Irrepa­ra­bler Scha­den für Selen­s­kijs Glaubwürdigkeit?

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Wla­di­mir Selen­s­kijs Ver­such, die NATO in den Drit­ten Welt­krieg zu lügen, wird im Wes­ten nur noch von weni­gen bezwei­felt. Aber wenn die Fra­ge nach sei­ner Glaub­wür­dig­keit gestellt wird, dann wird rela­ti­viert, denn er sei schließ­lich ein Kriegs­held. Aber wor­an merkt man, wenn Selen­s­kij lügt? Wenn er den Mund auf­macht! Und selbst US-Beob­ach­ter erwar­ten, dass die Luft für ihn dün­ner wird.

Die Behaup­tung der Ukrai­ne, Russ­land habe mit zwei Rake­ten das NATO-Mit­glied Polen ange­grif­fen und dabei zwei Men­schen getö­tet, war ein Schock für die Län­der des west­li­chen Bünd­nis­ses, sahen sie sich doch plötz­lich mit der rea­len Mög­lich­keit eines Krie­ges gegen Russ­land kon­fron­tiert. Zugleich war die von der US-Nach­rich­ten­agen­tur AP ver­brei­te­te Hiobs­bot­schaft über den angeb­li­chen rus­si­schen Rake­ten­an­griff auf Polen ein auf­schluss­rei­cher poli­ti­scher Lack­mus­test über die tat­säch­li­che Kriegs­be­reit­schaft der NATO-Län­der, die ganz offen­sicht­lich im Wider­spruch zur viel beschwo­re­nen Geschlos­sen­heit und Soli­da­ri­tät steht.

Ob die­ser gro­ße Schock auch ein ech­ter Weck­ruf für die meis­ten NATO-Län­der bezüg­lich ihrer Ukrai­ne-Russ­land Poli­tik ist, bleibt jedoch unklar. Zwar haben eini­ge euro­päi­sche Medi­en den bis dahin als Kriegs­held ver­göt­ter­ten ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten Wla­di­mir Selen­s­kij rund­her­aus als »gefähr­lich“ bezeich­net und ihn beschul­digt, ver­sucht zu haben, die NATO mit sei­ner »Unwahr­heit“ in den Drit­ten Welt­krieg zu lügen. Aber ob das reicht, die poli­ti­sche Kur­ve zu krie­gen und z. B. Washing­ton dazu zu brin­gen, die gera­de ver­spro­che­nen wei­te­ren zig Mil­li­ar­den Dol­lar für die Ukrai­ne zu über­den­ken, oder ob die EU die vor weni­gen Tagen ange­kün­dig­ten 2,5 Mil­li­ar­den Euro für die Ukrai­ne noch­mals auf den Prüf­stein stellt, das ist eine ande­re Frage.

Auch die Bun­des­re­gie­rung müss­te ange­sichts der jüngs­ten Ereig­nis­se die in Aus­sicht gestell­ten wei­te­ren Hun­der­te von Mil­lio­nen Euro für den preis­ge­krön­ten ukrai­ni­schen Pinoc­chio neu bewer­ten. Das Geld soll­te statt­des­sen ins Ahrtal geschickt wer­den, wo die meis­ten Bür­ger seit 16 Mona­ten immer noch auf die ver­spro­che­ne Hil­fe warten.

Die Tat­sa­che, dass Prä­si­dent Selen­s­kij trotz der Erkennt­nis­se aller NATO-Exper­ten und Geheim­diens­te und öffent­li­cher Erklä­run­gen der Regie­run­gen der NATO-Län­der ein­schließ­lich der USA stur dabei blieb, dass die Rus­sen die als S300-Rake­ten auf Polen abge­feu­ert hät­ten, hat sogar eini­ge US-ame­ri­ka­ni­sche Medi­en aus dem Main­stream gezwun­gen, ihre bis­he­ri­ge Hel­den­ver­eh­rung zu hin­ter­fra­gen. So hieß es in einem der ers­ten Absät­ze eines Arti­kels des US-Nach­rich­ten­ma­ga­zins News­week vom 19. Novem­ber unter dem Titel »Stellt Selen­s­kij Ame­ri­kas Geduld auf die Pro­be?«:

Doch sogar nach­dem die Gefahr einer Eska­la­ti­on auf­grund des Prin­zips ›Einer für alle, alle für einen‹ gesun­ken war, hat der ukrai­ni­sche Prä­si­dent wei­ter dar­auf bestan­den, dass er ›kei­nen Zwei­fel dar­an habe, dass es nicht unse­re Rake­te war‹. Als Prä­si­dent Biden zu die­ser Ant­wort Selen­s­kijs befragt wur­de, sag­te er Repor­tern, dass es ›dafür kei­nen Beweis gibt‹.

Direkt zu Beginn des Arti­kels äußert der Autor sei­ne gro­ße Befürchtung:

Die Erklä­rung von Wla­di­mir Selen­s­kij für die töd­li­che Rake­ten­ex­plo­si­on in Polen mag im Wider­spruch zu der von Joe Biden ste­hen, aber könn­te sie in den USA nicht auch die Glaub­haf­tig­keit zukünf­ti­ger Behaup­tun­gen des ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten über die rus­si­sche Inva­si­on untergraben?

Ent­we­der ist der Autor die­ser Zei­len blöd, oder er hält die News­week-Leser, die aus der gebil­de­ten Mit­tel­schicht kom­men, für stroh­dumm. Nein, es geht nicht um die Glaub­haf­tig­keit zukünf­ti­ger Behaup­tun­gen des ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten, son­dern um all die ande­ren, oft genau­so absur­den Lügen, die Selen­s­kij in der Ver­gan­gen­heit erzählt hat­te. Die müs­sen jetzt hin­ter­fragt wor­den! News­week ver­sucht jedoch wie die meis­ten ande­ren Medi­en im Wes­ten, abzu­len­ken und Selen­s­kijs schwer­wie­gen­de Lüge als Baga­tel­le zu relativieren!

Selen­s­kijs rotz­fre­ches Behar­ren auf sei­ner Lüge, obwohl das Gegen­teil von Freund und Feind in sel­te­ner Einig­keit bestä­tigt wor­den war, deu­tet auf einen krank­haf­ten Lüg­ner hin, der plötz­lich die Welt nicht mehr ver­steht. Bis­her war doch immer alles gut gegan­gen: Er konn­te, zusam­men mit sei­ner Regie­rungs­mann­schaft, die abwe­gigs­ten Din­ge behaup­ten, sie wur­den im Wes­ten unge­prüft stets für bare Mün­ze genom­men und von den Medi­en ent­spre­chend ver­brei­tet. Das zeigt ein ande­res, irr­sin­ni­ges Bei­spiel mit eben­falls ver­hee­ren­den poten­zi­el­len Fol­gen. So kann Selen­s­kij gegen­über der UNO und der Inter­na­tio­na­len Atom­ener­gie­be­hör­de-Orga­ni­sa­ti­on (IAEA) immer wie­der behaup­ten, dass die Rus­sen das Atom­kraft­werk Sapo­rosch­je seit Mona­ten mit Artil­le­rie beschießen.

Obwohl inter­na­tio­nal bekannt war und ist, dass die­ses AKW – samt des Hin­ter­lands in Rich­tung Osten – unter rus­si­scher Kon­trol­le steht und von rus­si­schem Mili­tär bewacht wird, wird Selen­s­kij die­ser Irr­sinn im Wes­ten wei­ter­hin geglaubt.

Aktu­ell wird viel dar­über berich­tet, dass die Rus­sen in der Ukrai­ne einen Elek­tri­zi­täts­krieg füh­ren und mit Hoch­druck kon­ven­tio­nel­le Kraft­wer­ke und Tra­fo-Sta­tio­nen angrei­fen, um die Strom­ver­sor­gung der Ukrai­ne zu zer­stö­ren, mit dem Ziel, die mili­tä­ri­sche Logis­tik über das elek­tri­fi­zier­te Eisen­bahn­schie­nen­netz der Ukrai­ne lahm­zu­le­gen. Dabei hat nie­mand von den west­li­chen »Qua­li­täts­jour­na­lis­ten“ sich die Fra­ge gestellt, war­um die Rus­sen bis­her kei­nen ein­zi­ges der noch funk­tio­nie­ren­den ukrai­ni­schen Atom­kraft­wer­ke ange­grif­fen haben. Statt­des­sen wird geglaubt, dass die Rus­sen aus­ge­rech­net das AKW von Sapo­rosch­je beschie­ßen, das sie selbst besetzt hal­ten und wo rus­si­sche Sol­da­ten Wache schieben.

Es ist kaum vor­stell­bar, dass die­ser Irr­witz von vie­len west­li­chen Poli­ti­kern und Medi­en wei­ter­hin geglaubt und ver­brei­tet wird. Eini­ge West­me­di­en schei­nen sich aller­dings ange­sichts so viel Dumm­heit nicht ganz wohl­zu­füh­len und neh­men eine Posi­ti­on der Äqui­di­stanz ein, indem sie – unter Weg­las­sung von Plau­si­bi­li­tät und phy­si­ka­li­schen Fak­ten – der rus­si­schen und ukrai­ni­schen Behaup­tung glei­cher­ma­ßen Glaub­wür­dig­keit bei­mes­sen. Lei­der hat auch die total poli­ti­sier­te IAEA die Posi­ti­on ein­ge­nom­men, wonach die Ukrai­ne A sagt, die Rus­sen B sagen und man nicht weiß, wem man glau­ben soll.

Nun, das AKW Sapo­rosch­je liegt direkt am Ufer des Dnjepr, und zwar an einer Stel­le, wo der Fluss meh­re­re Kilo­me­ter breit ist. Anhand der Flug­da­ten der Gra­na­ten, der Ein­schlag­win­kel und ande­rer Spu­ren kann näm­lich ein­wand­frei berech­net wer­den, aus wel­cher Rich­tung die auf das AKW abge­schos­se­nen Gra­na­ten kom­men, ob von der Land­sei­te, die von Russ­land besetzt ist, oder von der ande­ren Sei­te des Flus­ses, die unter der Kon­trol­le der ukrai­ni­schen Armee steht. Die Suche nach den Schul­di­gen wäre schnell geklärt, wenn die vom Wes­ten offen­sicht­lich unter­wan­der­te IAEA das wollte.

Aber der Wes­ten ist an der Auf­klä­rung des Falls Sapo­rosch­je nicht inter­es­siert, weil dabei zwei­fels­frei her­aus­kä­me, dass die gemein­ge­fähr­li­chen Aben­teu­rer in Kiew ver­su­chen, den Rus­sen eine nukle­ar ver­seuch­te Groß­re­gi­on zu hin­ter­las­sen. Zugleich wür­de der Welt­öf­fent­lich­keit Wes­ten klar, dass der kol­lek­ti­ve Wes­ten weg­schaut, statt die Ver­bre­cher in der Selen­s­kij-Regie­rung zu stop­pen und zu demaskieren.

Des­halb spie­len Logik, Plau­si­bi­li­tät und phy­si­ka­li­sche Berech­nun­gen zur Klä­rung des Sach­ver­halts der Artil­le­rie­an­grif­fe auf das AKW Sapo­rosch­je in Poli­tik und »Qua­li­täts­me­di­en“ des Wes­tens kei­ne Rol­le. Bei den Öffent­lich-Recht­li­chen von ARD und ZDF wird es auch beim nächs­ten Beschuss wie­der hei­ßen: Russ­land beschul­digt die Ukrai­ne, und die Ukrai­ne wirft Russ­land vor, das AKW unter Feu­er genom­men zu haben. Und am Ende heißt es dann, dass die­se Behaup­tun­gen »nicht unab­hän­gig über­prüft wer­den kön­nen“. Damit aber dis­qua­li­fi­zie­ren sich ARD und ZDF selbst, weil sie ein­ge­ste­hen, dass man bei den öffent­lich-recht­li­chen Sen­dern nicht mehr den Ver­stand ein­schal­tet, son­dern nur noch die vor­ge­kau­te offi­zi­el­le Pro­pa­gan­da verbreitet.

Wenn der­art gro­tes­ke Lügen Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat unhin­ter­fragt von Poli­tik und Medi­en im Wes­ten als Wahr­heit ange­nom­men wer­den, ist es kein Wun­der, dass Selen­s­kij und sein altes TV-Pro­duk­ti­ons­team, das mit ihm in Kiew die Regie­rung stellt, den Kon­takt zur Wirk­lich­keit ver­lo­ren haben. Das dürf­te der Grund dafür sein, dass Selen­s­kij offen­sicht­lich nicht ver­ste­hen konn­te, war­um sich sei­ne sonst ver­läss­li­chen west­li­chen Unter­stüt­zer wegen einer ganz gewöhn­li­chen wei­te­ren Lüge plötz­lich so auf­ge­regt haben. Das hat­te doch bis­her immer gut geklappt. Selbst, wenn mal Zwei­fel auf­ge­kom­men waren, muss­te er nur stur bei sei­nen Behaup­tun­gen blei­ben, und es hat­te kei­ne Folgen.

Egal wie dick die Lüge war, aus Grün­den des Selbst­schut­zes wag­te kein Poli­ti­ker im Wes­ten, am Lack des Hel­den der Ukrai­ne und des Ret­ters der abend­län­di­schen Zivi­li­sa­ti­on vor den bar­ba­ri­schen Hor­den aus Russ­land zu krat­zen. Ob es um die Insze­nie­rung des »Mas­sa­kers von But­scha“ ging, um angeb­li­che Kriegs­ver­bre­chen der Rus­sen an ukrai­ni­schen Zivi­lis­ten, um Gräu­el­por­no-Berich­te über täg­li­che Mas­sen­ver­ge­wal­ti­gun­gen durch rus­si­sche Sol­da­ten oder um den angeb­lich sys­te­ma­ti­schen rus­si­schen Beschuss von Schu­len, Kin­der­gär­ten und Kran­ken­häu­sern, Selen­s­kijs Behaup­tun­gen wur­den im Wes­ten stets Wort für Wort als Wahr­heit über­nom­men und verbreitet.

Inzwi­schen aller­dings wer­den eini­ge die­ser Behaup­tun­gen nicht mehr wie­der­holt, wie z. B. die von den angeb­li­chen »rus­si­schen Ver­ge­wal­ti­gun­gen«, denn das ukrai­ni­sche Par­la­ment hat die­se Gräu­el als frei erfun­de­ne Geschich­ten ent­larvt, die von der eige­nen, offi­zi­ell bestell­ten »Men­schen­rechts­be­auf­trag­ten“ zum Zweck der Sym­pa­thie­wer­bung für die arme Ukrai­ne im Wes­ten ver­brei­tet wur­den. Seit­dem liest man sol­che Geschich­ten in den West­me­di­en nicht mehr. Auch hat sich inzwi­schen auch im Wes­ten her­um­ge­spro­chen, dass vor allem die in die ukrai­ni­sche Armee inte­grier­ten Neo­na­zi-Batail­lo­ne bevor­zugt Schu­len, Kin­der­gär­ten und Kran­ken­häu­sern benut­zen, um dort ihre Gefechts­stän­de ein­zu­rich­ten. Wenn die Rus­sen dann auf die Gefechts­stän­de von Asow und Co. zurück­ge­schos­sen haben, gab es sofort einen Pro­pa­gan­da-Erfolg, indem Bil­der von zer­schos­se­nen ukrai­ni­schen Schu­len, Kin­der­gär­ten und Kran­ken­häu­sern die Schlag­zei­len in den West­me­di­en bestimm­ten und die Rus­sen schwe­rer Kriegs­ver­bre­chen beschul­digt wur­den. Auch von sol­chen Nach­rich­ten hört man immer weniger.

Aber zurück zu Polen und Selen­s­kijs Rake­ten-Lüge. Der ukrai­ni­sche Prä­si­dent hat offen­sicht­lich in sei­ner rea­li­täts­fer­nen Welt­sicht nicht mit­be­kom­men, dass er eine rote Linie der NATO über­schrit­ten hat­te, die da lau­tet: kei­ne direk­te Kon­fron­ta­ti­on der NATO mit Russ­land. Das heißt jedoch nicht, dass die NATO auf­hör­te, den fana­ti­schen Rus­sen­hass der regie­ren­den Eli­ten in Kiew und der Nazi-Batail­lo­ne aus­zu­nut­zen, um Russ­land bis zum letz­ten ukrai­ni­schen Sol­da­ten zu schwä­chen; und zwar in einem Kampf, in dem die Ukrai­ne mit­tel­fris­tig nicht den Hauch einer Chan­ce hat, zu gewinnen.

Vor die­sem Hin­ter­grund drängt sich die Fra­ge auf, wie die Eli­te eines Lan­des ver­fasst sein muss, wenn sie zulässt, dass die eige­ne Bevöl­ke­rung als Kano­nen­fut­ter für die Zwe­cke von USA/NATO und EU geop­fert wird.

In einem News­week-Inter­view vor sie­ben Jah­ren hat­te der schon damals in Kiew leben­de ita­lie­ni­sche Mili­tär­ex­per­te, Jour­na­list und Doku-Fil­me­ma­cher Tho­mas Thei­ner die Kie­wer Eli­ten tref­fend beschrie­ben. Die News­week-Aus­ga­be erschien am 8. Juni 2015, also ein Jahr nach dem von den USA bezahl­ten und orches­trier­ten Mai­dan-Putsch und auch nach dem geschei­ter­ten Ver­such der neu­en Putsch­re­gie­rung in Kiew, den Wider­stand im Rus­sisch spre­chen­den Don­bass mit­hil­fe der ukrai­ni­schen Armee und Nazi-Frei­wil­li­gen­ba­tail­lo­nen blu­tig nie­der­zu­schla­gen. In dem Inter­view hat­te Thei­ner gesagt:

Letzt­end­lich wird die­ser Krieg durch die Unfä­hig­keit, Kor­rup­ti­on und Arro­ganz der poli­ti­schen Klas­se der Ukrai­ne ver­lo­ren gehen, die sich bis­her wei­gert, die Nati­on zu mobi­li­sie­ren, sich Kor­rup­ti­on und Vet­tern­wirt­schaft hin­gibt und immer wie­der west­li­che Rat­schlä­ge zur Kriegs­füh­rung und zur Bekämp­fung der Kor­rup­ti­on ver­schmäht. Weder der Mai­dan noch ein Krieg mit 10.000 Toten schaff­ten es, die ukrai­ni­sche Eli­te dazu zu brin­gen, ihre kri­mi­nel­len, kor­rup­ten Metho­den aufzugeben.

Von die­ser Cha­rak­te­ri­sie­rung der ukrai­ni­schen Eli­ten im eige­nen Nach­rich­ten­ma­ga­zin will die News­week-Redak­ti­on heu­te nichts mehr wis­sen. Statt­des­sen bemüht sich das Maga­zin im wei­te­ren Ver­lauf des oben zitier­ten aktu­el­len Arti­kels um Scha­dens­be­gren­zung beim Ver­lust von Selen­s­kijs Glaub­wür­dig­keit. Dazu fährt die Redak­ti­on eini­ge US-Per­sön­lich­kei­ten, Mili­tärs und Aka­de­mi­ker als Leu­mund auf. Sie alle plä­die­ren für Selen­s­kij, der in einer schwie­ri­gen Lage ste­cke, wes­halb man auch Ver­ständ­nis haben müs­se für sei­ne klei­ne Ver­feh­lung mit den Rake­ten in Polen.

Die Aus­sa­ge des von News­week zitier­ten pen­sio­nier­ten Chief Mas­ter Ser­geant des US Air Force Com­mand Den­nis Fritz reflek­tiert den Tenor der ande­ren Stel­lung­nah­men in dem Arti­kel. Fritz sag­te: »Ich glau­be nicht, dass Selen­s­kijs Image jemals unter so was (die pol­ni­sche Rake­ten-Lüge) lei­den wür­de.“ Die ein­zi­ge Aus­nah­me unter den Befrag­ten war der Geschichts­pro­fes­sor Micha­el Kim­mage, ehe­ma­li­ges Mit­glied des Pla­nungs­stabs des US-Außen­mi­nis­te­ri­ums. Der rela­ti­vier­te zwar auch Selen­s­kijs Lügen als nicht so schlimm, son­dern eher als eine »Fra­ge der Genau­ig­keit“, also als Klei­nig­kei­ten, die man getrost bei­sei­te­schie­ben kann ange­sichts wich­ti­ge­rer Dinge.

Denn in Bezug auf Selen­s­kijs Zukunft sieht der ehe­ma­li­ge Poli­tik­pla­ner des US-Außen­mi­nis­te­ri­ums schwe­re innen­po­li­ti­sche Pro­ble­me auf­zie­hen. Zwar habe der ukrai­ni­sche Prä­si­dent »sich in Kriegs­zei­ten als sehr effek­ti­ver Anfüh­rer gezeigt“, und »nie­mand zwei­felt wohl an der Gerech­tig­keit sei­ner Sache“, aber den­noch sieht der Pro­fes­sor die Gefahr einer Göt­ter­däm­me­rung für die ukrai­ni­sche Hel­den­fi­gur. Die bestehe in Selen­s­kijs »Hol­ly­wood-Nar­ra­tiv“, näm­lich in sei­nem Ver­spre­chen, dass »es schnell zu einem Hap­py End kom­men wird“. Ein Hap­py End ste­he jedoch »nicht in den Karten“.

Das Pro­blem bestehe nun aber dar­in, dass »das Aus­maß sei­ner (Selen­s­kijs) Popu­la­ri­tät stark vom Ein­tre­ten die­ses Hol­ly­wood-Nar­ra­tiv abhängt“. Das wür­de ein »Wei­ter­ma­chen-wie-bis­her“ aber schwie­rig machen. Um wei­ter­ma­chen zu kön­nen, müss­te Selen­s­kij »erst ein ande­res Nar­ra­tiv fin­den“, das von der Bevöl­ke­rung mit­ge­tra­gen wird.

Ein sol­ches Nar­ra­tiv zu fin­den, dürf­te für Selen­s­kij ange­sichts der zuneh­mend pre­kä­ren Lage der Ukrai­ne schwie­rig sein. Denn auf­grund der ver­än­der­ten Kriegs­füh­rung Russ­lands erlebt die Mas­se der ukrai­ni­schen Bevöl­ke­rung seit eini­gen Wochen zum ers­ten Mal haut­nah die Fol­gen des Krie­ges. Mil­lio­nen Fami­li­en sind ohne Strom, Gas und Was­ser. Vor allem gro­ße Städ­te und die Hoch­häu­ser dort sind betrof­fen. Die Regie­rung in Kiew hat inzwi­schen die Stadt­be­woh­ner auf­ge­for­dert, für den Win­ter in klei­ne Dör­fer aufs Land zu zie­hen. Aber bei Wei­tem nicht jeder hat dort Ver­wand­te, bei denen er unter­kom­men könnte.

Zudem ist es allein aus logis­ti­scher Sicht unmög­lich, in den länd­li­chen Regio­nen in der gegen­wär­ti­gen Situa­ti­on zusätz­li­che Mil­lio­nen von Men­schen mit Nah­rung und Medi­ka­men­ten zu ver­sor­gen. Nur eine rasche und ehr­li­che Ver­hand­lungs- und Kom­pro­miss­be­reit­schaft der Selen­s­kij-Regie­rung mit Russ­land kann die unaus­weich­li­che Kata­stro­phe noch ver­hin­dern, auf die die Ukrai­ne zusteu­ert. Zugleich kommt auch eine rie­si­ge Flücht­lings­wel­le aus der Ukrai­ne auf Deutsch­land zu, das heu­te wirt­schaft­lich und poli­tisch viel schlech­ter dasteht als bei der letz­ten Flücht­lings­wel­le im Jahr 2015. Außer­dem beher­bergt Deutsch­land bereits eine Mil­li­on Flücht­lin­ge aus der Ukrai­ne, und die Kapa­zi­tä­ten sind vie­ler­orts erschöpft.

Dem Rat­schlag von Pro­fes­sor Kim­mage fol­gend, soll­ten Selen­s­kij und Robert Habeck sich mög­lichst bald zusam­men­set­zen. Bei­de brau­chen drin­gend ein neu­es Nar­ra­tiv, das von der Bevöl­ke­rung mit­ge­tra­gen wird. Eine Mischung aus Selen­s­kijs Lügen und Habecks Mär­chen ist viel­leicht die Lösung.

Rai­ner Rupp ist Mit­glied des Bei­rats des Deut­schen Frei­den­ker-Ver­ban­des, von des­sen Web­site frei​den​ker​.org der Arti­kel über­nom­men wur­de, Erst­ver­öf­fent­li­chung am 28.11.2022 auf RT DE

Bild: Selen­sky (https://​www​.pre​si​dent​.gov​.ua/)

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