Kei­nen Euro für den Krieg

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Die Welt ist in einem erbärm­li­chen Zustand. Aber es gibt kei­nen Weg zurück in ver­meint­lich gute alte Zei­ten. Die Mensch­heit ist ver­ur­teilt, nach vor­ne zu gehen. Die­ser Weg führt nicht über die Wer­te­ori­en­tie­rung son­dern über das Erken­nen der eige­nen Inter­es­sen und ent­schie­de­nes Ein­tre­ten für diese.

Wirk­lich­keit als Ausgangspunkt

Wenn die Lebens­grund­la­gen auf dem Treib­sand der Ver­än­de­rung zusam­men­zu­bre­chen dro­hen, ver­stärkt sich die Suche nach gesi­cher­ten Fun­da­men­ten für die Gestal­tung der Zukunft. Dabei suchen vie­le nach Lösun­gen bei Den­kern und Phi­lo­so­phen ver­gan­ge­ner Zei­ten. Wie­der ande­re neh­men Anlei­hen bei Reli­gio­nen, Sek­ten, den Glau­bens­wel­ten ande­rer Kul­tu­ren oder der Eso­te­rik, was gera­de mal eben Kon­junk­tur hat.

Die meis­ten Men­schen jedoch suchen in unsi­che­ren Zei­ten Halt in Ent­wür­fen für die Zukunft. Sie schaf­fen Model­le über eine zukünf­ti­ge, eine erstre­bens­wer­te Welt, die sich deckt mit den eige­nen Idea­len und Wer­ten. Sol­che Den­ker wer­den oft als Visio­nä­re bezeich­net. Aber ihre Visio­nen hal­ten meis­tens nicht lan­ge und wer­den oft sehr schnell ersetzt durch neue Visio­nen neu­er Visionäre.

All die­sen Ansät­zen ist gemein­sam die Ver­wei­ge­rung der Aus­ein­an­der­set­zung mit der Gegen­wart. Ana­ly­se und Ver­ste­hen der Gegen­wart wird ersetzt durch die Schaf­fung von Gegen­wel­ten. Welt­bil­der, ent­nom­men aus der Ver­gan­gen­heit oder Zukunft, wer­den als Ersatz ange­bo­ten für die unbe­frie­di­gen­de aktu­el­le Welt.

Aber gera­de die Gegen­wart ist der Zustand, wo die Ver­gan­gen­heit Zukunft wer­den will. In ihr wer­den die Erfah­run­gen der Ver­gan­gen­heit umge­wan­delt in die Mög­lich­kei­ten der Zukunft. Nur in der Gegen­wart herrscht die Wirk­lich­keit, das heißt die Sum­me all jener Kräf­te, die in einer Situa­ti­on wir­ken und die­se bestim­men. Des­halb ist auch nur die Gegen­wart gestalt­ba­re Wirklichkeit.

Natür­lich ist es sinn­voll, sich über die Ent­wick­lung der Welt und unse­res Lebens Gedan­ken zu machen. Aber es macht nur Sinn, zu erken­nen zu ver­su­chen, wie die Welt tat­säch­lich ist. Denn im Erken­nen der Wirk­lich­keit liegt auch schon die Ant­wort dar­auf, wie die Welt im Begrif­fe ist, anders wer­den zu wol­len. Wohin will die Mensch­heit und wel­che Stre­cke wur­de auf die­sem Weg bereits zurück­ge­legt? Was ist der Zug in die­ser Ent­wick­lung und wor­auf deu­tet er hin?

Wirk­lich­keit und Wahrheit

Dabei ist das Erken­nen der Wirk­lich­keit der schwie­rigs­te Teil der Übung. Denn der Mensch betrach­tet die Welt nicht vor­ur­teils­frei, son­dern durch die Bril­le sei­nes Welt­bil­des. Das ist nor­mal. Aber die Fra­ge ist, ob man das eige­ne Welt­bild in Fra­ge stellt, wenn es nicht zur Welt passt oder wer­den Wider­sprü­che zurecht­ge­bo­gen nach dem Mot­to: Es kann nicht sein, was nicht sein darf?

Bis zu Koper­ni­kus und Gali­lei galt die Erde den Men­schen als Schei­be und als Mit­tel­punkt des Uni­ver­sums, um den sich alle ande­ren Him­mels­kör­per zu dre­hen schie­nen. Und da über die Jahr­hun­der­te sich die­ses Welt­bild als rich­tig erwie­sen zu haben schien, waren Zwei­fel nicht ange­bracht. Ähn­li­ches galt auch für die Theo­rie des frü­he­ren US-Noten­bank­chefs Alain Green­span, dass mit der Geld­po­li­tik die Kri­sen­haf­tig­keit des Kapi­ta­lis­mus über­wun­den wor­den sei.

Aber die Ent­wick­lung des Men­schen schrei­tet vor­an und bringt zum Ein­sturz, was als uner­schüt­ter­li­che Wahr­heit galt. Heu­te weiß jeder, dass die Erde kei­ne Schei­be ist und auch nicht der Mit­tel­punkt des Uni­ver­sums. Und auch Green­spans fro­he Bot­schaft von der heil­sa­men Wir­kung der Geld­po­li­tik hat sich her­aus­ge­stellt als das, was sie war: (Selbst)Täuschung. Die Wirk­lich­keit hat all die­se uner­schüt­ter­li­chen Wahr­hei­ten in einen Scher­ben­hau­fen verwandelt.

Wirk­lich­keit ist nicht gleich Wahr­heit, aber die Wahr­heit will Wirk­lich­keit wer­den. In der Aus­ein­an­der­set­zung um den Irak­krieg hat­ten sich in der Welt die Kräf­te durch­ge­setzt, die unter Ver­wen­dung von Halb­wahr­hei­ten und Lügen auf den Krieg hin­ar­bei­te­ten. In die­ser Situa­ti­on waren Lüge und Täu­schung die Wirk­lich­keit, nicht die Wahrheit.

Der Kapi­ta­lis­mus ist die wirt­schaft­li­che Grund­la­ge der meis­ten Gesell­schafts­sys­te­me auf unse­rem Pla­ne­ten. Das ist die Wirk­lich­keit, in der die Mehr­heit der Men­schen lebt. Die Wahr­heit aber ist, dass er mit all sei­nem Reich­tum immer weni­ger in der Lage ist, den Bedürf­nis­sen der Mensch­heit gerecht zu wer­den. Das bezieht sich nicht nur auf die mate­ri­el­len Lebensgrundlagen.

Er ist auch immer weni­ger in der Lage, dem schöp­fe­ri­schen Poten­ti­al der Men­schen, ihrer Genia­li­tät Raum zu geben. Er bie­tet ihnen immer weni­ger Aus­blick in eine Welt, in der gera­de die­se mensch­li­che Schaf­fens­kraft der gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lung neu­en Schub geben und neue Kräf­te frei­set­zen könn­te. Es bedarf der genau­en Beob­ach­tung, sach­li­cher Ana­ly­se und der ehr­li­chen Deu­tung der Vor­gän­ge in der Welt, um die Fra­ge zu beant­wor­ten: »Wohin wol­len sich die Men­schen und ihre Gesell­schaf­ten entwickeln?«

Ja, es geht um die Men­schen­rech­te. Das ist die Wahr­heit, die Wirk­lich­keit wer­den will. Aber für die einen bedeu­ten sie das Recht auf gesi­cher­te Lebens­grund­la­gen und Auf­bau eines beschei­de­nen Wohl­stands nach den eige­nen wirt­schaft­li­chen und gesell­schaft­li­chen Vor­stel­lun­gen. Für die ande­ren, die Wer­temis­sio­na­re, geht es dar­um, die eige­nen Idea­le dem Rest der Welt als Richt­schnur aufzuzwingen.

Bei solch einem Vor­ge­hen haben die­se Wer­te nichts Befrei­en­des, denn sie schlie­ßen aus, wer sich ihnen nicht unter­wirft. Die west­li­chen Wer­te sind ein Mit­tel der Aus­gren­zung. Sie sind die Grund­la­ge für die Anma­ßung, sich mora­lisch über ande­re zu erhe­ben und die eige­nen Bedürf­nis­se über den Rest der Mensch­heit zu stel­len. Die­se Hal­tung rich­tet sich nicht nur gegen ande­re Staa­ten son­dern auch gegen Anders­den­ken­de in der eige­nen Gesell­schaft. Das ist die Wirklichkeit.

Hoff­nungs­trä­ger

Gera­de die Ent­wick­lung der Grü­nen und manch ande­rer ehe­ma­li­ger Frie­dens­tau­ben hin zu den hef­tigs­ten Befür­wor­tern von Waf­fen­lie­fe­run­gen, zeigt die Frag­wür­dig­keit von Wer­te­ori­en­tie­rung. Wer­te sind für vie­le weni­ger Richt­schnur für eige­nes Han­delns son­dern in viel stär­ke­rem Maße Grund­la­ge ihres Selbst­ver­ständ­nis­ses von der eige­nen mora­li­schen und intel­lek­tu­el­len Überlegenheit.

