Die Sprache der Herrschaft – und der Ohnmacht Lektion 3: »Das kann man nicht vergleichen«

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MagMa legt hiermit die seit 2012 als Video vorliegenden und basierend auf Überlegungen von Anfang der 90er Jahre entstanden Lektionen zur »Sprache der Herrschaft und der Ohnmacht« von malcom.z vor. Nicht alle ursprünglich als Videopodcast verfassten Lektionen eignen sich zur schriftlichen Veröffentlichung. Daher die Lücken in der Nummerierung. Viele Lektionen verweisen auf andere und zum besseren Verständnis der Thesen empfiehlt es sich die Lektionen nicht isoliert zu betrachten.

Lektion 18: Einfahrt frei! Der tagtägliche Arisierungs- Ghetto-Terror

Lektion 19: Indirekte Behauptungen und Beweise

Lektion 20: Die Weiber werden gefickt, die Kerle kriegen die Eier abgeschnitten

Lektion 21: RECHT: DAS Recht, (DIE) Rechte /​EIN Recht /​MEINE Rechte /​MEIN Recht, recht – rechts

Lektion 22: »Rassentheorie« und »Totalitarismustheorie«

Lektion 23: Natürlicher Tod – Freitod – Selbstmord – Schuldeingeständnis

Lektion 24 – 1: Der Stählerne – als Antichrist

Lektion 24 – 2: Der Stählerne – von Trotzki über Goebbels und Wlassow zu Chruschtschow

Lektion 24 – 3: Der Stählerne – Katyn

Lektion 25: Der sogenannte Stalinismus

Lektion 26: Der sogenannte Populismus und/​oder Rechtspopulismus

Lektion 28: AusländerhaSS

Lektion 29: Verschwörungstheorie

Lektion 30: Lügenpresse halt die Fresse

Lektion 31: Politischer Analphabetismus

Lektion 32: Ostdeutschland (Ostwörter I)

Lektion 33: Die Ostdeutschen (Ostwörter II)

Lektion 35: Ostalgie (Ostwörter IV)

Lektion 36: Ostmusik und Ostrock (Ostwörter V)

Lektion 3: Das kann man nicht vergleichen (Einführung in das Thema Falschsprech)

Ein weiteres Einführungsbeispiel sei gegeben mit: »Das kann man nicht vergleichen«.

Ebenfalls ein harmlos daherkommender Satz, wie ja auch »ehemalige DDR« harmlos daherkommt, der übrigens nach unserer Kenntnis ebenfalls den 1990ern durchgesetzt wurde, insbesondere in als Unterhaltungssendungen getarnte TV-​Polit-​Propganda. Auch hier haben die Systembüttel die Lektionen bestens gelernt, die Joseph Goebbels ihnen gepredigt hat; die Veröffentlichung seiner Tagebücher in den 1980ern in der Brd hat in den 1990ern wahrlich reichlich Früchte getragen: Propaganda läßt sich oftmals viel wirkungsvoller, effektiver, tiefergehend ins Volk hineinmanipulieren, wenn sie als solche nicht deklariert und nicht zu erkennen ist, wenn sie nicht als Propaganda etikettiert ist, sondern als Unterhaltung. Wie die Durchhalteparolen im Zweiten Weltkrieg unter anderem in Abenteuer- und Historienschinken wie Kolberg und Wasser für Kanitoga daherkamen. Das ist ein wesentlicher Unterschied zur Deutschen Demokratischen Republik, in der man die Propaganda regelmäßig als solche auswies und sie auch so benannte. Ein Unterschied, der selbstverständlich in keinem brd-​staatlich subventionierten sogenannten Diktaturen-​Vergleich vorkommen darf. Goebbels’ Tagebücher wurden also gerade rechtzeitig zum Anschluß der DDR veröffentlicht. Das kann man auch für Zufall halten. Wenn man blöd genug dazu ist.

Vor allem in »Talkshows« genannten TV-​Laberschauen wurde der Satz »Das kann man nicht vergleichen« ausgeteilt und zum Quasi-​Allgemeingut. Millionenfach nachgeplappert bis an die Kneipentische, in Wohnzimmer-​TV-​Sesseln und ‑Couches, in den Kantinen, vor Imbißbuden wie in Redaktionssitzungen.

Dieser Satz ist falsch. Grundsätzlich. Egal ob man ihn unter erkenntnistheoretischem Aspekt betrachtet oder hinsichtlich seiner Alltagstauglichkeit: Man kann – PRINZIPIELL – alles und jedes vergleichen. Das Ähnliche wie das Unähnliche. Allerdings: Das Vergleichen ist eine Grundtechnik der Erkenntnis. Wir zeigen hier: Es geht objektiv tatsächlich nicht darum, ob man etwas vergleichen kann oder nicht, man kann prinzipiell alles vergleichen, sondern ob man es soll und was man, wenn man es tut, daraus lernen kann. Und daß das Volk dumm gehalten werden soll auch mittels dieses Satzes, was im übrigen hervorragend funktioniert.

Wie mit der Fähigkeit zum Spracherwerb werden wir Menschen offenbar mit der Fähigkeit zum Vergleichen geboren. Eine Fähigkeit, die die höheren Arten über Jahrmillionen mit der Entwicklung ihres Gehirns phylogenetisch erworben haben und die offenbar sowohl eine Grundlage des Überlebens der Art und der Individuen in Natur und Gesellschaft ist, aber wohl auch der Herrschaft des Menschen über den Menschen. Wenige Monate nach der Geburt jedenfalls beginnen wir Menschen deutlich sichtbar, alles und jedes miteinander zu vergleichen, soweit greifbar, erreichbar, sichtbar. Mit den uns dafür jeweils zu Gebote stehenden Möglichkeiten, mit den Augen, mit den Händen, mit dem Mund. Und wir lernen und lernen und lernen daraus. Eben aus den Vergleichen, ohne daß in dieser frühen Zeit irgend welche Vorgaben gelten würden, was man vergleichen könne – oder dürfe – und was nicht.

Alles wird angefaßt, in den Mund genommen, das eine ist weich, das andere hart, das eine schmeckt so, das andere anders. So lernt der Mensch, so beginnt er, durch das – freie, offene, unreglementierte – Vergleichen.

Womit wir schon recht nah dran sind am Sinn des hier in Rede stehenden Satzes: Indem man Vergleich unterbindet, verhindert man Erkenntnis. Umgekehrt: Will man Erkenntnis und Wissen verhindern, muß man nur das Vergleichen – gezielt und selektiv – unterdrücken.

Nun tut sich der aktuellen Herrschaft ein Problem auf, das allerdings nur ein kleines für sie ist. Je reicher die Herrschaft, desto kleiner. Altväterlich-»autoritär« würde man Wissen verbieten, wie man es früher unter dem Kaiser getan hat. Und mit dem Index der katholischen Kirche, mit der staatsoffiziellen Zensur der Feudalstaaten und späteren kapitalistischen Präsidial- und Kanzlei-​Regime. Aus der jüngeren deutschen Geschichte sind die Verbote und Eingriffe in kommunistische Kunstwerke wie Kuhle Wampe Ende der 1920er bekannt, das Totalverbot unter den beiden As – Adolf und Adenauer – solcher Bücher wie Mephisto von Klaus Mann, in der Brd in den 1950ern bis in die 1980er hinein. Der Leser bemerke bitte, daß den aktuell geltenden Gleichschaltungs-​Propagandaregeln zufolge das 5. SED-​Plenum und die verbotenen DDR-​Filme und anderes aus der DDR als Verbotsbeispiele hätten erwähnt werden müssen. Wenn das Prinzip Verbot konkretisiert wird, liefern seit 1990 meistens die DDR, weniger oft die Sowjetunion, die ČSSR , die Volksrepublik Polen und die Hitler-​Diktatur die Beispiele. Als wäre in der Brd nicht immer genügend und mehr verboten und verfolgt gewesen, letztlich immer mehr als je in der DDR, nämlich Vernunft und Menschlichkeit, aber auch die Wahrheit über die DDR, die Brd, den Sozialismus/​Kommunismus, die Wahrheit über die Nazi- und die Jesus-​Diktatur usw. Die Verbote der Brd und Lügen über die Brd sind so selbstverständlich und werden so selbstverständlich nachgeplappert, daß sie nicht als Verbote wahrgenommen werden (können): Wir DDR-​Bürger durften den Brd-​Botschafter in der DDR-​Hauptstadt Berlin immer Botschafter nennen wie den DDR-​Botschafter in Bonn. Die Westler durften es nicht. Ihr Nicht-​Dürfen haben sie immer als ihre Freiheit gesehen. Das Verbot durfte nie medienöffentlich als Verbot reflektiert werden. Unsere Freiheit nie als Freiheit.

Der Unterschied zwischen Nazi-​Staaten und der DDR war beziehungsweise ist u.a., daß in der DDR die verbotenen Filme noch gedreht wurden, während unter Goebbels-​Regie wie in der Brd die Verbote wesentlich grundsätzlicher praktiziert wurden, schon lange vor dem Dreh. Die Freiheit der Regisseure ging weder unter Goebbels noch in der Brd je soweit, daß viel Endprodukt hätte verboten werden müssen oder können. Mephisto ist ein schönes Beispiel, da der Film in der Brd nie gedreht wurde, mußte man ihn dort nach dem Drehen nicht verbieten. Konnte es allerdings auch nicht so richtig. Er wurde von einem ungarischen Regisseur, István Szabó, gedreht. Das Klaus-​Mann-​Buch wurde in der Brd erst gar nicht gedruckt, aber dennoch war es verboten. Das soll – wie so vieles andere – der Brd-​Volksgenosse gar nicht erst wissen, also kommt es in den sogenannnten Diktaturen-​Vergleichen auch nicht vor. Das heißt dann Pluralismus und Freiheit.

Die Brd ist gemäß der religiösen FDGO-​Glaubensbekenntnisse allerdings so frei, daß man schlecht offen verbieten kann zu vergleichen. Jedenfalls gemäß der tagtäglichen Propaganda der vergangenen Jahrzehnte. Ob ein spezielles Verbot von einer nennenswerten Öffentlichkeit heute noch für etwas Wesentliches gehalten würde, darf allerdings bezweifelt werden, aber wenigstens mag man das Wort »Verbot« nicht, bezogen auf die Brd. Das ist, wie schon erwähnt, nur ein klitzekleines Problem. Das ganz einfach zu beheben beziehungsweise zu umgehen ist:

Wenn man es als Herrschaft hinbekommt, den Untertanen einzureden, daß MAN das, was nicht sein soll, das man aber nicht verbieten will, gar nicht tun KANN, nämlich in diesem Fall vergleichen, dann muß man es nicht verbieten. So einfach ist das. Und genau das ist der Herrschaft gelungen und gelingt ihr bei Bedarf jeden Tag und jede Talkshow Laberschau neu:

Indem man dem Volk erfolgreich suggeriert, MAN KÖNNE etwas NICHT VERGLEICHEN, wird es nicht erst versucht, ohne daß man es je verbieten müßte. Und mit den Vergleichen werden dann auch Erkenntnis und Wissen erfolgreich verhindert. Dergleichen haben die böse, böse SED und DDR eben weder getan noch je gewollt. Im Gegenteil waren die DDR-​Bürger tagtäglich gesellschaftlich aufgefordert, sich Wissen anzueignen, insbesondere auch gesellschaftliches und politisches (warum?), durch ihre Schriftsteller, ihre Theater, durch die elektronischen Medien, die Volksbildung, durch Karl-​Eduard von Schnitzler, die SED und auch die Regierung usw.

Auch hier wollen und müssen wir noch einmal darauf aufmerksam machen, daß die Lüge nicht erst mit dem Aussagesatz beginnt. Sie beginnt hier schon mit dem Wort »vergleichen«, dem Verb, wie auch dem Substantiv »Vergleich«.

Das Wort »Vergleich« wird seit 1990 strapaziert insbesondere in Komposita wie »Diktaturen-​Vergleich« und ähnlichen. Innerhalb der sogenannten Diktaturen-​Vergleiche wird aber gar nicht oder kaum verglichen, sondern hauptsächlich analogisiert, also gleichgesetzt. Im Gerichtsunwesen wird das Wort »Vergleich»ebenfalls falsch angewendet. Das, was »gerichtlicher Vergleich« genannt wird, ist in der Regel Erpressung des Schwachen und Ehrlichen durch den Starken und Gemeinen mit oft heimtückischer anwaltlicher und richterlicher und also staatlicher Hilfe. Bestenfalls handelt es sich, insbesondere wenn etwa gleichstarke Kontrahenten streitend einander gegenüberstehen, um einen Kuhhandel. Nun kann beziehungsweise will man Kuhhandel und staatlich gewollte Erpressung in einer Prozeßordnung nicht als das benennen, was es ist und braucht also ein anderes Wort, und also heißt man Kuhandel und institutionalisierte Erpressung Vergleich, ebenso wie man das Vergleichen als Erkenntnismethode schlecht verbieten kann und also mit anderen Worten zum selben Ergebnis kommt oder sogar zu einem noch schlimmeren.

