Zionistan retten

Vorbemerkung: Dieser Bericht ist auch für das deutsche Publikum von Interesse, weil der luxemburgische Außenminister Bettel zugab, selbst nichts von der Entscheidung zur Sanktionierung von Hüseyin Dogru seitens der EU gewusst zu haben. Der Sprecher des deutschen Auswärtigen Amtes Hinterseher wollte dem Journalisten Warweg im Rahmen einer Bundespressekonferenz vom 3. Juni nicht auf dessen Fragen antworten, »weil es ein gemeinsam beschlossenes Sanktionspaket ist. Ich denke, das bedarf keiner Erläuterung oder Einordnung durch die Bundesregierung. Es wurde von allen 27 EU‐​Mitgliedstaaten beschlossen.« Nun stellt sich heraus: bei zumindest einem Mitgliedsstaat wusste der Außenminister nichts.

18.6. bei der UNO in New York: Konferenz zur Lage in Palästina/​Israel

Außenminister Xavier Bettel wiederholt ständig, es mache keinen Sinn, einen Staat Palästina anzuerkennen, wenn das nichts bewirke. Für Symbolpolitik sei er nicht zu haben. Aber jetzt sieht er Aussicht mit der vom UN‐​Generalsekretär auf Initiative von Saudi‐​Arabien und Frankreich einberufenen Konferenz, zu der alle eingeladen sind. Derzeit laufen vorbereitende Arbeitsgruppen; in dreien davon ist auch Luxemburg vertreten.

Das Paket, das Bettel vorschwebt, solle mit der Anerkennung zur Stärkung der Autorität des Ministerpräsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde beginnen. Teil davon müsse die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und großen muslimischen Ländern sein, eine Deradikalisierung (es dürfe kein Foto einer Terroristin in einem Schulbuch geben, aber der einen Terroristen sind bekanntlich die Freiheitskämpfer der anderen), die Hamas‐​Spitzen müßten ins Exil gehen, die Geiseln müssen freigelassen werden, ein Waffenstillstand ist nötig und die Sicherheit Israels müsse anerkannt werden. Dazu gehöre der Wiederaufbau Gazas, palästinensische Neuwahlen und die Anerkennung des 7.10. als terroristischen Angriff. Wenn das Paket stimmt, komme von Luxemburg die Anerkennung Palästinas als Staat, wobei nur so der Frieden möglich ist, die beste Sicherheitsgarantie für Israel.

Bettel gab sich vor der Presse wie davor in der außenpolitischen Kommission in der Chamber optimistisch, das könne was werden und bezeichnete Siedlungen im Westjordanland genauso wie die humanitäre Lage im Gaza als unannehmbar. Er kritisierte das US‐​Veto gegen einen sofortigen und permanenten Waffenstillstand im UN‐​Sicherheitsrat, dem die 14 anderen Mitglieder zustimmten.

Unrealistische Träume

Bettels Paketwünsche haben wenig Aussicht auf Verwirklichung angesichts der Vorstellungen eines Groß‐​Israel der aktuellen Regierung. Das Problem der Anerkennung Israels ist schließlich auch das, daß da eine solche als jüdischer Staat ohne vorherige Festlegung der Grenzen gefordert wird, was islamische Staaten nicht leisten können ohne sich innenpolitische Krisen einzuhandeln, da sie damit zustimmen würden Nicht‐​Juden in diesem Staat zu Bürgern zweiter Klasse zu machen.

Es ist schließlich einseitig, einen Exil für Hamas‐​Verantwortliche zu fordern, aber nicht für die genozidären Zionisten Smotrich und Ben Gvir, von denen sich Bettel zwar ausdrücklich distanziert, und wo er es als traurig bezeichnet, daß ihr Premier ihre Aussagen nicht verurteilt hat, weil er sich damit selbst schuldig mache. Aber für die ist dann der Internationale Gerichtshof zuständig, nicht aber für die Hamas‐Verantwortlichen.

Auch der Wunsch, den 7. Oktober als »terroristisch« anerkannt zu kriegen, wird nicht erfüllt werden. Die Palästinenser sehen das eindeutig so wie die deutsche Jüdin Evelyn Hecht‐​Galinski: »Im Warschauer Ghetto 1943 handelte es sich um einen Aufstand, nicht um Terrorismus. Und genauso ist es 2023/​24 in Gaza. So wie Juden, die Widerstand im Ghetto leisteten, so leisten Palästinenser Widerstand gegen ihre Ghettoisierung und Besatzung. Auch das muß immer wieder wiederholt werden!«

Ob am Ende das, was rauskommt, Bettel für eine Anerkennung reicht, werden wir bald wissen. Vorher gibt es am 10. Juni am Krautmarkt in öffentlicher Sitzung noch eine Aktualitätsstunde, bei der Premier Frieden den in Kanada weilenden Außenminister vertreten wird.

Und in der EU?

Zum letzten Außenministerrat hatten Spanien, Irland, Slowenien und Luxemburg den Antrag der Niederlande auf eine Artikel‐​2‐​Analyse des Handelsabkommens der EU mit Israel zur Menschenrechtslage in Palästina unterstützt. Es gab dafür zwar keine Einstimmigkeit, aber eine Mehrheit, weswegen die Überprüfung von der Kommission eingeleitet wurde. Wann das Ergebnis vorliegt, ist nicht bekannt. Bettel betont, es mache keinen Sinn sofort Sanktionen zu fordern, denn dafür bräuchte es die Einstimmigkeit, die es nicht gibt.

Da Bettel versprach, sich auch in der EU weiterhin für die Rechte der Palästinenser einzusetzen, erlaubten wir uns die Frage, ob er dann nicht etwas tun könne für den Chefredakteur Hüseyin Dogru der Agentur RED, die vorrangig über Palästina berichtet hatte, der sich aber jetzt im 17. Sanktionspaket der EU wiederfand mit dem Vorwurf, er »begünstige russische Narrative«.

Das obwohl er die Zweistaatenlösung als illusorisch bezeichnet und nur einen einheitlichen demokratischen Staat Palästina mit gleichen Rechten aller unabhängig von Religion und Herkunft für möglich hält, während die Russische Föderation Bettels Vision einer Zweistaatenlösung teilt.

Dogru befindet sich mit drei Kindern in Deutschland, darf nicht in die Türkei, weil er nicht durch andere EU‐​Länder oder über sie darf, und muß »für humanitäre Bedürfnisse« (Essen, Trinken, Medizin, Miete) immer vorher um Erlaubnis fragen, die erst Tage später eintrifft. Da das unbeschränkt ist, und er keine Verdienstmöglichkeit hat (wer ihn einstellt, beginge einen Sanktionsbruch) und niemand ihn finanziell unterstützen darf (auch das ist ein Sanktionsvergehen), ist das Ende seines Geldes absehbar. Und dann?

Bettel erklärte, für das Sanktionspaket gestimmt zu haben, aber nichts von Dogru zu wissen. Niemand habe dazu etwas gesagt, das sei auf Botschafterebene ausgehandelt worden und er wisse auch nicht, wer ihn hineinreklamiert habe. Eine Beamtin erhielt den Auftrag nachzufragen. Also abwarten, was passiert!

Präsident der Oppositionsbeweegung Mir d’Vollek Luxemburg 

https://​vollek​.net/

One thought on “Zionistan retten

  1. Es wird immer ärger. Am Tag, als dieser Artikel geschrieben wurde, bekam auch noch Dogrus Frau, die gerade mit Zwillingen schwanger geht, wobei das offiziell eine Risikoschwangerschaft ist, das Konto gesperrt. Dieser Wahnsinn muß rasch ein Ende kriegen.

    Wobei Sanktionen, die nicht vom UN‐​Sicherheitsrat kommen, generell illegitim und illegal sind. Aber die EU‐​Mitgliedsstaaten operieren mit der Macht des Faktischen, statt mit Legitimität und Legalität.

    Wir brauchen dringend ein breites Bewußtsein für einen Systemwechsel hin zu direkter Demokratie in Politik und Wirtschaft, denn im System wird es keine grundlegende Verbesserung geben. Einstweilen ist ziviler Ungehorsam angesagt!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert