Djugaschwili, Uljanow und der demokratische Pandemie-Sozialismus

Lesezeit1 min

Der deutsche Theaterschaffende Armin Stolper umfasst seine Prosastücke mit zwei Gedichten

Am Anfang steht »Lob des Trinkens«, in dem er unter anderem festhält:

Saufen schadet,
doch nicht allein,
nein, du musst auch ein dummes Säuferschwein sein.

Am Schluss steht »Lob des Rauchens«, in dem er die rauchenden Figuren der linken Geschichte ehrt. Auch der alte Josef Djugaschwili Stalin beschäftigt ihn, vor allem nachts, wenn dieser ihn unverhofft besucht, seine Bude mit der Pfeife vollqualmt und seine herumliegenden marxistischen Texte in Notizen, Zeitschriften und Büchern kompetent kritisiert und kommentiert.

Wladimir Iljitsch Uljanow landet vor einem Tribunal der Tuis, der gefürchteten Geistes-​arbeiter. »Lenin liess den Tui ausreden und vernahm die ganze Litanei jener Linken«, die wir uns ständig anhören müssen: Gleichsetzung von Stalin mit Hitler und die mo-​ralische Entrüstung über das Diktatoren-​Scheusal, vor dem Lenin gewarnt haben soll. Jener Linken, die die Halb-​heiten der Partei »Die Linke« und der britischen Labour Party dümmlich loben und natürlich den angeblich sauberen, gewaltfreien »demokratischen Sozialismus« preisen, also die prätentiöse Parlaments- und die schmierige Regierungs-​Politik der sozialdemokratischen Parteien im bürgerlichen Polittheater.

Stolpers geistreiche Essays, Kolumnen und Anekdoten unterhalten und sind auch 13 Jahre nach ihrem Erscheinen noch aktuell, in der Zeit des Pandemie-​Hypes, in der sich die Tuis bis in die Parteien links von Sozialdemokratie und Grünen hinein hochemotional über die grausamen Verräter ereifern, die sich nicht der kapitalistischen Staatsräson, den Gewinnen der Medizinalindustrie und den repressiven, disziplinierenden und entpolitisierenden Notstandsmassnahmen beugen wollen.

Nachbemerkung der Redaktion: Auch Ende 2022, wo die Partei die Linke die Sowjetdenkmäler einreißenden und schlimmeres verbrechenden ukrainischen Faschisten unterstützt, ist der Text wohl nach wie vor aktuell.

Armin Stolper: Karfreitag kommen die Kommunisten, 20 satirische Feuilletons, Verlag Wiljo Heinen 2008, Paperback, 175 S., 5 Euro.

Zuerst erschienen auf https://​www​.damianbugmann​.ch/

Bild: Radierung von Jongho Kim (CC BY-​NC 2.0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert