Demo­kra­ti­sche Globalisierung

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Die Welt will sich dem Macht­an­spruch der USA ent­zie­hen. Dazu gehört auch die Ent­mach­tung des Dol­lars und der west­li­chen Finanz­struk­tu­ren. Die trei­ben­den Kräf­te in die­sem Pro­zess sind dabei die BRICS-Staa­ten, allen vor­an Chi­na als wirt­schaft­li­ches Schwer­ge­wicht und Russ­land als mili­tä­ri­sches. Wie weit der Weg dort­hin noch ist, kann heu­te noch nicht klar gesagt wer­den. Aber die ers­ten Schrit­te sind gemacht.

BRI, BRICS, SOZ und ande­re Konkurrenten

Mit dem Start der Seidenstraßen-Initiative(BRI) vor etwa zehn Jah­ren, begann Chi­na, sich aus der Abhän­gig­keit vom Wes­ten zu lösen und eige­ne wirt­schaft­li­che Stra­te­gien zu ent­wi­ckeln. Das BRICS-For­mat (Bra­si­li­en, Russ­land, Indi­en, Chi­na und Süd­afri­ka) wie auch die Shang­hai­er Orga­ni­sa­ti­on für Zusam­men­ar­beit (SOZ) waren wei­te­re Schrit­te in die­se Rich­tung. In west­li­cher Über­heb­lich­keit hat­te man ange­bo­te­ne Teil­nah­me abge­lehnt. Man schien wohl der Mei­nung zu sein, dass die­se Initia­ti­ven wenig Erfolg haben wür­den, wenn man dem Wes­ten nicht die füh­ren­de Rol­le dar­in über­las­sen würde.

Seit­dem über­rollt eine Wel­le von Initia­ti­ven und Inno­va­tio­nen, die beson­ders von Chi­na aus­ge­hen, den Glo­bus und eröff­net all jenen Staa­ten unge­ahn­te Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten, die vom Wes­ten bis­her links lie­gen gelas­sen wor­den waren. Die­se For­ma­te bie­ten kos­ten­güns­ti­ge Ange­bo­te für den Auf­bau von Infra­struk­tur, weil sie nicht in Dol­lar oder Euro abge­schlos­sen wer­den muss­ten, und die ange­schlos­se­nen Ent­wick­lungs­ban­ken sichern güns­ti­ge Kre­di­te zu. Chi­na dehn­te sogar sei­nen Ein­fluss auf den Hei­mat­märk­ten der füh­ren­den kapi­ta­lis­ti­schen Staa­ten aus.

Je stär­ker Chi­nas Wirt­schaft und Russ­lands Mili­tär wur­den und die Zusam­men­ar­beit zwi­schen den bei­den, umso mehr sahen sich die west­li­chen Staa­ten in ihrer Vor­herr­schaft bedroht. Um deren Auf­stieg zu behin­dern, setz­ten die west­li­chen Staa­ten ihre Finanz­kraft und admi­nis­tra­ti­ve Mit­tel ein. Zöl­le wur­den unter Trump gegen Chi­na erho­ben und unter Biden nicht zurück­ge­nom­men. Auch die EU behin­der­te chi­ne­si­sche Ver­su­che, durch Unter­neh­mens­käu­fe Zugang zu fort­ge­schrit­te­ner west­li­cher Tech­no­lo­gie zu erlangen.

Sank­tio­nen wur­den meist unter dem Vor­wurf von Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen ver­hängt nicht nur gegen Chi­na und Russ­land son­dern ins­ge­samt gegen Staa­ten, die sich der west­li­chen Hege­mo­nie ent­zie­hen woll­ten. Ver­mö­gen wur­den ein­ge­fro­ren, Aus­schlüs­se aus dem west­li­chen Zah­lungs­sys­tem SWIFT aus­ge­spro­chen. Der Wes­ten zog alle Regis­ter sei­ner finanz­tech­ni­schen Mit­tel und schuf damit selbst die Vor­aus­set­zun­gen für den Ruf nach einer neu­en Reser­ve­wäh­rung, die nicht dem Kom­man­do des Wes­tens und der USA unterliegt.

Beson­ders die BRICS-Staa­ten bil­den den Kern die­ser Ent­wick­lung hin zu einer neu­en glo­ba­len Finanz­ar­chi­tek­tur, die nicht von den alten Hege­mo­ni­al­mäch­ten beherrscht wird. Wie weit sie auf dem Weg der Los­lö­sung aus die­sen Struk­tu­ren vor­an­ge­kom­men sind, kann im Moment noch nicht genau gesagt wer­den. Erkenn­bar aber ist, dass beson­ders unter die­sen Staa­ten und in Zusam­men­ar­beit mit dem Iran Ent­wick­lun­gen vor sich gehen, die auf den Auf­bau neu­er finanz­tech­ni­scher Instru­men­te hinarbeiten.

Geld­man­gel

Als beson­de­re Schwie­rig­keit erweist sich die Lösung von west­li­chen Reser­ve­wäh­run­gen, die nun zur Schaf­fung einer alter­na­ti­ven unter der Füh­rung der BRICS-Staa­ten zwingt. Dabei ste­hen letz­te­re für etwa ein Drit­tel der Welt­be­völ­ke­rung und fast ein Vier­tel der glo­ba­len Wirt­schafts­leis­tung. Im Gegen­satz dazu mach­te jedoch der Anteil ihrer Wäh­run­gen nach Anga­ben der Bank für Inter­na­tio­na­len Zah­lungs­aus­gleich (BIZ) vom April 2022 ins­ge­samt nur 11Prozent am welt­wei­ten Devi­sen­han­del aus. Der Anteil des Dol­lars betrug sei­ner­zeit 60Prozent, der des Euro immer­hin noch 20Prozent und der des Yuan nur 2 Prozent.

Die wirt­schaft­li­che Kraft die­ser Staa­ten steht somit in einem deut­li­chen Miss­ver­hält­nis zu den Geld­men­gen in eige­nen Wäh­run­gen. Das hat sei­nen Grund dar­in, dass die­se wei­test­ge­hend nur im Inland im Umlauf sind. Jedoch hat­ten beson­ders Russ­land und Chi­na zusätz­lich dazu gewal­ti­ge Reser­ven in Dol­lar und Euro auf­ge­baut durch ihre Han­dels­über­schüs­se gegen­über dem Wes­ten, als im Rah­men der Glo­ba­li­sie­rung der Han­del noch weit­ge­hend rei­bungs­frei funktionierte.

Der Wes­ten erhielt rus­si­sche und chi­ne­si­sche Pro­duk­te und Roh­stof­fe, Chi­na und Russ­land west­li­che Wäh­run­gen. Mit die­sen Reser­ven hat­ten sie ihre Staats­kas­sen gefüllt und konn­ten ihren Bedarf auf den Welt­märk­ten decken. Weil Russ­land und Chi­na in Dol­lars schwam­men, bestand auch bis in jüngs­te Zeit wenig Bedarf an Han­dels­ab­kom­men mit ande­ren Staa­ten auf Yuan- oder Rubel­ba­sis. Das ist der Grund für die rela­tiv gerin­gen Geld­men­gen in eige­ner Wäh­rung im natio­na­len Umlauf gegen­über den Reser­ve­wäh­run­gen Euro und Dol­lar, die um den Glo­bus zirkulieren.

Mit der zuneh­men­den Sank­ti­ons­po­li­tik des Wes­tens wur­den Chi­ne­sen und Rus­sen vor­sich­ti­ger. Hat­te Chi­na 2014 noch Wäh­rungs­re­ser­ven in Höhe von fast 4 Bil­lio­nen Dol­lar, so fie­len die­se beson­ders nach den Sank­tio­nen gegen Russ­land nach 2014 auf fast 3 Bil­lio­nen im Jah­re 2016 (1). Die alten Höchst­stän­de wur­den nie wie­der erreicht. Statt­des­sen inves­tier­te beson­ders Chi­na zuneh­mend in west­li­che Unter­neh­mens­käu­fe und im Rah­men der Sei­den­stra­ßen-Initia­ti­ve in Aus­bau und Finan­zie­rung von Infra­struk­tur welt­weit. Auch Gold wur­de ver­mehrt erworben.

Der Über­gang vom Gold zum Dol­lar wie auch die Ver­schmel­zung der euro­päi­schen natio­na­len Wäh­run­gen zum gemein­sa­men euro­päi­schen Euro offen­ba­ren eines der grund­le­gen­den Pro­ble­me des Welt­han­dels: Han­del braucht aus­rei­chen­de und gleich­zei­tig wert­hal­ti­ge Zah­lungs­mit­tel. Durch die Finanz­sank­tio­nen des Wes­tens beson­ders gegen­über Russ­land wird der Welt­ge­mein­schaft ihre Abhän­gig­keit von Dol­lar und Euro anschau­lich vor Augen geführt und auch das Bedro­hungs­po­ten­ti­al, das damit ver­bun­den ist.

Wenn auch in jüngs­ter Zeit Han­dels­ab­kom­men auf der Basis natio­na­ler Wäh­run­gen stark zuge­nom­men haben, so wer­den ers­te­re doch immer noch zu gro­ßen Tei­len in Dol­lar oder Euro abge­schlos­sen. Der Grund dafür liegt in den gerin­gen Geld­men­gen jen­seits von Dol­lar und Euro. Um die­sem Man­gel zu ent­kom­men, wer­den dar­über hin­aus in der letz­ten Zeit zuneh­mend ande­re Wäh­run­gen zusätz­lich ver­wen­det wie Hong­kong-Dol­lar, Sin­ga­pur-Dol­lar oder Dir­ham (2). Da die­se sehr eng mit dem Dol­lar ver­bun­den sind, stel­len sie einen Zugang zur Sta­bi­li­tät des Dol­lar­raums dar, ohne selbst Dol­lar zu sein.

Behelfs­lö­sun­gen

Beson­ders Russ­land und Chi­na sind dazu über­ge­gan­gen, immer mehr Han­dels­ver­trä­ge auf der Basis natio­na­ler Wäh­run­gen mit ande­ren Staa­ten abzu­schlie­ßen. Dol­lar und Euro wer­den immer häu­fi­ger gemie­den. Heu­te macht der Dol­lar nur noch wenig mehr als 40 Pro­zent des welt­wei­ten Han­dels aus, Anfang der 2000er Jah­re waren es noch 66 Pro­zent. Sein Anteil an den inter­na­tio­na­len Devi­sen­re­ser­ven fiel inner­halb von 20 Jah­ren von 71 auf 60 Pro­zent. (3)

Den­noch kön­nen die­se zwi­schen­staat­li­chen Abkom­men auf der Grund­la­ge natio­na­ler Wäh­run­gen nur eine Über­gangs­lö­sung sein. Denn sie tra­gen einen erheb­li­chen Nach­teil in sich: die Beschrän­kung auf die natio­na­len Wäh­rungs­räu­me. Nicht umsonst ist der Dol­lar zur vor­herr­schen­den Wäh­rung auf dem Pla­ne­ten gewor­den, weil mit ihm welt­weit Han­del betrie­ben wer­den kann – selbst in Staa­ten, die gar nicht zum ame­ri­ka­ni­schen Wirt­schafts­raum gehören.

Im Gegen­satz zum Yuan, der inzwi­schen Welt­gel­tung erlangt hat, steht vie­len ande­ren BRICS-Wäh­run­gen im bila­te­ra­len Han­del nur ein begrenz­tes Ange­bot an Waren oder Dienst­leis­tun­gen zur Ver­fü­gung die gegen die natio­na­le Wäh­rung ein­ge­tauscht wer­den kön­nen. Hier­in lie­gen die Schwie­rig­kei­ten eines Han­dels auf der Basis natio­na­ler Wäh­run­gen. Das drückt sich aus in den Han­dels- und Zah­lungs­bi­lanz­de­fi­zi­ten vie­ler Staaten.

So hat die Aus­wei­tung des Han­dels zwi­schen Russ­land und Indi­en auf der Basis von Rupie und Rubel zu einer Anhäu­fung indi­scher Rupi­en bei rus­si­schen Ban­ken geführt. Anschei­nend steht die­sem Rupi­en­über­hang auf den rus­si­schen Kon­ten nicht genü­gend Ange­bot auf indi­scher Sei­te gegen­über, sodass die­ser durch Käu­fe oder Inves­ti­tio­nen abge­baut wer­den könn­te. Um die­ses Pro­blem zu umge­hen, hat man statt des Dol­lars den Dir­ham der Ver­ei­nig­ten Ara­bi­schen Emi­ra­te mit hinzugenommen.

Selbst im Han­del zwi­schen Russ­land und Chi­na, der mitt­ler­wei­le zu 60Prozent in Eigen­wäh­run­gen, aber bis vor weni­gen Jah­ren noch zu 80Prozent in Dol­lar abge­rech­net wur­de, über­stei­gen die Yuan-Men­gen die des Rubel bei wei­tem. Dabei ver­fügt Russ­land mit sei­nen Ener­gie­trä­gern immer­hin über ein gro­ßes Ange­bot im Gegen­satz zum wirt­schaft­li­chen Auf­stei­ger Indi­en, geschwei­ge denn gegen­über vie­len ande­ren Ländern.

Beson­ders zwi­schen Chi­na und den Ener­gie­lie­fe­ran­ten Russ­land, Sau­di-Ara­bi­en, Iran und ande­ren wur­de der Han­del auf Basis des Yuan erheb­lich aus­ge­wei­tet. »Chi­na kauft an Gas, was es krie­gen kann«, schreibt die Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung am 3.2. die­ses Jah­res. Durch sei­ne Käu­fe könn­te Chi­na »am glo­ba­len LNG-Markt bald zum beherr­schen­den Akteur« (4) auf­stei­gen. So kauf­te unlängst der fran­zö­si­sche Total-Kon­zern Gas in Shang­hai und bezahl­te in Yuan (5). Chi­na kauft in Yuan bei den auf­stre­ben­den Staa­ten am Golf sei­ne Ener­gie, die dafür mit Yuan den Auf­bau ihrer Infra­struk­tur finan­zie­ren – eine Win-Win-Situa­ti­on nach Chi­nas Geschmack.

Im Fal­le der Golf­staa­ten und sons­ti­gen Ener­gie­lie­fe­ran­ten wie auch den Nah­rungs­mit­tel­lie­fe­ran­ten Argen­ti­ni­en und Bra­si­li­en sind die Grund­la­gen für einen Han­del auf der Basis natio­na­ler Wäh­run­gen gege­ben. Bei­de Sei­ten pro­fi­tie­ren von den Ange­bo­ten der ande­ren. Das ist aber nur der Fall, wenn in bei­den Wirt­schafts­räu­men ein Ange­bot besteht, das für bei­de Sei­ten einen wirt­schaft­li­chen Vor­teil bringt. Schwie­ri­ger wird es da mit Staa­ten wie Kuba, das kaum etwas expor­tie­ren kann, weil auf­grund der west­li­chen Sank­tio­nen über­all Man­gel herrscht.

Denn bei aller Über­ein­stim­mung im gemein­sa­men poli­ti­schen Inter­es­se, von den west­li­chen Reser­ve­wäh­run­gen und Han­dels­struk­tu­ren unab­hän­gig zu wer­den, darf nicht über­se­hen wer­den, dass Han­del in Gewinn­ab­sicht betrie­ben wird. Waren­aus­tausch zu betrei­ben, nur um Fremd­wäh­run­gen zu ver­brau­chen, wäh­rend die ein­ge­han­del­ten Pro­duk­te auf dem Welt­markt güns­ti­ger zu haben gewe­sen wären, macht wirt­schaft­lich wenig Sinn und führt zur Schwä­chung der Wirt­schaft – auf bei­den Seiten.

Zudem unter­lie­gen vie­le Wäh­run­gen beson­ders aus wirt­schaft­lich unter­ent­wi­ckel­ten Staa­ten star­ken Kurs­schwan­kun­gen. Obwohl die indi­sche Rupie über ein inter­na­tio­na­les Gewicht ver­fügt, war sie allein in 2022 mit einem Rück­gang von mehr als zehn Pro­zent eine der schwächs­ten asia­ti­schen Wäh­run­gen. Ein sol­cher Wert­ver­lust macht Inves­ti­tio­nen und Kre­dit­ver­ga­be auf­grund ihrer lang­fris­ti­gen Aus­le­gung zu einem schwer zu kal­ku­lie­ren­den Risiko.

