Wie der globale Faschismus seine links-​opportunistischen (Extremisten) und rechts-​opportunistischen (Liberalisierer) Flanken zum Kampf gegen die Freiheitskräfte einsetzt

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Der Zangenangriff: Strategien und Taktiken sowie Wege zur Überwindung eines solchen faschistischen Zangenangriffs

Dieser Artikel liefert ein Modell für die Analyse von Macht- und Fraktionskämpfen in Bewegungen. Jede große Bewegung hat in ihrem Inneren loyale Befürworter und Verräter. Die verräterischen Kräfte, die die Implosion einer Bewegung anstreben, nutzen zwei Flanken: Einerseits fördern sie deren Liberalisierung, um die »Tore« der Bewegung für die massenhafte Infiltration feindlicher Elemente zu öffnen. Andererseits fördern sie in der Bewegung extremistische Verhaltensweisen, die eine Spaltung innerhalb der Bewegung hervorrufen und Ressentiments gegenüber der Bewegung schüren. Die Extremisten und die Liberalisierer arbeiten zwar hinter den Kulissen konspirativ zusammen, sind aber angesichts der diametralen »Widersprüche« vieler ihrer Standpunkte auch oberflächlich »entgegengesetzt«. Diese oberflächliche »Opposition« kann von den loyalen Befürwortern der Bewegungen ausgenutzt werden und wurde auch schon ausgenutzt, um die Koalition aus Liberalisierern und Extremisten zu spalten und zu überwinden. Dabei werden die Extremisten benutzt, um die Bewegung zu beschleunigen, die Liberalisierer, um die Exzesse der Extremisten in Schach zu halten, während der Einfluss sowohl der Extremisten als auch der Liberalisierer mit der Zeit systematisch schwindet. Die Untersuchung der taktischen Details dieses bewegungsinternen Konflikts hat wichtige Auswirkungen auf die Analyse von Fraktionskonflikten innerhalb der antifaschistischen und Arbeiterbewegung.

Um eine Bewegung von innen heraus zu zerstören, besteht die generelle Strategie darin, zwei Tendenzen in ihr zu verstärken: (1) die Extremisten und (2) die Liberalisierer.

Die Extremisten erschöpfen die Bewegung und säen durch ihre heuchlerische Pseudo-​Reinheit Spaltung. Sie spielen sich als Abenteurer auf, treten für den raschen Export der Sache ein. Sie sind für das Auslassen jeglicher Verhandlungen oder auch nur des kleinsten Kompromisses mit den Gegnern. Sie sind für die sektiererische Weigerung, Bündnisse gegen den größeren Feind zu schließen, für die Ablehnung der von Lenin befürworteten Strategie des divide et impera und für die Ablehnung des etappenweisen Vorgehens. Die Extremisten können dem führenden Vertreter einer Bewegung schmeicheln, während sie ihn hinter seinem Rücken bösartig verleumden und gegen ihn konspirieren.

Sie üben sowohl unterdrückenden als auch provozierenden Terror aus, obwohl sie in der Regel mit der Politik des provozierenden Terrors in Verbindung gebracht werden. Denn letzterer führt eine Spaltung herbei, also genau das, was die Extremisten wollen. Durch den Extremismus erschöpfen sie die Bewegung so sehr, dass sie den Liberalisierern den Boden zur Machtübernahme bereiten. In revolutionären Bewegungen stellt der extremistische Flügel Konterrevolutionäre dar, die sich als Ultra-»Revolutionäre« tarnen.

Die Liberalisierer predigen gleiche Rechte und Freiheiten für die Gerechten und die Ungerechten, für Freunde und Feinde, während sie in Wirklichkeit darauf abzielen, diese Rechte nur den Feinden zu gewähren, um so der feindlichen Infiltration Tür und Tor zu öffnen. Unter dem Deckmantel der »Mäßigung« und der »Reformen« stellen sie offen die Grundprinzipien der Bewegung in Frage, während sie vorgeben, ebenfalls zu ihr zu gehören. Sie widersetzen sich der Säuberung von korrupten Beamten, Veruntreuern, feindlichen Spionen und Saboteuren. Als Defätisten, die sie sind, räumen sie dem Feind immer wieder Zugeständnisse ein oder stellen ihn sogar in einem positiven Licht dar. Letztlich würden die Liberalisierer die Tore der Festung für die Horden faschistischer Barbaren öffnen, die vor den Mauern kampieren.

Zwischen Extremismus und Liberalismus bestehen dialektische Zusammenhänge, auch wenn es den Anschein hat, dass diese beiden Strömungen im Widerspruch zueinander stehen. Ein extremistisches Verhalten in der einen Richtung bedeutet ein liberalisierendes Verhalten in der anderen Richtung. Aus diesem Grund sind Extremismus und Liberalismus untrennbar miteinander verbunden. Sie sind die extremen Enden eines hufeisenförmigen Spektrums. Da es in einem Konflikt zwischen Fortschritt und Reaktion keine dritte Seite gibt, kann die Angleichung der Klasseninteressen Kräfte mit unterschiedlichem ideologischem Erscheinungsbild zu einem Bündnis miteinander bewegen. Das Bündnis zwischen den Lagern der Liberalisierer und der Extremisten ist ein typisches Beispiel dafür: Trotz der scheinbar grundlegenden Unterschiede wird die heftige Feindseligkeit, die sowohl die Extremisten als auch die Liberalisierer gegenüber der zentristischen/​gemäßigten Fraktion der Befürworter der Bewegung hegen, die liberalisierenden und extremistischen Kontingente zu einem Bündnis bewegen, auch wenn es sich dabei um ein verdecktes oder stillschweigendes Bündnis handelt.

Die Extremisten spielen den Liberalisierern in die Hände, indem sie die eigentlichen Befürworter der Bewegung in ihrem Namen terrorisieren und den Liberalisierern den Vorwand liefern, die wahren Befürworter der Bewegung und die Extremisten als Einheit darzustellen. Wenn das System/​die Bewegung erschöpft ist, geben die Extremisten den Liberalisierern nach, die dann das System für den Feind öffnen, damit dieser eindringen und zuschlagen kann. Auf der anderen Seite würden die Liberalisierer die Extremisten tolerieren und ihnen den Weg für terroristische Aktivitäten und Extremismus ebnen. Dies macht die Liberalisierer und Extremisten zu natürlichen von den Feinden der Bewegung unterstützten Verbündeten. Sollte es den Liberalisierern und Extremisten gelingen, genügend Macht zu erlangen, würden sie in der letzten kritischen Phase der Verschwörung – wenn der konterrevolutionäre Putschplan endgültig ausgeführt wird – ihre äußerlichen Feindschaftsbekundungen drastisch reduzieren und sich offen zusammenschließen, um der Sache den Todesstoß zu versetzen.

Trotz dieser verdeckten Allianz müssen die Extremisten und die Liberalen, um glaubwürdig zu wirken, so tun, als seien sie gegeneinander. Um in ihrer Opposition daher wirklich glaubwürdig zu erscheinen, müssten sie nicht nur in Worten, sondern auch teilweise in Taten gegeneinander handeln. Dies dient der Allianz aus Liberalen und Extremisten bei der Streung des Risikos. Unabhängig davon, welche der beiden Gruppierungen an die Macht kommt, würde das liberalistisch-​extremistische Bündnis die Vorherrschaft behalten. Eine solche Diversifizierung der Optionen birgt jedoch auch das Risiko, dass die dritte Gruppierung, nämlich die Fraktion der Befürworter der Bewegung, die äußerlichen Unterschiede zwischen Liberalisierern und Extremisten ausnutzt. Denn um als Liberalisierer oder Extremisten glaubwürdig zu erscheinen, müssen diese beiden Gruppierungen nicht nur nach außen hin gegeneinander reden, sondern auch wirklich handeln, obwohl sie hinter den Kulissen eine geheime konspirative Allianz bilden. Der Weg, diese verdeckte Bande von Liberalisierern und Extremisten zu besiegen, besteht also darin, die offenkundigen Anzeichen von Feindseligkeit zwischen diesen beiden verdeckt verbündeten Netzwerken maximal auszunutzen. Der Weg, die beiden heimlichen Verbündeten, die Liberalisierer und die Extremisten, dazu zu zwingen, gegeneinander zu agieren, ist die Kooptation.

In der Geheimdienstforschung bezieht sich der Begriff »Kooptation« auf einen Prozess, bei dem eine Kombination aus Bestechung und Erpressung oder Zuckerbrot und Peitsche gegen einen feindlichen Agenten eingesetzt wird, um diesen zu ermutigen und zu zwingen, gegen andere feindliche Agenten zu kämpfen. Die Bestechung und Erpressung kann zum Beispiel so aussehen, dass man dem feindlichen Agenten eine Beförderung (und damit ein höheres Einkommen) anbietet, wenn er im Gegenzug die Anwesenheit von »Beratern« (sprich: Spionen) im Büro des feindlichen Agenten akzeptiert, die ihm dabei helfen sollen, gegen andere feindliche Agenten zu kämpfen. Gleichzeitig soll damit sichergestellt werden, dass der zu kooptierende feindliche Agent sich auch tatsächlich gemäß dem Ziel verhält, für das er kooptiert wurde. Die Beförderung ist wie eine Bestechung, während die Anwesenheit von »Beratern« und »Büroassistenten«, die gegen den feindlichen Agenten spionieren, wie Erpressung oder Drohungen wirkt, die die Einhaltung der Vorgaben sicherstellen. Infolge der Kooptation werden so die Agenten des Feindes gezwungen, gegen den Feind selbst zu kämpfen. Die Politik der Kooptation ist vorteilhaft, weil sie es erlaubt, wenige loyale Agenten einzusetzen, um einige illoyale Agenten zu zwingen, der eigenen Sache gegen die Sache des Feindes zu dienen. Der Nachteil besteht darin, dass die kooptierten Agenten, wenn sie nicht ausreichend überwacht werden, die Gelegenheit zum Verrat der Mission nutzen würden, für die sie kooptiert wurden.

Die Art und Weise, wie man die extremistischen und liberalisierenden Akteure in der Bewegung säubert, besteht darin, sie so zu behandeln, als wären sie zwei Komponenten eines Thermostats. Wenn die Klassenkämpfe intensiviert werden müssen, können sich die Befürworter der Bewegung mit den Extremisten verbünden und sie gegen die Liberalen einsetzen, um den Klassenkampf zu intensivieren und den Prozess zu beschleunigen, während sie gleichzeitig ein solches Bündnis nutzen, um einige der Liberalisierer zu beseitigen. Um die Exzesse der Extremisten im Zaum zu halten, können sich die Befürworter der Bewegung anschließend mit den Liberalisierern verbünden und diese kooptieren, um die Situation zu mäßigen und eine Mehrheit zu bilden, durch die die extremistische Minderheit teilweise gesäubert wird. Wenn dann die Liberalisierer die Dinge verlangsamen und eine erneute Verschärfung notwendig wird, würden sich die Befürworter der Bewegung erneut mit den Überresten der Extremisten verbünden und diese kooptieren, um die Dinge zu beschleunigen und einige der Liberalisierer zu beseitigen. Und der Kreislauf würde immer weitergehen, bis die Bewegung »genug« von ihrer fünften Kolonne gereinigt ist, während sie sich um die optimale Geschwindigkeit oder den optimalen Modus des Klassenkampfes herum weiterentwickelt.

Wenn Revolutionäre sich vorübergehend mit den Liberalisierern verbünden und zusammenarbeiten, um dem Einfluss der Extremisten entgegenzuwirken, würden die Extremisten die Gelegenheit nutzen, die Revolutionäre und die Liberalisierer in einen Topf zu werfen, also die Revolutionäre als »liberal« und »konterrevolutionär« darstellen und damit die Revolutionäre untergraben.

Umgekehrt gilt das Gleiche: Wenn Revolutionäre sich mit dem extremistischen Teil verbünden und zusammenarbeiten, um dem Einfluss der Liberalisierer entgegenzuwirken, würden die Liberalisierer die Revolutionäre mit den Extremisten gleichsetzen. Eine weitere Möglichkeit, wie die konterrevolutionäre Fraktion Propaganda gegen die Revolutionäre betreiben kann, besteht darin, die früheren konterrevolutionären Aktivitäten (zum Beispiel Spionage, Folter, Terrorismus, Korruption) der von den Revolutionären kooptierten Liberalisierer oder extremistischen Elemente aufzudecken, um die Revolutionäre wiederum mit Konterrevolutionären in einen Topf zu werfen und so die Revolutionäre als Spione, Folterer, Terroristen, korrupte Beamte und so fort darzustellen.

Die Herabstufung mächtiger Personen erfolgt häufig in der Form, dass sie vom militärischen und nachrichtendienstlichen Sektor in den Wirtschaftssektor und dann in den Kultur- und Mediensektor versetzt werden. Je mehr eine Person herabgestuft wird, desto mehr fühlt sich diese Person um des eigenen politischen Überlebens willen dazu gezwungen, ideologische Positionen einzunehmen, die denen ihrer mächtigen Herabstufer ähnlich sind. Da die herabgestufte Person politisch schwächer geworden ist, ist sie leichter von Agenten zu umzingeln und somit leichter zu kooptieren. Daher wäre die herabgestufte Person gezwungen, den Herabstufern bei der Säuberung des Sektors mit geringerer Bedeutung zu helfen, in den die herabgestufte Person entsandt wurde. Auf diese Weise können die Herabstufer einerseits unliebsame Elemente aus höherrangigen Positionen entfernen, andererseits aber auch zur Säuberung der weniger wichtigen Bereiche beitragen.

Dieser Artikel ist ein Unterkapitel (Kapitel 1, Abschnitt 7 (C1S7)) aus Saed Teymuris The History of the USSR & the Peoples‹ Democracies (Version vom 13. Mai 2023), veröffentlicht auf sovinform​.net, Titel umgestellt, Format angepasst, Zusammenfassung des Autors hinzugefügt.

Bild: Montage von Saed Teymuri

One thought on “Wie der globale Faschismus seine links-​opportunistischen (Extremisten) und rechts-​opportunistischen (Liberalisierer) Flanken zum Kampf gegen die Freiheitskräfte einsetzt

  1. Bewegungen von innen heraus zu spalten und zu zersetzen ist das Eine. 

    Menschen mit gleichen Interessen von vorne herein in verschieden Strömungen zu spalten ist das andere.

    »Links« und »rechts« sind die mächtigsten Spaltpilz-​Waffen der Herrschenden.

    Und genau darum wird dieses falsche, machtlos machende Denken gerade so sehr gefördert.

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