Der »Holodomor« erklärt

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1. Einleitung

Die Hungersnot in der Ukraine, der sogenannte »Holodomor«, war eine schwere Naturkatastrophe. Die Kollektivierung der Landwirtschaft begann 1928. Die ukrainische Hungersnot von 1932 –33 gefährdete ernsthaft den Erfolg der Kollektivierung und des gesamten Fünfjahresplans.

Die Hauptursache für die Hungersnot waren die Wetterbedingungen. Es gab zwei ernste Missernten hintereinander (und weitere davor), weil Dürre und Schnee die Aussaat verhinderten. Eine Pflanzenkrankheit, der so genannte »Weizenrost«, zerstörte ebenfalls einen Großteil der Ernten. Verrostete« Ernten können normal aussehen, so dass die Regierung ursprünglich nicht erkannte, dass ein Großteil der Nahrungsmittel ruiniert war. Der größte Teil dieses Artikels beschreibt die Ursachen der Hungersnot im Detail und stützt sich dabei auf die Forschungen von Mark B. Tauger, außerordentlicher Professor für Geschichte an der Universität von West Virginia, der zahlreiche von Experten begutachtete wissenschaftliche Arbeiten und Artikel zu diesen Themen veröffentlicht hat.

2. Warum wurde die Landwirtschaft kollektiviert?

Die Kollektivierung begann 1928 aus mehreren Gründen:

  • Die UdSSR musste sich industrialisieren, um den Sozialismus aufzubauen. Die Kollektivierung war notwendig, um genügend Nahrungsmittel für ein größeres Industrieproletariat anzubauen.
  • Die UdSSR musste sich schnell industrialisieren, um ein starkes, modernes Militär zur Selbstverteidigung aufzubauen.
  • Die Klassenverhältnisse im Lande hatten 1927 eine Krise erreicht. Der Neuen Ökonomischen Politik (NEP) gelang es zwar, die Wirtschaft nach dem Bürgerkrieg wieder aufzubauen, aber sie ermöglichte das Erstarken der ländlichen Kapitalisten (»Kulaken«). Die meisten Kleinbauern produzierten nur ausreichend Lebensmittel für ihre eigenen Familien und verkauften keine Lebensmittel. Die meisten Lebensmittel auf dem Markt wurden von großen Kulaken produziert. Sie forderten eine Lockerung der Preisvorschriften und verlangten höhere Preise, um höhere Gewinne einzustreichen. Sie kontrollierten die Lebensmittelversorgung der Städte und konnten dies nutzen, um die Regierung zu erpressen. In den Jahren 1926 – 27 weigerten sich die Kulaken, Lebensmittel zu verkaufen oder zu produzieren. Die Regierung reagierte daraufhin mit der Beschlagnahmung von versteckten Lebensmitteln. Die Kulaken reagierten darauf mit der Vernichtung von Lebensmitteln, der Schlachtung von Tieren, der Einstellung der Landwirtschaft und so weiter.

Die sowjetische Regierung hatte zwei Möglichkeiten: Sie konnte die Forderung nach Deregulierung akzeptieren und zum uneingeschränkten Kapitalismus zurückkehren oder die Kulaken bekämpfen und zum Sozialismus übergehen. Natürlich entschied sie sich für den Kampf. Auf die Forderungen der Kulaken einzugehen war unmöglich. Das hätte den Tod der sozialistischen Revolution bedeutet und das Land wäre unterentwickelt geblieben.

Arme Bauern wurden ermutigt, nicht genutztes Land von den Kulaken zu übernehmen und darauf Kolchosen zu gründen. Der Kampf auf dem Land wurde immer heftiger. Den Kulaken gelang es, viele landwirtschaftliche Gebäude zu zerstören und große Mengen an Tieren zu töten. Dies trug zwar zur Hungersnot bei, war aber nicht ihre Hauptursache.

Professor Mark Tauger hat schlüssig dargelegt, dass die Sowjets die Hungersnot in keiner Weise hätten vermeiden können. Das Wetter führte dazu, dass die Getreidepflanzen nicht wuchsen. Daher hatten sie nicht genug Nahrung, egal was sie taten.

Rechte Propagandisten behaupten, die Kollektivierung habe die Hungersnot verursacht, was natürlich falsch ist. Wir haben Beweise dafür, dass die Hungersnot durch wetterbedingte Missernten verursacht wurde. Außerdem endete die Hungersnot, als die Kolchosen gute Ernten einfuhren. Danach gab es in der Sowjetunion keine Hungersnöte mehr, außer im Krieg.

Einige Rechte behaupten auch, dass die Hungersnot absichtlich inszeniert wurde, um die Ukrainer zu töten.Dafür gibt es jedoch keine Beweise. Die Ukraine erhielt eine Million Tonnen Nahrungsmittelhilfe von der Russischen Sozialistischen Sowjetrepublik und anderen. Zudem war die Hungersnot eine Katastrophe für die sowjetische Wirtschaft, so dass sie niemals absichtlich herbeigeführt worden wäre.

3. Taugers Forschungen

3.1 Wurde die Hungersnot absichtlich herbeigeführt?

»Eine ukrainisch-​nationalistische Interpretation besagt, dass das sowjetische Regime und insbesondere Josef Stalin die Hungersnot absichtlich herbeiführte, um die nationalistischen Bestrebungen der Ukraine und der Ukrainer zu unterdrücken; Revisionisten argumentieren, dass die Führung die Hungersnot herbeiführte, um den weit verbreiteten bäuerlichen Widerstand gegen die Kollektivierung zu unterdrücken […] neuere Forschungen haben erhebliche Zweifel an ihnen geweckt. Mehrere Studien und Dokumentensammlungen haben eindeutig gezeigt, dass die Hungersnot nicht an den Grenzen der Ukraine Halt machte, sondern ländliche und städtische Gebiete in der gesamten Sowjetunion und sogar das Militär betraf.«

Mark B. Tauger, Natural Disaster and Human Actions in the Soviet Famine of 1931 – 1933, S. 2 (im folgenden zitiert als »Tauger«)

Die sowjetische Regierung schickte mehrere Millionen Tonnen Nahrungsmittelhilfe in die Ukraine. Das war alles, was sie hatten, aber nicht genug. Die Hungersnot wurde nicht durch eine Entscheidung oder Politik der Regierung verursacht, sondern durch zu Ernteausfällen führenden Naturkatastrophen:

»Die sowjetische Regierung verfügte zwar über kleine Getreidereserven, die sie aber ständig abbaute, um die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen […] praktisch im ganzen Land kam es zu Nahrungsmittelengpässen […] die Sowjetunion sah sich mit einem schweren Mangel konfrontiert. Die wichtigste Ursache für diesen Mangel waren die geringen Ernten in den Jahren 1931 und 1932 […]. Russland selbst hat in seiner tausendjährigen Geschichte mehr als einhundertfünfzig Hungersnöte erlitten, die praktisch alle direkt auf Naturkatastrophen zurückzuführen waren, in den meisten Fällen auf Dürre […].«

Tauger, S. 7

»[U]mweltkatastrophen […] müssen als eine der Hauptursachen der Hungersnot angesehen werden. Ich behaupte, dass Kapital- und Arbeitskräftemangel […] nicht so wichtig waren wie diese Umweltfaktoren und zum Teil eine Folge von ihnen waren […]. Ich komme zu dem Schluss, dass es daher unzutreffend ist, die sowjetische Hungersnot von 1932 – 1933 einfach als eine künstliche oder von Menschen verursachte Hungersnot zu bezeichnen […].«

Tauger, S. 8

In seinem Artikel »The 1932 Harvest and the Famine of 1933« (Die Ernte von 1932 und die Hungersnot von 1933) erklärt Tauger, dass die Getreidebeschaffung durch die Regierung im Jahr 1932 reduziert wurde, wodurch mehr Nahrungsmittel in den Dörfern hätten verbleiben sollen, vorausgesetzt, die Ernte war in Ordnung. Es kam jedoch zu einer Hungersnot, weil die Ernte durch Naturkatastrophen vernichtet wurde. Die Beschaffung oder der Export waren nicht das Problem. Die Behauptung, dass die Regierung angeblich alle Nahrungsmittel genommen und die Menschen dem Tod überlassen hat, lässt sich nicht mit Beweisen belegen.

»Die niedrige Ernte von 1932 verschlimmerte die bereits seit 1931 in der Sowjetunion herrschende Lebensmittelknappheit und machte eine Hungersnot im Jahr 1933 trotz stark reduzierter Getreideexporte wahrscheinlich, wenn nicht gar unvermeidlich.«

Tauger, »The 1932 Harvest and the Famine of 1933«

»Diese Situation macht es schwierig, die Interpretation der Hungersnot als Folge der Getreidebeschaffung von 1932 und als bewussten Akt des Völkermordes zu akzeptieren. Die Ernte von 1932 machte eine Hungersnot im Grunde unvermeidlich

Tauger, »The 1932 Harvest and the Famine of 1933«

Antikommunistische Augenzeugen sind in jedem Fall unzuverlässig, aber in »Natural Disaster and Human Actions in the Soviet Famine of 1931 – 1933« zeigt Tauger, dass der Grund, warum Augenzeugen behauptet haben könnten, die Ernte sei gut gewesen, wahrscheinlich darin liegt, dass sie nicht über das Fachwissen verfügten, um kranke Pflanzen auf den Feldern zu erkennen. Mehr dazu später.

3.2 Dürre

Die Ernteausfälle wurden nicht durch das sowjetische System verursacht. In der Tat gab es zur gleichen Zeit auch in anderen Ländern Dürren und Hungersnöte. Allerdings verhielten sich die kapitalistisch-​kolonialistischen Regime in diesen Situationen viel grausamer:

»Das sowjetische Regime war mit dieser Erfahrung nicht allein: Auch andere große Agrarländer der Welt hatten Anfang der 1930er Jahre mit großen Naturkatastrophen und Nahrungsmittelkrisen zu kämpfen. Die Vereinigten Staaten erlebten 1930 – 1931 die so genannte »große südliche Dürre«, die dreiundzwanzig Staaten von Texas bis West Virginia betraf, unermessliches Leid und eine erhöhte Sterblichkeitsrate mit sich brachte und einen großen politischen Skandal auslöste, als Herbert Hoover sich weigerte, Nahrungsmittelhilfe aus Mitteln der Bundesregierung zu gewähren […]. Die französischen Kolonien in Westafrika erlebten 1931 – 1932 eine Dürre, eine Heuschreckenplage und die schlimmste Hungersnot, die dort je verzeichnet wurde, doch die französischen Behörden forderten weiterhin Steuern

Tauger, S. 9 – 10

Vor der bolschewistischen Revolution war Russland ein armes, unterentwickeltes Land. Als solches war es von Ernährungsunsicherheit geprägt und Naturkatastrophen und Ernteausfällen ausgeliefert. Um Dürren, Schädlinge, Überschwemmungen und andere Katastrophen zu bekämpfen, wären massive Bewässerungsprojekte, Kanalisationen, Pestizidindustrien und eine Verbesserung des Bodens erforderlich gewesen. Etwas, das das Russische Reich völlig vernachlässigt hatte. Es lag auf den Schultern der sowjetischen Regierung, diese Herausforderungen zu bewältigen.

»Russland selbst hat in seiner tausendjährigen Geschichte mehr als einhundertfünfzig Hungersnöte erlebt, von denen praktisch alle direkt auf Naturkatastrophen zurückzuführen waren, in den meisten Fällen auf Dürre […].«

Tauger, S. 7

»Die Getreidekrise und die Hungersnot von 1928 – 1929 gehörten zu den Hauptfaktoren, die die sowjetische Führung dazu veranlassten, die Kollektivierung der Landwirtschaft durchzuführen. Schon 1930 gab es in vielen Regionen ungünstige Witterungsverhältnisse und Missernten […]. Der innenpolitische Kontext der Hungersnot von 1931 – 1933 war daher von chronischer Ernährungsunsicherheit geprägt. Naturkatastrophen, insbesondere Dürre allein oder in Kombination mit anderen Umweltfaktoren […] verursachten in den ersten Jahren der Sowjetunion wiederholt Ernteausfälle und drohten, die Ernährungskrisen und Hungersnöte der Bürgerkriegszeit wieder aufleben zu lassen […].«

Tauger, S. 9

Vor der Hungersnot gab es in vielen Getreideanbaugebieten nur 25 Prozent des notwendigen Regens:

»Die Dürre spielte eine zentrale Rolle bei der Auslösung der Hungerkrise […]. In der Hauptfrühjahrsreifezeit von Mitte April bis Mitte Juni betrug die Niederschlagsmenge im südlichen Ural und in Westsibirien ein Viertel der Menge, die die dortigen Agronomen für ein normales Pflanzenwachstum für notwendig hielten.«

Tauger, S. 11

»Anfang 1932 herrschte in den Dörfern und Städten der Ukraine eine schwere Hungersnot, die eine besondere Nahrungsmittelhilfe erforderlich machte. Das Regime räumte den Ernst dieser Dürre öffentlich ein, indem es im Oktober 1931 eine Konferenz zum Thema Dürre abhielt, an der neben Landwirtschaftsexperten auch der Vorsitzende des Sownarkom, Wjatscheslaw Molotow, und andere hohe Beamte teilnahmen. Die Regierung richtete auch einen meteorologischen Überwachungsdienst ein und begann mit der Planung von großen Bewässerungsprojekten entlang der Wolga und in anderen dürregefährdeten Gebieten. Das Zentralkomitee schickte auch Saatgut und Nahrungsmittelkredite in die meisten der schwer betroffenen Regionen.«

Tauger, S. 12

Das gesammelte Getreide musste an die Bauernhöfe zurückgeschickt werden, da sie sonst kein Saatgut für die Aussaat hatten:

»Dies war die Situation in allen östlichen Regionen. Die Oblast Ural […] musste einen Kredit für Saatgut und Vorräte in Höhe von 350.000 Tonnen aufnehmen, was 45 Prozent ihrer Beschaffungen entsprach. Kasachstan erhielt 36 Prozent zurück. Westsibirien 22 Prozent, Baschkirien 20 Prozent.«

Tauger, S. 12

3.3 Frost und Temperaturschwankungen

»Andere Witterungsbedingungen als die Trockenheit beeinträchtigten die Ernte von 1932. Im Januar 1932 führte eine plötzliche Wärmeperiode in den südlichen Regionen der Sowjetunion dazu, dass die Herbstaussaat zu wachsen begann, woraufhin Wintertemperaturen zurückkehrten und einen Teil der Ernte vernichteten. In der Ukraine zerstörte der Frost mindestens 12 Prozent der Herbstsaaten, mehr als das Doppelte des langjährigen Durchschnitts; in einem Bezirk fielen 62 Prozent der Wintersaaten aus.«

Tauger, S. 13

3.4 Getreidekrankheiten

Es mag paradox klingen, aber trotz der frühen Dürre und des Schnees, die die Aussaat verhinderten und die Ernte vernichteten, war der Rest des Jahres eigentlich viel zu feucht. Starke Regenfälle (bis zum Dreifachen des normalen Regens) zerstörten die Ernten, und die Feuchtigkeit förderte die Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten, das massive Wachstum der Insektenpopulation und Unkräuter, die ebenfalls die Ernten zerstörten.

»Und das Wichtigste: Trotz der oben erwähnten regionalen Dürren war 1932 insgesamt ein warmes und feuchtes Jahr. In mehreren Regionen schädigten heftige Regenfälle die Ernten und verringerten die Erträge […]. Es gab 1932 heftige Regenfälle, die in vielen Regionen doppelt oder dreifach so hoch waren wie normal.«

Tauger, S. 13 – 14

»Solche Regenfälle begünstigen die Ausbreitung von Getreidekrankheiten. Die Sowjetunion war chronisch von dieser Art von Problemen betroffen […]. Der größte Befall im Jahr 1932 wurde durch verschiedene Arten von Rost verursacht, eine Kategorie von Pilzen, die Getreide und viele andere Pflanzen befallen können […].«

Tauger, S. 15

Der unheimlichste Aspekt von Weizenrost und anderen Krankheiten dieser Art ist, dass sie schwer zu erkennen sind. Die Ernte kann lange Zeit normal aussehen, aber ungenießbar sein:

»Obwohl der Rost in einigen Fällen die Getreidepflanzen abtötet, wächst das verrostete Getreide in der Regel weiter, bildet Ähren und sieht im Allgemeinen normal aus; aber die Ähren sind nicht »voll«, so dass die Ernte »leicht« erscheint und aus kleinen Körnern oder weniger normal großen Körnern und unverhältnismäßig vielen Spelzen und anderen faserigen Materialien besteht. Mit anderen Worten: Ein Weizenfeld (oder Gerste, Roggen, Hafer oder andere Getreidearten, die alle rostanfällig sind) kann völlig normal und vielversprechend aussehen, aber aufgrund des Befalls einen extrem niedrigen Ertrag liefern […]. Rost war der häufigste und zerstörerischste Befall von Getreidekulturen und ist es auch heute noch… 1935 verursachte der Weizenstängelrost in North Dakota und Minnesota Verluste von mehr als 50 Prozent […].«

Tauger, S. 15

»Im Jahr 1932 jedoch wurde ganz Osteuropa von einer großen Rostepidemie heimgesucht, einer der schwersten, die jemals aufgezeichnet wurden… Untersuchungen von Landgütern in Deutschland ergaben Verluste von 40 bis 80 Prozent der Weizenernte, ein Ausmaß, wie es seit Jahrzehnten nicht mehr vorkam, wenn überhaupt… In Ungarn beschrieb ein führender Spezialist die Rostepidemie in jenem Jahr als die schlimmste seit Generationen; weitere Berichte aus anderen Teilen des Balkans, der Tschechoslowakei und Polen sprachen von »fantastischen« Verlusten.«

Tauger, S. 16

»Dieses Problem war keineswegs auf die UdSSR beschränkt; eine Studie über den Weizenanbau in Maryland aus dem Jahr 1929 ergab einen umgekehrten Zusammenhang zwischen dem Zustand der Ernte und dem endgültigen Ertrag, da die starken Regenfälle, die das Pflanzenwachstum anregten, auch Pflanzenkrankheiten förderten: ›Ein Landwirt, der einen üppigen Bestand beobachtete, meldete einen hohen Zustand und erkannte die Entwicklung der Krankheit nicht vor der Erntezeit‹. Die Tatsache, dass Rost für Nichtfachleute schwer zu erkennen war, erklärt die zahlreichen Behauptungen in Memoiren und Zeugnissen über eine gute Ernte im Jahr 1932. Überlebende der Hungersnot im Wolgagebiet, die der russische Historiker Viktor Kondraschin befragte, erinnerten sich jedoch daran, dass die Ähren bei der Ernte 1932 irgendwie ›leer‹ waren, das Merkmal, das man bei verrostetem Getreide erwarten würde

Tauger, S.17

»Obwohl Rostbefall in Russland kein neues Problem war, überraschte der extreme Ausbruch im Jahr 1932 die Agronomen […].«

Tauger, S.18

»Rost war nicht die einzige Pflanzenkrankheit, die die sowjetische Landwirtschaft im Jahr 1932 heimsuchte: Große Ausbrüche von Getreidebrand verursachten ebenfalls erhebliche Verluste. Smut breitet sich über den Boden oder über kontaminiertes Saatgut aus und verändert wie Rost das äußere Erscheinungsbild der Ernte nicht wesentlich […]. Die Krankheit zerstört nicht nur das Getreide in den befallenen Pflanzen, sondern kontaminiert auch leicht das gesunde Getreide in der Ernte […]. Getreidebrand war während der NEP [in den 1920er-​Jahren] ein ernstes Problem in der sowjetischen Landwirtschaft gewesen. Der Befall verursachte 1922 in vielen Teilen des Landes erhebliche Verluste, in Extremfällen mehr als 80 Prozent […].«

Tauger, S. 18

3.5 Insekten und Ungeziefer

»Die feuchtwarme Witterung im Jahr 1932 führte auch zu einem starken Befall mit Heuschrecken, Feldmotten und anderen Insekten an Getreide und Zuckerrüben… In 333 Bezirken der Ukraine mit einer Fläche von 747.984 Hektar, die 8,6 Prozent der Wintersaaten und 10,5 Prozent des Winterweizens einbrachten, kam es aufgrund von Schädlingsbefall und dem oben erwähnten Wintersterben zu Ausfällen bei der Wintersaat.«

Tauger, S. 20

3.6 Unkraut

»Unkraut war während der gesamten Hungerzeit ein großes Problem […]. Das ungewöhnlich warme und feuchte Wetter im Jahr 1932 hat das Unkrautwachstum stark gefördert.«

Tauger, S. 40

3.7 Mangel an Pferden und anderen Zugtieren

Der Mangel an Pferden trug zur Hungersnot bei. Die meisten Tiere befanden sich im Besitz von reichen Bauern (Kulaken). Die meisten armen Bauern besaßen nur ein einziges Pferd oder eine Kuh. Ein Drittel der Bauern besaß gar keine Tiere. Da sich die meisten Tiere in den Händen der Kulaken befanden, konnten sie sie in großen Mengen abschlachten, um einen Wirtschaftskrieg zu führen. Der größte Grund für den Mangel an Pferden war jedoch die Hungersnot selbst:

»Die Tiere waren die unmittelbaren Opfer der Knappheit in den Jahren 1930 – 1933, da die hungernden Bauern keine andere Wahl hatten, als sich zuerst von den schwindenden Reserven zu ernähren.«

Tauger, S. 22

»Im April 1932 waren 30 – 40 Prozent der Pferde arbeitsunfähig.«

Tauger, S. 24

Es wäre ein Fehler, die Hungersnot auf Sabotage durch Kulaken oder Kapitalisten zurückzuführen, aber es gab Fälle von Sabotage:

»Etwa 5.000 Traktoren, die von der amerikanischen Firma »Oliver« gekauft wurden, hatten undichte Kühler und laute Geräusche in ihren Schalldämpfern, Getrieben und Motoren […]. 1930 gekaufte Allis-​Chalmers-​Traktoren kamen mit fehlenden Teilen an.«

Tauger, S. 24

Die Sowjetunion produzierte im Jahr 1932 Zehntausende von Traktoren, die jedoch aufgrund der unerwarteten Katastrophe nicht ausreichten, um den wachsenden Bedarf zu decken.

3.8 Bodenerschöpfung

Die Bodenkunde wurde in Russland erfunden, weil die Böden in der Endphase des Russischen Reiches extrem ausgelaugt waren. Dieses Problem blieb auch in der frühen UdSSR bestehen, vor allem als man beschloss, neues Land zu bebauen und die Anbaufläche zu vergrößern. Da der Getreideanbau Priorität hatte, vernachlässigten die Bauern den Fruchtwechsel, was zur Erschöpfung des Bodens führte. Dies war auf Unwissenheit, aber auch auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen. Die Regierung war auch der Ansicht, dass dies für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren akzeptabel sei, um die Getreideknappheit zu beheben, aber nicht länger. Doch bereits 1932 erließ das Politbüro einen Erlass, um die Fruchtfolge zu verlängern und so die Erschöpfung des Bodens zu bekämpfen.

»Die Erschöpfung des Bodens durch wiederholte Aussaat von Getreide auf denselben Feldern und das Fehlen von Fruchtfolgen führten zu schwerwiegenden Ertragseinbußen […]. Diese Situation spiegelte ein allgemeines Problem in der Sowjetunion wider: Trotz seiner enormen Größe verfügte das Land [aufgrund der zaristischen Rückständigkeit] über erstaunlich wenig gute landwirtschaftliche Flächen; zu dieser Zeit hatten die Vereinigten Staaten mehr Anbauflächen als die Sowjetunion.«

Tauger, S. 38 – 39

»Im September 1932 bildete das Politbüro eine Kommission […] zur Steigerung der Ernteerträge und zur Bekämpfung des Unkrauts. Stalin und Molotow selbst gehörten dieser Kommission an. Das Ergebnis war der Erlass vom 29. September »über Maßnahmen zur Steigerung der Ernteerträge«. Dieses Dekret ordnete an, dass alle Partei‑, Staats- und Wirtschaftsorganisationen ihre Arbeit auf die Steigerung der Ernteerträge ›als zentrale Aufgabe der gegenwärtigen landwirtschaftlichen Entwicklung‹ ausrichten sollten und legte Maßnahmen zur Erhöhung der Getreideaussaat auf Kosten der technischen Kulturen und zur Einführung von Fruchtfolgen fest.«

Tauger, S. 46

3.9 Bäuerlicher Widerstand

Während der Kollektivierung der Landwirtschaft vertrieben die Kommunisten viele ländliche Kapitalisten (Kulaken) von ihrem Land und vergaben das Land an arme und landlose Bauern. Es wird oft behauptet, dass dies die russische Landwirtschaft »ruiniert« habe. Das ist jedoch falsch:

»Die gängige Behauptung, dass die Dekulakisierung die besten Bauern aus der Landwirtschaft verdrängt hat, enthält zwei Argumente, die bestenfalls fragwürdig sind […] ›arme‹ oder ›mittlere‹ Bauern waren potentiell genauso fähige Bauern wie die »Kulaken«. Die Dekulakisierung hätte also nicht alle besten Bauern beseitigt, selbst wenn die Beamten die Politik angewandt hätten, um die ›wohlhabenden‹ Bauern zu beseitigen.«

Tauger, S. 26

Oft wird auch behauptet, die Hungersnot sei auf den massiven Widerstand der Bauern zurückzuführen. Auch das ist falsch:

»Der bäuerliche Widerstand und die mangelnde Bereitschaft, in den Kolchosen zu arbeiten, sind grundlegende Themen in den Diskussionen über die Hungersnot und die sowjetische Landwirtschaft im Allgemeinen […]. Meine Nachforschungen über die sowjetische Arbeitspolitik in der Landwirtschaft und die tatsächlichen Praktiken der Bauern sowie meine Lektüre dieser Literatur haben mich jedoch skeptisch gegenüber dem Argument des Arbeiterwiderstands gemacht […]. Damit der bäuerliche Widerstand ausgereicht hätte, um die niedrige Ernte von 1932 zu verursachen, hätte eine extrem große Zahl von Bauern auf diese Weise handeln müssen […]. Das Argument besagt, dass die Mehrheit der Bauern versucht hat, ihren Familien und Mitbewohnern genügend Nahrung für die nächste Ernte vorzuenthalten. Diese Interpretation setzt also voraus, dass wir glauben, dass die meisten Bauern gegen ihre eigenen Interessen und die ihrer Nachbarn gehandelt haben. Diese Sichtweise ist sowohl allgemein menschlich gesehen als auch insbesondere in Bezug auf die Bauern in Russland und der Ukraine schwer zu akzeptieren. Die große Mehrheit dieser Bauern hatte jahrhundertelang in Dorfgemeinschaften gelebt, die bestimmte grundlegende genossenschaftliche Werte verinnerlicht hatten, und die Kolchose bewahrte grundlegende Merkmale dieser Dörfer.«

Tauger, S. 28

»Obwohl Beobachter zu jener Zeit, wie auch einige Wissenschaftler heute, argumentierten, dass der bäuerliche Widerstand Formen annahm, die die Ernte schmälerten, führen die Beweise […] zu einer ambivalenten Schlussfolgerung. Die Handlungen einiger Bauern deuteten eindeutig darauf hin, dass sie versuchten, so viel wie möglich zu tun, um die Ernte zu retten […] in einigen Fällen stellten die Bauern die Kolchose wieder her (die Berichte bezogen sich auf Fälle in den Regionen Mittlere Wolga, Nishnij Nowgorod und Moskau) […].«

Tauger, S. 33 – 34

Es gab echte Sabotage durch Kulaken und Mittelbauern, die von Kulaken überredet worden waren. Diese Sabotage gehörte jedoch nicht zu den Hauptursachen der Hungersnot:

»Nur bei bestimmten Arten von Aktionen können wir ein klares, bewusstes Bestreben erkennen, die Nahrungsmittelproduktion zu verringern […]. In einigen Fällen [… griffen Saboteure] Kolchosniki an, die auf den Feldern arbeiteten, um sie zu veranlassen, sich mit den Aussteigern zusammenzuschließen und den Hof aufzuteilen […]. An der mittleren Wolga, in Nischni Nowgorod, Iwanowo und in den nördlichen Regionen wurden durch Brandstiftung Tausende von Hektar nicht geernteten Getreides und Hunderte von Tonnen geernteten Getreides sowie Hunderttausende von Hektar Wald, geschlagenes Holz, Wohnungen und Brennmaterial zerstört. An einigen Orten griffen [Saboteure] Beamte und andere an der Ernte beteiligte Bauern an und zerstörten Erntemaschinen.«

Tauger, S. 33 – 34

Es gab jedoch keine wirklichen Anzeichen für einen massiven bäuerlichen Widerstand. Was wie sehen können, ist nach Tauger dies: »Zumindest einige Bauern arbeiteten hart und diese Situation war nicht auf die Ukraine beschränkt« und andere Bauern »arbeiteten vielleicht nicht weniger« (Tauger, S. 36).

In Wirklichkeit stützte sich die sowjetische Regierung auf die Arbeiter (in der Industrie, aber auch in der Landwirtschaft) und die armen und mittleren Bauern:

»Die Maßnahmen des Regimes während und nach der Hungersnot zeigten, dass es die Bauern nicht ausschließlich als Feinde betrachtete. Die politischen Abteilungen, die Anfang 1933 in der MTS [Maschinen-​Traktoren-​Station] und in den Sowchosen gebildet wurden, um die landwirtschaftliche Arbeit während der Hungersnot zu organisieren, […] förderten Tausende von Bauern […] und […] verließen sich auf die Bauern, um die Krise zu überwinden.«

Tauger, S. 49

In Wirklichkeit haben ältere Quellen, in denen der angebliche bäuerliche Widerstand beschrieben wird, brachliegendes Land möglicherweise einfach mit »von widerständigen Bauern aufgegeben« verwechselt. Schließlich verbreiteten sich diese Geschichten in antikommunistischen Kreisen und wurden ständig wiederholt: »Kritische Beobachter haben Brachflächen möglicherweise fälschlicherweise für aufgegebenes Land gehalten (Tauger, S. 39).«

Der bäuerliche Widerstand wurde auch deshalb übertrieben, weil die Regierung »möglicherweise einen Bauernhof, der mehr Arbeitskräfte hatte, als er beschäftigen konnte, als Protest missverstanden hat« (Tauger, S. 36).«

3.10 Repression

Antikommunisten haben behauptet, dass die UdSSR die Bauern in dieser Zeit nur durch extreme Repressionen – Bestrafung von sich dem Verkauf von überschüssigem Getreide verweigernden Bauernhöfen – zur Landwirtschaft »zwingen« konnte. Laut Tauger war die Repression jedoch nicht ganz so streng: »Repressive Maßnahmen […] scheinen jedoch nur begrenzte Auswirkungen gehabt zu haben (Tauger, S. 37).«

Anstatt an Verschwörungstheorien zu glauben, ist es viel wahrscheinlicher, dass die Bauern einfach deshalb Landwirtschaft betrieben, weil es im Interesse aller war. Die Kolchosbewegung war ihnen nicht völlig fremd. Die Bewegung selbst stützte sich auf Dutzende Millionen von Bauern und Aktivisten.

3.11 Hat die Sowjetinion Lebensmittel während der Hungersnot exportiert?

Die UdSSR benötigte Kapital für den Kauf von Industriegütern und Maschinen sowie für die Einstellung ausländischer Experten. Dies war Teil der sowjetischen Industrierevolution, mit der ein rückständiges Land in ein modernes Industrieland verwandelt werden sollte. Das Russische Reich war auch Experte für Rohstoffe (hauptsächlich Getreide und Baumwolle), da es ein rückständiger Agrarstaat war. Die UdSSR versuchte, dieser Rückständigkeit zu entkommen. »Dadurch geriet die Sowjetunion unter starken Druck, Rohstoffe zu exportieren (Tauger, S. 44).«

Die UdSSR versuchte, ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit zu erlangen, wurde aber vom Ausland rücksichtslos unter Druck gesetzt, was sie zum Export zwang:

»Der Handelsberater der britischen Botschaft in Moskau schrieb Ende 1931: ›Wenn [die Sowjetregierung] ihren Verpflichtungen nicht nachkäme, würde dies mit Sicherheit eine Katastrophe nach sich ziehen. Nicht nur würden weitere Kredite eingestellt, sondern alle zukünftigen Exporte, alle sowjetischen Schiffe, die in ausländische Häfen einlaufen, alles sowjetische Eigentum, das sich bereits im Ausland befindet, würde beschlagnahmt werden, um fällige Beträge zu decken. Das Eingeständnis der Zahlungsunfähigkeit würde die Verwirklichung aller auf dem Fünfjahresplan beruhenden Bestrebungen gefährden und könnte sogar die Existenz der Regierung selbst in Frage stellen (PRO FO 371. 15607 N7648/​167/​38, 6 – 7)‹. Der deutsche Bundeskanzler Brüning sagte Anfang 1932 zu einem britischen Diplomaten in Berlin, dass, wenn die Sowjets ›ihre Rechnungen nicht in irgendeiner Form begleichen würden, ihr Kredit für immer und ewig zerstört wäre (PRO FO 371 16327 N456/​158/​38)‹.

Tauger, »The 1932 Harvest and the Famine of 1933«

Es wird oft behauptet, dass die Regierung angeblich große Mengen an Lebensmitteln besaß, diese aber einfach exportiert hat. Dies ist eine Verschwörungstheorie, die sich nicht auf zuverlässige Beweise stützt:

»Die während des Höhepunkts der Hungersnot in der ersten Hälfte des Jahres 1933 exportierte Getreidemenge, etwa 220.000 Tonnen, war jedoch gering, weniger als ein Prozent der niedrigsten Ernteschätzungen. Das Regime verwendete praktisch die gesamte restliche verfügbare Ernte für die Ernährung der Menschen.«

Tauger, S. 6

»Die Gesamthilfe für die Hungerregionen war mehr als doppelt so hoch wie die Ausfuhren im ersten Halbjahr 1933.«

Tauger, »The 1932 Harvest and the Famine of 1933«

»Die Schwere und die geografische Ausdehnung der Hungersnot, der starke Rückgang der Exporte in den Jahren 1932 – 1933, der Bedarf an Saatgut und das Chaos in der Sowjetunion in diesen Jahren lassen den Schluss zu, dass selbst eine vollständige Einstellung der Exporte nicht ausgereicht hätte, um die Hungersnot zu verhindern.«

Tauger, »The 1932 Harvest and the Famine of 1933«

Selbst wenn alle Exporte gestoppt worden wären, hätte dies die Hungersnot nicht verhindern können. Er hätte jedoch die Industrialisierung unmöglich gemacht und damit das Land in Armut gehalten und das Risiko künftiger Hungersnöte aufrechterhalten. Die Industrialisierung war eine Notwendigkeit, um Hungersnöte zu beenden. Wäre die Ernte von 1932 erfolgreich gewesen, wie alle hofften, hätte es keine Hungersnot gegeben. Allerdings war die UdSSR zu dieser Zeit noch nicht industrialisiert und daher in hohem Maße Umweltfaktoren ausgeliefert, auf die sie keinen Einfluss hatte.

3.12 Taugers Schlussfolgerung

»Die [niedrige] Ernte von 1932 machte eine Hungersnot im Grunde unvermeidlich«.

Tauger, »The 1932 Harvest and the Famine of 1933«

»Jede Studie, die behauptet, dass die Ernte nicht außergewöhnlich niedrig war und die Hungersnot eine politische Maßnahme war, die absichtlich durch übermäßige Beschaffungen erzwungen wurde, basiert eindeutig auf einer unzureichenden Quellenbasis und einem unkritischen Umgang mit den offiziellen Quellen. Die oben zitierten Beweise zeigen, dass die Hungersnot 1932 – 1933 das Ergebnis eines echten Mangels war, eines erheblichen Rückgangs der Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln […]. [Die Hungersnot war] das Ergebnis der größten in einer Reihe von Naturkatastrophen […] es ist klar, dass die kleinen Ernten von 1931 – 1932 zu einer Knappheit führten, die praktisch jeden im Land betraf, und dass das sowjetische Regime nicht über die internen Ressourcen verfügte, um die Krise zu lindern.«

Tauger, S. 48

Die Hungersnot endete 1933, als die Kolchosen eine erfolgreiche Ernte einfuhren, die viel größer war als die vorherige. Das kollektive System bewies seine Wirksamkeit, indem es die Ernteerträge kontinuierlich steigerte.

4. Weitere Literatur

The Finnish Bolshevik: »Holodomor: Mythos und Wirklichkeit«

Grover Furr: Blood Lies (das beste kurze Buch zum Thema), Red Star Publishers 2014

Douglas Tottle: Fraud, Famine and Fascism, Progress Books

Ludo Martens: Stalin anders betrachtet, Zambon 2013

The Espresso Stalinist: »Famine of 1932«

(die Bücher sind als PDF auf der Seite von Finnish Bolshevik zu finden)

Dieser Artikel ist eine Übersetzung des bei ML-​Theory: A Marxist-​Leninist Blog erschienen englischen Orginals.

Bild: Puccinia graminis (bjoerns, wikimedia commons) 

One thought on “Der »Holodomor« erklärt

  1. sehr zutreffend und historisch wichtig. paar ergänzungen:

    1. schon das wort »holodomor« ist eine propaganda manipulation. es wurde dieseint, um ein assoziation zum seit ende der 1970er im brd polit sprach gebrauch eingeführten ›holocaust‹ herzustellen. wie »stasi« nicht abgeleitet ist von ’staatssicherheit‹, sondern von ’nazi‹. besonders für franzosen stellt sich diese assoziations brücke besonders gut her. da im französischen immer die endsilbe betont wird.

    angeblich sei dieses wort das russische /​ukrainisch für ›hunger tot‹ oder ›hunger seuche‹. tatsächlich lautet das wort ins deutsche umgeschrieben: golod mor. man muß 4…6 sprachmanipulationen vornehmen, um von ›golod mor‹ zu ›holodomor‹ zu kommen.

    die propaganda technik ist diese: es werden ein-​ein-​deutige verbindungen zwischen einem wort und erst einem historischen ereignis hergestellt, um daraus dann eine ein-​ein-​deutige verbindung zwischen dem wort und der jeweils aktuellen erzählung des ereignisses zu machen. diese erzählungen werden permanent geändert und dem aktuellen propaganda bedarf angepaßt. allein das verweist schon auf die falschheit und ist ein teil der falschheit der erzähl inhalte.

    die propaganda technik ist diese: es werden ein-​ein-​deutige verbindungen zwischen einem wort und erst einem historischen ereignis hergestellt, um daraus dann eine ein-​ein-​deutige verbindung zwischen dem wort und der jeweils aktuellen erzählung des ereignisses zu machen.

    massen morde gab es viele, holocaust und holodomor werden nur einmalig erzählt usw. etliches von dem, was in dem ami film »holocaust« erzählt wird, ist heute weitestgehend tabu, wird jedenfalls nicht mehr erzählt. z.b. jüdische partisanen auf den deutsch besetzten gebieten der UdSSR. juden, die gekämpft haben!!! geht gar nicht! heute (gerade wieder aktuell) werden nur juden erzählt, die sich ohnmächtig zu schlachtbank haben führen lassen. die einmaligkeit hat auch den effekt der aufwichtigkeit.

    2. todes ursache waren auch typhus und andere krankheiten, die sich bei der phasischen schwächung ausbreiten.

    3. hunger und typhus reichten damals bis nach mittel-​/​westeuropa. darf aber nicht erzählt werden im zusammenhang mit »holodomor«.

    4. ebenso willkürlich, wie den moskowitern absichten und unterlassungen angehängt werden, könnte man doch fragen: wo waren die »humanitären« hilfsangebote der westler?

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