Eskalation der Zensur

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Wir erleben gegenwärtig im Westen eine neue Eskalationsstufe der Zensur. Der deutsche Staat geht nun auch mit dem Mitteln des Strafrechts gegen kritische Journalisten vor. Das hat es seit den 70er Jahren nicht mehr gegeben.

Was ist passiert? Wie am 15. Juni bekannt wurde, ermittelt die Staatsanwaltschaft Lüneburg gegen die in Donetsk lebende deutsche Journalistin Alina Lipp und zwar wegen Verstoßes gegen den §140 StGB, also wegen Belohnung und Billigung von Straftaten.

Ihr wird vorgeworfen, den »russischen Angriffskrieg« in der Ukraine gerechtfertigt zu haben, wobei das Führen eines Angriffskrieges gegen §13 Völkerstrafgesetzbuch verstößt. Alina Lipp drohen nun drei Jahre Haft. Außerdem wurden die Spendengelder, von denen sie ihren Lebensunterhalt bestreitet, eingefroren. Das heißt, sie steht jetzt auch ökonomisch vor dem Nichts. Es geht immerhin um Beträge von knapp 14.000 Euro.

Wie Dirk Pohlmann zurecht feststellte, konnte noch 2003 noch öffentlich gestritten werden, ob der US‐​Amerikanische »Militäreinsatz« (so Wikipedia) im Irak der Beginn einer Demokratisierung des gesamten Mittleren Ostens war oder ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg. Dies ist heute völlig anders. Dass es sich bei der russischen Militäroperation in der Ukraine um einen strafbaren Angriffskrieg handelt, wird staatlicherseits bereits vorausgesetzt und darf in der Öffentlichkeit nicht in Frage gestellt werden. Dabei gibt es durchaus auch Argumente, die für die russische Sicht sprechen.

Bekanntlich sind die Staatsanwaltschaften den Weisungen des jeweiligen Justizministers unterstellt. Man kann also davon ausgehen, dass die Ermittlungen gegen die Journalistin Alina Lipp im Einverständnis mit hohen und höchsten staatlichen Stellen erfolgen.

Hierfür spricht auch folgender Tweet von Innenministerin Nancy Faeser vom 28. März 2022:

https://​twitter​.com/​B​M​I​_​B​u​n​d​/​s​t​a​t​u​s​/​1​5​0​8​4​4​3​7​9​6​8​0​2​9​6​5​5​0​4​?​r​e​f​_​s​r​c​=​t​w​src Prozent5Etfw 

Dieser Tweet kommt einer Aufforderung gleich, strafrechtlich gegen alle Kritiker des offiziellen Ukraine‐​Narrativs vorzugehen.

Auch die Begründung, warum Alina Lipps Äußerungen geeignet seien sollen, den öffentlichen Frieden zu stören, hat es in sich. Dazu weiter unten mehr.

Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen kritische Journalisten bedeuten eine weitere Drehung an der Eskalationsschraube staatlicher Zensurmaßnahmen, die sich 2008 immer schneller dreht.

Der Historiker Hannes Hofbauer hat die zunächst schleichenden und dann immer radikaleren Zensurmaßnahmen des Westens in den letzten Jahren zusammengestellt. Dabei schaukeln sich die drei Akteure EU, Nationalstaaten und Privatwirtschaft gegenseitig hoch.1

  1. 2008: EU‐​Rahmenbeschluss 2008/​913/​JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Unter Strafe zu stellen ist nach diesem Beschluss »das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.»
    Die EU will hiermit die Deutungshoheit darüber erlangen, was als Völkermord zu betrachten ist und was nicht. Das ist in einzelnen Fällen durchaus umstritten. Wer zum Beispiel behauptet, dass das Massaker von Srebrenica kein Völkermord gewesen sei, soll nach dem Willen der EU bestraft werden. Aber wie der Fall Alina Lipp zeigt, wird auch bestraft, wer behauptet, dass im Donbass ein Völkermord an Russen stattgefunden habe (siehe unten).
  2. 2013, 29. November: Die EU gründet die East Stratcom Task Force. Sie bestimmt als staatlicher Faktenchecker, was als Wahrheit und was als Kremlpropaganda, als Desinformation zu gelten hat. Die Task Force hat keine unmittelbare Zensurfunktion, jedoch dient sie der Orientierung der Nachrichtenagenturen und der Faktenchecker, welche Positionen die Herrschenden gerne diskreditiert hätten.
  3. 2017, 1. Oktober: Das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz tritt in Kraft. Soziale Netzwerke wie Facebook müssen bei hohen angedrohten Strafen Hasspostings und Falschnachrichten löschen. Allerdings bleiben die Definitionen von Hasspostings und Desinformation schwammig.
    In der Folge geben sich soziale Netzwerke wie YouTube und Facebook Community‐​Standards, die noch viel strenger sind als die Forderungen des Staates. Im Zweifel wird gelöscht. Es findet ein massives Overblocking statt. Die Zensur wird an Private ausgelagert. Im Laufe der Jahre eskalierten die Löschungen immer stärker. YouTube löschte zum Beispiel bereits Ende 2020 mit KenFM das reichweitenstärkste Alternativmedium und im September 2021 den Kanal von RT‐​Deutsch. Bestimmte Personen wie Wolfgang Wodarg werden grundsätzlich gelöscht, wenn auf YouTube auftauchen. Sie sind wortwörtlich zur Unperson gemacht worden.
  4. 2018, Oktober: Vera Jourova, EU‐​Kommissarin für Werte und Transparenz, handelt mit den sozialen Netzwerken einen Verhaltenskodex gegen Desinformation aus, der im Oktober 2018 unterzeichnet wird. Als zu löschende Desinformation gilt alles, was den offiziellen EU‐​Narrativen widerspricht. Dieser Verhaltenskodex wurde in den Folgejahren kontinuierlich verschärft. Seit 2020 dürfen auch die offiziellen Narrative zur Corona‐​Pandemie nicht mehr infrage gestellt werden.
    Unerwünschte Inhalte werden entweder gelöscht, von so genannten Faktencheckern als Fake News markiert oder in ihrer Reichweite eingeschränkt (Shadowbanning). Suchmaschinen sind dahingehend zu manipulieren, dass bei allen passenden Suchanfragen offizielle Quellen immer an erster Stelle angezeigt werden.
  5. 2020, März. Angriff der Faktenchecker: Mit der Ausrufung des Corona‐​Notstandes schießen die so genannten Faktenchecker wie Correctiv auf alles, was dem offiziellen Corona‐​Narrativ widerspricht, seien es alternative Medienportale wie KenFM oder ausgewiesene kritische Ärzte beziehungsweise Wissenschaftler wie Wolfang Wodarg, Sucharit Bhakdi und Clemens Arvey. Sie desinfizieren und verengen den Meinungskorridor massiv. Faktencheckerorganisationen werden immer von denselben Oligarchen wie Pierre Omidyar (Luminate), Bill Gates und George Soros (Open‐​Society‐​Foundation) finanziert oder sie sind gleich den Staatsmedien angegliedert wie der BR‐​Faktenfuchs.
  6. 2020, 7. November: Deutscher Medienstaatsvertrag tritt in Kraft: Deutsche Landesmedienanstalten sollen Meldungen in Internetmedien dahingehend überprüfen, ob »journalistische Standards« eingehalten wurden. Bei Zuwiderhandlung können hohe abschreckende Geldstrafen verhängt oder das Medium geschlossen werden. Bisher wurden durch diese Zensurinstitution ausschließlich oppositionelle Medien wie KenFM, Rubikon und Nachdenkseiten traktiert. Die Drohung der Landesmedienanstalt Berlin‐​Brandenburg mit einem Verwaltungsstrafverfahren, der Schließung und Zwangsgeldern von 50.000 Euro und mehr führte zum Ende des Medienportals KenFM, das Ken Jebsen freiwillig stilllegte. Er ließ es also nicht auf einen seiner Meinung nach wohl nicht mehr zu gewinnenden Prozess ankommen.
  7. 2022, 2. März: Sendersperren. Im Baltikum und der Ukraine wurden bereits vor dem Ukrainekrieg von 2022 oppositionelle, russischsprachige Fernsehsender abgeschaltet und damit der russischen Minderheit ihre sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten geraubt. Das wurde von der den westlichen Werten verpflichtete EU nicht etwa kritisiert, sondern wohlwollend zur Kenntnis genommen. Diese faschistoide Praxis übernahm die EU am 2. März 2022. Seitdem ist die Übertragung von Inhalten der russischen Sender RT und Sputnik in der gesamten EU verboten, sei es nun über Fernsehen oder das Internet. Die Begründung ist atemberaubend: Bei RT und Sputnik handele es sich schlankweg nicht um Medien, sondern um reine Propagandainstrumente des Kreml. Deshalb unterfielen sie nicht der in der EU garantierten Meinungsfreiheit. Vera Jourova, EU‐​Kommissarin für Werte und Transparenz, forderte die Mitgliedsstaaten auf, ständig zu prüfen, ob bestimmte Medien eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellen, und sie gegebenenfalls zu sperren, ohne auf Entscheidungen der EU zu warten. Wohlgemerkt: Von einer Beschränkung auf russische Sender oder Fernsehsender überhaupt war bei dieser Forderung nach einem kurzen Prozess nicht die Rede.2

Nun folgt im Mai 2022 ein neuer Eskalationsschritt. Der deutsche Staat geht mit den Mitteln des Strafrechts gegen eine kritische Journalistin vor, die das westliche Narrativ vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine in Frage stellt.

Auch das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik schon gegeben. Im Jahr 1976 trat der Paragraph 88a des StGB in Kraft, der die »Verfassungsfeindliche Befürwortung von Straftaten« mit drei Jahren Haft oder mit Geldstrafe bestrafte. Verboten waren unter anderem: Die Befürwortung von Gewalt unter dem Deckmantel einer scheinbaren Distanzierung, die Beschreibung strafbarer Handlungen mit Nachahmungseffekt, die Befürwortung von Gewalt in Form der Beschreibung eines historischen Ereignisses, in der Absicht, es als nachahmenswertes Vorbild hinzustellen, sowie Befürwortung von Gewalt in Form des Abdrucks fremder Meinungen.

Dieser Paragraph richtete sich gegen die in den 70er erstarkte sozialistische und kommunistische Bewegung in der BRD und besonders gegen gewaltbereite Gruppen sowie deren Umfeld. Er wurde in den Folgejahren exzessiv angewandt. So wurden im August 1976 hunderte linke Buchhandlungen durchsucht, inkriminierte Literatur beschlagnahmt und Strafverfahren gegen 100 Geschäftsführer, Angestellte und Gesellschafter geführt.

Vier Drucker des Kollektivs Agit‐​Druck wurden 1979 zu Haftstrafen zwischen 9 und 12 Monaten ohne Bewährung verurteilt. Ihnen wurde vorgeworfen, das linksautonome Blatt Info‐​BUG gedruckt zu haben.

Der Bundesgrenzschutz beschlagnahme eine ganze LKW‐​Ladung mit Büchern des damals linken Berliner Oberbaumverlags wegen Verstoßes gegen den §88a StGB. Darunter befanden sich Texte zur Chinesischen und Russischen Revolution sowie der Titel »Versuch der Revolutionierung des bürgerlichen Individuums«, herausgegeben von der »Kommune 2«.3

Im März 1981 wurde der umstrittene Paragraph 88a aufgehoben, nachdem der Staat im Deutschen Herbst 1977 den Krieg gegen den linken Terror gewonnen hatte. Dies war – wie sich heute zeigt – umso eher möglich, als auch der §140 StGB zur Einschüchterung von Journalisten genutzt werden kann.

Im Unterschied zu den 70er Jahren stellt heute allerdings kaum noch jemand die bürgerlich‐​kapitalistische Gesellschaftsordnung in Frage, Alina Lipp schon mal gar nicht. Sie studierte das Modefach Umweltmanagement, war Mitglied der Grünen und absolvierte ein Praktikum bei der Grünenfraktion im niedersächsischen Landtag. Allerdings hat sie einen russischen Vater, der vor einigen Jahren wegen der ständigen Diskriminierung von Russen in Deutschland auf die Krim auswanderte. Alina besuchte ihn mehrmals und erlebte aus eigener Anschauung, dass die Mainstreammedien nicht die Wahrheit über die Krim und den Ukrainekonflikt berichteten. Diese Informationen teilte sie über ihre inzwischen gelöschten YouTube‐​Kanäle. Schließlich wanderte sie ebenfalls auf die Krim aus und lebt nun in Donetsk, wo sie schon vor dem Krieg auf ihrem Telegramkanal aus eigener Anschauung über den ständigen Beschuss dieser Stadt durch die reguläre ukrainische Armee und die faschistischen Bataillone wie Asow berichtete.

Was zunächst ein weitgehend unbeachtetes Hobbyprojekt war, wurde zu einem Politikum, als die EU am 2. März 2022 die russischen Sender RT und SNA (ehemals Sputnik) sperrte. Alina Lipp und Thomas Röper aus St. Petersburg waren damit nahezu die einzigen Deutschen, die noch über die russische Sicht des Krieges berichteten. Die Zahl der Abonnenten von Alinas Telegramkanal »Neues aus Russland« schnellte von einigen 1.000 auf inzwischen 175.000 hoch.

Da sich der deutsche Staat in einem Krieg gegen Russland wähnt, möchte er diese wenigen authentischen Stimmen auch noch zum Schweigen bringen.

Um den §140 StGB anwenden zu können, muss belegt werden, dass der Verdächtige den öffentlichen Frieden stört. Der zuständige Richter führt diesbezüglich aus:

»Ihre Äußerungen sind dabei geeignet, das psychische Klima auch innerhalb der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland aufzuhetzen, aufgrund zumindest verzerrender, teils auch wahrheitswidriger Darstellungen einen Dissens innerhalb der Gesellschaft herbeizuführen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt aufzulösen, Zweifel an der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Meinungsbildung und der Wahrhaftigkeit der medialen Berichterstattung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu säen und dadurch das Vertrauen in die Rechtssicherheit und die Vertrauenswürdigkeit des demokratischen Systems im Inland insgesamt zu erschüttern.«

Verboten sind unter anderem folgende Aussagen:

  • Die Bevölkerung des Donbass feiert die russischen Streitkräfte als Befreier
  • Im Donbass fand ein Genozid statt

Deutsche Gerichte definieren damit, wie die Wahrheit im Ukrainekrieg aussieht und verbieten im Grunde genommen jede regierungskritische Berichterstattung. Denn jeder kritische Bericht egal zu welchem Thema ist dazu geeignet, einen »einen Dissens innerhalb der Gesellschaft herbeizuführen« und »Zweifel an der Wahrhaftigkeit der medialen [Mainstream‐] Berichterstattung« zu säen.

Es ist davon auszugehen, dass es sich bei den jetzt bekannt gewordenen Ermittlungen gegen Alina Lipp nur um die Spitze des Eisbergs handelt. Vergleichbare Ermittlungen dürften gegen Thomas Röper und Dagmar Henn laufen, denn sie haben Ähnliches geäußert. Ich würde ihnen raten, möglichst nicht in die EU einzureisen.

Alina Lipp selbst hat persönlich wohl nicht viel zu befürchten. Sie kann nun in Russland oder der Volksrepublik Donetsk politisches Asyl beantragen, was ihr höchstwahrscheinlich auch gewährt werden würde. Allerdings steht sie ökonomisch vor dem Nichts. Eine Spendensammlung in Deutschland ist nun nicht mehr möglich. Sie muss nun in Donetsk entweder einer anderen Erwerbsarbeit nachgehen oder Finanzhilfen vom russischen Staat annehmen, wenn er solche gewährt. Auch das ist nicht sicher, denn die Meinungsbeeinflussung in Richtung EU ist längst nicht mehr seine Priorität. Wie auch immer, diese vom deutschen Staat bewusst herbeigeführte Zwangslage wäre eine perfekte Begründung, ihren Kanal abzuklemmen oder Telegram gleich ganz zu sperren.

Die Ermittlungen gegen Alina Lipp nach §140 StGB sind vor allem eine Botschaft an deutsche Staatsbürger und dienen der Einschüchterung. Es wird hiermit überdeutlich signalisiert, dass es nun mit dem Strafrecht unterbunden wird, dass offizielle Narrativ zum Ukrainekrieg in Frage zu stellen.

Es ist davon auszugehen, dass sich EU‐​weit die Eskalationsspirale der Zensurmaßnahmen weiter drehen wird und zwar immer schneller. Österreich und Moldawien haben bereits Gesetze verabschiedet, die es bei Haft‐ und/​oder abschreckend hohen Geldstrafen verbieten, Meldungen von RT und anderen russischen Medien in sozialen Netzwerken zu teilen. Dies steht dann wohl auch bei den anderen EU‐​Staaten auf der Agenda. Am Ende dieser Entwicklung steht das Verbot für EU‐​Bürger, »Feindsender abzuhören«, das heißt, die Meldungen von RT, von Neues aus Russland beziehungsweise dem Anti‐​Spiegel auch nur zu lesen.

Konnte man in den 70er Jahren noch davon ausgehen, dass es ehemalige Nazi‐​Richter waren, die linke Buchhändler und Drucker zu abschreckend hohen Haftstraften verurteilten und dass sich das Problem bald biologisch lösen würde, so muss man nun mit großem Entsetzen feststellen, dass faschistische Denk‐ und Handlungsmuster wieder im Mainstream der Gesellschaft angekommen sind. Das ist die Folge der stürmischen Liebesaffäre der deutschen Bourgeoisie mit dem ukrainischen Faschismus. Dagmar Henn geht davon aus, dass die deutsche Bourgeoisie mit ihrer Vertuschung und Rechtfertigung des Massakers von Odessa im Mai 2014 dem Monster, dem sie sich zugewandt hatte, immer ähnlicher wurde. War das strafrechtlich normierte Verbot des Führens eines Angriffskrieges eine Lehre, die man aus dem deutschen Faschismus gezogen hatte, so wird dieser Paragraph nun genutzt, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Wobei kein westlicher Führer jemals für einen Angriffskrieg belangt worden ist.

Dagmar Henn geht davon aus, dass dieser Beschluss seine Wirkungen weit über die nun abgeschaffte Meinungsfreiheit hinaus entfalten wird. Die Meinungsfreiheit ist ein sehr basales Grundrecht. Es versteht sich von selbst, dass Versammlungen und Organisationsgründungen auf der Basis dieser nun kriminalisierten Meinung ebenfalls unmöglich sind. Konsequenterweise führen die deutschen Staatsanwaltschaften eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren gegen Personen, die zum Beispiel auf einer Versammlung den Buchstaben »Z« gezeigt haben. Ihnen drohen ebenfalls drei Jahre Haft.

Die Liste der deutschen Journalisten im Exil ist lang und wahrscheinlich noch nicht annähernd vollständig:

  1. Jochen Mitschka (Namibia)
  2. Dr. Bodo Schiffmann (Tansania)
  3. Mathias Bröckers (Schweiz)
  4. Ken Jebsen (Österreich/​Schweden)
  5. Henning Rosenbusch (Schweden)
  6. Robert Fleischer (Spanien)
  7. Dagmar Henn (Russland)
  8. Thomas Röper (Russland)

Sie wird vermutlich bald noch viel länger werden. Jeder, der es noch kann, sollte Deutschland so schnell wie möglich verlassen. Bald könnte es zu spät sein. Es senkt sich wieder einmal die Nacht über Deutschland.

Dirk Pohlmann behauptet zwar, der oben genannte Gerichtsbeschluss sei verfassungswidrig. Aber was verfassungswidrig ist, bestimmt letztinstanzlich das Bundesverfassungsgericht. Das aber hat unter seinem Präsidenten Harbarth die größten Grundrechtseinschränkungen in der Geschichte der Bundesrepublik einfach so durchgewunken und es hatte wohl auch keine Einwände gegen den alten §88a StGB, der in den 70er Jahren exzessiv angewendet wurde.

Es handelt sich auf jeden Fall bei dem oben zitierten Beschluss nicht um die Einzelmeinung eines Richters, sondern er ist ein Teil einer koordinierten Anstrengung, den Meinungskorridor in Deutschland weiter zu verengen. Hierfür spricht auch, dass die Ermittlungen gegen Alina Lipp nun von der Staatsanwaltschaft Göttingen geführt werden, die bundesweit für »Hasskriminalität« verantwortlich ist. Dies deutet darauf hin, dass der deutsche Staat nun mit aller Härte und großer Konsequenz gegen abweichende Meinungen vorzugehen beabsichtigt. Dies wird sich sicherlich nicht allein auf das staatsoffizielle Ukrainenarrativ beschränken. Dagmar Henn hat die Befürchtung ausgesprochen, dass Kritik an den Sanktionen in Kürze ebenfalls kriminalisiert werden wird.

Die massive Eskalation der Zensur ist natürlich ein Anzeichen für die Schwäche des offiziellen Narrativs. Aber man sollte sich nicht täuschen: Kurz‐ und mittelfristig kann es EU und Bundesregierung durchaus gelingen, durch exzessive Zensur, Repression, Moralisierung und Gräuelpropaganda gegen Russland die Unzufriedenheit der Menschen zu deckeln. Damit wird Zeit gewonnen, den Great Reset weiter voranzutreiben. Er besteht vor allem in der in der Zerstörung der industriellen Basis Europas und der breitflächigen Absenkung des Lebensstandards der Menschen. Das scheint bisher zu funktionieren. Denn trotzt der absehbaren Verarmung bleibt vorerst alles ruhig.

Das ist wohl auch nicht anders zu erwarten. Denn die Medien haben die Schlagzahl ihrer Propaganda so stark erhöht, dass die meisten Menschen emotional überwältigt wurden und so zur »Solidarität« mit der faschistischen Ukraine richtiggehend gezwungen worden sind. Auch schraubt der Staat seine Drohungen gegenüber abweichenden Meinungen immer mehr in die Höhe. Bisher drohte »nur« Arbeitsplatzverlust. Jetzt wird Konformität durch das scharfe Schwert des Strafrechts erzwungen. Dagmar Henn dazu:

Je weiter diese Entwicklung fortschreitet, desto weiter schwinden Stabilität wie Demokratie, was wieder mit einer weiteren Erhöhung des propagandistischen Drucks aufgefangen werden muss. Die Perspektive ist also nicht hübsch, aber in ihren Tiefen verbirgt sich die Möglichkeit plötzlichen Wandels.

Dieser kann dann eintreten, wenn auch noch so massive Propaganda die grausame Wirklichkeit nicht mehr übertünchen kann. Dann freilich ist der Schaden für die Herrschenden nicht mehr kompensierbar, die Glaubwürdigkeit ist ein für alle Mal komplett dahin. Wie lange das dauert, kann man heute unmöglich vorhersagen. Der Zweite Weltkrieg zeigt, dass die Leidensfähigkeit des deutschen Volkes sehr groß ist.

Verweise

1 Hannes Hofbauer: Zensur, Wien 2022, S. 123ff.

3 Hofbauer a.a.O., S. 99 – 105.

Bild: Alina Lipp in der Folterkammer von Asow, der »Bibliothek« in Mariupol (Quelle: Neues aus Russland)

One thought on “Eskalation der Zensur

  1. Selbst dem Führer, dem großen Guru des Stepan Bandera, heutiger Säulenheiliger in der West‐ oder Rest‐​Ukraine, gelang es nicht, alles auf Linie zu bringen. Feindsender wurden trotz Verbot und schlimmen Strafen bei Erwischtwerden – wahlweise Kerker, Deportation in den Osten oder KZ – heimlich abgehört. Es waren halt andere als heute. Trotz alledem gelang der Durchbruch dem verhinderten Kunstmaler aus Braunau nur zeitweise. Vergleichbar war er aber zuletzt auch dem heutigen Stallburschen der Nord‐​Atlantischen Terror‐​Organisation in Kiew: in verzweifelter militärischer Lage hoff(t)en beide auf die Wunderwaffe, die das Kriegs(un)glück wenden werde. Beim Kunstmaler kam die Wunderwaffe zu spät – sie fiel auf Hiroshima und Nagasaki und wurde von den USA abgeworfen. Beim Stallburschen wird sie auch nicht gelingen. Am Ende ist es egal, wie der Reichstag das einschätzt, die Faschisten werden unterliegen.

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