Dies ist eine unautorisierte Übersetzung der Grundsatzerklärung der Hamas von 2017 aus dem Englischen. Sie ist als Hilfestellung zur Information für Deutschsprachige mit geringen Englisch‐ und Arabischkenntnissen gemeint und erhebt keinen Anspruch, die offizielle Position der Hamas in allen Nuancen treffgenau wiederzugeben. Arabischsprechende mit Zugang zur arabischen Fassung werden um Verbesserungen gebeten, da vermutlich bereits bei der Übersetzung ins Englische Bedeutungsverschiebungen eintreten.
Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen
Die Islamische Widerstandsbewegung »Hamas«
Ein Dokument der allgemeinen Prinzipien und Grundsätze
Gepriesen sei Allah, der Herr der Welten. Der Friede und die Segnungen Allahs seien auf Muhammad, dem Meister der Gesandten und dem Anführer der Mudschahidin, und auf sein Haus und alle seine Gefährten.
Präambel:
Palästina ist das Land der arabischen Palästinenser. Aus ihm stammen sie, ihm sind sie verbunden und gehören sie an, und über es verteilen und verständigen sie sich.
Palästina ist ein Land, dessen Bedeutung durch den Islam erhöht wurde, einem Glauben, der es hochschätzt, der durch es seinen Geist und seine gerechten Werte atmet und der die Grundlage für die Pflicht zu seiner Verteidigung und seinem Schutz legt.
Palästina ist das Anliegen eines Volkes, das von einer Welt im Stich gelassen wurde, die es versäumt, seine Rechte zu sichern und ihm das zurückzugeben, was ihm entrissen wurde, eines Volkes, dessen Land bis heute unter einer der schlimmsten Arten von Besatzung in dieser Welt leidet.
Palästina ist ein Land, das durch ein rassistisches, menschenfeindliches und koloniales zionistisches Projekt in Besitz genommen wurde, das auf einem falschen Versprechen (der Balfour‐Erklärung) der Anerkennung einer usurpierenden Entität und auf der gewaltsamen Durchsetzung vollendeter Tatsachen beruhte.
Palästina symbolisiert den Widerstand, der andauern möge, bis die Befreiung vollendet ist, bis die Rückkehr vollzogen und ein vollständig souveräner Staat mit Jerusalem als Hauptstadt errichtet ist.
Palästina ist die wahre Allianz der Palästinenser aller Gemeinschaften für das erhabene Ziel der Befreiung.
Palästina ist der Geist der Ummah und ihr zentrales Anliegen; es ist die Seele der Menschlichkeit und ihr lebendiges Gewissen.
Dieses Dokument ist das Ergebnis eingehender Beratungen, die uns zu einem stabilen Konsens geführt haben. Als Bewegung sind wir uns sowohl in der Theorie als auch in der Praxis über die Vision einig, die auf den folgenden Seiten skizziert wird. Es ist eine Vision, die auf einer soliden Grundlage und auf bewährten Prinzipien steht. Dieses Dokument zeigt die Ziele, die Meilensteine und die Art und Weise auf, wie die nationale Einheit errungen werden kann. Es legt auch unser gemeinsames Verständnis des palästinensischen Anliegens, die Arbeitsprinzipien, mit denen wir es vorantreiben, und die Grenzen der Flexibilität zu seiner Auslegung fest.
Die Bewegung:
1. Die Islamische Widerstandsbewegung »Hamas« ist eine palästinensische islamische nationale Befreiungs‐ und Widerstandsbewegung. Ihr Zweck ist es, Palästina zu befreien und dem zionistischen Vorhaben entgegenzutreten. Ihr Bezugsrahmen ist der Islam, der ihre Grundsätze, Ziele und Mittel bestimmt.
Das Land Palästina:
2. Palästina, das sich vom Fluss Jordan im Osten bis zum Mittelmeer im Westen und von Ras Al‐Naqurah im Norden bis Umm Al‐Rashrash im Süden erstreckt, ist eine integrale territoriale Einheit. Es ist das Land und die Heimat des palästinensischen Volkes. Die Vertreibung und Verbannung des palästinensischen Volkes aus seinem Land und die Errichtung der zionistischen Entität in diesem Land heben das Recht des palästinensischen Volkes auf sein gesamtes Land nicht auf und verschaffen der usurpierenden zionistischen Entität keine Rechte in diesem Land.
3. Palästina ist ein arabisch‐islamisches Land. Es ist ein gesegnetes, heiliges Land, das einen besonderen Platz im Herzen jedes Arabers und jedes Muslims hat.
Das palästinensische Volk:
4. Die Palästinenser sind die Araber, die bis 1947 in Palästina gelebt haben, unabhängig davon, ob sie vertrieben wurden oder dort geblieben sind; und jede Person, die nach diesem Datum als Kind eines arabisch‐palästinensischen Vaters geboren wurde, ob innerhalb oder außerhalb Palästinas, ist ein Palästinenser.
5. Die palästinensische Identität ist authentisch und zeitlos; sie wird von Generation zu Generation weitergegeben. Die Katastrophen, die das palästinensische Volk als Folge der zionistischen Besatzung und ihrer Vertreibungspolitik erlitten hat, können die Identität des palästinensischen Volkes weder auslöschen noch negieren. Ein Palästinenser wird seine nationale Identität und Rechte nicht verlieren, indem er oder sie eine zweite Staatsangehörigkeit annimmt.
6. Das palästinensische Volk ist ein Volk, das sich aus allen Palästinensern innerhalb und außerhalb Palästinas zusammensetzt, unabhängig von ihrer Religion, Kultur oder politischen Überzeugung.
Islam und Palästina:
7. Palästina befindet sich im Herzen der arabischen und islamischen Umma und genießt einen besonderen Status. Innerhalb Palästinas befindet sich Jerusalem, dessen Gebiete durch Allah gesegnet sind. Palästina ist das Heilige Land, das Allah für die Menschheit gesegnet hat. Es ist die erste Qiblah der Muslime und das Ziel der nächtlichen Reise des Propheten Muhammad, Friede sei mit ihm. Es ist der Ort, von dem aus er in die oberen Himmel aufgestiegen ist. Es ist der Geburtsort von Jesus Christus, Friede sei mit ihm. Sein Boden enthält die Gebeine von Tausenden von Propheten, Gefährten und Mudschahidin. Es ist das Land der Menschen, die entschlossen sind, die Wahrheit zu verteidigen – innerhalb Jerusalems und in seiner Umgebung –, die sich von denen, die sich ihnen entegegenstellen, und von denen, die sie verraten, nicht abschrecken oder einschüchtern lassen, und sie werden ihre Mission fortsetzen, bis sich das Versprechen Allahs erfüllt.
8. Durch seinen ausgewogenen Mittelweg und seinen moderaten Geist bietet der Islam – für die Hamas – eine ganzheitliche Lebensweise und eine Ordnung, die zu allen Zeiten und an allen Orten tragfähig ist. Der Islam ist eine Religion des Friedens und der Toleranz. Er bietet den Anhängern anderer Überzeugungen und Religionen ein Dach, unter dem sie ihre Anschauungen in Sicherheit und Geborgenheit ausüben können. Die Hamas glaubt außerdem, dass Palästina von jeher ein Modell des Zusammenlebens, der Toleranz und der zivilisatorischen Innovation war und immer sein wird.
9. Die Hamas ist der Ansicht, dass die Botschaft des Islam die Werte der Wahrheit, Gerechtigkeit, Freiheit und Würde vertritt, alle Formen der Ungerechtigkeit verbietet und Unterdrücker, ungeachtet ihrer Religion, Rasse, ihres Geschlechts oder ihrer Nationalität, verurteilt. Der Islam wendet sich gegen alle Formen des religiösen, ethnischen oder konfessionellen Extremismus und der Bigotterie. Er ist die Religion, die ihren Anhängern den Wert der Standhaaftigkeit gegen Aggressionen und der Unterstützung der Unterdrückten vermittelt; er motiviert sie, großzügig zu spenden und Opfer zu bringen, um ihre Würde, ihr Land, ihre Völker und ihre heiligen Orte zu verteidigen.
Jerusalem:
10. Jerusalem ist die Hauptstadt Palästinas. Ihr religiöser, historischer und zivilisatorischer Status ist von grundlegender Bedeutung für die Araber, die Muslime und die gesamte Welt. Seine islamischen und christlichen heiligen Stätten gehören ausschließlich dem palästinensischen Volk und der arabischen und islamischen Umma. Kein einziger Stein Jerusalems kann ausgeliefert oder preisgegeben werden. Die Maßnahmen der Besatzer in Jerusalem, wie die Judaisierung, der Siedlungsbau und die Schaffung von Tatsachen vor Ort, sind fundamental null und nichtig.
11. Die gesegnete Al‐Aqsa‐Moschee gehört ausschließlich unserem Volk und unserer Ummah, und die Besatzung hat keinerlei Recht darauf. Die Pläne, Maßnahmen und Versuche der Besatzung, Al‐Aqsa zu judaisieren und zu teilen, sind null und nichtig und illegitim.
Die Geflüchteten und das Recht auf Rückkehr:
12. Die palästinensische Sache ist in ihrem Wesen eine Sache eines besetzten Landes und eines vertriebenen Volkes. Das Recht der palästinensischen Geflüchteten und Vertriebenen, nach Hause zurückzukehren, von wo sie vertrieben wurden oder wohin sie nicht zurückkehren durften – sei es in den 1948 oder in den 1967 besetzten Gebieten (d.h. in ganz Palästina) –, ist ein natürliches Recht, sowohl individuell als auch kollektiv. Dieses Recht ist durch alle göttlichen Gesetze sowie durch die Grundprinzipien der Menschenrechte und des Völkerrechts bestätigt. Es ist ein unveräußerliches Recht, das keine Seite preisgeben kann, weder die palästinensische noch die arabische oder die internationale.
13. Die Hamas lehnt alle Versuche ab, die Rechte der Geflüchteten zu beseitigen, einschließlich der Versuche, sie durch die Projekte des alternativen Heimatlandes außerhalb Palästinas anzusiedeln. Die Entschädigung der palästinensischen Geflüchteten für die Schäden, die sie infolge der Vertreibung und der Besetzung ihres Landes erlitten haben, ist ein absolutes Recht, das mit ihrem Recht auf Rückkehr einhergeht. Sie haben bei ihrer Rückkehr eine Entschädigung zu erhalten, wodurch ihr Recht auf Rückkehr weder negiert noch geschmälert wird.
Das zionistische Projekt:
14. Das zionistische Projekt ist ein rassistisches, aggressives, koloniales und expansionistisches Projekt, das auf der Aneignung des Eigentums anderer beruht; es ist feindlich gegenüber dem palästinensischen Volk und seinem Streben nach Freiheit, Befreiung, Rückkehr und Selbstbestimmung. Die israelische Entität ist der Spielball des zionistischen Projekts und sein Stützpunkt der Aggression.
15. Das zionistische Projekt richtet sich nicht nur gegen das palästinensische Volk; es ist der Feind der arabischen und islamischen Umma und stellt eine ernste Bedrohung für deren Sicherheit und Interessen dar. Es steht auch den Bestrebungen der Umma nach Einheit, Erneuerung und Befreiung feindlich gegenüber und ist die Hauptursache für ihre Probleme. Das zionistische Projekt stellt auch eine Gefahr für die internationale Sicherheit und den Frieden sowie für die Menschheit und ihre Interessen und Stabilität dar.
16. Die Hamas bekräftigt, dass ihr Konflikt mit dem zionistischen Projekt und nicht mit den Juden aufgrund ihrer Religion besteht. Die Hamas kämpft nicht gegen die Juden, weil sie Juden sind, sondern sie kämpft gegen die Zionisten, die Palästina besetzen. Jedoch sind es die Zionisten, die das Judentum und die Juden ständig mit ihrem eigenen kolonialen Projekt und ihrer illegalen Entität identifizieren.
17. Die Hamas lehnt die Verfolgung jedes Menschen oder die Untergrabung seiner Rechte aus nationalistischen, religiösen oder sektiererischen Gründen ab. Die Hamas ist der Ansicht, dass das jüdische Problem, der Antisemitismus und die Verfolgung der Juden Phänomene sind, die grundsätzlich mit der europäischen Geschichte und nicht mit der Geschichte der Araber und Muslime oder ihrem Erbe verbunden sind. Die zionistische Bewegung, die mit Hilfe westlicher Mächte Palästina besetzen konnte, ist die gefährlichste Form der Siedlungsbesetzung, die bereits aus weiten Teilen der Welt verschwunden ist und aus Palästina verschwinden muss.
Die Position zur Besatzung und zu politischen Lösungen:
18. Die Balfour‐Erklärung, das britische Mandatsdokument, die UNO‐Resolution zur Teilung Palästinas und alle daraus abgeleiteten oder ihnen vergleichbare Resolutionen und Maßnahmen werden als null und nichtig betrachtet. Die Errichtung »Israels« ist vollständig illegal und verstößt gegen die unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes und gegen seinen Willen und den Willen der Ummah; sie verstößt auch gegen die Menschenrechte, die durch internationale Konventionen garantiert sind, darunter vor allem das Recht auf Selbstbestimmung.
19. Es kann keine Anerkennung der Legitimität der zionistischen Entität geben. Was auch immer dem Land Palästina in Form von Besetzung, Siedlungsbau, Judaisierung oder Veränderung seiner Merkmale oder Verdrehung von Sachverhalten widerfuhr, ist illegitim. Rechte erlöschen nie.
20. Die Hamas ist der Ansicht, dass kein Teil des Landes Palästina kompromittiert oder aufgegeben werden darf, ungeachtet der Ursachen, der Umstände und des Drucks und unabhängig davon, wie lange die Besatzung andauert. Die Hamas lehnt jede Alternative zur vollständigen und uneingeschränkten Befreiung Palästinas ab, vom Fluss bis zum Meer. Ohne in ihrer Ablehnung der zionistischen Entität Kompromisse zu machen und ohne auf palästinensische Rechte zu verzichten, betrachtet die Hamas jedoch die Errichtung eines vollständig souveränen und unabhängigen palästinensischen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt entlang der Grenzen des 4. Juni 1967 und die Rückkehr der Geflüchteten und Vertriebenen in ihr Zuhause, aus dem sie vertrieben wurden, als eine Formel des nationalen Konsenses.
21. Die Hamas bekräftigt, dass die Osloer Abkommen und ihre Zusätze gegen die geltenden Regeln des Völkerrechts verstoßen, da sie Verbindlichkeiten schaffen, die die unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes verletzen. Daher lehnt die Bewegung diese Abkommen und alles, was sich aus ihnen ergibt, ab, so die Verpflichtungen, die den Interessen unseres Volkes widersprechen, insbesondere die Sicherheitskoordination (-kollaboration).
22. Die Hamas lehnt alle Abkommen, Initiativen und Siedlungsprojekte ab, die darauf abzielen, das palästinensische Anliegen und die Rechte unseres palästinensischen Volkes zu untergraben. In dieser Hinsicht darf keine Vorgehensweise, keine Initiative und kein politisches Programm diese Rechte in irgendeiner Weise verletzen oder ihnen zuwiderlaufen oder widersprechen.
23. Die Hamas betont, dass Übergriffe gegen die Palästinenser, die Aneignung ihres Landes und die Vertreibung aus ihrer Heimat nicht als Frieden bezeichnet werden können. Alle auf dieser Grundlage getroffenen Vereinbarungen werden nicht zum Frieden führen. Widerstand und Dschihad für die Befreiung Palästinas werden ein legitimes Recht, eine Pflicht und eine Ehre für alle Söhne und Töchter unseres Volkes und unserer Umma bleiben.
Widerstand und Befreiung:
24. Die Befreiung Palästinas ist die Pflicht des palästinensischen Volkes im Besonderen und die Pflicht der arabischen und islamischen Ummah im Allgemeinen. Sie ist auch eine humanitäre Verpflichtung, die sich aus dem Gebot der Wahrheit und Gerechtigkeit ergibt. Die Organisationen, die sich für Palästina einsetzen, seien es nationale, arabische, islamische oder humanitäre Organisationen, ergänzen einander und stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern harmonieren miteinander.
25. Der Widerstand gegen die Besatzung mit allen Mitteln und Methoden ist ein legitimes Recht, das durch die göttlichen Gesetze und durch internationale Normen und Gesetze garantiert wird. Im Mittelpunkt steht dabei der bewaffnete Widerstand, der als die strategische Wahl zum Schutz der Grundwerte und Rechte des palästinensischen Volkes angesehen wird.
26. Die Hamas lehnt jeden Versuch ab, den Widerstand und seine Bewaffnung zu unterminieren. Sie bekräftigt auch das Recht unseres Volkes, die Mittel und Verfahren des Widerstands zu entwickeln. Die Gestaltung des Widerstands bezüglich einer Eskalation oder Deeskalation oder bezüglich einer Diversifizierung der Mittel und Methoden ist ein integraler Bestandteil des Prozesses der Konfliktbewältigung und sollte nicht auf Kosten des prinzipiellen Widerstands gehen.