So sinn­voll es poli­tisch sein mag, Han­del auf der Basis von natio­na­len Wäh­run­gen abzu­wi­ckeln, um sich fürs ers­te den Risi­ken des Dol­lars und Euros zu ent­zie­hen, so kann dar­in kei­ne lang­fris­ti­ge Per­spek­ti­ve für den Welt­han­del gese­hen wer­den. Auf eine über­ge­ord­ne­te Reser­ve­wäh­rung aller BRICS-Staa­ten und der Inter­es­sen­ten wird auf Dau­er nicht ver­zich­tet wer­den können.

Gemes­sen an den Dol­lars, die tag­täg­lich um den Pla­ne­ten krei­sen, wer­den die Geld­men­gen der Ein­zel­staa­ten dem Aus­maß der Zah­lungs­strö­me nicht gerecht, die vom Welt­han­del bewegt wer­den. Auch das Gold war trotz sei­ner Wert­hal­tig­keit durch den Dol­lar ersetzt wor­den, weil sei­ne Men­gen nicht aus­reich­ten, um Welt­han­del, Inves­ti­ti­ons­tä­tig­keit und Kre­dit­fi­nan­zie­rung gewähr­leis­ten zu können.

Neue Finanz­ar­chi­tek­tur

Um das Pro­blem der Geld­men­gen anzu­ge­hen, hat­te der rus­si­sche Prä­si­dent Wla­di­mir Putin beim letz­ten (vir­tu­el­len) Tref­fen der BRICS-Staa­ten am 23. Juni 2022 den Vor­schlag der »Schaf­fung einer inter­na­tio­na­len Reser­ve­wäh­rung auf der Grund­la­ge des Wäh­rungs­korbs unse­rer Län­der« (6) gemacht. Zuletzt hat­te auch der bra­si­lia­ni­sche Prä­si­dent Lula da Sil­va bei sei­nem Tref­fen mit Xi Jin­ping am 13.April die­ses Jah­res in Peking die For­de­rung nach der »Schaf­fung einer Wäh­rung für die BRICS-Staa­ten« (7) bekräf­tigt.

Bis­her aber gibt es kei­ne offi­zi­el­len Ver­laut­ba­run­gen dar­über, wie die­se Wäh­rung gestal­tet wer­den soll und in wel­chem Ver­fah­ren und Ver­hält­nis die­se in die­sen Korb ein­ge­hen. Als zusätz­li­che Quel­le für Geld­men­gen wird die Deckung durch Gold- und ande­re Roh­stof­fe die­ser Staa­ten gele­gent­lich ins Gespräch gebracht. Ins­ge­samt aber ist im Moment noch nicht erkenn­bar, wie weit die­ser Pro­zess vor­an­ge­schrit­ten ist.

Um sich von Dol­lar und Euro lösen zu kön­nen, müs­sen neben den Fra­gen der Geld­men­gen auch die der grenz­über­schrei­ten­den Zah­lungs­ab­wick­lung gelöst wer­den, die bis­her weit­ge­hend durch das west­li­che SWIFT-Sys­tem bestimmt wur­de. Beson­ders Chi­na und Russ­land arbei­ten in Zusam­men­ar­beit ande­ren Staa­ten an neu­en Ver­fah­ren der Zah­lungs­ab­wick­lung – meist auf Basis der Blockchain-Technologie.

So erklär­te der rus­si­sche Außen­mi­nis­ter Ser­gei Law­row: »Jetzt ent­wi­ckeln wir … mit all unse­ren Freun­den, mit allen Part­nern, neue Ansät­ze zur Schaf­fung von Lie­fer­ket­ten, neue Ansät­ze zur Finan­zie­rung, zu Bank­trans­ak­tio­nen, die in kei­ner Wei­se von den Lau­nen der USA abhän­gig sein wer­den.« (8) Aber auch vie­le ande­re Staa­ten schaf­fen ihre eige­nen Sys­te­me oder über­neh­men bereits weit ent­wi­ckel­te wie das rus­si­sche Sys­tem MIR.

Chi­nas grenz­über­schrei­ten­des Sys­tem (Cross-Bor­der Inter­bank Pay­ment Sys­tem) nut­zen Berich­ten zufol­ge mitt­ler­wei­le mehr als 1.300 Teil­neh­mer in über 100 Län­dern und Regio­nen (9). Immer häu­fi­ger wird der Yuan als alter­na­ti­ve Han­dels­wäh­rung gegen­über Euro und Dol­lar genutzt. Sein Anteil am Welt­han­del hat sich inner­halb eines Jah­res von 2 Pro­zent im April 2022 auf zuletzt etwa 4,5Prozent mehr als ver­dop­pelt (10). Selbst Putin befür­wor­te­te bei sei­nem Tref­fen mit Xi Jin­ping aus prak­ti­schen Grün­den »die Rol­le des chi­ne­si­schen Yuan als neue Han­dels­wäh­rung ers­ter Wahl« (11).

Bereits im Novem­ber letz­ten Jah­res wur­de eine Yuan-Clea­ring­stel­le mit Argen­ti­ni­en offi­zi­ell gestar­tet. In den letz­ten Mona­ten waren bereits ähn­li­che Ver­ein­ba­run­gen mit Paki­stan, Kasach­stan, Laos und ande­ren unter­zeich­net wor­den. Nun haben auch Chi­na und Bra­si­li­en eine sol­che Absichts­er­klä­rung unter­zeich­net. (12) Die­se Clea­ring­stel­len ver­ein­fa­chen die Zah­lungs­ab­wick­lung von Han­del und Inves­ti­tio­nen zwi­schen den Staaten.

Der Yuan ent­wi­ckelt sich immer mehr zur Han­dels­wäh­rung im Rah­men der BRICS und gegen­über ande­ren Staa­ten. Unbe­strit­ten ist, dass die chi­ne­si­sche Digi­tal­wäh­rung, der e‑Yuan, in sei­ner Erpro­bung wei­ter fort­ge­schrit­ten ist als der digi­ta­le Rubel, der dem­nächst in Russ­land ein­ge­führt wer­den soll, auch wei­ter als die digi­ta­le Rupie.

Dass der e‑Yuan schon seit der Win­ter­olym­pia­de in Chi­na 2022 im All­tag ver­wen­det wird, sich bewährt hat und von der chi­ne­si­schen Bevöl­ke­rung gut ange­nom­men wird, spricht für sei­ne Ver­wen­dung als bevor­zug­te Han­dels­wäh­rung im Rah­men der BRICS. Dass der rus­si­sche Prä­si­dent Putin ange­regt hat, ihn aus prak­ti­schen Grün­den zu bevor­zu­gen, drückt eine Sicht­wei­se aus, die über natio­na­len Eitel­kei­ten steht.

»Ob die­se [gemein­sa­me Wäh­rung] nun ein digi­ta­ler Rubel, eine digi­ta­le Rupie, ein digi­ta­ler Yuan oder eine ande­re neue Wäh­rung sein wird, ist nicht so wich­tig. Wich­tig ist, dass die­se Wäh­rung nach den Regeln unse­rer Län­der funk­tio­niert.« (13) In die­ser Äuße­rung des stell­ver­tre­ten­den Vor­sit­zen­den der rus­si­schen Staats­du­ma, Alex­an­der Baba­kow, offen­bart sich ein poli­ti­sches Bewusst­sein, das sich dem gemein­sa­men Inter­es­se und Vor­teil ver­pflich­tet sieht. Ange­sichts der gegen­sei­ti­gen Über­vor­tei­lung unter den west­li­chen Staa­ten ist es frag­lich, ob letz­te­re die­sen Ent­wick­lun­gen noch etwas ent­ge­gen­set­zen können.

Ver­wei­se

(1) https://​de​.sta​tis​ta​.com/​s​t​a​t​i​s​t​i​k​/​d​a​t​e​n​/​s​t​u​d​i​e​/​2​1​9​3​1​2​/​u​m​f​r​a​g​e​/​w​a​e​h​r​u​n​g​s​r​e​s​e​r​v​e​n​-​v​o​n​-​c​h​i​na/

(2) https://​test​.rtde​.tech/​i​n​t​e​r​n​a​t​i​o​n​a​l​/​1​4​5​8​1​4​-​m​e​d​i​e​n​b​e​r​i​c​h​t​e​-​i​n​d​i​e​n​-​z​a​h​l​t​-​f​u​r​-​r​u​s​s​i​s​c​he/11.08.2022 https://​www​.reu​ters​.com/​w​o​r​l​d​/​i​n​d​i​a​/​e​x​c​l​u​s​i​v​e​-​i​n​d​i​a​n​-​c​o​m​p​a​n​i​e​s​-​s​w​a​p​p​i​n​g​-​d​o​l​l​a​r​-​a​s​i​a​n​-​c​u​r​r​e​n​c​i​e​s​-​b​u​y​-​r​u​s​s​i​a​n​-​c​o​a​l​-​2​022 – 08-10/

(3) https://​lin​ke​zei​tung​.de/​2​0​2​3​/​0​4​/​1​2​/​d​e​r​-​d​o​l​l​a​r​-​v​e​r​l​i​e​r​t​-​i​m​m​e​r​-​s​c​h​n​e​l​l​e​r​-​a​n​-​b​o​d​en/ 12.04.23

(4) Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung vom 3.2.23: Chi­na kauft an Gas, was es krie­gen kann«

(5) https://​www​.nasdaq​.com/​a​r​t​i​c​l​e​s​/​c​h​i​n​a​-​c​o​m​p​l​e​t​e​s​-​f​i​r​s​t​-​y​u​a​n​-​s​e​t​t​l​e​d​-​l​n​g​-​t​r​ade

(6) https://​www​.block​trai​ner​.de/​b​r​i​c​s​-​s​t​a​a​t​e​n​-​w​e​l​t​r​e​s​e​r​v​e​w​a​h​r​u​ng/ vom 28.07.2022

(7) Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung vom 14.4.2023: Lula sagt, was Chi­na hören will 30.03.2023

(8) https://​test​.rtde​.tech/​i​n​t​e​r​n​a​t​i​o​n​a​l​/​1​6​6​7​5​8​-​l​a​w​r​o​w​-​i​m​-​g​e​s​p​r​a​e​c​h​-​m​i​t​-​p​r​e​n​sa/ 02.04.23

(9) https://​test​.rtde​.tech/​m​e​i​n​u​n​g​/​1​6​8​1​1​0​-​d​o​l​l​a​r​-​d​a​e​m​m​e​r​u​n​g​-​a​n​f​a​n​g​-​v​o​m​-​e​n​de/ 21.04.23

(10) eben­da

(11) https://​test​.rtde​.tech/​m​e​i​n​u​n​g​/​1​6​6​4​0​4​-​x​i​-​j​i​n​p​i​n​g​-​u​n​d​-​w​l​a​d​i​m​i​r​-​p​u​t​in/ 290323

(12) https://​deut​sche​-wirt​schafts​-nach​rich​ten​.de/​7​0​2​1​8​1​/​Y​u​a​n​-​C​l​e​a​r​i​n​g​-​C​h​i​n​a​-​u​n​d​-​B​r​a​s​i​l​i​e​n​-​f​o​r​c​i​e​r​e​n​-​H​a​n​d​e​l​-​o​h​n​e​-​D​o​l​lar

(13) https://​test​.rtde​.tech/​i​n​t​e​r​n​a​t​i​o​n​a​l​/​1​6​6​5​5​8​-​r​u​s​s​l​a​n​d​s​-​v​i​z​e​-​p​a​r​l​a​m​e​n​t​s​v​o​r​s​i​t​z​e​n​d​e​r​-​i​n​d​i​e​n​-​r​u​s​s​l​a​n​d​-​c​h​i​n​a​-​b​r​a​u​c​h​e​n​-​g​e​m​e​i​n​s​a​m​e​-​d​i​g​i​t​a​l​e​-​w​a​h​r​u​ng/

Rüdi­ger Rauls ist Buch­au­tor und betreibt den Blog Poli­ti­sche Analyse

Bild: Chi­na-CEEC-Match­ma­king-Event 2017. Auf­ge­nom­men am 27. Novem­ber 2017. Aré­na, Buda­pest, Ungarn (wiki­me­dia commons)

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