
Ein Markenzeichen politisch Linker sind Klagen über Rüstungsausgaben. Was könnte man mit dem Geld nicht alles Nützliches tun! Bezahlbaren Wohnraum schaffen, die Gesundheitsversorgung und Bildungsmöglichkeiten verbessern, Altersrenten erhöhen, Umweltschutzmaßnahmen finanzieren, echte Entwicklungshilfe leisten …
Hinter den Klagen steht oftmals ein Glaube: Gibt der Staat für die genannten guten Zwecke Geld aus, schadet er »der Wirtschaft« nicht. Im Gegenteil! Staatsausgaben für gute Zwecke kurbeln »die Wirtschaft« an! Dies mehr noch als Rüstungsausgaben – falls die nicht sogar wirtschaftsschädigend sind.
Stimmt das? Sind für ein kapitalistisches Wirtschaftssystem Rüstungsausgaben wirklich nicht besser oder sogar schlechter als Staatsausgaben für Bildung, Umwelt und Soziales?
Bevor diese Frage mit Hilfe von Karl Marx und Rosa Luxemburg nicht klar beantwortet wird, eine vorbereitende Frage: Wie sollen Staatsausgaben eine kapitalistische Wirtschaft überhaupt ankurbeln können?
Zum Warmwerden eine vor‐vorbereitende Frage: Welche Staatsausgaben würden eine kapitalistische Wirtschaft in keinem Fall ankurbeln?
Unnütze Staatsausgaben
Sicherlich nicht eine kapitalistische Wirtschaft ankurbeln können Staatsausgaben,
- die dem Aufbau oder der Ausdehnung staatlicher oder gebrauchswertorientierter Produktionen dienen, sobald sie kapitalistische Unternehmungen verdrängen würden
- von denen kein Kapital einen Nutzen hat
- die bei Konkurrenzkapitalen bzw. ‑nationen landen.
Letzteres wäre beispielsweise der Fall, wenn höhere Altersrenten in Deutschland bloß dazu führten, dass sich Oma und Opa KI‐gesteuerte Haushaltsroboter aus China zulegen.
Hier kann zum Beispiel der soziale Wohnungsbau punkten: Investitionen und Einnahmen bleiben zum großen Teil innerhalb des Wirtschaftssystems, das angekurbelt werden soll. Sozialer Wohnungsbau richtet aber auch Schaden an: er senkt die Durchschnittsmieten und schädigt dadurch private Immobilieninvestorinnen sowie Miethaie. Bei Staatsaufträgen zum Kasernenbau passiert das eher nicht.
Hohe Mieten erzeugen andererseits einen Lohndruck nach oben und verringern den Konsum. Das schädigt so ziemlich alle Kapitalistinnen, die keine Immobilieninvestorinnen oder Miethaie sind. Von letzteren gibt’s leider ziemlich viele. Lohnspreizung und Wohnraumprivatisierungen der vergangenen Jahrzehnte erzeugten günstige Bedingungen für kleine Feierabendhaie im oberen Drittel des Proletariats. Vergleichsweise: Rüstungsausgaben drücken Löhne auch bei systeminterner Produktion weitgehend nur bei Arbeitskräftemangel nach oben.
Wirtschaftsliberale erklären staatliche Wirtschaftsankurbelungsausgaben grundsätzlich für unnütz, wenn nicht sogar schädlich. Sie argumentieren grob vereinfacht:
Zur Finanzierung der Ankurbelung muss der Staat entweder Steuern erheben, »der Wirtschaft« also Geld entziehen, oder aber Schulden machen. Ersteres läuft günstigstenfalls auf eine die Gesamtnachfrage verzerrende Kaumschädigung »der Wirtschaft« hinaus – wenn »der Wirtschaft« das entzogene Geld wieder zugeführt wird. Bei schuldenfinanzierten Ausgaben treibt der Staat die Zinsen in die Höhe. Dadurch erschwert er privatwirtschaftliche Kreditaufnahmen für Investitionen. Hält der Staat bzw. die Zentralbank andererseits die Zinsen künstlich niedrig, kommt es zu Überinvestitionen, die sich letztlich nicht rentieren können, da die Nachfrage nach den durch die Investitionen produzierbaren Waren fehlt. Bestünde nämlich eine (immer als zahlungsfähig zu verstehende) ausreichende Nachfrage, wären die Investitionen auch ohne künstlich niedrig gehaltene Zinsen zustande gekommen.
Kurz: Staatliche Ausgaben zur Ankurbelung »der Wirtschaft« bringen »die Wirtschaft« bloß durcheinander! Auf sich selbst gestellt funktioniert der Kapitalismus nämlich prima! Angebot und Nachfrage gleichen einander aus. Auf der Angebotsseite entstehen Verkaufseinnahmen und Lohneinkommen in der Höhe, die nötig ist, um das Angebot komplett aufzukaufen. Bei einzelnen Waren oder Warenarten kann es zwar zu Disproportionen kommen, aber diese werden durch flexible Preise fix ausgeglichen.
Dabei gilt folgende Sonderregelung: Weil anders als nicht nachgefragte Diamantkolliers und Kartoffeln menschliche Waren, »Arbeitskräfte« genannt, dazu neigen, eine Unflexibilität ihrer Preise nach unten hin durchsetzen zu wollen, bringen Staatsausgaben zur Niederhaltung dieser Neigung »die Wirtschaft« nicht durcheinander, sondern in Ordnung. Nicht als Maßnahme zur Niederhaltung dieser Neigung gelten für die meisten Wirtschaftsliberalen sozialer Wohnungsbau, öffentliche Gesundheitsversorgung usw.
Grafisch sieht die kapitalistische Harmonie so aus:
Grafik 1
In einem kapitalistischen Wirtschaftssystem mit flexiblen Preisen und freien Märkten entspricht das Warenangebot stets der – produktiven und nichtproduktiven – Konsumtion. Werden z.B. Waren im Wert von einer Trillion Euro angeboten, entstehen Verkaufseinnahmen – Gewinne und dadurch auch Lohneinkommen – in derselben Höhe (Ad auf der horizontalen Achse). Diese ermöglichen Ausgaben von einer Trillion Euro (Ad auf der vertikalen Achse). Ein Teil der Ausgaben dient der Produktionserweiterung. Dadurch wächst »die Wirtschaft«, zum Beispiel auf das Niveau des Punktes Av|Av.
Geldbasierter Multiplikator
Laut Befürworterinnen staatlicher Ausgaben zur Ankurbelung »der Wirtschaft« ‒ im weitesten Sinn »Keynesianerinnen« ‒ stimmt die blaue Linie in Grafik 1 oben nicht. In Wirklichkeit verläuft die Linie flacher, wie in der Grafik unten N1:
Grafik 2
Ein Wirtschaftssystem mag sich auf einem ausgewogenen Niveau Ad|Ad befinden. Wächst »die Wirtschaft«, landet sie aber normalerweise nicht im Punkt Av|Av, sondern auf einem niedrigeren Nachfrage‐Niveau. Angebot bzw. Einkommen Av (horizontale Achse) werden größer als Nachfrage bzw. Ausgaben (vertikale Achse).
Das ist so, weil praktisch nie sämtliches aus Angeboten stammende Einkommen sofort wieder einkommenswirksam ausgegeben oder für einkommenswirksame Ausgaben anderer verliehen wird. Manches Einkommen wird flüssig gehalten, um später ausgegeben werden zu können, anderes wird in Finanzmarktspielen des fiktiven Kapitals herumgewälzt. Auch setzt das kapitalistische Fortschrittswesen, die Konkurrenz um Marktanteile, ein chronisches Überangebot von Waren voraus.
