Wie bekannt, wurde ein Telefonat deutscher Luftwaffengeneräle offenbar von einem russischen Geheimdienst mitgeschnitten und am 1. März 2024 auf RT veröffentlicht.1 In Russland herrscht helle Aufregung. Was hat es damit auf sich?
Diese Veröffentlichung steht offenbar im Zusammenhang mit den Entwicklungen an der Front im Ukrainekrieg. Russland konnte im letzten Sommer nicht nur die ukrainische Offensive abwehren, sondern im Februar 2024 auch die Stadt Awdejewka bei Donetsk einnehmen. Seine Truppen rücken nun in hoher Geschwindigkeit weiter im Donbass vor. Dieser Sieg hat das im Herbst 2023 ausgegebene westliche Narrativ falsifiziert, dass keine der beiden Seiten gewinnen könne und Grabenkämpfe wie im ersten Weltkrieg bevorstünden. Der russische Sieg in Awdejewka ist allein deswegen bedeutend, weil die Stadt ein wichtiger Eckpunkt im ukrainischen Befestigungssystem war und von dort aus die Großstadt Donetsk seit 2014 regelmäßig beschossen wurde, mit tausenden toten Zivilisten als Resultat. Das ist nun nicht mehr so einfach möglich.
Offenbar ist im Westen nach dem russischen Sieg in Awdejewka Panik ausgebrochen. Die Verantwortlichen haben klar erkannt, dass die ukrainische Armee nicht mehr lange durchhalten kann und dass der Krieg verloren geht, wenn der Westen nicht mit eigenen Truppen in der Ukraine interveniert. Genau diese Intervention wird möglicherweise bereits vorbereitet. Nur so sind Aussagen von Präsident Macron zu verstehen, man erwäge die Entsendung eigener Bodentruppen. Er hat damit kunstgerecht das Overtonfenster verrückt und nun wird in Europa intensiv über eine Truppenentsendung diskutiert. Zugleich gab Großbritannien zu, Truppen in geringem Umfang in der Ukraine stationiert zu haben.2 Wie wir aus dem Telefonat wissen, haben sie die Aufgabe, die Storm‐Shadow‐Raketen zu programmieren.
Eine Grundsatzentscheidung in Richtung Eskalation des Krieges ist damit wohl gefallen. Man beabsichtigt, genauso vorzugehen wie bisher. Thomas Röper schreibt:
»Die Strategie des US‐geführten Westens gegen Russland in den letzten zwei Jahren war die Strategie des ›kochenden Frosches‹. Ein Frosch im Wasser bemerkt es nicht, wenn man die Temperatur langsam erhöht und irgendwann wird er gekocht und stirbt.3
So hat sich der Westen gegenüber Russland verhalten. Ab März 2022 hat der Westen nur Erste Hilfe Kästen und Helme nach Kiew geliefert, weil man befürchtete, die Lieferung tödlicher Waffen würde Russland als offene Kriegsbeteiligung des Westens ansehen. Es folgten Tests mit der Lieferung von Panzerabwehrrakten und Munition, und als Russland das ertrug, wurden schon im Sommer 2022 Artillerie und Mehrfachraketenwerfer geliefert. Ende 2022 hatte man Angst, dass Russland die Lieferung von Panzern als Kriegsbeteiligung ansehen würde, aber auch auf diesen Eskalationsschritt hat Russland nicht mit militärischen Maßnahmen reagiert.
Diese Politik der kleinen Schritte war Russlands Dilemma. Keiner der kleinen Schritte war für sich genommen einen Krieg gegen die NATO oder einzelne NATO‐Staaten wert, aber in der Summe wären sie es wert gewesen. Der Westen hat die Wassertemperatur langsam erhöht.»4
So will man auch weiterhin vorgehen. Zuerst werden vielleicht nur Technikspezialisten geschickt, die die weitreichen Raketen programmieren, dann Spezialeinheiten und schließlich tauchen reguläre westliche Soldaten an der Front auf.
Die USA haben offenbar nicht vor, sich an diesem Krieg zu beteiligen, sondern überlassen die Drecksarbeit ihren europäischen Vasallen. Wenn zum Beispiel Frankreich und Deutschland aufgrund ihrer bilateralen Beistandspakte in der Ukraine intervenieren würden, wäre der Bündnisfall nicht gegeben, die USA könnten sich aus dem Krieg heraushalten und sich auf China konzentrieren.
Dabei kann es den USA letztlich egal sein, welche Seite sich durchsetzt. Wenn Europa genauso zerstört wird, wie die Ukraine, umso besser für sie. Dann wäre ein wichtiger weltwirtschaftlicher Konkurrent endgültig ausgeschaltet. Russland würde auf jeden Fall bei einem Krieg mit dem gesamten Westen sehr geschwächt. Darauf allein kommt es den USA und den hinter Biden stehenden Kräfte des Tiefen Staates an. Da die USA ihre Position als einzige Supermacht bedroht sehen, gehen sie nun auf volles Risiko einschließlich der Gefahr eines atomaren Schlagabtausches. Offenbar hofft man in der Biden‐Regierung, diese Möglichkeit durch geschicktes Taktieren ausschließen zu können, was freilich bereits eine Form des Wahnsinnes darstellt.
Wie passt nun das von RT veröffentlichte Telefonat deutscher Luftwaffengeneräle in dieses Bild? Meiner Meinung nach ist das als eine letzte Warnung zu verstehen, dass Russland nun nicht mehr wegschauen will, wenn ausländische Militärangehörige in der Ukraine aktiv sind oder sich anderweitig direkt am Krieg beteiligen, zum Beispiel durch Zielauswahl. Dass dies der Fall ist, ist ja inzwischen ein offenes Geheimnis und wurde schon vor dem Telefonat auch von den westlichen Mainstreammedien eingestanden. Russland hat allerdings bisher so getan, als gäbe es sie nicht. Denn die Konsequenz wäre eine Kriegserklärung an die entsprechenden Staaten, also zum Beispiel an Frankreich oder Großbritannien. Jetzt nähert sich Russlands Geduld offenbar ihrem Ende. Das macht ja auch Sinn. Macron sagte bekanntlich, man werde »alles Notwendige tun, um zu verhindern, dass Russland in dem Konflikt die Oberhand gewinnt«.5 Diese wohl abgewogenen Worte wurden von einem Mann gesprochen, der über Nuklearwaffen verfügt. Wenn die Taurus auch kein Gamechanger sind, wie Luftwaffen‐Chef Gerhartz im abgehörten Gespräch eingestehen musste, was kommt danach? Alle bisherigen westlichen Wunderwaffen haben sich gegen die russische Armee als weitgehend wirkungslos erwiesen. Irgendwann bleiben nur noch die eigenen Nuklearwaffen.
In Russland hat sich offenbar die Ansicht durchgesetzt, dass die Eskalationsspirale des Westens nun dringend durchbrochen werden muss, da ansonsten die russische Staatlichkeit in ernste Gefahr gerät. Sollten die Taurus tatsächlich geliefert werden und mit ihnen die Krimbrücke angegriffen werden, würde das in Russland wohl als ein offener Kriegseintritt Deutschlands zugunsten der Ukraine gewertet werden. Dies allein deshalb, weil sich deutsche Luftwaffenoffiziere offenbar bereits wochen‐ oder gar monatelang mit der Frage beschäftigt haben, wie die Krimbrücke mit den Taurus möglichst effektiv zerstört werden kann. Jetzt kann sich Deutschland nicht mehr mit der Behauptung herausreden, die Zerstörung der Krimbrücke sei eine rein ukrainische Entscheidung gewesen.
