Absurd, alar­mie­rend, skan­da­lös: Anti­fa­schist Bern­hard Kle­venz nimmt Stel­lung zu sei­ner Ver­ur­tei­lung wegen Volksverhetzung

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Mag­Ma ver­öf­fent­licht hier die Erklä­rung des Genos­sen Bern­hard Kle­venz ange­sicht eines zutiefst absur­den, skan­da­lö­sen wie alar­mie­ren­den Urteils. Das Vor­tra­gen fol­gen­der Erklä­rung wur­de ihm vom Gericht ver­wei­gert. Des­halb und ange­sichts der Trag­wei­te für alle auf­rech­ten Anti­fa­schis­ten sei die Erklä­rung des Genos­sen hier für die Öffent­lich­keit zugäng­lich gemacht. Wer Ber­hard Kle­venz unter­stüt­zen will, kann sich ger­ne bei ihm mel­den: bklevenz@t‑online.de. Als Ergän­zung sei die Doku­men­ta­ti­on des Pro­zes­ses als PDF emp­foh­len, die auf der noch nicht gesperr­ten Web­site von Bern­hard Kle­venz gefun­den wer­den kann: https://​unde​mo​krat​.4li​ma​.de/​V​o​l​k​s​v​e​r​h​e​t​z​u​n​g​.​pdf

Erklä­rung zu der Ver­hand­lung am 01.03.22

Sach­ver­halt:

Ich betrei­be seit unge­fähr 1999 eine Home­page unter der ursprüng­li­chen Adres­se www​.bkle​venz​.de zu his­to­ri­schen und poli­ti­schen Fra­gen. Ich schrei­be in ers­ter Linie eige­ne Tex­te, die ich je nach mei­nen Kennt­nis­sen und Ein­sich­ten über­ar­bei­te. In die­sem Rah­men ver­öf­fent­li­che ich auch his­to­ri­sche Doku­men­te, die ich ein­scan­ne, mit einer Soft­ware bear­bei­te und even­tu­ell Namens- und Sach­re­gis­ter hin­zu­fü­ge, um das Doku­ment durch­such­bar zu machen. Hier­zu gehör­te auch das Buch Mein Kampf von Adolf Hit­ler. Da es hier um Volks­ver­het­zung gehen soll, zäh­le ich mei­ne Auf­sät­ze auf, soweit sie hier­für in Betracht kommen.

Über­sicht über mei­ne poli­ti­schen Aufsätze:

Im Sep­tem­ber 2020 wur­de Straf­an­zei­ge gegen mich wegen Volks­ver­het­zung nach § 130 StGB erstat­tet. (As. 3 – 4) Aller­dings nicht nur wegen »Popanz.pdf«, son­dern wegen mei­nes Auf­sat­zes »Zuwan­de­rung als Pro­jekt des Kapi­tals«. Dies sei ein ras­sis­ti­scher Text. Eine Staats­an­wäl­tin namens Rüling fand in die­sem Auf­satz lei­der nichts Straf­ba­res, schlug aber vor, sich immer­hin mit »Popanz.pdf« zu befas­sen. (As. 9)

Mir wur­de ein Straf­be­fehl in Höhe von 1500 Euro (50 Tages­sät­ze) wegen Volks­ver­het­zung (§ 130 StGB) zuteil, woge­gen ich Ein­spruch ein­leg­te. Ich erhielt, Coro­na sei Dank, auf Antrag nahe­zu die voll­stän­di­gen Ermitt­lungs­ak­ten zuge­schickt (nor­ma­ler­wei­se darf man die­se als Nicht­ju­rist nur ein­se­hen) (As 137). Ich bezie­he mich aus­schließ­lich auf die­se Akten.

Gra­fik von Bern­hard Kle­venz’ Web­site https://​unde​mo​krat​.4li​ma​.de/

Im Juni 2021 fand die Ver­hand­lung statt. Im Alter neigt man zu Fried­fer­tig­keit und Kom­pro­miss­be­reit­schaft; des­halb, und auf­grund der beson­de­ren Umstän­de (Mas­ken­pflicht1, mei­ner Schwer­hö­rig­keit2, und natür­lich man­geln­der Pro­zess­erfah­rung) wider­sprach ich, ent­ge­gen mei­nem ursprüng­li­chen Antrag, der Absicht des Gerichts nicht, den Ein­spruch auf die Höhe der Stra­fe zu beschrän­ken, das heißt nicht inhalt­lich zu widersprechen.

Die Stra­fe wur­de aus sozia­len Grün­den auf 750 Euro her­ab­ge­setzt, und ich soll­te den Voll­text von Mein Kampf von mei­ner Home­page löschen, min­des­tens Kapi­tel 11 her­aus­neh­men. Nach reif­li­cher Über­le­gung tat ich das nicht.3 Weil ich Popanz.pdf nicht von mei­ner Web­sei­te nahm, wur­de www​.bkle​venz​.de auf Betrei­ben des Gerichts von der Tele­kom gelöscht. Zwei Tage nach Ver­kün­dung des Urteils leg­te ich Beru­fung ein. Da mir klar wur­de, dass auf­grund mei­nes obi­gen Feh­lers eine Beru­fung kei­nen Erfolg haben wür­de, zog ich sie zurück, lud mei­ne Web­sei­te bei drei andern Hos­tern hoch und zeig­te mich selbst an.

Die Grün­de will ich darlegen.

1. Das Amts­ge­richt Bruch­sal unter­stellt mir weder Ras­sis­mus im all­ge­mei­nen noch dass ich mir die Ideo­lo­gie Adolf Hit­lers zu eigen mache oder sie pro­pa­gie­re. Die Volks­ver­het­zung soll schon im »Zur-Ver­fü­gung-Stel­len« des Tex­tes bestehen, obwohl der Text bereits seit Jah­ren vom Insti­tut für Zeit­ge­schich­te in aller Aus­führ­lich­keit zur Ver­fü­gung gestellt wird, und im Buch­han­del oder über Ama­zon für 59 Euro erstan­den wer­den kann. Im Inter­net ist er kos­ten­los auf Wik­is­our­ce und natür­lich (mehr­fach) auf archi​ve​.net (USA) erhältlich.

2. Das Buch ist ein Sym­bol, wie das Haken­kreuz oder die SS-Rune. Der eigent­li­che Grund die­ses Ver­fah­rens ist jedoch gera­de, dass sich Popanz.pdf und natür­lich mei­ne Home­page von einer Haken­kreuz­schmie­re­rei wesent­lich unterscheidet.

3. Das Gericht hängt der Vor­stel­lung an (bzw. gibt vor, die­ser Vor­stel­lung anzu­hän­gen), dass jede Ver­öf­fent­li­chung von Mein Kampf per se schon geeig­net ist, den »öffent­li­chen Frie­den« zu stö­ren: »(Dem Ange­klag­ten) war zudem bewusst, dass es durch die Ver­öf­fent­li­chung auf sei­ner Home­page zu einer unkon­trol­lier­ba­ren Ver­brei­tung kom­men kann.« (Urteil 3CS 520 Js 38593/20 )

Über­haupt nicht beach­tet wur­den die Äuße­run­gen des Direk­tors der For­schung­s­tel­le für Zeit­ge­schich­te Ham­burg, Axel Schildt, zum tat­säch­li­chen Ein­fluss von Mein Kampf auf den aktu­el­len Rechts­ra­di­ka­lis­mus (Ermitt­lungs­ak­ten As 59 – 69).

4. Die Vor­stel­lung, jemand könn­te Mein Kampf lesen, und dann, von den Wor­ten Adolf Hit­lers beseelt, die NSDAP wie­der­be­le­ben, wie das Gericht glaubt (oder zu glau­ben vor­gibt), reizt zum Lachen. Nicht, weil die Spra­che des Buches schwie­rig und »ver­korkst« (Schö­ler­mann, NDR-Info, As 66) ist – das ist sie nicht –, oder weil Neo­na­zis Schwie­rig­kei­ten mit zusam­men­hän­gen­den Tex­ten haben, son­dern ein­fach, weil es his­to­risch erle­digt ist.

5. Mein Kampf ist weder beson­ders »ekel­er­re­gend zu lesen« (Axel Schildt, As 67) noch ein »Drecks­buch« (Rich­te­rin Hin­ter­may­er mit spür­bar geküns­tel­ter Ent­rüs­tung), son­dern schlicht eine Quel­le. Der Anti­se­mi­tis­mus in Mein Kampf unter­schei­det sich nicht von dem, was in völ­ki­schen und natio­na­lis­ti­schen Krei­sen damals üblich war.