Das palästinensische politische System:
27. Ein wirklicher Staat Palästina ist ein Staat, der befreit wurde. Zu einem vollständig souveränen palästinensischen Staat auf dem gesamten nationalen palästinensischen Boden mit Jerusalem als Hauptstadt gibt es keine Alternative.
28. Die Hamas glaubt und hält daran fest, ihre palästinensischen Beziehungen auf der Grundlage von Pluralismus, Demokratie, nationaler Partnerschaft, Akzeptanz des Anderen und der Aufnahme des Dialogs zu gestalten. Ziel ist es, die Einheit der Reihen und das gemeinsame Handeln zu stärken, um nationale Anliegen zu verwirklichen und die Wünsche der Palästinenser zu erfüllen.
29. Die PLO ist ein nationaler Rahmen für das palästinensische Volk innerhalb und außerhalb Palästinas. Sie sollte daher auf demokratischer Grundlage erhalten, weiterentwickelt und wieder aufgebaut werden, um die Beteiligung aller Teile und Kräfte des palästinensischen Volkes in einer Weise zu gewährleisten, die die palästinensischen Rechte schützt.
30. Die Hamas unterstreicht die Notwendigkeit des Aufbaus palästinensischer nationaler Institutionen auf der Grundlage vernünftiger demokratischer Prinzipien, zu denen in erster Linie freie und faire Wahlen gehören. Dieser Prozess sollte auf der Grundlage einer nationalen Partnerschaft und im Einklang mit einem klaren Programm und einer klaren Strategie erfolgen, die die Rechte, einschließlich des Rechts auf Widerstand, einhalten und die Wünsche des palästinensischen Volkes erfüllen.
30. Die Hamas unterstreicht die Notwendigkeit des Aufbaus palästinensischer nationaler Institutionen auf der Grundlage bewährter demokratischer Prinzipien, zu denen in erster Linie freie und faire Wahlen gehören. Dieser Prozess sollte auf der Grundlage einer nationalen Partnerschaft und im Einklang mit einem klaren Programm und einer klaren Strategie erfolgen, die die Rechte, einschließlich des Rechts auf Widerstand, achten und die Wünsche des palästinensischen Volkes erfüllen.
31. Die Hamas bekräftigt, dass die Rolle der Palästinensischen Regierung darin bestehen sollte, dem palästinensischen Volk zu dienen und seine Sicherheit, seine Rechte und sein nationales Vorhaben zu schützen.
32. Die Hamas betont die Notwendigkeit, die Unabhängigkeit der palästinensischen nationalen Entscheidungsfindung zu wahren. Äußere Kräfte sollte nicht erlaubt werden, einzugreifen. Zugleich bekräftigt die Hamas die Verantwortung der Araber und Muslime und ihre Pflicht und Rolle bei der Befreiung Palästinas von der zionistischen Besatzung.
33. Die palästinensische Gesellschaft ist reich an namhaften Persönlichkeiten, Charakteren, Würdenträgern, Institutionen der Zivilgesellschaft sowie Jugend‑, Studierenden‑, Gewerkschafts‐ und Frauengruppen, die sich gemeinsam für die Verwirklichung nationaler Anliegen und den Aufbau der Gesellschaft einsetzen, Widerstand leisten und Befreiung erlangen.
34. Die Rolle der palästinensischen Frauen ist im Aufbau der Gegenwart und der Zukunft von grundlegender Bedeutung, so wie sie es schon immer im Gestaltungsprozess der palästinensischen Geschichte war. Es ist eine zentrale Rolle im Projekt des Widerstands, der Befreiung und des Aufbaus des politischen Systems.
Die arabische und islamische Ummah:
35. Die Hamas betrachtet die palästinensische Frage als zentrales Anliegen der arabischen und islamischen Umma.
36. Die Hamas glaubt an die Einheit der Ummah mit all ihren diversen Konstituenten und ist sich der Notwendigkeit bewusst, alles zu vermeiden, was die Ummah spalten und ihre Einheit untergraben könnte.
37. Die Hamas glaubt an die Zusammenarbeit mit allen Staaten, die die Rechte des palästinensischen Volkes unterstützen. Sie lehnt eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines jeden Landes ab. Sie lehnt es auch ab, in Streitigkeiten und Konflikte zwischen verschiedenen Ländern hineingezogen zu werden. Die Hamas verfolgt eine Politik der Öffnung gegenüber den verschiedenen Staaten der Welt, insbesondere gegenüber den arabischen und islamischen Staaten. Sie bemüht sich um ausgewogene Beziehungen auf der Grundlage einer Kombination aus den Erfordernissen der palästinensischen Sache und den Interessen des palästinensischen Volkes einerseits und den Interessen der Umma, ihrer Erneuerung und ihrer Sicherheit andererseits.
Der humanitäre und internationale Aspekt:
38. Die palästinensische Frage ist eine Frage erheblicher humanitärer und internationaler Dimensionen. Die Unterstützung und Förderung dieses Anliegens ist eine humanitäre und zivilisatorische Aufgabe, die aus den Grundanforderungen der Wahrheit, Gerechtigkeit und gemeinsamer humanitärer Werte folgt.
39. Aus rechtlicher und humanitärer Sicht ist die Befreiung Palästinas eine legitime Aktivität, sie ist ein Akt der Selbstverteidigung und der Ausdruck des natürlichen Rechts aller Völker auf Selbstbestimmung.
40. In ihren Beziehungen zu den Nationen und Völkern der Welt glaubt die Hamas an die Werte der Zusammenarbeit, der Gerechtigkeit, der Freiheit und der Achtung des Willens des Volkes.
41. Die Hamas begrüßt die Haltung von Staaten, Organisationen und Institutionen, die die Rechte des palästinensischen Volkes unterstützen. Sie grüßt die freien Völker der Welt, die die palästinensische Sache unterstützen. Zugleich verurteilt sie die Unterstützung, die der zionistischen Entität gewährt wird oder die Versuche, deren Verbrechen und Aggression gegen die Palästinenser zu vertuschen, und fordert die Strafverfolgung der zionistischen Kriegsverbrecher.
42. Die Hamas lehnt die Versuche ab, der arabischen und islamischen Umma eine Hegemonie aufzuerlegen, so wie sie auch Versuche, den übrigen Nationen und Völkern der Welt eine Hegemonie aufzuerlegen, ablehnt. Die Hamas verurteilt ebenso alle Formen von Kolonialismus, Besatzung, Diskriminierung, Unterdrückung und Aggression in der Welt.
Mai 2017
Die englische Fassung, von der ins Deutsche übersetzt wurde, stammt aus der Jewish Virtual Library (Jüdische Virtuelle Bibliothek), die von der American‐Israeli Cooperative Enterprise (AICE) betrieben wird, einer gemeinnützigen Organisation, die laut eigenen Angaben (gesehen 4.11.2023) der Stärkung der US‐amerikanisch/isrealischen Beziehungen dienen soll. Als Quelle der englischen Fassung der Grundsatzerklärung der Hamas gibt die Jewish Virtual Library eine Internetadresse bei der Hausdomain der Hamas an, die zur Zeit nicht erreichbar ist. Soweit wir herausfinden konnten, entspricht die Fassung in der Jewish Virtual Library wortgetreu und ungekürzt der von der Hamas selbst veröffentlichten englischen Fassung.
Zur Einschätzung der Grundsatzerklärung vor dem Hintergrund der Hamas‐Gründungscharta von 1988 siehe zum Beispiel Ali Abunimah: »What’s behind Hamas’ new charter?« (Electronic Intifada 2.5.2017). Eine ausführlichere Analyse zu politisch‐religiösen Haltungen in der Hamas, auf deren Basis die Grundsatzerklärung von 2017 entstand, geschrieben von einem jüdischen und einem muslimischen Autor, erschien 2009 beim US Institute of Peace: Paul Scham, Osama Abu‐Irshaid: »Hamas: Ideological Rigidity and Political Flexibility«. Zur allgemeinen Problematik gibt es bei der Kommunistischen Organisation einen Beitrag von Noel Bamen, der wissenswerte Details enthält: Weder Verrat noch Utopismus, sondern nationale Befreiung! Zur Debatte um die Ein‐ und Zweistaatenlösung für Palästina. Zudem sei auf Wilhelm Langthalers Analyse »In bedrängter Lage zwischen Nationalcharta und Pragmatismus: das politische Dokument der Hamas von 2017″ verwiesen.
Bild: Islamische Universität in Gaza, Verwaltungsgebäude 2021, Quelle Belal2795 | Wikimedia.