Schuss vor den Bug: Zum Kli­ma­volks­ent­scheid in Berlin

Lese­zeit7 min

In Ber­lin ist am 26. März 2023 der Kli­ma­volks­ent­scheid recht deut­lich geschei­tert. Das war ein ver­nehm­li­cher Schuss vor den Bug der Kli­ma­wen­der und Ver­ar­mungs­po­li­ti­ker. Dass sie aller­dings auch nur einen Jota an ihrer bevöl­ke­rungs­feind­li­chen Poli­tik ändern wer­den, darf bezwei­felt werden.

Wor­um geht es?

Mit dem Kli­ma­volks­ent­scheid woll­te die radi­ka­le Kli­ma­be­we­gung erzwin­gen, dass die Stadt Ber­lin schon 2030 und nicht erst 2045 kli­ma­neu­tral wird. Das bedeu­tet, bis zu die­sem Jahr müss­ten nach die­sen Geset­zes­ent­wurf 95 Pro­zent weni­ger CO2 und ande­re Treib­haus­ga­se emit­tiert wer­den als im Refe­renz­jahr 1990 (§3). Nach dem bis­he­ri­gen Ber­li­ner Kli­ma­schutz- und Ener­gie­wen­de­ge­setz von 2021 muss die­ses Emis­si­ons­ziel erst 2045 erreicht wer­den.1

Das Gesetz macht nur vage Vor­ga­ben, wie die­ses Kli­ma­ziel erreicht wer­den kann. Befürch­tet wer­den fol­gen­de Maßnahmen:

  • Still­le­gung des Flug­ha­fens Berlin-Brandenburg
  • Ver­bot der Nut­zung von Autos mit Ver­bren­nungs­mo­tor zumin­dest in der Innen­stadt, wenn nicht gar in ganz Berlin
  • Ein­stel­lung des sozia­len Woh­nungs­bau­ses, da jede Bau­maß­nah­me CO2 frei­setzt. Das gilt nach einer (bewusst?) feh­ler­haf­ten Taxo­no­mie beson­ders für den Betonbau
  • Zwangs­sa­nie­rung des öffent­li­chen und pri­va­ten Wohn­rau­mes und zwangs­wei­se Ein­bau von Wär­me­pum­pen. Die­se kön­nen nor­ma­le Woh­nun­gen jedoch nicht erwär­men und wer­den das Frie­ren zum Dau­er­zu­stand machen2
  • Mas­si­ve Ver­teue­rung von Ener­gie. Ver­ar­mung gro­ßer Bevölkerungsteile

Zwar heißt es auf der Web­sei­te der Befür­wor­ter des Kli­ma­volks­ent­schei­des: »Die Umset­zung der Kli­ma-Ver­pflich­tun­gen darf nicht auf Kos­ten der Mieter*innen gehen.« Im Gesetz selbst steht das aller­dings nicht.

Um die­se Maß­nah­men umzu­set­zen, sind min­des­tens 113 Mil­li­ar­den Euro erfor­der­lich, die ange­sichts der deso­la­ten Haus­halts­la­ge Ber­lins und der Schul­den­brem­se anders­wo ein­ge­spart wer­den müss­ten. Allein hier­durch käme es zu mas­si­vem Sozi­al­ab­bau und einem gro­ßen Ver­lust an Lebens­qua­li­tät. Fast alle Inves­ti­tio­nen Ber­lins wären dem Ziel der CO2-Reduk­ti­on unter­ge­ord­net. Die­se Gel­der wür­den direkt oder indi­rekt die Taschen von Olig­ar­chen wie Bill Gates flie­ßen, der mit sei­nem Fonds »Breakth­rough Ener­gy« unmit­tel­bar von der Kli­ma­pa­nik profitiert.

Der Kli­ma­schutz­rat wird auf Vor­schlag der für Kli­ma­schutz zustän­di­gen Senats­ver­wal­tung beru­fen und ach­tet nach dem Gesetz­ent­wurf auf die Ein­hal­tung der Kli­ma­schutz­ver­pflich­tun­gen. Auf die­se Wei­se wird die par­la­men­ta­ri­sche Demo­kra­tie durch ein nicht gewähl­tes Exper­ten­gre­mi­um aus­ge­he­belt. Er ist der ers­te Schritt zu einer Kli­ma­dik­ta­tur, die 2019 selbst die Grü­nen noch abge­lehnt haben.