Ich hat­te als Gedächt­nis­stüt­ze und zur Illus­tra­ti­on die his­to­risch-kri­ti­sche Aus­ga­be von Mein Kampf des Insti­tuts für Zeit­ge­schich­te mit­ge­bracht. (5000 Sei­ten, 5 kg Gewicht) Die Vor­sit­zen­de frag­te, offen­bar um in dem Übel­tä­ter Ein­sicht in die Ver­werf­lich­keit sei­nes Tuns zu erwe­cken: »Wie­vie­le Sei­ten hat die­se Aus­ga­be und wie­vie­le Sei­ten hat ihr Werk (621 S.)? Sehen Sie, die distan­zie­ren sich auch auf jeder Sei­te, und Sie nicht!«

Das mach­te mich vor­über­ge­hend sprachlos:Eine his­to­risch-kri­ti­sche Aus­ga­be ver­zeich­net, aus­ge­hend vom ursprüng­li­chen Text der Erst­aus­ga­be, neben Quel­len und Vor­ar­bei­ten sämt­li­che Ände­run­gen in spä­te­ren Auf­la­gen. Und gera­de Mein Kampf wur­de zwi­schen 1926 und 1943 immer wie­der je nach poli­ti­scher Oppor­tu­ni­tät über­ar­bei­tet. Des­halb waren damit auch vier Pro­fes­so­ren befasst, Stu­den­ten und Assis­ten­ten nicht mit­ge­rech­net. Dar­aus resul­tie­ren die 5000 Sei­ten, und nicht aus dem, was die Rich­te­rin unter »kri­ti­scher Aus­ein­an­der­set­zung« ver­ste­hen mag. Kon­for­me Ent­rüs­tung mag sich auch dar­in fin­den, doch ist das nicht der Sinn einer sol­chen Unternehmung.

6. Mei­ne Kom­men­tie­rung im Umfang von 59 Kb, etwa 20 Druck­sei­ten ohne For­ma­tie­rung, ist für das Gericht uner­heb­lich, obwohl sie sich kei­nes­wegs »größ­ten­falls4 nur mit bio­gra­phi­schen Hin­wei­sen« (Urteil 3CS 520 Js 38593/20) beschäf­tigt und auch die zahl­rei­chen bio­gra­phi­schen Hin­wei­se mei­nem Ansatz geschul­det sind.

Die Sozi­al­ad­äquanz­klau­sel des § 130, 2, 7, §86 Abs. 3 StGB greift vor­lie­gend nicht. Die­se wür­de nur bei einer ernst­haft kri­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung mit den Inhal­ten des Buches ein­grei­fen kön­nen. Dar­an fehlt es jedoch gänz­lich. Eine Kom­men­tie­rung des Buches ›Mein Kampf‹ ohne kri­tisch inhalt­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit der dar­in beschrie­be­nen Ras­sen­ideo­lo­gie kann nicht als ernst­haft kri­ti­sche Kom­men­tie­rung ange­se­hen wer­den. (Ver­fü­gung Staats­an­walt­schaft Karls­ru­he, Röber, As 113)

Die Sozi­al­ad­äquanz­klau­sel des §86 Abs. 3 StGB soll die wis­sen­schaft­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Natio­nal­so­zia­lis­mus bei Auf­recht­erhal­tung des grund­sätz­li­chen Ver­bots sei­ner Sym­bo­le ermög­li­chen. Sie ist der Aus­gangs­punkt eines Rat­ten­kö­nigs5 rich­ter­li­cher und höchst­rich­ter­li­cher Ent­schei­dun­gen, mit denen ich mich nicht befas­sen muss.

Ich bestrei­te aber, dass der Staats­an­walt Röber über­haupt kom­pe­tent ist, zu beur­tei­len, was eine »ernst­haft kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung« ist, oder ab wann eine Aus­ein­an­der­set­zung »ernst­haft kritisch»ist.

7. Das »Por­trät Adolf Hit­lers in heroi­sie­ren­der Form« soll im Ori­gi­nal-Cover des Buches Mein Kampf (1926) bestehen. Ich habe es aus Wiki­pe­dia, es steht aber zum Bei­spiel auch auf der Home­page des Insti­tuts für Zeit­ge­schich­te, und über­all, wo es halt um die­ses Buch geht. (Ich habe es inzwi­schen ersetzt durch eine Foto­gra­fie aus der Rei­he »Das his­to­ri­sche Bild« von t‑online.de . Offen­bar hält das Gericht die­se Foto­gra­fie für weni­ger heroisierend.)

8. Es gibt kei­ne Orga­ni­sa­ti­on, deren Kenn­zei­chen das Bild von Adolf Hit­ler ist. Das Bild­nis von Adolf Hit­ler war nicht ein­mal Kenn­zei­chen der his­to­ri­schen NSDAP.

9. »Die Beein­flus­sung des gesell­schaft­li­chen Kli­mas« (Ankla­ge­schrift und Urteil) ist mir unbe­strit­ten eben­so ein Anlie­gen wie jedem andern, der sich mit poli­ti­schen The­men befasst. Des­halb ver­brei­te ich auch mei­ne Schrift »Mas­ken­ball: Die Demo­kra­tie ent­fal­tet sich zur Kennt­lich­keit. Sozi­al­ab­bau und Kriegs­vor­be­rei­tun­gen unter dem Vor­wand der Seu­chen­be­kämp­fung«, wo immer es mög­lich ist.

»Poli­ti­scher Kli­ma­schutz« wäre viel­leicht ein neu­es schi­ckes Wor­ding für Zensur.

10. Das Gericht igno­riert auch wohl­weis­lich den tat­säch­li­chen Inhalt der Home­page, in die »Popanz.pdf« ein­ge­bun­den ist.

Mei­ne Ansich­ten ste­hen auf mei­ner Home­page, und man kann mich jeder­zeit danach fra­gen. Aber dar­um geht es dem Gericht auch gar nicht.

Der moder­ne Faschis­mus braucht kein Hakenkreuz

Demo­kra­tie und Faschis­mus sind kein Gegen­satz, son­dern zwei Sei­ten der­sel­ben Medail­le, For­men bür­ger­li­cher Herr­schaft. Faschis­mus ist die Demo­kra­tie in der Kri­se. Wir haben, wie am Ende der zwan­zi­ger Jah­re des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts, eine unlös­ba­re Wirt­schafts­kri­se mit Mas­sen­ar­beits­lo­sig­keit, aus der wir nur durch einen Krieg her­aus­kom­men kön­nen, Ver­elen­dung und dem Zer­fall von Sozi­al­struk­tu­ren6. Da braucht es »Füh­rung«.

Es liegt daher nahe, sich damit zu befas­sen, wie und von wel­chen Krei­sen ein zukünf­ti­ger cha­ris­ma­ti­scher Füh­rer auf­ge­baut wird, und wel­che per­sön­li­chen Qua­li­fi­ka­tio­nen der zukünf­ti­ge Held der Frei­en Welt mit­brin­gen soll­te. (Daher habe ich die Datei auch »Popanz.pdf« genannt.) Adolf Hit­ler ist ein pro­duk­ti­ves Bei­spiel. In die­ser Hin­sicht ist mein Kom­men­tar kei­nes­wegs über­flüs­sig. Ich bin auch garan­tiert nicht der ein­zi­ge, der sich sol­che Gedan­ken macht.

Nach dem II. Welt­krieg wur­de die ers­te Gar­ni­tur der Nazis sozu­sa­gen anstands­hal­ber hin­ge­rich­tet. Es waren die Nazis aus der zwei­ten Rei­he, die die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land aufbauten.

Tat­säch­lich war es eine Gemein­schaft der Lebens­läu­fe, der Anschau­un­gen und der Kul­tur, die nach 1949 die Grund­la­gen von Wirt­schaft, Staat und Armee ›wie­der­auf­ge­baut‹ (Her­vor­he­bung im Ori­gi­nal. B.K.) hat­te. Die Füh­rungs­kräf­te der Nach­kriegs­zeit hat­ten sich alle im Drit­ten Reich ihre ers­ten Spo­ren ver­dient, und vie­le von ihnen waren aus dem Sicher­heits­dienst der SS7 her­vor­ge­gan­gen. (Johann Chapou­tot, Gehor­sam macht frei. Eine kur­ze Geschich­te des Manage­ments – von Hit­ler bis heu­te. Pro­py­lä­en, 2021, S.128)

Hin­sicht­lich der per­so­nel­len Kon­ti­nui­tät ist das nichts Neu­es. Es war schon Gegen­stand (zum Bei­spiel) eines Buches von Bernt Engel­mann Ende der sieb­zi­ger Jah­re: Wie wir wur­den, was wir sind. Chapou­tot zeigt aber am Bei­spiel des SS-Ober­füh­rers8 Prof. Dr. Rein­hard Höhn, des spä­te­ren Lei­ters der »Aka­de­mie für Füh­rungs­kräf­te der Wirt­schaft, Bad Harz­burg9»auch die ideo­lo­gi­sche Kon­ti­nui­tät auf.

Nach 1990 über­nahm die BRD in zuneh­men­dem Maße »Ver­ant­wor­tung für die Welt«, wie das Wor­ding lau­tet. Im Bünd­nis mit den »euro­päi­schen Partnern»und den USA führ­te die BRD in den neun­zi­ger Jah­ren die Auf­tei­lung Jugo­sla­wi­ens durch mit Tau­sen­den von Toten, im Bünd­nis hetzt sie heu­te die Ukrai­ne zum Krieg gegen Russ­land, im Bünd­nis führt sie Krie­ge um die Auf­tei­lung der Welt in Afgha­ni­stan, Mali, Syri­en und an vie­len andern Orten. Die EU könn­te man als Ver­wirk­li­chung der bereits von den Nazis geplan­ten »euro­päi­schen Groß­raum­wirt­schaft« sehen.

Um mit ihrer impe­ria­lis­ti­schen Poli­tik Erfolg zu haben, muss die BRD, je gewalt­tä­ti­ger sie nach außen und innen auf­tritt, stets nach­wei­sen, dass sie mit dem Nazi­re­gime nichts zu tun hat. Des­halb muss zum Bei­spiel die Bun­des­wehr so tun, als sei sie etwas ganz ande­res als Hit­lers Wehr­macht, in deren Fuß­stap­fen sie steht, und als gebe es sie erst seit 1956 oder, bess­ser noch, seit 1990. Das macht die Tra­di­ti­ons­pfle­ge schwie­ri­ger als bei den »Bünd­nis­part­nern« …

Des­halb wird der »Kampf gegen den Rechts­extre­mis­mus« geführt, obwohl und gera­de weil die letz­ten ech­ten Nazis schon lan­ge tot sind. Dem »Kampf gegen Rechts« fal­len alle mög­li­chen kurio­sen Gestal­ten zum Opfer, nur nicht die wirk­li­chen Rech­ten und Faschis­ten: die Macht­ha­ber in Staat und Gesell­schaft der BRD.

Der impe­ria­lis­ti­schen Poli­tik nach außen ent­spricht die Poli­tik der Sozi­al­kür­zun­gen und der Kriegs­vor­be­rei­tung nach innen. Die Coro­na-Kri­se hat mich in mei­nen Auf­fas­sun­gen bestä­tigt. Unter dem Vor­wand der Bekämp­fung einer Pan­de­mie wird die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung direkt (Ein­stel­lung von Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen, Ver­schie­ben von Ope­ra­tio­nen) und indi­rekt (wenn der Arzt­be­such vier­zehn Tage Qua­ran­tä­ne für die gan­ze Fami­lie und anschlie­ßend den Ver­lust des Arbeits­plat­zes zur Fol­ge haben kann, lässt man sich nicht so schnell krank­schrei­ben) eingeschränkt.

Als äuße­res Zei­chen der »Neu­en Nor­ma­li­tät« die­nen nach­emp­fun­de­ne medi­zi­ni­sche Gesichts­mas­ken. Plä­ne für Qua­ran­tä­ne­la­ger zunächst für Mas­ken­ver­wei­ge­rer, dann für Impf­geg­ner wer­den erstellt. Die Volks­ge­sund­heit wird immer offen­sicht­li­cher zum Vor­wand für den Aus­schluss eines Teils der Bevöl­ke­rung aus dem gesell­schaft­li­chen Leben und dem Gesund­heits­we­sen, »um das Gesund­heits­sys­tem finan­zier­bar zu hal­ten.« (Wel­chen Teil und wie­vie­le unter­liegt selbst­ver­ständ­lich noch der »demo­kra­ti­schen Debat­te«. Und Coro­na ist erst der Anfang, ein Ver­suchs­bal­lon, wenn man so will.) Die Rol­le des Anti­se­mi­tis­mus über­nimmt heu­te eine völ­lig irra­tio­na­le Virusangst.

Ich wür­de es jetzt jedem poli­tisch emp­feh­len: Kla­re Kan­te, kla­re Rich­tung. Impf­geg­ner müs­sen fühl­bar Nach­tei­le haben. Und im Grun­de, in gewis­ser Wei­se, kann man sich nicht län­ger mit denen beschäf­ti­gen. Das ist so. Die kann man nicht nach Mada­gas­kar ver­frach­ten.10 Was soll man machen? (Prof. Heinz Bude, im News Pod­cast von Gabor Stein­gart, 7.12.2021)

Heinz Bude ist nicht nur Sozio­lo­gie­pro­fes­sor, son­dern Mit­ver­fas­ser des soge­nann­ten Panik­pa­piers von 2020. (»Wie wir CoViD-19 unter Kon­trol­le bekom­men«, Sze­nen­pa­pier des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­ums) Der weiß, was er sagt, wenn er auf »Madagaskar»anspielt und in wel­che Tra­di­ti­on er die »Coro­na-Maß­nah­men« stellt.

Der sozia­le Aus­schluss, dem die Ent­eig­nung und Ermor­dung der Juden wie die der Polen und Rus­sen, die Tötung nicht ver­wert­ba­rer Men­schen (T4) und die Zwangs­ar­beit der Völ­ker Euro­pas in einer sich immer stei­gern­den Spi­ra­le folg­te, war kein Aus­bruch von Irra­tio­na­li­tät. Oder viel­mehr, die Irra­tio­na­li­tät (zum Bei­spiel) des Anti­se­mi­tis­mus hat­te im Drit­ten Reich den kla­ren Zweck, Ein­nah­men zu gene­rie­ren und Aus­ga­ben zu mini­mie­ren, ohne die Steu­ern zu erhö­hen. Die Ver­sor­gung und damit die Loya­li­tät der Bevöl­ke­rungs­mehr­heit wur­de dadurch sicher­ge­stellt. (Götz Aly, Hit­lers Volks­staat. Raub, Ras­sen­krieg und natio­na­ler Sozia­lis­mus. Fischer Ver­lag 2005)

Jene Maß­nah­men­geg­ner, die heu­te mit einem Juden­stern und der Auf­schrift »Unge­impft« demons­trie­ren, ver­harm­lo­sen kei­nes­wegs den Natio­nal­so­zia­lis­mus. Sie kenn­zeich­nen viel­mehr kor­rekt den prä­fa­schis­ti­schen Cha­rak­ter der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Es ist ein Feh­ler, wenn sich man­che demo­kra­ti­sche »Quer­den­ker« von denen distanzieren.

Das Ver­bot der Sym­bo­le eines his­to­risch längst erle­dig­ten Natio­nal­so­zia­lis­mus dient heu­te dazu, eine moder­ne Form des Faschis­mus, die offen ter­ro­ris­ti­sche Dik­ta­tur über die Lohn­ab­hän­gi­gen, zu recht­fer­ti­gen. Die Geschich­te wie­der­holt sich auch hier als Komö­die: Die will­fäh­ri­gen Rich­ter von heu­te ste­cken sich nicht mehr das Abzei­chen des »NS-Rechts­wah­rer­bunds« an den Kit­tel, son­dern bin­den sich zum Zei­chen ihrer Loya­li­tät einen Lap­pen vors Maul.

Es ist daher rich­tig, die­ses Ver­bot zu miss­ach­ten, und kei­ne Volks­ver­het­zung. Ich distan­zie­re mich auch nicht von Hit­lers Ras­sis­mus, weil es Ihre und Ihres­glei­chen Ver­bre­chen sind, nicht mei­ne. Die Trä­ger des moder­nen, tat­säch­lich dro­hen­den Faschis­mus sind nicht irgend­wel­che Hit­ler­ver­eh­rer, »Reichs­bür­ger«, Mili­tär­stie­fel­fe­ti­schis­ten und pro­le­ta­ri­sche Frei­zeitram­bos, die man uns in den Medi­en als Neo­na­zis oder »Rechte»serviert. Der Faschis­mus kommt von oben. Die moder­nen Faschis­ten, das sind die demo­kra­ti­schen Par­tei­en, die den Bun­des­tag beherr­schen, in ihrer Gesamtheit.

