Viele Demonstrationen beschäftigen sich derzeit mit dem Thema Krieg und Frieden. Zum Ostermarsch gibt es etliche Aufrufe verschiedener Inititiativen die alle auf der Seite https://www.friedenskooperative.de einsehbar sind.
Da sind zum einen die Aufrufe des DGB zu den Ostermärschen in Frankfurt, Kassel und Marburg. Sie unterscheiden sich inhaltlich kaum und zeichnen sich dadurch aus, dass sie Russland die alleinige Verantwortung für den Krieg in der Ukraine zuweisen. Es fehlt ein Blick in die Vergangenheit. Die NATO‐Osterweiterung und der erfolgreiche Versuch der NATO unter Führung der USA, eine gewählte Regierung in der Ukraine, die ihnen nicht gepasst hat, weg zu putschen, werden nicht erwähnt. Genauso wenig wird auf einen 8‑jährigen Krieg innerhalb der Ukraine und auf die Waffen, die die NATO dort stationiert hat, geschaut oder auf den geplanten NATO‐Beitritt der Ukraine. So richten sich auch die Forderungen ausschließlich an die Bundesregierung, nicht sehend, dass die Bundesregierung nicht autark, sondern im NATO‐Verbund agiert. Auf Druck von außen hat sich die Bundesregierung in atemberaubender Geschwindigkeit von sämtlichen Errungenschaften der Friedensbewegung verabschiedet. Statt Reduzierung des Wehretats Unterstützung der Aufrüstung der Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro. Das Credo der Grünen, keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern wurde Schritt für Schritt aufgeweicht. Erst waren es Helme, dann Defensivwaffen und nun sollen es Panzer sein, die den Ukrainern geliefert werden, um den Krieg weiterführen zu können. Deshalb gehen auch die Forderungen in diesem Aufruf nicht weit genug. Sie gehen an der aktuellen Situation vorbei. Immer stärker zeigt sich die Abhängigkeit der Bundesregierung von den NATO‐Partnern. Konsequenterweise müsste die Forderung lauten: Auflösung der NATO oder Austritt aus der NATO. Denn erst dann haben die Forderungen aus diesem Aufruf, die auf jeden Fall unterstützenswert sind, eine Chance.
Eine weitere Veranstaltung im Rahmen der Ostermärsche 2022 findet am Samstag, den 16.4.22 in Wiesbaden statt. Der Aufruf hierzu kommt vom Ostermarschkreis Mainz‐Wiesbaden und wird von der Deutschen Friedengesellschaft ‑Verband der Kriegsdienstverweigerer (DFG‐VK) unterstützt. Dieser Aufruf bezieht sich nicht nur auf den aktuellen Krieg in der Ukraine. Er vermeidet sogar, ihn anzusprechen. Und durch die allgemeine Formulierung „Schluss mit der Unterstützung von Angriffskriegen und diktatorischen Regimen“ schließt er die Kriege, die von der NATO, der USA oder anderen Regierungen ausgehen, mit ein.
Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg ist mitnichten eine friedvolle Zeit gewesen. Im Gegenteil die Kriege der Großmächte um die Vormacht in der Welt reihen sich aneinander: Der Koreakrieg in den 50er Jahren, der Vietnamkrieg bis 1975, der Kriegsschauplatz Afghanistan, der kalte Krieg, der mit dem Sieg des Westens endete, der Jugoslawienkrieg, der die blutige Aufteilung der Völker Jugoslawiens unter die Großmächte einleitete, Kriege ums Öl im Irak, in Lybien, in Syrien – praktisch im gesamten nahen Osten. Kriege in Afrika, jüngst in Mali und zuvor in Uganda, Äthiopien, Eritrea. Es ist eine lange Liste und sie reicht noch nicht aus.
Am 23.4.22 gibt es eine weitere Demonstration mit Kundgebung, in Frankfurt unter der Losung: »Frieden in der Ukraine kann nur garantiert werden, wenn die gerechten Forderungen Russlands erfüllt sind«. Der Aufruf setzt sich sehr intensiv mit der Geschichte der Konfrontationen der letzten 30 Jahre auseinander. Er fasst die russische Sicht zusammen, ist sehr informativ und bietet einen fundierten Blick in die Geschichte vor dem 24.2.22.
Aufruf zur Demonstration am 23.4.2022 in Frankfurt
Seit Beginn der kriegerischen Auseinandersetzung in der Ukraine ist eine bedeutsame Veränderung in der Welt ans Tageslicht gekommen. Nicht alle Länder stehen hinter der NATO. Im Gegenteil. 141 Länder stimmten noch für die Resolution gegen den russischen Angriff (Die UNO hat 194 Staaten). An den Sanktionen beteiligen sich die meisten Länder nicht. Insbesondere verweigern die BRICS‐Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) sich an den Sanktionen zu beteiligen. Die arabischen Staaten tun sich schwer, die Energie zu ersetzen, die Europa benötigt, um sich von Russland unabhängig zu machen. Auch in Afrika haben viele Staaten negative Erfahrungen mit dem Wertewesten gemacht und distanzieren sich. Nach einem Kriegsmonat haben nur noch 94 Staaten für den Ausschluss Russlands aus dem Menschenrechtsrat gestimmt. Selbst in einigen Artikeln der bürgerlichen Medien wird konstatiert, dass Russland nicht isoliert ist und die Sanktionen im Alltagsleben der Russen nicht zu spüren sind. Der Blick in die Welt ist es, der der Einstellung zu dem Konflikt in der Ukraine eine andere Wertung gibt. Aufstrebende Mächte wie China, Indien, Südafrika oder Brasilien, die sich von der Politik des Westens gegängelt führen, haben ihre Sympathien anders verteilt, als der Westen es sich wünscht. Und mit einem Sieg Russlands könnte die Vorherrschaft der USA und des Dollars gebrochen werden. Die Sanktionen bewirken so genau das Gegenteil von dem, was sie erreichen sollen: Es entsteht ein neues Finanzsystem, in dem mit nationalen Währungen gehandelt wird und die Macht des Dollars und den Weltherrschaftsanspruch der USA untergräbt. Es ist eben eine Zeitenwende.
Hier kämpfen autoritäre nationalkonservative Regime gegen eine im Abstieg befindliche Weltmacht, die sich als unfähig erwiesen hat, mit gegenseitigem Respekt und Wahrung nationaler Interessen zu agieren. Im Gegenteil, die USA versuchte gemeinsam mit ihren Verbündeten die internationalen Organisationen (UNO, WHO) zu kapern, um ihre Interessen durchzusetzen. Die »Pandemie« scheint einer dieser Versuche zu sein.
Wir als Linke bekämpfen die Vorherrschaft der USA und die zunehmende Faschisierung der Politik des Wertewestens in ihrem Abwehrkampf gegen den Abstieg. Deshalb können wir keinen Aufruf unterstützen, der davon ausgeht, dass Frieden dadurch entsteht, dass Russland sich aus der Ukraine zurückzieht. Der imperialistische Kapitalismus wird erst zufrieden sein, wenn er die ganze Welt beherrscht.
Autoritär nationalkonservative Regierungsformen entsprechen jedoch auch nicht unseren Vorstellungen.
»Es rettet uns kein höheres Wesen, kein Gott, kein Kaiser noch Tribun.
Uns aus dem Elend zu erlösen, müssen wir schon selber tun.«
Wir sind gegen Krieg als Problemlösung. Wir stehen für Völkerverständigung und gegen jede Form von Kapitalismus. Nur gemeinsam können die Völker der Welt eine neue gerechte Ordnung erkämpfen. Sie wird uns von niemandem geschenkt.
Deshalb entspricht am ehesten der Aufruf des Ostermarschkreises Mainz‐Wiesbaden unseren politischen Vorstellungen und wir rufen auf, an Demonstration und Kundgebung des Ostermarschkreises Mainz‐Wiesbaden am 16.4.2022 um 10:30 Uhr ab Wiesbaden Hauptbahnhof auf.