Die Men­schen wür­den bei Annah­me die­ses Geset­zes­ent­wurfs in einen Schraub­stock von immer radi­ka­le­ren Reduk­ti­ons­ver­pflich­tun­gen ein­ge­spannt. Das Leben in Ber­lin wäre dann nicht mehr lebens­wert. Aber auf­ge­scho­ben ist nicht auf­ge­ho­ben. Nach dem jet­zi­gen Stand erfolgt die mas­si­ve Ver­ar­mung der Men­schen dann eben eini­ge Jah­re später.

Der Druck im deut­schen Dampf­kes­sel steigt

Im Som­mer 2022 wur­de ein Volks­be­geh­ren in Würz­burg ange­nom­men, so dass der letz­te Groß­park­platz der Stadt namens Tala­ve­ra den Men­schen wei­ter­hin kos­ten­los zur Ver­fü­gung steht. Eine Koali­ti­on des CDU-Bür­ger­meis­ters Chris­ti­an Schu­chardt3 und der Grü­nen woll­te Park­ge­büh­ren von min­des­tens 4 Euro pro Tag ein­füh­ren. Für die zahl­rei­chen Ein­pend­ler wäre das eine sozia­le Kata­stro­phe gewesen.

Die selbst aus Bay­ern stam­men­de und heu­te im rus­si­schen Exil leben­de Jour­na­lis­tin Dag­mar Henn hielt die­ses Abstim­mungs­er­geb­nis für einen Beleg dafür, dass der Druck im deut­schen Dampf­kes­sel steigt. Nor­ma­ler­wei­se mer­ken Poli­ti­ker nichts davon, denn es gibt an der Wahl­ka­bi­ne kei­ne Alter­na­ti­ve zu der radi­ka­len Ver­ar­mungs­po­li­tik, die spä­tes­tens seit 2020 unter den Vor­wän­den Coro­na, Krieg und Kli­ma gegen die Inter­es­sen der Bevöl­ke­rung gefah­ren wird.4

Nach der Nord­stream­spren­gung im Sep­tem­ber 2022, Dro­hun­gen, Dif­fa­mie­run­gen und schein­ba­ren Zuge­ständ­nis­sen ist auch Pro­test­be­we­gung gegen Russ­land­sank­tio­nen und hohe Ener­gie­prei­se eingegangen.

Aber in der Bevöl­ke­rung rumort es offen­bar. Denn als ob das alles nicht schlimm genug wäre, häu­fen sich seit Beginn des Jah­res 2023 die Beschlüs­se zu einer wei­te­ren radi­ka­len Ver­ar­mung der Menschen:

  • Ver­bren­ner­ver­bot ab 2035
  • Zwangs­sa­nie­rung von Wohn­raum ab 2030/35
  • Ver­bot von Öl- und Gas­hei­zun­gen ab 2024, Zwangs­ein­bau von Wär­me­pum­pen, die Alt­bau­ten aber gera­de nicht erwär­men können
  • Zer­stö­rung der Land­wirt­schaft und sym­me­trisch dazu Zulas­sung von ekel­haf­ten Insek­ten als Nahrungsmittel

Das Ver­bren­ner­ver­bot wur­de zwar for­mal auf­ge­ho­ben, aller­dings dür­fen ab 2035 nur noch syn­the­ti­sche Koh­len­was­ser­stof­fe in Ver­bren­nungs­mo­to­ren genutzt wer­den. Es ist zwar durch­aus mög­lich, sol­che zu erzeu­gen, aber bis heu­te gibt es kei­ne Syn­the­se­kom­ple­xe. Um den bis­he­ri­gen Ben­zin­ver­brauch von 52 Mil­lio­nen Ton­nen im Jahr 2022 zu erset­zen, dau­ert der Auf­bau die­ser Anla­gen Jahr­zehn­te, viel­leicht sogar eine gan­ze Gene­ra­ti­on. Die Bun­des­re­gie­rung macht aber noch nicht ein­mal Anstal­ten, auch nur einen die­ser Kom­ple­xe zu bauen.

Unter die­sen Umstän­den sahen die Ber­li­ner kei­nen Anlass, ihre eige­ne Ver­ar­mung auch noch zu beschleu­ni­gen. Zwar hat­ten die radi­ka­len Initia­to­ren des Volks­ent­schei­des mit 1,2 Mil­lio­nen Euro mehr Geld zur Ver­fü­gung gehabt als die Ber­li­ner Par­tei­en zur Abge­ord­ne­ten­haus­wahl und erst recht die Initia­to­ren ande­rer Volks­ent­schei­de. Die­se extrem hohen Beträ­ge kamen zusam­men vor allem durch Spen­den von US-Mul­ti­mil­li­ar­dä­ren, die in Deutsch­land ihren Pri­vat­wahl­kampf führ­ten.5

Zunächst sah es tat­säch­lich so aus, als wür­de der Ver­ar­mungs­ent­scheid durch­ge­hen. Ins­ge­samt nah­men 865.628 Men­schen oder 35,8 Pro­zent der Ber­li­ner Wahl­be­rech­tig­ten am Volks­ent­scheid teil. Wenn alle oder fast alle mit Ja gestimmt hät­ten, wäre das Quo­rum von 25 Pro­zent locker erreicht wor­den. Denn damit ein Beschluss­ent­wurf per Volks­ent­scheid ange­nom­men wird, muss nicht nur die Mehr­heit erreicht wer­den, son­dern es müs­sen zusätz­lich min­des­tens 25 Pro­zent der Abstim­mungs­be­rech­tig­ten, in die­sem Fall 607.518 Men­schen zustimmen.

Tat­säch­lich stimm­ten aber nur 442.210 Wäh­ler mit Ja und fast genau­so vie­le, 423.418, mit Nein. Damit konn­ten die Initia­to­ren im Ver­gleich zur Abge­ord­ne­ten­haus­wahl nur die Wäh­ler der Grü­nen und Tei­le der Lin­ken mobi­li­sie­ren mit Ja zu stim­men. Sie konn­ten ihr Wäh­ler­po­ten­ti­al nicht wesent­lich aus­wei­ten. Wäh­rend die wohl­ha­ben­den Innen­stadt­be­zir­ke wie Fried­richs­hain-Kreuz­berg und Mit­te weit über­wie­gend mit Ja stimm­ten, votier­ten die weni­ger begüns­tig­ten Außen­be­zir­ke wie Mar­zahn-Hel­lers­dorf, Lich­ten­berg, Ste­glitz-Zehlen­dorf und Span­dau teils weit über­wie­gend mit Nein.6

Die mas­si­ve Mobi­li­sie­rung der Grü­nen und der wohl­ha­ben­den Kli­ma­kids durch Olig­ar­chen­geld hat in die­sem Fall nur zu einer Gegen­mo­bi­li­sie­rung der weni­ger pri­vi­le­gier­ten Bevöl­ke­rungs­tei­le in den Außen­stadt­tei­len geführt. Aber die Olig­ar­chen haben schon ange­droht, es erneut ver­su­chen zu wollen.

Die Rech­ten profitieren

Noch gibt es gera­de im Bereich der Kli­ma­po­li­tik kei­ne par­tei­po­li­ti­sche Alter­na­ti­ve zur for­cier­ten Ver­ar­mung. Das muss aber nicht so blei­ben. Denn die rech­te öster­rei­chi­sche Par­tei FPÖ hat auf einer Vor­stands­klau­sur im März 2023 beschlos­sen, dass die Kli­ma­po­li­tik neben der Coro­na-Auf­ar­bei­tung und der Mas­sen­ein­wan­de­rung ein wei­te­rer Schwer­punkt ihrer Arbeit sein wird. Unter ande­rem befür­wor­ten sie CO2-Abschei­dung, För­de­rung der eige­nen Erd­gas­res­sour­cen unter ande­rem mit umwelt­freund­li­chen Frack­ing­tech­no­lo­gien und spre­chen sich gegen Wind­rä­der auf hohen Ber­gen aus. Sie will die Ver­ar­mung der Ver­ar­mung der Bevöl­ke­rung unter dem Vor­wand der Kli­ma­ret­tung nicht mehr hin­neh­men.7

Die­ser Kurs­wech­sel kommt in der Bevöl­ke­rung gut an. So schnell­ten die Umfra­ge­wer­te für die FPÖ im Bun­des­land Salz­burg, wo im April 2023 gewählt wird, von 18 auf 25 Pro­zent hoch. Auch auf Bun­des­ebe­ne liegt die FPÖ bei Umfra­gen an ers­ter Stel­le. Lei­der schmäh­te Par­tei­ob­man Kickl die Olig­ar­chen­plä­ne als »Kli­ma­kom­mu­nis­mus«.

Soll­te sich die­se Ent­wick­lung ver­ste­ti­gen und die Wagen­knecht-Par­tei wei­ter auf sich war­ten las­sen, dann dürf­te die Kri­tik an der wahn­sin­ni­gen Kli­ma­po­li­tik der EU und der Bun­des­re­gie­rung noch als stär­ker als bis­her als rechts kon­no­tiert wer­den. Der wei­ter stei­gen­de Druck im deut­schen Dampf­kes­sel führt dann nur dazu, dass die rech­te AfD rich­tig absah­nen könn­te und Wahl­er­geb­nis­se wie die Rech­ten in Frank­reich oder Ita­li­en ein­fährt. Wie aber die Ereig­nis­se in die­sen Län­dern gezeigt haben, die­nen sich die­se rech­ten Par­tei­en umstands­los den Olig­ar­chen als Sach­wal­ter an, sobald sie selbst an die Macht kom­men.8 Dar­an kön­nen wir natür­lich kein Inter­es­se haben. Es ist drin­gend not­wen­dig die Ver­ar­mungs­agen­da der Herr­schen­den unter dem Vor­wand des Kli­ma­schut­zes stär­ker als bis­her aus mar­xis­ti­scher Sicht zu kri­ti­sie­ren und ihr Alter­na­ti­ven ent­ge­gen zu setzen.

Ver­wei­se

1 Ber­lin 2030: Alles zum Volks­ent­scheid, im Inter­net: https://​www​.ber​lin2030​.org/​a​l​l​e​s​-​z​u​m​-​v​o​l​k​s​e​n​t​s​c​h​e​id/, abge­ru­fen am 27.03.2023

2 Wagen­knechts Wochen­schau: Wär­me­pum­pen ohne Ende? – Habecks jüngs­ter Öko-Gag, 17.03.2023, You­Tube, im Inter­net: https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​B​c​U​W​n​P​J​o​xI0, abge­ru­fen am 27.03.2023

3 Schu­chardt gehört tat­säch­lich der CDU an und nicht der CSU.

4 Dag­mar Henn: Ein Blick in den deut­schen Dampf­kes­sel – Grü­ne Plä­ne in Würz­burg kra­chend geschei­tert, 27.07.2022, RT, im Inter­net: https://​deutsch​.rt​.com/​m​e​i​n​u​n​g​/​1​4​4​4​8​2​-​b​l​i​c​k​-​i​n​-​d​e​u​t​s​c​h​e​n​-​d​a​m​p​f​k​e​s​s​e​l​-​p​l​a​ne/, abge­ru­fen am 27.03.2023

5 Tobi­as Rie­gel: Ber­lin: »Volks­ent­scheid« der Groß­spen­der, 23.03.2023, Nach­denk­sei­ten, im Inter­net: https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​9​5​365, abge­ru­fen am 27.03.2023

7 FPÖ-TV: Neu­es nach der Prä­si­di­ums­klau­sur der FPÖ-Bun­des­par­tei in Saal­bach-Hin­ter­glemm, 23.03.2023, im Inter­net: https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​Z​O​k​9​-​O​X​x​K​i​4​&​t​=​3​3​39s, abge­ru­fen am 27.03.2023

8 Die FPÖ ist womög­lich unter Her­bert Kickl ein Sonderfall.

Bild: Fri­days for Future Ber­lin (CC BY 2.0)

2 thoughts on “Schuss vor den Bug: Zum Kli­ma­volks­ent­scheid in Berlin

  1. Zu the­ma­ti­sie­ren wäre noch, ob die Reduk­ti­on von CO2 über­haupt mit einem Kli­ma­wan­del in Ver­bin­dung steht. Das Kli­ma ändert sich nach der letz­ten Kalt­zeit lang­sam, ja, ein anthro­po­ge­ner Effekt ist, trotz pau­sen­los ein­dre­schen­der Repe­ti­ti­on nicht nach­weis­bar. CO2 macht die Erde aber defi­ni­tiv grü­ner. Die letz­te Warm­pe­ri­ode ging bis kurz hinter’s Hoch­mit­tel­al­ter, davor die letz­te gab es um Chris­ti Geburt. In bei­den Pha­sen war es deut­lich wär­mer als jetzt. Der höhe­re CO2-Wert folgt, wie in allen Modell­len ables­bar, der Erwär­mung, da das meis­te CO2 im Was­ser gebun­den ist und bei wär­me­rem Kli­ma mehr ver­duns­tet. Was übri­gens der Begrü­nung noch ein­mal gut tut. Bekannt­lich war die Saha­ra vor ein paar tau­send Jah­ren grün, und zwar wegen höhe­rer Son­nen­ein­strah­lung. Aber gut. Super Zusam­men­fas­sung der Risi­ken… aller­dings ist der Unsinn, ja sogar der nega­ti­ve Effekt von CO2-Redu­zie­rung eben­falls zu erwähnen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert