Der gewöhnliche Kapitalismus: Impfpflicht statt Gesundheitsversorgung?

Goldesel
Lesezeit6 min

Nimmt man die Regierung ernst und misst ihr Handeln daran, inwieweit sie das Land auf den Winter vorbereitet haben, reibt man sich die Augen. Die Frage ist: »Was wurde dafür getan, eine Gesundheitsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen, um alle Betroffenen optimal zu versorgen?«

In der FAZ vom 4.11.2021 konnte man unter dem Titel »Her mit der Impfpflicht« ein Plädoyer von Hans Peter Bull für die Impfpflicht lesen. Hans Peter Bull ist ein 85‐​jähriger Sozialdemokrat, Staats‐ und Verwaltungsrechtler und 7 Jahre lang Innenminister von Schleswig‐​Holstein gewesen. Seine Argumentation gibt Einblick in eine beängstigende Denkweise. Er vermisst bei Regierung und Parlament die notwendige Durchsetzungskraft. Die Impfpflicht wäre da nur ein Übungsfeld, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein. Schließlich würde der Klimawandel und die Ressourcenknappheit der Zukunft einschneidende Maßnahmen erforderlich machen. »Viel spricht dafür, dass in der Ablehnung entschlossener, vermeintlich harter Maßnahmen eine Entscheidungsschwäche sichtbar wird, die auch etwa fundamentale Reformen wie den Klimaschutz wesentlich erschweren kann.« Er macht die Personen, die sich nicht impfen lassen, für die fortbestehenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu Lasten einer Mehrheit verantwortlich. Seine Ausführungen gipfeln in der Aussage: »Aber die Ressourcen sind endlich, die finanziellen Mittel des Staates ebenfalls.« Und so etwas schreibt ein Sozialdemokrat!

Die Coronakrise hat etwas von einem Wackelbild. Je nachdem von welcher Seite man schaut, sieht man mal die Gesundheitskrise und mal die Finanzkrise, von der man nicht genau sagen kann, ob sie endogen, also ursächlich für die Ausrufung der Coronakrise, oder exogen durch sie verursacht wurde. Das Coronavirus hingegen existiert und verursacht Erkrankungen, die bei entsprechender Disposition bis zum Tode führen können. Schon in allen Jahren vor der Coronakrise waren Krankenhäuser und Intensivstationen durch Patienten mit Infektionskrankheiten während der winterlichen Grippewellen überlastet. Welch eine Neuigkeit wird hier verkauft! Coronaviren, die ein ständiger Begleiter der Menschheit sind, stehen seit zwanzig Jahren auf der Abschussliste der WHO. Was wäre, wenn es tatsächlich gelingen würde, Infektionserkrankungen mit einer Impfung und hygienischen Maßnahmen zu verhindern? Welch ein Gewinn für Unternehmen und das Gesundheitssystem! Weniger Krankschreibungen, weniger Kapazitäten in den Krankenhäusern, die vorgehalten müssten. Ganz zu schweigen von den Gewinnen der Pharmaindustrie, die Impfstoffe verkaufen. Hat die Bundesregierung und Gesundheitsminister Spahn darauf gesetzt diese Gewinne in diesem Winter schon realisieren zu können? Haben sie deshalb keinerlei Vorsorge für das Gesundheitssystem getroffen, sondern Krankenhäuser geschlossen? »Die finanziellen Mittel des Staates sind endlich« ? Hat nicht der Staat zur Bewältigung der Coronakrise 450 Milliarden Euro aufgenommen. Und nächstes Jahr sollen noch einmal 100 Milliarden dazukommen. In die Gesundheitsversorgung ist das Geld offensichtlich nicht geflossen. Da wären wir dann wieder bei der Finanzkrise. Rege Aktienkäufe kann man in den letzten beiden Jahren verzeichnen, schaut man sich die Finanztransaktionen im Swift‐​System an.

Da der Druck zur Impfung mit dem überlasteten Gesundheitssystem begründet wird, könnte man auf die Idee kommen, dass die Impfungen als Einsparpotential im Gesundheitswesen gesehen werden.

So sind Forderungen zum Ausbau der Versorgung der Bevölkerung und zum sofortigen Stopp sämtlicher Maßnahmen mehr als berechtigt. Denn Lockdowns egal ob für alle oder für Ungeimpfte sind keine Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit, sondern bewirken durch die physischen und psychischen Belastungen der Bevölkerung das Gegenteil.

Stattdessen würde man von der Regierung folgende Maßnahmen erwarten:

  • Ausbau der intensivmedizinischen Versorgung in den Krankenhäusern
  • Erhöhung der Gehälter in der Pflege
  • Erhöhung der Attraktivität der Pflegeausbildung
  • Anerkennung ausländischer Abschlüsse und entsprechende Vergütung von Migranten
  • Lobbyismus beenden
  • Eigenverantwortung der Menschen für ihre und die Gesundheit anderer stärken und ernst nehmen
  • Palliative Versorgung für ein würdevolles Sterben verbessern

Eine faktische Impfpflicht hätte indes noch andere »Vorteile« für die Herrschenden: Solange die WHO die Pandemie nicht beendet, sind die Länder verpflichtet, die Monitoring‐ und Eingrenzungsmaßnahmen bezüglich der Ausbreitung des Coronavirus weiterzuführen. Wie schön wäre es, mit einer Impfpflicht, die Coronafälle reduzieren zu können und weiter im Text – also mit dem gewöhnlichen Kapitalismus – machen zu können. Dann wäre doch alles in Ordnung? Ja, wenn…. Wenn die Impfung denn nachhaltig wirken würde. Im Moment sieht es eher so aus, dass sich hier ein Schrecken ohne Ende entwickelt. Naja, für wen? Für die sogenannten ‚Impflinge‘ – ein Wort, das zum Unwort des Jahres erklärt werden müsste. Für die Pharmaindustrie ist das ein nie versiegendes Füllhorn.

Der Blick zur WHO, als oberste Hüterin der Weltgesundheit, zeigt uns mögliche Zukunftsszenarien:

  1. Ein bisschen Glück
    Die Pandemie ist vorbei und Covid‐​19 unter Kontrolle. Es gilt als endemisch und der größte Teil der Weltbevölkerung hat eine vom Impfstoff abgeleitete oder natürliche Immunität erworben. Durch die Maßnahmen, Richtlinien und Lehren der Pandemie ist die Welt grüner, gerechter und gleichberechtigter geworden und viel besser auf zukünftige Risiken vorbereitet
  2. Ich liebe dich, ich hasse dich
    Fünf Jahre nach dem Ausbruch von Covid‐​19 gelingt es dem Virus, durch mehrere Mutationen und unvorhersehbare, unkontrollierte Ausbrüche zu bestehen und Teil unseres Lebens zu werden. Die Menschheit hält Schritt, aber die langanhaltenden Auswirkungen der Pandemie auf Gesundheitssysteme, Volkswirtschaften und Umwelt werden weltweit immer sichtbarer.
  3. Heartbreak‐​Hotel
    Das Virus hat sich entwickelt, um noch ansteckender zu werden. Nationen auf der ganzen Welt reagieren unterschiedlich, und das Fehlen einer globalen, einheitlichen Front gegen die Pandemie führt zu einer Welt mit zwei Geschwindigkeiten, die durch zunehmende sozioökonomische, technologische, ökologische und politische Disparitäten gekennzeichnet ist.
  4. Hier kommt Ärger
    neben einer sich verschlimmernden COVID‐​19 Pandemie tritt eine neue Pandemie auf. Nationen sind nicht in der Lage, die zusätzliche Belastung einer doppelten Pandemie zu bewältigen. Maßnahmen der öffentlichen Gesundheit sind widersprüchlich, Volkswirtschaften kollabieren, die Zerstörung von Ökosystemen beschleunigt sich, extreme Wetterereignisse treten häufig und intensiv auf. Die Menschheit ist müde und hat Mühe, damit umzugehen.

Sieht es denn so aus, als wäre Szenario 1 realistisch und die Welt würde bald in Wohlgefallen aufgehen? Betrachtet man die Ergebnisse des G20‐​Gipfels und der Klimakonferenz in Glasgow, stellt man steigende Spannungen zwischen den Machtblöcken der Welt fest. Auf der einen Seite Russland und China, auf der anderen Seite die USA und die EU als exponierte Vertreter der westlichen Welt. Der Ehrgeiz bei den Klimazielen werde nicht gleichermaßen von allen G20 Staaten geteilt, wird der interessierten Öffentlichkeit in den westlichen Staaten mitgeteilt. Der Kampf der Machtblöcke um die wirtschaftliche Vorherrschaft wird über die Energiereserven geführt. Insbesondere Europa hat ein vitales Interesse daran, so schnell wie möglich unabhängig von Öl und Gas zu werden. Auch Russland will den CO2-Ausstoß verringern und auf andere Technologien umstellen. Nur ist diese Umstellung für Staaten, die eigenes Erdöl und Gas haben, mit dessen Verkauf sie den Großteil ihres Außenhandels betreiben, nicht so dringend. Im Gegenteil: Sie können sich Zeit nehmen. Je länger andere Länder auf ihr Erdöl und ihr Gas angewiesen sind, umso mehr Mittel haben sie für die Umstellung zur Verfügung. Es sind wirtschaftliche Interessen, die hier gegeneinander ausgespielt werden.

Die Szenarien der WHO strahlen einen Hauch von Erpressung aus: »Wenn ihr alle schön brav seid, euch impfen lasst und die Umwelt schont, dann werden wir die Pandemie beenden«, kann man zwischen den Zeilen lesen. Schließlich ist es an der WHO, die Pandemie zu beenden. Letztens wurde der Vorsitzende der WHO mit den Worten »die Pandemie wird noch sehr lange dauern« zitiert. Es ist zu befürchten, dass er Recht behält.

Das führt dann wieder zurück zu Hans Peter Bull, dem Sozialdemokraten, der die Impfpflicht und dirigistische Maßnahmen zur Durchsetzung der Klimaziele fordert. Wer hat da wohl von wem abgeschrieben?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert