 3. Hindenburgs Reichskommissar, Reichskanzler Franz Papen, erklärte in einer Rundfunkansprache, worum es der Reichsregierung angeblich ging:

Mit der Einsetzung eines Reichskommissars solle »eine geordnete Durchführung des Wahlkampfes« sichergestellt werden. Wegen der Sitzverteilung im preußischen Landtag sei die Regierung Preußens von der KPD abhängig. Der eigentliche Grund für die durch kommunistische Terrorgruppen« erzeugte besondere »Unruhe« in Preußen bestehe darin, dass »eine Reihe von maßgebenden Persönlichkeiten die innere Unabhängigkeit« verloren habe, ausreichende Maßnahmen gegen die »staatsfeindliche Kommunistische Partei« zu ergreifen.4

Sitzverteilung im preußischen Landtag
nach der Wahl vom 24. April 1932
Sitzverteilung im preußischen Landtag
nach der Wahl vom 5. März 1933 5

Einheitsfront?

Papen spielte in seiner Rede auf folgende Vorgänge an: Im Juni 1932 hatte Albert Grzesinski (SPD), der Berliner Polizeipräsident und Popularisierer des auf die Polizei bezogenen Ausdrucks »Freund und Helfer«, öffentlich ein Zusammengehen mit der KPD vorgeschlagen.6

Drei Jahre zuvor, 1929 hatte sich Grzesinski als preußischer Innenminister noch für ein reichsweites Verbot des Rotfrontkämpferbunds (RFB) stark gemacht, nachdem er in Preußen den Belagerungszustand ausgerufen, den RFB verboten und die Auflösung »der radikalen Organisationen« angedroht hatte. Die KPD-​Opposition, eine 1929 entstandene Abspaltung von der KPD um die früheren KPD-​Vorsitzenden Heinrich Brandler und August Thalheimer, schrieb zu diesem Anlass:

»Was der selige Bürgerblock nicht fertig brachte – den RFB zu verbieten – das unternimmt heute der Sozialdemokrat Grzesinski. … Die Sozialdemokraten wollen in die Regierung, also schlucken sie [die Wiederaufrüstung,] den Panzerkreuzer. Sie wollen in der Regierung bleiben, also belasten sie die Werktätigen mit neuen Steuern. … Der stückweise Abbau der bürgerlichen Demokratie, der demokratischen Rechte, der Feldzug zur Vernichtung der revolutionären Arbeiterbewegung, die Diktatur auf Raten, das ist eine Saat, deren Früchte bestimmt nicht Herr Grzesinski und seine Freunde ernten werden. Das ist die Vorarbeit für eine offene kapitalistische Diktatur, die, wenn sie kommt, zuerst die Grzesinskis aus ihren Ministersesseln kippen wird.« 7

Im Juni oder Anfang Juli 1932 traf sich der preußische Staatssekretär Abegg mit Vertretern der KPD, um, wie er angab, eine Verminderung der militanten Aktivitäten zu erwirken. Reichsregierung und Presse skandalisierten dieses Treffen als »Verschwörung«. Aus bürgerlicher Sicht war das nicht ganz abwegig, da die KPD-​Führung aus ihrem Umsturzwillen kein Geheimnis machte und die enge politische und logistische Zusammenarbeit dieser Partei mit einer fremden Regierung bekannt war. (Dass so eine Partei nicht verboten wurde, wie es später in der BRD geschah, zeugt von der großen demokratischen Toleranz der Weimarer Republik oder vom starken Rückhalt der Partei in der Arbeiter:innenschaft oder von beidem).

Abbeg, Mitglied der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und des SPD-​geführten Reichsbanners, mit Verbindungen zum Rockefeller-​Trust, war eine wichtige Figur im System: ständiger Vertreter des preußischen Innenministers Carl Severing (SPD); Organisator der preußischen Polizei seit 1923 und Leiter der Politischen Polizei Preußens, die sich u.a. mit den Finanzquellen der NSDAP in den USA befasste.8

Karte des Deutschen Reiches 1919 – 1937, in Blau: Preußen.9
Zwischen »Schleswig-​Holstein« und »Provinz Hannover« als roter Fleck: die »Freie und Hansestadt Hamburg«, die keinem Reichsland angehörte; rechts angrenzend im blauen Bereich Preußens befindet sich Altona.

SPD-​Spaltung?

In der Führung der SPD zeichnete sich eine Spaltung ab. Für den Flügel um den preußischen Innenminister Carl Severing kam ein Zusammengehen mit der KPD ganz und gar nicht in Frage.

Im Juni 1932 hatte sich Severing gegenüber der Reichsregierung für die Führung der preußischen Polizei durch das Reich ausgesprochen. Grzesinski und Abegg sollten demnach entmachtet werden. Die komplette Absetzung der preußischen Regierung lehnte Severing dabei ab. Ebenfalls im Juni verbot Severing das SPD-​Organ Vorwärts, nachdem es eine heftige Kritik an Papen publiziert hatte.10 Im preußischen Landtag forderte die KPD eine Aufhebung des Vorwärts-​Verbots, doch die SPD-​Fraktion verhielt sich still.

Severings vielzitierter Rausschmiss aus dem Amtszimmer beim »Preußenschlag« war nach Aussagen des als Reichskommissar für das preußische Innenministerium eingesetzten Franz Bracht (Oberbürgermeister von Essen, ehemaliges Mitglied des Zentrums) in einer »freundlichen Unterhaltung« zuvor arrangiert worden. 11

Sollte der gesamte »Preußenschlag« oder eine weniger einschneidende Variante davon mit Personen der SPD-​Spitze abgesprochen worden sein, wäre das nicht erstaunlich. Allgemein wird in der Geschichtsschreibung mit einem gewissen Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass die preußische Regierung Möglichkeiten eines erfolgversprechenden Widerstands ungenutzt ließ.

Preußen umfasste 60 Prozent der Gesamtbevölkerung des Deutschen Reichs. Ohne irgendeine Form der Rückversicherung war für die Reichsregierung wie auch für die weitere Entwicklung der Nation als Ganzes der »Preußenschlag« mit großen Unwägbarkeiten verbunden, bei fraglichem Nutzen. Denn in den zehn Tagen bis zur nächsten Reichstagswahl, deren Ausgang nur bedingt vorhersehbar war, ließen sich nicht allzuviele Weichen in Preußen stellen. Hauptsächlich wurden in dieser Zeit rund ein Sechstel der Führungskräfte des preußischen Staats- und Polizeiapparats in den Ruhestand oder Urlaub geschickt 12 – Leute, die man offensichtlich sehr schnell loswerden wollte; unter ihnen Abegg. Grzesinski wurde sogar verhaftet.

Handelte es sich um einen Präventivschlag, der verhindern sollte, dass die preußische Polizeimacht für einen anderen Regime-​Wechsel eingesetzt werden könnte als dem, zu dem es historisch kam? Die Möglichkeit einer Art Polizeiputsch stand so konkret im Raum, dass der Altonaer Polizeipräsident Eggerstedt (SPD) – derselbe, der den »NS-​Werbemarsch« am 17. Juli durch Altona genehmigt hatte – am 20. Juli 1932 Polizeioffiziere über ein Vorgehen der Polizei gegen den »Preußenschlag« befragte. Mit Berufung auf Abegg mochten die Polizeioffiziere diese Möglichkeit jedoch nicht wahrnehmen. 13

Sachzwänge?

Für Teile der SPD-​Spitze kam der »Preußenschlag« noch in anderer Hinsicht passend.

Seit April 1932 besaß die SPD-​Regierung Preußens, Braun-​Severing bzw. Severing-​Severing (Severing betätigte sich ab dem 6. Juni 1932 als Stellvertreter von Braun), keine demokratische Legitimation mehr und regierte mehr oder weniger nur noch aufgrund eines Geschäftsordnungsproblems: bei der gegebenen Sitzverteilung konnte das preußische Parlament eine neue Regierung nur mit Zustimmung der KPD zustande bringen.