Doch trotz die­ser ein­ge­bil­de­ten Über­le­gen­heit erken­nen jene aber nicht, dass auch Wer­te dem Wan­del unter­lie­gen. Im Feu­da­lis­mus, der Vor­gän­ger­ge­sell­schaft des bür­ger­lich-kapi­ta­lis­ti­schen Sys­tems, waren ande­re Wer­te erstre­bens­wert als die heu­ti­gen – bei­spiels­wei­se die Gott­ge­fäl­lig­keit. Wer sich selbst­ge­fäl­lig über das dama­li­ge Den­ken erhebt, über­sieht, dass er jene Wer­te von heu­ti­gem Bewusst­sein aus beur­teilt und dass dazwi­schen Jahr­hun­der­te geis­ti­ger Ent­wick­lung lie­gen. Viel­leicht schüt­teln spä­te­re Gene­ra­tio­nen den Kopf über die Ver­blen­dung der heu­ti­gen Werteorientierten.

Wer aber die Zei­chen der Zeit nicht erkennt, taugt nicht als Hoff­nungs­trä­ger. Und die heu­ti­ge Welt hat sie bit­ter nötig. Die Hoff­nungs­trä­ger einer neu­en Zeit ist jene gesell­schaft­li­che Grup­pe, die in den öffent­li­chen Dis­kus­sio­nen heu­te kaum noch in Erschei­nung tritt weder als The­ma noch als Ver­tre­ter. Das sind jene Men­schen, die sich abge­wen­det haben von den Selbst­dar­stel­lern und der all­ge­gen­wär­ti­gen Recht­ha­be­rei und Bes­ser­wis­se­rei im Meinungstohuwabohu.

Das sind jene Men­schen, die durch ihre all­täg­li­che, zuver­läs­si­ge und unauf­fäl­li­ge Arbeit dafür sor­gen, dass die Gesell­schaft funk­tio­niert. Jene Men­schen, die ohne zän­ki­sche Dis­kus­sio­nen, aber durch selbst­ver­ständ­li­ches Han­deln dafür sor­gen, dass Bus­se und Züge fah­ren, Häu­ser gebaut, Kran­ke geheilt, Abfluss­roh­re frei­ge­macht wer­den und Bröt­chen pünkt­lich in der Aus­la­ge liegen.

Jene Men­schen wur­den in frü­he­ren Zei­ten als das Pro­le­ta­ri­at bezeich­net. Sie ver­stan­den sich als eige­ne Klas­se, die sich ihrer gesell­schaft­li­chen Bedeu­tung und Macht bewusst ist. Ihre Kraft kam aus ihrem poli­ti­schen Bewusst­sein. Die­ses Klas­sen­be­wusst­sein beruh­te auf Bil­dung und dem Wis­sen über den Lauf gesell­schaft­li­cher Ent­wick­lung. Zur Ver­fol­gung sei­ner Inter­es­sen hat­te sich das Pro­le­ta­ri­at eige­ne Orga­ni­sa­tio­nen geschaf­fen. Beson­ders die kom­mu­nis­ti­schen Par­tei­en gaben Ori­en­tie­rung über die eige­ne Klas­se hin­aus. Die­se Fähig­keit haben sie mitt­ler­wei­le verloren.

Das Pro­le­ta­ri­at exis­tiert zwar immer noch, gleicht aber nicht mehr jenen ver­elen­de­ten Malo­chern, die in den Zei­ten von Marx und Engels zu Tau­sen­den die Fabrik­hal­len des frü­hen Kapi­ta­lis­mus bevöl­ker­ten. Den­noch ist die Lohn­ab­hän­gig­keit als das wesent­li­che Merk­mal des Pro­le­ta­ri­ats bei den meis­ten Men­schen nicht über­wun­den. Welt­weit sind es eher mehr geworden.

Das Pro­le­ta­ri­at hat eine prak­ti­sche Sicht auf die Welt. Die­se ist geprägt durch Boden­stän­dig­keit, durch den Mate­ria­lis­mus der Pro­duk­ti­on, die sein Leben bestimmt. Im Takt der Pro­duk­ti­ons­ab­läu­fe, unter dem Druck der Pro­duk­ti­vi­täts­stei­ge­rung und der Ren­di­te ist kein Platz für intel­lek­tu­el­le Selbst­dar­stel­lung und Traum­tän­ze­rei. Mate­ria­lis­ti­sche Welt­sicht macht den Blick frei auf die Wirklichkeit.

Inter­es­sen statt Werte

Auch wenn die Men­schen beson­ders im Wes­ten sich nicht mehr als Pro­le­ta­ri­er ver­ste­hen, decken sich ihre Inter­es­sen immer weni­ger mit jenen, die die bür­ger­li­chen Par­tei­en ver­tre­ten. Sie und die Medi­en schü­ren Kon­flik­te, die das Über­le­ben der Mensch­heit gefähr­den. In sei­nem Vor­macht­stre­ben hat der Wes­ten den Nahen Osten zer­trüm­mert, sei­ne NATO sich an die rus­si­schen Gren­zen her­an­ge­robbt und will nun auch noch Chi­na bekämpfen.

Das sind aber nicht die Inter­es­sen der ein­fa­chen Men­schen. Die­se Inter­es­sen gilt es zu benen­nen, und die­ser Fin­dungs­pro­zess scheint gera­de im Gan­ge zu sein. Der Pro­zess ist schwie­rig und vol­ler Irr­we­ge, denn die freie Sicht wird behin­dert durch die Nebel der Wer­te­ori­en­tie­rung. Sie ver­stellt den kla­ren Blick, stößt aber ande­rer­seits auch zuneh­mend an ihre Grenzen.

Gera­de der Krieg in der Ukrai­ne zeigt die Lau­nen­haf­tig­keit der Wer­te. Von einem Tag auf den ande­ren war nicht nur die Zei­ten­wen­de aus­ge­ru­fen, gleich­zei­tig wur­den auch die Wer­te neu gedeu­tet. Wer gegen den Krieg ist, ist nun rechts, was frü­her gera­de für Kriegs­be­für­wor­ter galt. Und immer mehr Waf­fen brin­gen uns dem Frie­den näher, sagen heu­te jene, die vor kur­zem noch gegen Waf­fen­lie­fe­run­gen waren. Die Wer­te sind ent­wer­tet, weil ihre Aus­le­gung belie­big gewor­den ist.

Was bleibt als kla­re Ori­en­tie­rung? Die Inter­es­sen! Sie sind nicht so leicht umzu­deu­ten. Sie sind nicht immer leicht zu erken­nen. Aber wenn sie erkannt sind, ist es schwer, sie zu igno­rie­ren. Die Wer­te­ori­en­tier­ten rufen: Frie­den! Frie­den! Frie­den! Aber die einen wol­len den Frie­den errei­chen durch Ver­hand­lun­gen, die ande­ren durch mehr Waf­fen. Bei­de sehen sich als Ver­tre­ter von Wer­ten, und bei­den zusam­men ste­hen den Inter­es­sen gegenüber.

Das Inter­es­se der klei­nen Leu­te im heu­ti­gen Kon­flikt lässt sich auf einen ein­fa­chen Nen­ner brin­gen: »Kei­nen Euro für den Krieg!« Wir brau­chen das Geld zur Lin­de­rung der Not im eige­nen Land, zur Unter­stüt­zung der Men­schen gegen die immer uner­träg­li­che­ren Preis­stei­gun­gen von Lebens­mit­teln und Ener­gie. Zur Unter­stüt­zung der Tafeln! Zur För­de­rung des Woh­nungs­baus! Zur Ver­bes­se­rung der Gesund­heits­ver­sor­gung und des Bil­dungs­sys­tems. Über­all herrscht Man­gel. Nur für den Krieg ist Geld im Über­fluss vorhanden.

Wenn die neue Frie­dens­be­we­gung um Wagen­knecht und Schwar­zer Erfolg haben will, muss sie sich lösen von der Wer­te­ori­en­tie­rung. Damit erreicht sie zwar die­je­ni­gen, die selbst wer­te­ori­en­tiert sind, aber nicht jene gro­ße Mehr­heit der Bevöl­ke­rung. Denn die­se rich­tet sich nach wie vor an ihren Inter­es­sen aus. Ohne die­se gro­ße Mehr­heit wird es aber nicht gehen. Wer für den Frie­den ist, darf sich nicht dar­auf beschrän­ken, nach Frie­den zu rufen, son­dern muss for­dern: »Kei­nen Euro für den Krieg!« Denn letzt­lich ist es egal, wes­halb er endet, ob aus Man­gel an Waf­fen oder aus Man­gel an Geld. Die Haupt­sa­che ist, er endet.

Ansät­ze

So wie das Pro­le­ta­ri­at sich sei­ner­zeit sei­ne Orga­ni­sa­tio­nen schaf­fen muss­te zur Durch­set­zung sei­ner Inter­es­sen, so wer­den auch die ein­fa­chen Men­schen in Zei­ten wie die­sen nicht umhin kom­men, sich neue Orga­ni­sa­tio­nen zu schaf­fen zum Schutz ihrer Inter­es­sen. Das ist die Lek­ti­on, die es in der Zukunft zu ler­nen gilt: Die eige­nen Inter­es­sen erken­nen und sich für die­se Inter­es­sen organisieren.

Ansät­ze dazu sind in Frank­reich zu erken­nen, wo sich der Kon­flikt zwi­schen der Regie­rung und gro­ßen Tei­len der Bevöl­ke­rung um die Anhe­bung des Ren­ten­ein­tritts­al­ters immer mehr ver­schärft. Da geht es um Inter­es­sen, nicht um Wer­te, und die Men­schen sind sich dar­über im Kla­ren. Das Bewusst­sein über die eige­nen Inter­es­sen ent­wi­ckelt die nöti­ge Ent­schlos­sen­heit und Kampfkraft.

Ähn­li­ches ent­wi­ckelt sich auch in den Nie­der­lan­den, wo die Bau­ern-Bür­ger-Bewe­gung (BBB) gegen eine Kli­ma­po­li­tik der eige­nen Regie­rung zu Fel­de zieht, die die Lebens­grund­la­gen der meis­ten bäu­er­li­chen Betrie­be bedroht. Offen­sicht­lich ist es die­ser Bewe­gung inner­halb kür­zes­ter Zeit gelun­gen, nicht nur die eige­nen Inter­es­sen zu bedie­nen son­dern dar­über hin­aus wei­te­re Tei­le der Bevöl­ke­rung zu erreichen.

Bei den Pro­vinz­wah­len am 15. März 2023 wur­den die Bau­ern-Bür­ger-Bewe­gung in neun der zwölf Pro­vin­zen stärks­te poli­ti­sche Kraft und deklas­sier­te die bis­he­ri­gen Par­tei­en auf den Rang von Split­ter­grup­pen. Es war ein Erd­rutsch, wie selbst die Ver­tre­ter der eta­blier­ten Par­tei­en zuge­ben muss­ten. Die BBB setz­te sich gera­de nicht für Wer­te ein, die die Par­tei in Freun­de und Fein­de der Ukrai­ne gespal­tet hät­te, in Anhän­ger und Geg­ner Putins oder ähn­li­che Fra­gen, die für das Leben der Men­schen nur eine unter­ge­ord­ne­te Bedeu­tung haben.

Sie lie­ßen sich auch nicht durch die Links-Rechts-Pro­pa­gan­da jener Kräf­te spal­ten, gegen die sie sich im Kampf befin­den für ihre eige­nen Inter­es­sen. Für sie stand der Kampf gegen die umwelt­po­li­ti­schen Plä­ne der Regie­rung im Vor­der­grund. Wie die Mit­strei­ter zu ande­ren poli­ti­schen The­men ste­hen, spielt für die Bewe­gung eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le. Ent­schei­dend ist, wie sie zu den Plä­nen ste­hen, die ihre Lebens­grund­la­gen bedro­hen, und wel­chen Ein­satz sie dafür zu leis­ten bereit sind. Fol­ge­rich­tig hat die BBB Koali­tio­nen zur Regie­rungs­bil­dung in den Pro­vin­zen mit jenen poli­ti­schen Kräf­ten aus­ge­schlos­sen, die die umwelt­po­li­ti­schen Plä­ne der Regie­rung unter­stüt­zen. Das ist inter­es­sen­ori­en­tier­te Politik.

Die Pro­ble­me in Deutsch­land sind von denen der Hol­län­der nicht so ver­schie­den und nicht min­der bedroh­lich. Aber es gibt noch kei­ne Bewe­gung, die The­men auf­greift wie bei­spiels­wei­se die Fol­gen der ener­ge­ti­schen Gebäu­de­sa­nie­rung, die in der Brüs­se­ler Vor­la­ge für Mil­lio­nen die Gefahr des Ruins oder der Obdach­lo­sig­keit in sich trägt. Im Vor­der­grund der öffent­li­chen Debat­te in Deutsch­land steht der Ukrai­ne-Krieg. Auch in die­ser Fra­ge dient die deut­sche Poli­tik nicht den Inter­es­sen der deut­schen Bevöl­ke­rung. Deren Inter­es­se ent­spricht der For­de­rung: »Kei­nen Euro für den Krieg«.

Rüdi­ger Rauls ist Autor und betreibt den Blog Poli­ti­sche Analyse

Bild: Pix­a­bay

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