Ein Vergleich ist eben etwas anders, als das, was unendlich oft in der Brd-​Propaganda Vergleich genannt wird. Was ein Vergleich ist, hat der DDR-​Bürger vielleicht in der 5. Klasse im Mathematik-​Unterricht unter Margot Honecker noch gelernt: Man hat zwei – oder auch mehr – Vergleichsgegenstände. Im Mathe-​Unterricht zwei mathematische Ausdrücke, den einen auf der linken, den anderen auf der rechten Seite. Bei Bedarf formt man diese so um, daß es dadurch leichter oder überhaupt möglich wird, zu einem Urteil zu gelangen. Und am Ende des Vergleichsprozesses kommt man zu dem Urteil kleiner, größer, gleich.

Die arische Propaganda macht es genau umgekehrt: Die Brd-​Staats-​Nazis haben die Formel rot = braun vorausgesetzt, also die Propaganda-​Formel für Farben- und also Politik-​Blinde, die die Braun-​Schwarzen im Geiste Hitlers und Goebbels‹ schon ab 1945 eingeführt und am liebsten durch Kollaborateure und nützliche Idioten wie den Sozen Schumacher haben propagieren lassen, daß sie es nicht nur selbst dauernd und am lautesten tun mußten. Sie haben das »Vergleichs«-Ergebnis alsovorausgeschickt und damit ‑gesetzt, um dieses dann zu illustrieren. Der kleinste gemeinsame Nenner ist der selbe Nazi-​Antikommunismus, allerdings, wie die Mitscherlichs in Die Unfähigkeit zu Trauern offenlegten, unter Weglassung der festen Verbindung mit dem verbalen Antisemitismus. Hierzu wiederum siehe auch Klemperers Erklärung zum »jüdisch-​bolschewistischen« Feindbild der Original-​Nazis in der LTI! Bei denen waren es: Die jüdisch-​bolschwistischen Umtriebe, Verschwörungen, Hinterhältigkeiten und Gemeinheiten, die die Goebbels-​Propaganda posaunte, unter Adenauer dann nur noch die kommunistisch-​bolschewistischen, denn die Amis hatten ihre westdeutschen Kollaborateure angewiesen ihren Antisemitismus nicht mehr zu propagieren und offiziell abzuschwören. Kaum etwas anderes symbolisiert besser die zeitweise, partielle Unterwerfung der Deutsch-​Nazis unter die Oberhoheit des US-​Diktats als diese Tradierung mittels teilweiser Weglassung. Weshalb nicht zuletzt das Mitscherlich-​Buch, zwischen 1969 und 1989 eines der berühmtesten und wirkungsmächtigsten im deutschen Sprachraum, mit dem Anschluß der DDR innerhalb kürzester Zeit mindestens so vergessen gemacht wurde wie Marx, Heine, Brecht und die vielen anderen ab 1933. Und ab 1990 wieder.

Die serielle und systematische Falschverwendung des Terminus »vergleichen« führt im übrigen dazu, daß der Volksgenosse nicht mehr weiß, was vergleichen überhaupt ist und »vergleichen« gern mit »gleichsetzen« in eins setzt beziehungsweise verwechselt. Wie die Herrschaft es eben braucht und propagandistisch intendiert. Da ihm mit dem Terminus »Diktaturenvergleich« regelmäßig eben kein Vergleich verkauft wird, sondern Gleichsetzung beziehungsweise die Illustration von Gleichsetzung, denkt der Brd-​Volksgenosse, gleichsetzen sei vergleichen. So existiert zwar kein offiziell ausgegebenes Verbot, die Brd mit dem Hitler-​Reich zu vergleichen, da dies aber öffentlich prinzipiell nicht vorkommt und der Volksgenosse denkt, vergleichen sei gleichsetzen, und weiß, daß er die Brd nicht mit dem Hitlerreich gleichsetzen darf, obwohl auch das nicht verboten ist, bekommt er, insbesondere als in Lohn und Brot stehender Journalist oder Politnik oder Bildungsreferent oder … oder … geradezu Angstattacken, wenn dies in seiner Gegenwart auch nur ansatzweise versucht wird. Denn wenn er auch nicht weiß, was er nicht lernen darf, so spürt er doch, daß hier karriere- beziehungsweise existenzgefährdendes Wissen lauert. Er ist darauf trainiert, das Tabu zu erspüren und sich gleichzeitig vor der Reflektion zu schützen. Er ist beziehungsweise hat sich – und sie auch – dem jeweiligen Tabu total unterworfen, kann aber jederzeit beteuern, daß es in der DDR Tabus gegeben habe. Und je weiblicher, jünger, piepsiger, blonder, glattgesichtiger die als angebliche Nachrichten getarnte politische Propaganda daherkommt, desto dringender sind diese Politgebete weiblich. Daß Tabus zu jeder menschlichen Gesellschaft gehören, kann sie ebenso wenig denken wie er. Solange sie das Rädchen im Staatsgetriebe sind. Ein als Standard-​Beispiel für Volksverblödung prädestiniertes Beispiel, nämlich wie Falschsprech und Tabu Verblödung verursachen, hier mittels der falschen Verwendung des Wortes »Vergleich« und des Satzes: »Das kann man nicht vergleichen«.

Wir sehen also hier eine Propaganda-​Formel, die sowohl unter dem Aspekt der wissenschaftlichen Erkenntnis beziehungsweise Widerspiegelungstheorie wie des Alltagswissens immer falsch ist und die sowohl als Aussagesatz eine Lüge ist, als auch schon mit der Falschverwendung des Terminus »vergleichen«. Eine Propaganda-​Formel, die vom Volksgenossen i.d.R. nicht reflektiert, nicht durchschaut werden kann, und der er sich i.d.R. ohnmächtig unterwirft, was er dadurch anzeigt und praktiziert, daß er sie nachplappert und auch nachgeplappert am Kneipentisch akzeptiert. Der Volksgenosse sich also erfolgreich und sehr effektiv vom Vergleichen und also von Denken und Erkenntnis abbringen läßt. Das ist wesentlich wirkungsmächtiger als jede altväterliche Zensur im 19. oder beginnenden 20. Jahrhundert. Und als es die Versuche der SED- und DDR-​Führung je waren, der DDR-​Bevölkerung die Nazi-​Verlogenheit des Brd-​Regimes klarzumachen.

Und auch in Sachen »Das kann man nicht vergleichen« gilt, was schon zur »ehemaligen DDR« angemerkt wurde: Der Satz wurde in den 1990ern in erheblicher Häufigkeit über die Hauptpropaganda-​Sender den Deutsch-​Untertanen eingetrichtert. Die Umprogrammierung der Deutschen, zunächst der DDR-​Beute-​Deutschen, dann auch der Westler in Reaktion auf die neuen Möglichkeiten des siegreichen Westweltimperialismus auf deutschem Boden. Ab den 2000er … 2010er Jahren nahm die Häufigkeit dieser Propaganda dann deutlich ab. Die Deutsch-​Untertan bekommen nur noch gelegentlich Erinnerungs-​Programmierungs-​Auffrischungen. Dieser Dummfug ist den Deutschen längst so selbstverständlich, daß mehr nicht nötig ist. Und können ihn reflexhaft in jeder Kneipendiskussionsrunde locker ins Gespräch werfen.

Zum Thema Verbot sei noch angefügt: Der deutsche Untertan kann regelmäßig nicht reflektieren, daß und wie das Denken und Tun durch die Obrigkeit mittels Verbot, Nichterlaubnis, Tabuisierung reguliert wird. Schon offen ausgesprochene, geltende Verbote werden kaum wahrgenommen. Nichterlaubnisse erst recht nicht. Und Tabus gab es in der DDR. Darf der deutsche Michel denken. Bis 1989 gaben die Brd-​Propagandisten noch aus als Demokratie- und Rechtsstaats-​Unterschied zwischen Brd und DDR: In der DDR sei alles verboten, was nicht erlaubt sei, während in der DDR alles erlaubt sei, was nicht verboten sei. Die Wörter »Verbot« und »Erlaubnis« kamen in einem vordergründigen Systemvergleich vor. Und zwar recht häufig. Während die Systemvergleiche seit 1990 eher indirekt angestellt werden, und Wörter wie »Verbot« und »Erlaubnis« von der ideologischen Ebene in die ordnungspolitische degradiert wurden.

Politische, ideologische, »Verschwörungs«-theoretisierende Kenner und Genießer das Brd-​Ideologie-​Schwachsinns unterscheiden übrigens noch zwischen reflektierten Tabus und nichtreflektierten. Eine wesentliche Voraussetzung, viele unfreiwillige Komik des Brd-​Polit-​Personals als solche wahrzunehmen und sich über diese amüsieren zu können.

Lektion 3 als Video – Teil 1:

Lektion 3 als Video – Teil 2:

One thought on “Die Sprache der Herrschaft – und der Ohnmacht Lektion 3: »Das kann man nicht vergleichen«

  1. In der DDR sei alles verboten, was nicht erlaubt sei, während in der DDR alles erlaubt sei, was nicht verboten sei.

    Das zweite soll wohl BRD heißen.

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