»Der Gewalt zu weichen«, wie es Severing ausdrückte, machte sich besser als abgewählt zu werden. Für ihre Unfähigkeit, den Gesellschaftskarren wieder zum Laufen zu bringen, ist die SPD allerdings kaum verantwortlich zu machen. Keine Partei – auch keine linke Einheitsfront, wie sich am Produktionsrückgang und der Inflation im Frankreich Léon Blums zeigte – kann unter Aufrechterhaltung des privaten Eigentumsrechts an Kapital und Produktionsmitteln kapitalistische Systemkrisen beheben.

Außer einer Übernahme der grundlegenden Wirtschaftszweige durch das Proletariat konnte es keine »Bollwerke« gegen den Faschismus geben, weil die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Wirtschaftsweise bei deren Nichtfunktionieren Faschismus erfordert.

Unter Duldung der SPD-​Führung hatte Reichskanzler Brüning, ein an der London School of Economics ausgebildeter Ökonom, zwischen 1930 und 1932 durch »Notverordnungen« die parlamentarische Demokratie ausgehebelt. Das musste er tun, um Lohnsenkungen, Kürzungen von Sozialausgaben, Mietpreisbremsen und Steuererhöhungen durchsetzen zu können. Parallel sorgte die Zentralbank durch hohe Zinsen und andere Maßnahmen für erschwerte Kreditbedingungen und dadurch zum Nutzen von Großbanken für vermehrte Pleiten kleinerer Banken.14 Als Anfang Juni 1932 Hindenburg den Reichskanzlersessel von Brüning an Papen übergab, hatte man damit begonnen, »freie« Lohnarbeit durch »freiwilligen« Arbeitsdienst in Arbeitslagern zu ersetzen.

Die KPD-​Opposition bewies im politischen Gewusel jener Zeit erstaunlichen Durchblick, der nach den »Covid-​19-​Jahren« unter dem Gesichtpunkt möglicher Zukunften vielleicht nochmal anders gewürdigt werden kann als vorher. Im Mai/​Juni 1932 schrieb sie:

»An die Stelle der nichtparlamenarischen Regierung [Brüning], die sich aber noch auf parlamentarische Parteien stützte, tritt die außerparlamentarische Regierung [Papen] aus Nichtparlamentariern, das reine Präsidialkabinett, das seine Tätigkeit mit der Reichstagsauflösung beginnt und auch den Schein des parlamentarischen Regimes in Deutschland aufhebt. Wenn jetzt die Paladine der Brüning-​Regierung, die Zentrumsleute und ihre Gefolgsmannen, die sozialdemokratischen Führer, seufzend zu dem von ihnen erwählten Hindenburg emporblicken … und schüchtern an die Regeln der Verfassung erinnern, so muss festgestellt erden, dass die ganze Tätigkeit Brünings darauf hinauslief, die Weimarer Verfassung in einen wertlosen Fetzen Papier zu verwandeln und die bürgerliche Demokratie bis auf einen winzigen Rest abzubauen.« 15

»Die faschistische und die sozialdemokratische Methode sind beides Methoden bürgerlicher Politik, aber solche, die sich ausschließen … Die Bourgeoisie muss sich schließlich für die eine oder die andere entscheiden. Faschismus und Sozialdemokratie lassen sich nicht zusammenkoppeln. Die Sozialdemokratie bahnt dem Faschismus den Weg, indem sie die bürgerliche Demokratie abbauen und den Unternehmerangriff mit führen hilft. Aber würde sie dies in derselben Weise tun, wie der Faschismus, und bis zur Durchführung der faschistischen Diktatur, so würde sie dem Faschismus nicht den Weg bahnen – sondern ihn überflüssig machen!« 16

Indem politische Geschehnisse wie der »Preußenschlag« oder auch Auseinandersetzungen zwischen »Extremisten« als Ursachen für die Beseitigung der Demokratie herausgestellt werden, lässt sich die systemische Bedingtheit des Abbaus politischer Freiheiten bei schlecht laufender Wirtschaft vertuschen und in ökonomisch guten Zeiten die Illusion einer »Volksherrschaft« bei fehlender wirtschaftlicher Demokratie aufrecht erhalten.

Wie die Regierung Blum stand auch die deutsche Sozialdemokratie vor der Unumgänglichkeit, den Boden der auf die politische Sphäre beschränkten Demokratie in irgendeiner Richtung zu verlassen, oder eben das Regieren anderen zu überlassen. Der maßgebliche Teil der Sozialdemokratie hat ihn mit der Tolerierung von Notverordnungen, mit von ihr selbst erklärten Belagerungszuständen und Restriktionen demokratischer Rechte auf maschinengewehrbestückten Panzerwagen in Richtung Diktatur verlassen. Wie weit wäre dieser Teil der Sozialdemokratie gegangen, hätte das Kapital ihn gelassen?

Querfront?

Otto Braun, der Ministerpräsident Preußens, der sich seit dem 6. Juni 1932 mit »Burn-​Out-​Syndrom«, wie es heute wohl bezeichnet würde, in Krankheitsurlaub befand, so dass er beim »Preußenschlag« praktisch gar nicht abgesetzt zu werden brauchte, meinte, »dass das Experiment einer parlamentarischen Regierung mit den Nationalsozialisten gemacht werden müsse«.17 Eine Koalition SPD-​NSDAP-​Zentrum hielten er und andere SPD-​Funktionäre für möglich.18

Teile der Sozialdemokratie hofften – das erklärt teilweise ihre Untätigkeit beim »Preußenschlag« – auf eine Entwicklung in Richtung Staatssozialismus, wobei ihnen politische Freiheitsrechte ziemlich schnuppe waren.

Die Gewerkschaftszeitung, das Organ des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB, Vorläufer des heutigen DGB), schrieb kurz nach dem »Preußenschlag« 1932:

»Zu der gleichen Zeit, zu der die Entwicklung in Deutschland der politischen Demokratie ihre schwersten Wunden schlägt, feiert die Demokratisierung der Wirtschaft Triumphe. … Wird nun nicht die Beweisführung für die Richtigkeit der Lehre von der Demokratisierung der Wirtschaft jetzt in letzter Vollendung … abgerundet durch die Tatsache, dass der wirtschaftliche Ablauf nun auch den industriellen Privatkapitalismus zur Kapitulation gezwungen vor der höheren und mächtigeren Erhaltungs- und Gestaltungsfähigkeit des Staates, wie das in der Auslieferung der Vereinigten Stahlwerke in Form einer Transaktion von Aktienbesitz … an den Staat sich jetzt vollzogen hat19

Am 21. Juni 1932 veröffentlichten ADGB und AFA (Allgemeiner Freier Angestelltenbund) ein Umbauprogramm für die Wirtschaft: eine Verstaatlichung der Schlüsselindustrien und Banken läge »im Zuge der Zeit«, hieß es darin. Nach den Reichstagswahlem am 31. Juli 1932 reichte die SPD ein entsprechendes Antragspaket im Reichstag ein.

Ob dieser Gewerkschaftsströmung nicht bewusst war, dass die Anrufung des Staates als Krisenbewältiger einer Anrufung bestimmter Kapitalfraktionen gleichkam, jener nämlich, die den größten Einfluss im Staatsapparat ausübten?

Die in der Gewerkschaftszeitung erwähnte »Transaktion von Aktienbesitz« bezog sich auf den Aufkauf fauler Flick-​Aktien zu überhöhten Preisen durch die Brüning-​Regierung im Mai 1932, ein Zig-​Millionen-​Geschenk an Flick. Ein Jahr zuvor hatte die Regierung Brüning ein »Bankenrettungspaket« geschnürt, bei dem sie Schrott-​Aktien der Dresdner Bank aufkaufte mit dem Ergebnis (Unterschied zu heute!), dass das Reichswirtschaftsministerium 90 Prozent der Aktien die Dresdner Bank kontrollierte. Das Reichswirtschaftsministerium wiederum wurde während der Regierung Brüning und auch während der Regierung Papen von der IG-​Farben kontrolliert. Die IG-​Farben liebäugelte mit dem Strasser-​Flügel in der NSDAP und verhalf der SA zu schnieken Uniformen und Eisenteilen, so dass diese bis 1932 auf 200.000 Mann anwuchs.20

NSDAP-​Reichsorganisationsleiter Gregor Strasser, der im Dezember 1932 Vorstandsmitglied des Chemie- und Pharmariesen Schering-​Kahlbaum wurde, hatte im Mai 1932 dem ADGB ein Angebot zur Zusammenarbeit gemacht mit dem Ziel, Verstaatlichungen der Schwerindustrie und des Bankkapitals vorzunehmen. Diese lagen im Interesse der IG-​Farben wie auch der (nicht verstaatlichten) Deutschen Bank, insofern diese Kapitalfraktionen die Reichsregierung kontrollierten.21

Fußnoten

2 Siehe z.B. Brief Radeks und Jurij Pjatakovs zur Lage in Berlin und der Untätigkeit der KPD vor dem Aufstand 29.10.1923, in: Hermann Weber, Jakov Drabkin, Bernhard H. Bayerlein (Hrsg.): Deutschland, Russland, Komintern – II. Dokumente (1918 – 1943), S. 333. Siehe auch Materialien zum Hamburger Aufstand beim Projekt Materialien zur Analyse von Opposition (MAO) und Ernst Thälmann 1925: Die Lehren des Hamburger Aufstandes.

3 Akten der Reichskanzlei – Das Kabinett von Papen Band 1, Dokument Nr. 63 Ministerbesprechung vom 16. Juli 1932, 11 Uhr, Punkt 6. Innenpolitische Lage. Krupp hatte den Präsidenten des Deutschen Landwirtschaftsrates, Ernst Brandes, zur Verstärkung.

4 Die vollständige Rede wurde in einer Zeitung der SAP abgedruckt, einer 1931 entstandenen Linksabspaltung der SPD, bei der Willy Brandt mitmachte: Der Funke 22. Juli 1932, S. 3

Der »Altonaer Blutsonntag« am 17. Juli 1932 wurde zur Legitimation des »Preußenschlags« nicht explizit genutzt, demonstrierte aber einmal mehr die Notwendigkeit, mit härteren Maßnahmen für »Ruhe« zu sorgen (eine Webseite des Deutschen Historischen Museums und ein Blog der Friedrich-​Ebert-​Stiftung erwecken einen anderen Eindruck, der mit redaktionellen Anmerkungen in den Akten der Reichskanzlei durch die herausgebende Institution zusammenhängen könnte). Hindenburg unterschrieb die »Preußenschlag«-Verordnung vor dem 17.7.1932 (Akten der Reichskanzlei – Das Kabinett von Papen Band 1, Dokument Nr. 63 Ministerbesprechung vom 16. Juli 1932, 11 Uhr, Punkt 6. Innenpolitische Lage). Zum genaueren Ablauf des »Preußenschlags« siehe auch Rudolf Morsey: Dokumentation zur Geschichte des »Preußenschlags« am 20. Juli 1932. Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Jg. 9 (1961) /​Heft 4. Institut für Zeitgeschichte.

