In dem seit einiger Zeit unter der Überschrift »Berliner Erklärung« kursierenden Papier mehrerer Parteien und Organisationen wird pauschal und in der Sache falsch behauptet, dass die an den »Montagsspaziergängen« teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger den Aufrufen von Nazis, Rassist*innen, NS-Verharmloser*innen und Antisemit*innen folgen würden.
An anderer Stelle ist sogar die Rede vom »Egoismus« der Spaziergänger*innen sowie von einem »sozialdarwinistischen Verhalten der Corona‐Proteste«. Hier wird den sich für die Demokratie engagierenden Bürgerinnen und Bürgern, die auf der Basis eines Grundrechts ihre kritische Meinung öffentlich kundtun, Menschenfeindlichkeit unterstellt.
Da die Initiatoren der »Berliner Erklärung« ihre ungeheuerlichen Zuschreibungen nicht beweisen können, ködern sie die potenziellen Leser*innen statt dessen mit zustimmungsheischenden Begriffen wie »Solidarität« und »Haltung«. Damit wird der Anschein erweckt, dass Repressionen gegen die Kritiker*innen der Coronamaßnahmen sowohl erforderlich als auch legitim sind, was sich in der Realität auch schon in Form gewalttätiger Übergriffe von Seiten der »Gegendemonstranten« bemerkbar gemacht hat.
Im Zusammenhang mit der Kritik an der Coronapolitik der Regierungen werden in der »Berliner Erklärung« außerdem »wissenschaftsfeindliche Scheinargumente« erwähnt. Hiermit negieren die Initiatoren und Unterstützer*innen der Erklärung völlig, dass es zahlreiche wissenschaftliche Studien renommierter Wissenschaftler*innen gibt, auf die sich die Kritik der Maßnahmen stützen kann. Die Initiatoren offenbaren ihre Unkenntnis des wissenschaftlichen Forschungsstandes zu Corona, den Coronamaßnahmen und ihren Auswirkungen auf die Bevölkerung. Die fehlende Offenheit für regierungskritische Positionen lässt auf ein mangelndes demokratisches Bewusstsein schließen.
Zusammenfassend stellen wir fest, dass es sich bei der »Berliner Erklärung« um ein polemisches Pamphlet mit einem äußerst destruktiven Kern handelt. Wer seinen protestierenden Mitmenschen pauschal und unbewiesen politische Dummheit und unlautere Motive unterstellt, tut genau das, was er diesen vorwirft: Er verweigert und vergiftet die Debatte über konstruktive aus der coronabedingten Lage herausführende Wege und trägt somit zu einer weiteren Vertiefung der gesellschaftlichen Spaltung bei.
Dem in der »Berliner Erklärung« versuchten Rufmord an den Kritiker*innen der Coronamaßnahmen stellen wir uns entgegen und werden uns unser demokratisches Recht auf freie Meinungsäußerung nicht nehmen lassen.
Im Namen des Vorstands: Prof. Dr. Klaus‐Jürgen Bruder (Vorsitzender) und Magda von Garrel
Die Neue Gesellschaft für Psychologie (NGfP) ist ein Zusammenschluss von PsychologInnen und Angehörigen verwandter Berufe, mit dem Ziel, ein diskursives, kritisches und reflexives Wissenschaftsverständnis der Psychologie weiterzuentwickeln, eine problemgerechte und gesellschaftlich verantwortliche Forschung und Praxis zu unterstützen und eine Erneuerung der geistes‑, kultur‐ und sozialwissenschaftlichen Orientierung zu ermöglichen. In der Zeit vom 26. bis 28. Mai 2022 führt die NGfP in Berlin einen Kongress zum Thema »Corona. Die Inszenierung einer Krise – Hintergründe und Folgen« durch.