Wo Gas billig und unbegrenzt verfügbar bleibt: BASF investiert groß in China

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Schön, der transnational tätige Chemie-​Konzern BASF hat Produktionsstätten in 50 Ländern und ist seit 1885 auch in China tätig. Jedoch sind die beiden größten Produktionsstätten in Ludwigshafen und in Antwerpen schwer getroffen durch die antirussischen Sanktionen wie die Sprengung der Nord Stream-​Pipeline, da dies zu enormen Gaspreissteigerungen geführt hat. Kein exportorientierter Betrieb läßt sich profitabel führen, wenn an einem Standort die Energiepreise 6 – 8mal höher werden als an Konkurrenzstandorten.

In den eben zu Ende gegangenen Monaten September und Oktober gab es nun gleich zwei Meldungen zu Investitionen von BASF in China, die es in sich haben.

Tschüss EU!

Zunächst wurde im September in der Provinz Guangdong bei der 8‑Millionen-​Stadt Zhanjiang die 28. Betriebsstätte in China eröffnet nach einer Bauzeit von zwei Jahren und einem Invest von 450 Mio. (die Frage Euro oder Dollar stellt sich zur Zeit wegen der Währungsparität nicht mehr). Es ist dies aber nur der erste Teil eines riesigen Chemie-​Kombinats, das bis 2030 mit weiteren 10 Mrd. entsteht um eine Größenordnung wie in Ludwigshafen oder Antwerpen zu erreichen.

Bereits die jetzt eröffnete Fabrik, für die BASF von der Provinz 2018 die Genehmigung erhielt, wird im Jahr 60.000 t Plastikkomponenten speziell für die Automobil- und Elektronikindustrie liefern, womit diese Produktionskapazität von BASF in der Region Asien-​Pazifik auf 420.000 t im Jahr steigt.

BASF hat folglich seinerzeit rasch reagiert, als die USA regelrecht durchdrehten gegen den Bau von Nord Stream 2, jene Pipeline, die eigentlich vor allem für BASF das benötigte Gas aus Rußland zu vertraglich langfristig abgesicherten Preisen herbeischaffen sollte.

Gegen die Umstellung der Chemie-​Industrie von Erdöl auf Gas liefen von Anfang an übrigens auch grüne Ideologen Sturm, denen es nicht schmeckte, daß in Ludwigshafen als Abfallprodukt Wasserstoff entstünde, und zwar in Mengen, die über den Eigenbedarf der Fabrikanlage hinausgingen. Wer an technische Fragen ideologisch herangeht, beweist damit nur falsches Bewußtsein, und das taten jene ausgiebig, die nur »grünen« Wasserstoff aus der Elektrolyse für annehmbar erklären, nicht aber solchen, der in einem Industrieprozeß aus Gas übrig bleibt.

In der Volksrepublik China gibt es solche Probleme nicht, und weil die Autoritäten finden, BASF habe sich nicht nur in den 7 Joint-​Ventures, sondern auch auf den 27 Standorten, die zu 100 Prozent BASF-​Töchter sind, höchst verantwortungsvoll und im Respekt der Arbeitsgesetzgebung verhalten (die sieht nicht nur Mindeststandards bei Lohn und Arbeitsbedingungen vor, sondern zum Beispiel auch eine Gewerkschaftssektion mit Sekretär im Betrieb und eine Betriebssektion der KP mit Sekretär, beide mit Mitspracherecht im Betrieb), war es auch kein Problem, die Genehmigung für dieses riesige Chemie-​Kombinat bei Zhanjiang zu erhalten.

Wie‘s verkauft wird

Interessant ist die unterschiedliche Gewichtung in der Berichterstattung in der EU von BASF und in chinesischen Medien.

Während BASF in der EU vor allem betont, China sei heute schon der größte Chemie-​Markt weltweit und werde 2030 für die Hälfte des Gesamtmarkts stehen, verweisen chinesische Medien zuvorderst darauf, die Profitabilität von BASF entstehe mit höchster Qualität auf Basis von günstiger Gazprom-​Energie, die jetzt weggefallen sei in der EU. Daher suche die Firma jetzt Hilfe in China, wohin Gazprom jetzt das Gas liefert, das die EU nicht mehr will. 60 Prozent des Gasverbrauchs geht in Kraft und Dampf, 40 Prozent als Grundstoff in die Produkte, wird in China betont.

Beides stimmt zweifelsfrei, aber es stimmt überhaupt nicht, was das RedaktionsNetzwerk Deutschland sich zu verbreiten traut, nämlich China »bettele weltweit um Investitionen«. Denn betteln wird demnächst Ludwigshafen und Antwerpen müssen, wenn der Bezug von russischem Gas nicht bald wieder voll aufgenommen wird.

Forschung wandert auch aus

BASF investiert in China nicht nur in Betriebsstätten, sondern auch in Forschung. Am 27. Oktober wurde mittels Presseaussendung vermeldet, in Schanghai sei auf 2.600 m² das »Chemetall Innovation and Technology Center für Oberflächentechnik« eröffnet worden um »fortschrittliche Lösungen rund um die Oberflächenbehandlung sowie Produktinnovationen für zahlreiche Industrien und Marktsegmente« zu entwickeln. Zur Beruhigung für westliche Ohren wird hinzugefügt: »in Asien für Asien«, als ob irgendetwas, das in einem Forschungslaboratorium entstehe nur in einer Weltgegend Anwendung finden würde bei dort verkauften Produkten.

Denn wo Forschung stattfindet, spielt am Ende auch die Musik in der Produktion, wobei deren Ergebnisse dann weltweit verfügbar sind. Wann immer die Forschung in einem Konzern aus einem Land verschwindet, macht sich das rasch negativ bemerkbar in den örtlichen Produktionsbetrieben, die dann eben nicht mehr nah an der Weiterentwicklung dran sind.

Ein gutes Beispiel dafür war, als die auf die ARBED-​Zeit der Luxemburger Stahlindustrie zurückgehende Forschungseinheit aus dem Land entschwand, denn seither ging‘s bergab und heute beschäftigt der im Land verbliebene Handelsbetrieb mehr Angestellte als die Rest-​Produktion. Zum Glück, könnten wir jetzt natürlich zynisch sagen, wird es doch dann nicht dasselbe verheerende Kürzungsprogramm geben wie das, welches vom ArcelorMittal-​Konzern für das Werk Bremen als Folge der Energiepreissprünge angekündigt wurde.

Bild: Werksgelände der BASF in Ludwigshafen (Rolf Kickhut)

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