Es macht aus Sicht Russlands offenbar sowohl innen‐ wie außenpolitisch Sinn, von den westlichen Ländern zunächst Deutschland als Feind zu behandeln, um so vielleicht andere, noch stärkere Mächte abzuschrecken. Die Gründe dafür liegen in der Geschichte und sind bekannt.
Leider haben die Deutschen diese möglicherweise letzte Warnung nicht verstanden. Denn ihre Medien haben über dieses Leak bis zum 01.03.2024, 21:00 Uhr überhaupt nicht berichtet, und dann die Nachricht rein moralisch geframt. Es sei eine Ungeheuerlichkeit, dass Russland die deutschen Luftwaffengeneräle abgehört habe. Die brisantesten Einzelheiten, und zwar das britische und US‐Amerikanische Truppen schon längst in der Ukraine aktiv sind und dass die Taurus‐Lieferung auf eine deutsche Kriegserklärung an Russland hinauslaufen kann, werden der Bevölkerung verschwiegen.
Bemerkenswert ist einerseits die nahezu vollständige Lücke in der Berichterstattung zwischen 09:00 Uhr und 21:00 Uhr am 01.03.2024 und dann ihr völliger Gleichklang. Dies in einer Branche, wo es auf Aktualität und Schnelligkeit ankommt.6 Am 29.09.2022 veröffentlichten die Nachdenkseiten den Leak eines Whistleblowers aus dem Staatsapparat, der belegt, dass die Bundesregierung eine Narrativgleichschaltung zum Ukrainekrieg betreibt. Die dort aufgeführten Maßnahmen seien nur die Spitze des Eisberges. Die deutsche Öffentlichkeit hätte keine Vorstellung davon, was sonst noch im Hintergrund ablaufe.
Diese auffälligen Lücken in der Berichterstattung gibt es nicht zum ersten Mal. Offenbar haben sich alle Medien einer freiwilligen Gleichschaltung beim Thema Ukraine unterworfen. Wir sind offenbar in Zuständen angekommen wie in den letzten Jahren der DDR, wo der Medienverantwortliche Joachim Herrmann detaillierte Vorgaben über die Themen und das Wording der Berichterstattung herausgab.7
Dennoch ist diese Methode sehr erfolgreich. Die hemmungslose Regierungspropaganda zeigt Wirkung. Inzwischen sind nur noch 20 Prozent der Bevölkerung gegen die massive Aufrüstung Deutschlands. Das sind hervorragende Voraussetzungen, den Deutschen auch noch die direkte Kriegsbeteiligung schmackhaft zu machen. Kriegsgeil bis zur Halskrause sind unsere Politiker ohnehin. Ob Bundeskanzler Olaf Scholz unter diesen Umständen die Lieferung der Taurus dauerhaft verhindern kann, steht in den Sternen. Sollte er sich weiter querstellen, bestünde auch die Option, ihn abzulösen und eine CDU/CSU/FDP/Grüne‐Regierung zu bilden unter Friedrich Merz als Bundeskanzler und Roderich Kiesewetter als Verteidigungsminister, der ja bekanntlich den Krieg nach Russland tragen will.
Verweise
1 Anti‐Spiegel: Das Transkript des abgehörten Gespräches der Luftwaffen‐Führung, 02.03.2024, im Internet https://www.anti-spiegel.ru/2024/das-transkript-des-gespraeches-der-luftwaffen-fuehrung/, abgerufen am 02.03.2024
2 Vgl. Anti‐Spiegel: Die ersten Reaktionen auf Macrons Erklärung über Truppenentsendungen in der Ukraine, 27.02.2024, im Internet: https://www.anti-spiegel.ru/2024/die-ersten-reaktionen-auf-macrons-erklaerung-ueber-truppenentsendungen-in-der-ukraine/, abgerufen am 02.03.2024
3 Diese aus der Managementliteratur stammende Behauptung stimmt im biologischen Sinne nicht. Richtige Frösche würden sich natürlich nicht kochen lassen.
4 Anti‐Spiegel: Kam Macrons Erklärung zufällig gerade jetzt, oder war sie unvermeidlich?, 27.03.2024, im Internet: https://www.anti-spiegel.ru/2024/kam-macrons-erklaerung-zufaellig-gerade-jetzt-oder-war-sie-unvermeidlich/, abgerufen am 02.03.2024
5 Vgl. Anti‐Spiegel: In Paris haben westliche Regierungen die Entsendung von Truppen in die Ukraine besprochen, 27.02.2024, im Internet: https://www.anti-spiegel.ru/2024/in-paris-haben-westliche-regierungen-die-entsendung-von-truppen-in-die-ukraine-besprochen/, abgerufen am 02.03.2024
6 Vgl. Anti‐Spiegel: Wie deutsche Medien über das Telefonat der Luftwaffengeneräle desinformieren, 02.03.2024, im Internet: https://www.anti-spiegel.ru/2024/wie-deutsche-medien-ueber-das-telefonat-der-luftwaffengeneraele-desinformieren/, abgerufen am 02.03.2024
7 Vgl. Florian Warweg: Dokumenten‐Leak: Wie die Bundesregierung an einer »Narrativ‐Gleichschaltung« zum Ukraine‐Krieg arbeitet – Teil 1, 29.09.2022, Nachsenkseiten, im Internet: https://www.nachdenkseiten.de/?p=88618, Florian Warweg: Dokumenten‐Leak: Wie die Bundesregierung an einer »Narrativ‐Gleichschaltung« zum Ukraine‐Krieg arbeitet – Teil 2, 04.10.2022, Nachsenkseiten, im Internet: https://www.nachdenkseiten.de/?p=88771, abgerufen am 02.03.2024
Bild: Tim Westerhoff Pixabay
Hier wird halbblind mit nur einem geschlossenen Auge geschielt …
Die eine Sache ist die, dass Russland das Telefonat veröffentlichte. Haben die auch früher ähnliches getan. Die andere, für uns viel wichtigere Hälfte der Geschichte aber ist, dass Deutschland das nicht dementiert und nicht konzertmedial abgebügelt hat.
Was da gespielt wird können wir nur verschwörungstheoretisch bzw. kriminalistisch vermuten und erahnen. Aber jeder hätte schon stutzen können als die vordersten und lautesten Kriegshetzer die Entsendung von den Mittelstreckenraketen in die Ukraine im Bundestag abgelehnt haben.
Da wurde ja offensichtlich das ständige Erhitzen des Wassers zum Kochen des Frosches zumindest zeitweilig unterbrochen bzw. ausgesetzt.
Dies Tatsache einfach zu unterschlagen bzw. unterzubelichten grenzt an Denkverweigerung. Was man daraus folgert ist erstmal wieder der Spekulation überlassen.
Was wenn der Mitschnitt von den USA stammt?
Wenn dieser Gedanke erstmal durch die deutschen Medien geistert, wird es richtig interessant.
Aus den USA? Und dann?
Nochmal: der Mitschnitt ist überhaupt nichts Ungewöhnliches. Spioniert wird immer. Aber solche Sachen werden sonst untergebügelt. Es wird behauptet, es wären Fälschungen, oder der Inhalt wird zB als »Was-wäre-wenn«-Szenario, als Gedankenspiel verharmlost.
Also, warum wird regelrecht proaktiv die Echtheit bestätigt, warum wird die »Taurus«-Lieferung verweigert obwohl Briten und Franzosen ähnliche Systeme liefern und Ähnliches schon machen wie das, was die Soldaten in dem Telefonat als erst mal nur fiktive Möglichkeiten besprochen haben? Warum wird das Handeln der »Verbündeten« öffentlich gemacht das kein normaler Mensch als Nichtkriegsbeteiligung mehr verstehen kann? Warum hat vorher die NYT die CIA‐Aktivitäten in der Ukraine offen gemacht?
Was ist da los? Was für eine noch viel größere Sauerei wird da gerade vorbereitet?