5 Quelle der Zahlen: Andreas Gonschior

6 Rede Grzesinskis im Magdeburger Stadion 26.6.1932: »Komunisten und Sozialdemokraten sollten gegenseitig jeden Angriff einstellen … Sie sollten allein ihre Arbeit darauf konzentrieren, wie sie den faschistischen Gegner zum Stehen bringen«. Zit.n. Schirmann: Altonaer Blutsonntag 17. Juli 1932 – Dichtungen und Wahrheit. Ergebnisse Verlag Hamburg 1994, ISBN 3 – 87916-​018‑X , S. 23

7 Gegen den Strom Nr. 13, 30. März 1929, Band I, S. 281

8 Abegg verließ1933 Deutschland und soll dabei Materialien der Ermittlungen zur überseeischen Unterstützung der NSDAP mitgenommen haben, genannt »Abegg-​Archiv«. Zum Abegg-​Archiv gibt es mindestens zwei Deutungen: alles gefälscht (Jürgen Langowski: Das Abegg-​Archiv/​die Ermittlungen gegen Hitler); eher nicht gefälscht, aber dann zum Verschwinden gebracht (Karlheinz Deschner: Voll von Haß und Blindheit? Diesseits 4/​94).

9 Kartenquelle: Wikipedia 

10 Der Vorwärts vom 30.6.1932 nennt die Papen-​Regierung eine »getarnte Hiltler-​Regierung« (S. 3)

11 Klaus Epstein: Vom Kaiserreich zum Dritten Reich. Verlag Ullstein Frankfurt/​M. 1972, S. 233 Anm. 1 (Bericht Brachts an das Kabinett). Beim DHM gibt es eine Rundfunkansprache Brachts zum »Preußenschlag«. Danach begannen beobachtbare Vorbereitungen drei Tage zuvor, am 17. Juli.

12 André Schmiljun: Der Fall Preußens am 20. Juni 1932 – Studienarbeit. Humboldt-​Universität zu Berlin (Institut für Geschichtswissenschaften), Grin Verlag 2008, S. 19. Siehe auch E B Westermann: ›Ordinary Men‹ or ›Ideological Soldiers‹? Police Battalion 310 in Russia, 1942. German Studies Review, vol. 21, no. 1, 1998, pp. 41 – 68. JSTOR, https://​doi​.org/​1​0​.​2​3​0​7​/​1​4​3​2​392, S. 44

13 Schirmann: Altonaer Blutsonntag, a.a.O., S. 141

14 Von heutiger Austeritätspolitik unterschied sich die Politik der Brüning-​Regierung außer durch Hochhalten der Zinsen dadurch, dass nicht nur Arme, Lohnabhängige und untere Mittelständler:innen den Gürtel enger schnallen sollten, sondern auch Vermieter:innen und Reiche. So wagte es Brüning, die staatlichen Sozialausgaben für Großgrundbesitzer:innen anzutasten, woraufhin ihn Reichspräsident und Großgrundbesitzer Hindenburg aus dem Amt schmiss.

15 Gegen den Strom Band III, 4. Juni 1932, S. 135. Hervorhebung im Original.

16 Gegen den Strom Band III, 7. Mai 1932, S. 108. Hervorhebung im Original.

17 Schmiljun: Der Fall Preußens, a.a.O., S. 7

18 Schmiljun: Der Fall Preußens, a.a.O., S. 7f

19 Zit. n. Kurt Gossweiler: Der Putsch, der keiner war – Die Röhm-​Affäre 1934 und der Richtungskampf im deutschen Faschismus. Papy Rossa Verlag 2009 (Reprint von 1983), S. 197. Hervorhebungen im Originalartikel der Zeitung.

20 Man stelle sich den psychischen Effekt der Uniformen auf geldknappe Erwerbslose vor, zum Beispiel beim Abholen der Erwerbslosenunterstützung vom Amt.

21 In seinem Buch »Der Putsch, der keiner war – die Röhm-​Affäre 1934« zeigt Kurt Gossweiler die Verbindungen der Brüning- und Papen-​Regierungen mit dem Kapital im einzelnen auf.

Bild: Sofortsuspenssion von Hans Simons (SPD, Regierungspräsident in Schlesien) nach dem »Preußenschlag« (Wikipedia).

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