Mit 68 Jah­ren bin ich nicht mehr in der Lage, »die Fra­gen unse­rer gesell­schaft­li­chen Ord­nung mit Stein­wür­fen auf der Stra­ße zu dis­ku­tie­ren (Jérô­me Blan­qui, Brief an Proudhon11 ).«

Aber ich kann Men­schen über­zeu­gen, wenn ich von einer Sache über­zeugt bin.

Und ich kann sitzen.

Mei­ner Ver­ur­tei­lung sehe ich daher gelas­sen entgegen.

Bern­hard Klevenz

Ich bit­te das Gericht, der Per­son, wel­che mich ange­zeigt hat, die­se Ein­las­sung zu übermitteln.

Der wei­te­re Verlauf

Die Rich­te­rin Nowak ließ mich die­se Erklä­rung nicht ver­le­sen. Der »Anspruch auf recht­li­ches Gehör« (Art. 101 GG) gilt für Poli­ti­sche nicht. Ich sag­te, dass ich außer die­ser Erklä­rung nichts von mir geben wür­de. Ich durf­te dann ein­zel­ne Sät­ze und den Schluss vor­le­sen. Ich über­gab die­se Erklä­rung sowie mei­ne Schrift »Mas­ken­ball: Die Demo­kra­tie ent­fal­tet sich zur Kennt­lich­keit …« dem Gericht und der »Öffent­lich­keit«, wel­che aus einem jun­gen Mann ganz hin­ten im Saal bestand. Ich setz­te danach mei­ne Mas­ke ab und wur­de von der Ver­hand­lung aus­ge­schlos­sen. Ich trug die­sel­be Mas­ke mit Löchern wie bei der ers­ten Ver­hand­lung. Was ich also über die Rechts­beu­gung durch die Rich­te­rin Hin­ter­may­er geschrie­ben habe, gilt also genau­so für die Rich­te­rin Nowak. Vier­zehn Tage spä­ter erhielt ich dann mein Urteil. Sechs Mona­te auf Bewäh­rung. Bewäh­rungs­auf­la­ge war die Zah­lung von 1500 Euro, gegen die ich (selbst wenn ich zah­lungs­will­lig wäre) not­wen­di­ger­wei­se ver­sto­ßen muss. Die Frist ist am 15. Janu­ar aus­ge­lau­fen. Wei­te­re Ver­hand­lun­gen wer­den nicht stattfinden.

Ver­wei­se

1 Es wur­de bean­tragt, die Mas­ken­pflicht in der Sit­zung nach § 176 GVG auf­zu­he­ben. Die Vor­sit­zen­de lehn­te diesen

Antrag unter Beru­fung auf ihre »Sit­zungs­po­li­zei« ab.

Ich stel­le fest:

1. Die Rich­te­rin Hin­ter­may­er berief sich auf die ihr vom GVG ver­lie­he­ne Sit­zungs­po­li­zei, um eine ande­re Vor­schrift des GVG außer Kraft zu set­zen. Eine unmit­tel­ba­re Gefahr für die Gesund­heit der Pro­zess­be­tei­lig­ten, die eine sol­che Maß­nah­me recht­fer­ti­gen könn­te, hat nie exis­tiert, und exis­tiert bis heu­te nicht. Wenn das nicht Rechts­beu­gung ist, was ist es dann?

2. Die Rich­te­rin glaub­te natür­lich selbst nicht an eine sol­che Gefahr: Der Ange­klag­te trug, für alle Pro­zess­be­tei­lig­ten erkenn­bar, eine FFP2-Mas­ke mit ein­ge­stanz­ten Löchern, die den angeb­li­chen Zweck der Maß­nah­me ad absur­dum führ­te. Hät­te die Rich­te­rin tat­säch­lich an eine Gesund­heits­ge­fahr geglaubt, hät­te sie den Ange­klag­ten aus­ge-schlos­sen oder das Ver­fah­ren vertagt.

2 Das hat sich inzwi­schen erle­digt. Nicht auf­grund einer Wun­der­hei­lung, son­dern weil ich weiß, was das Gericht sagen wird, und weil ich es sowie­so im Namen des Vol­kes zuge­schickt krie­ge. Es gibt nichts Hörens­wer­tes vor Gericht.

3 Es han­delt sich hier nicht um ein belie­bi­ges Delikt wie »Trun­ken­heit am Steu­er«, wo man sich mit einer mil­den Stra­fe zufrie­den geben kann, son­dern um eine Ein­schrän­kung der Mei­nungs­frei­heit. Die Coro­na-Maß­nah­men haben mich natür­lich dar­in bestärkt.

4 Soll hei­ßen »größ­ten­teils und höchs­ten­falls«, wenn ich die Vor­sit­zen­de rich­tig inter­pre­tiert habe.

5 Als Rat­ten­kö­nig bezeich­net man nach Wiki­pe­dia eine Rat­ten­ko­lo­nie, deren Mit­glie­der, in Schmutz und Enge le-bend, an den Schwän­zen mit­ein­an­der unauf­lös­lich ver­kno­tet und ver­klebt sind. Rat­ten­kö­ni­ge sind nicht bewe­gungs- und lebens­fä­hig; sie wer­den aber von ande­ren Rat­ten gefüt­tert. Ich will die deut­sche Jus­tiz nicht unö­tig belei­di­gen, des­halb spa­re ich mir eine Bemer­kung, die mir auf der Zun­ge liegt.

6 »Die Geschich­te wie­der­holt sich nicht, aber sie reimt sich«, hat einer mal gesagt.
Im Ver­gleich zum Vor­abend des II. Welt­kriegs ist der gesell­schaft­li­che Ver­fall wei­ter fort­ge­schrit­ten; sie­he »Zuwan­de­rung als Pro­jekt des Kapi­tals« und »Der Fleiß der andern«.

7 Mit vol­lem Namen »Sicher­heits­dienst des Reichs­füh­rers SS«: Geheim­dienst der SS, neben der und in Kon­kur­renz zur »Abwehr« der Wehrmacht.

8 Ober­füh­rer: Höchs­ter Stabs­of­fi­ziers­rang der SS.

9 An die­sem Insti­tut wur­den bis in die sieb­zi­ger Jah­re sowohl das Manage­ment von Aldi wie die Offi­zie­re der Bun­des­wehr ausgebildet.

10 Die Nazis plan­ten eine Zeit lang, die Juden nach Mada­gas­kar zu deportieren.

11 Zitiert bei P. J. Proudhon, Was ist das Eigen­tum?, zitiert nach »Der Fleiß der andern«, sie­he mei­ne Home­page unde​mo​krat​.4li​ma​.de

Bild: Kari­ka­tur »Die klei­ne Dame Jus­tiz ist das gehor­sa­me Schoß­kind ihres kapi­ta­lis­ti­schen Papas, aus Wen meen­ten Sie denn? Pro­le­ta­ri­sche Wit­ze und Kari­ka­tu­ren 1919 – 1933, Dietz Ver­lag Ber­lin im August 1989

One thought on “Absurd, alar­mie­rend, skan­da­lös: Anti­fa­schist Bern­hard Kle­venz nimmt Stel­lung zu sei­ner Ver­ur­tei­lung wegen Volksverhetzung

  1. Wir haben den demo­kra­ti­schen Sek­tor ver­las­sen. Obwohl die Men­sch­rechts­kon­ven­ti­on des Euro­pa­rats offi­zi­ell nicht außer Kraft gesetzt ist, wird nur noch ober­fläch­lich Demo­kra­tie gespielt. Dahin­ter herrscht die Dik­ta­tur des inter­na­tio­na­len Finanz­ka­pi­tals, die 2019 das Han­dels- wie das Indus­trie­ka­pi­tal defi­ni­tiv unter­joch­te. Seit­her führt es sowohl die US-Admi­nis­tra­ti­on wie die EU-Kom­mis­si­on an der kur­zen Lei­ne und die Regie­ren­den sind nur noch Schau­spie­ler, die den Text sin­gen, der ihnen zu sin­gen befoh­len wird.

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