Wenn das Angebot Av die Nachfrage übersteigt, sinkt das Angebot irgendwann. Das führt zu Erwerbslosigkeit. Dadurch sinkt die Nachfrage noch weiter. Unter Umständen kommt eine Abwärtsspirale mit wechselseitig sinkendem Angebot und sinkender Nachfrage in Gang.
Um so eine Krise zu verhindern oder wenigstens abzuschwächen, kann nach Auffassung von Befürworterinnen staatlicher Wirtschaftsankurbelungsausgaben der Staat die Nachfragelinie N1 anheben:
Grafik 3
Um die Nachfragelinie N1 auf das Angebot Av anzuheben, so dass eine Nachfragelinie N2 herauskommt, muss der Staat eine angebotsunabhängige Nachfrage schaffen (in Grafik 3 oben entsprechend dem Abstand G = a2 – a1). Dies lässt sich erreichen durch Erhöhung sozialer Leistungen und/oder Erhöhung von Gehältern im öffentlichen Dienst und/oder Erteilung von Aufträgen für Kampfjets, Wohnungsbau, Straßenbau, Pyramiden … alles, was die »Privatwirtschaft« an Nachfrage nicht von selber erzeugt.
Der flachere Verlauf der Nachfragelinie bedeutet: Tätigt der Staat Ausgaben in Höhe von G = a2 – a1, so entsteht auf der Einkommensachse ein Zuwachs, der größer als G ist: A* = Av – Ad in Grafik 3.
Demnach kann der Staat durch Erhöhung seiner Ausgaben eine Erhöhung des Angebots und damit des Einkommens und des (produktiven und/oder nicht‐produktiven) Konsums bewirken, die über die ursprünglichen Staatsausgaben hinausgeht. Das Ausmaß dieses »Multiplikator‐Effekts« hängt vom Steigungswinkel der Nachfragelinie N1 bzw. N2 ab.1
Der Effekt wirkt auch umgekehrt: Senkt der Staat seine Ausgaben um den Betrag G, bricht »die Wirtschaft« um den größeren Betrag A* ein.
In Finanzministerien von Regierungen, bei Institutionen wie dem Weltwährungsfonds und auch in den wirtschaftpolitischen Fachabteilungen großer Gewerkschaften gilt der beschriebene »Multiplikator‐Effekt« als Größe, die sich – ergänzt um einige den Effekt beeinflussende Parameter – aus empirischen Daten ermitteln lässt. Forschungen zum »Multiplikator‐Effekt« im Umfeld des Weltwährungsfonds von 2011 ergaben: in fortgeschrittenenen Industriestaaten fällt der Effekt größer aus als in Entwicklungsländern; in relativ geschlossenen nationalen Wirtschaften fällt er größer aus als in relativ offenen; bei festen Wechselkursen ist der Effekt relativ groß, bei freien Wechselkursen beträgt er Null, in Ländern mit hoher Staatsverschuldung ebenfalls Null; unter gewissen Umständen wird der Effekt negativ.2 Neuere Forschungen ergaben konjunkturelle und geldpolitische Abhängigkeiten des Effekts.3
Mehrwertiger Einspruch
Vom Marxschen Wertbegriff her gesehen kann die Harmonie von Grafik 1 auf einfache Warenwirtschaften zutreffen, nicht aber auf den Kapitalismus.
Wachstum, Kapitalakkumulation, beruht im Kapitalismus auf der unbezahlten Aneignung von Arbeit. Sollten Angebot und Nachfrage einander ausgleichen und auf der Angebotsseite Verkaufseinnahmen und Lohneinkommen in der Höhe entstehen, die nötig ist, um das Angebot wertgerecht komplett aufzukaufen, bedeutet das: gesamtwirtschaftlich bleibt keine Arbeit unbezahlt; daher macht das Gesamtkapital keinen Profit, der als Kapital akkumuliert werden könnte.4
Ohne Netto‐Wertzufluss von außerhalb des Wirtschaftssystems, für den das innersystemische Kapital nicht aufzukommen braucht, ohne unbezahlt angeeignete außersystemisch geleistete Arbeit, kann die blaue Linie höchstens auf Basis wachsender Schulden steigen. Gesamtwirtschaftlicher Profit, der Geldausdruck für unbezahlt angeeignete Arbeit, wird dabei durch Kreditgeld5 auf relativ sinkender Wertbasis simuliert. Staatausgaben zur Ankurbelung »der Wirtschaft« werden gern gesehen, sobald Kreditvergaben und/oder ‑aufnahmen des Kapitals ins Stocken geraten – was früher oder später immer passiert, wenn die privat betriebene Profitsimulation allzu weit getrieben ist.6
Mit all dem wird nicht behauptet, dass nicht aus irgendwelchen Gründen die Nachfragelinie N1 flacher als gewünscht verlaufen kann. Es wird aber behauptet, dass eine Anhebung der Nachfragelinie durch Staatsausgaben für sich genommen den Kapitalismus nicht zur Harmonie verhilft. Soll nicht ein Kettenbrief‐Kapitalismus entstehen, der früher oder später durch einen Zusammenbruch »bereinigt« wird, muss eine Portion erfolgreicher Imperialismus hinzukommen und/oder auch eine Portion nichtkapitalistischer Produktion zur Belieferung des Kapitals mit Produkten zu unterwertigen Preisen (ermöglicht durch weitmöglichen Mehrwertverzicht, weshalb Staatsbetriebe oft unter Investitionsstaus leiden).
Wertbasierter Multiplikator
Rund 15 Jahre vor Erfindung geldbasierter Multiplikatoren (Kahn 1931) rechnete Rosa Luxemburg in ihrem Buch »Die Akkumulation des Kapitals« am Beispiel der Rüstungsproduktion einen wertbasierten Multiplikator vor. Ihre Idee dabei: Steuerlich abgezapfte Lohneinkommen werden, statt verfressen, in Rüstungskapital verwandelt, das Mehrwertproduktionen ermöglicht. Der Multiplikator‐Effekt der abgezapften Lohneinkommen beruht auf der in der Rüstungsindustrie erzielbaren Mehrwertrate. Je höher die Mehrwertrate, desto mehr wächst durch die staatliche Umleitung von Lohneinkommen oder auch anderen zum Konsum vorgesehenen Einkommen in die Rüstung die Wertsumme des Gesamtsystems. Dass dasselbe unter bestimmten Umständen auch mit sozialem Wohnungsbau oder Gesundheitsversorgung funktionieren könnte, kam nicht in Luxemburgs ideologische Tüte.
Als Ausgangspunkt ihrer Erklärungen wählte Luxemburg das erste Jahr des zweiten Schemas der erweiterten Reproduktion von Karl Marx.7 Dieses Schema gliedert die Wirtschaft in zwei Abteilungen: Abteilung I stellt Produktionsmittel her (Waren, die wieder in Produktionen eingehen), Abteilung II Konsumtionsmittel (Waren, die außerhalb der Produktion verbraucht werden). Die Produktionsumfänge der Abteilungen sind in Werteinheiten angegeben, die man sich grob als Durchschnittsarbeitszeiteinheiten vorstellen kann.
Der Wert von Waren besteht aus
- v
bezahlte Menschenabnutzung, konsumtiver Verbrauch /Lohn
Wertbetrag des variablen Kapitals, der zur Herstellung der Ware nötig ist und dessen physische Manifestationen Abteilung II produziert (vegane Sahnetorten, Fernsehgeräte, Wohnungen, Schulen, Krankenhäuser mitsamt Personaldurchfütterung …) - m
unbezahlt bleibende Menschenabnutzung /Mehrwert, potenzieller Profit
Wertbetrag, der zur Herstellung der Ware nötig ist und den sich das Kapital aneignet; in der einfachen Warenwirtschaft entspricht dies etwa der Zeit, die eine selbständige Handwerkerin arbeitet, ohne es unbedingt für’s Überleben nötig zu haben, die sie aber natürlich trotzdem von ihren Kundinnen bezahlt haben möchte - c
Maschinenabnutzung, Rohstoffverbrauch
Wertübertragung aus konstantem Kapital zur Herstellung der Ware, dessen physische Manifestationen Abteilung I produziert. c repräsentiert geronnene menschliche Arbeit, für die zum einen Teil in früheren Produktionsperioden Lohn gezahlt wurde, und zum anderen Teil beim Verkauf Mehrwert m realisiert wird.
Soll ein Wirtschaftssystem ohne Anhäufung von Schulden und bei wertgerechten Preisen in sich ausgewogen funktionieren, müssen vereinfacht innerhalb einer Produktionsperiode die Wertproportionen (nicht unbedingt die Geldproportionen) folgende Bedingungen erfüllen:
- Abteilung I muss so viel Produktionsmittel produzieren wie beide Abteilungen für die Produktion und die Alakkumulation konstanten Kapitals benötigen.
- Abteilung II muss so viel Konsumtionsmittel produzieren wie beide Abteilungen für die Produktion, die Akkumulation variablen Kapitals und den Konsum der Kapitalistinnen benötigen.
- Abteilung II kann nur so viel Produktionsmittel bekommen wie sie an Abteilung I in Form von Konsumtionsmitteln abgibt, und umgekehrt. Dies, damit die sachlichen Wertformen nicht in Disproportionen geraten (was nicht mit Geldflüssen zu verwechseln ist).8
Luxemburgs Rechnungen, Verrechnungen und Argumente hätten es verdient, genau nachvollzogen zu werden. Aus Zeitgründen unterbleibt das hier. Die folgenden Zahlenbeispiele entstanden zwar beim Feierabendwodka, doch mit Hilfe nichtzerebraler Rechenkapazitäten, so dass hoffentlich keine Fehler drin sind.
Lohnbasierte Wirtschaftsankurbelung
Im ersten Jahr des zweiten Reproduktionsschemas von Marx produziert das Wirtschaftssystem:
I |
5000 c + 1000 v + 1000 m | = 7000 |
II |
1500 c + 299 v + 201 m | = 2000 |
I+II |
6500 c + 1299 v + 1201 m | = 9000 |
Soll von den Löhnen der Arbeiterinnen für Rüstungszwecke ein Geldbetrag entsprechend zum Beispiel 200 Werteinheiten über die Lohnsteuer abgezogen werden, können die Arbeiterinnen zunächst weniger konsumieren. Abteilung II kann entsprechend weniger Konsumtionsmittel umsetzen und produziert weniger: statt 2000 nur noch 2000 – 200 = 1800.
Diese Veränderung erfordert Produktionsverringerungen in Abteilung I, damit es nicht zur Überproduktion von Produktionsmitteln für Kaffeemaschinen und dergleichen kommt. Da durch die Produktionsreduktion in Abteilung I die Lohn‐ und auch die Mehrwertsumme sinkt, hat wiederum Abteilung II weniger zu tun. Es entsteht ein wechselseitiges Hin und Her der Produktionsreduktion mit unendlich klein werdenden Anpassungsbeträgen.
Doch schon bei einer einzigen Reduktionsstufe auf 1800 ist ein negativer Multiplikator‐Effekt erkennbar. Eine in sich stimmige Produktion entsprechend der oben genannten drei Bedingungen würde etwa so aussehen (zur Berechnung siehe Anhang):
I |
4500 c + 900 v + 900 m | = 6300 |
II |
1350 c + 270 v + 180 m | = 1800 |
I+II |
5850 c + 1170 v + 1080 m | = 8100 |
Die Gesamtproduktion geht um 9000 – 8100 = 900 Werteinheiten zurück, obschon aus dem System nur 200 Werteinheiten rausgezogen wurden.
Nun kommt die Rüstungsproduktion!
Entsprechend der in Marxens Schema vorherrschenden organischen Zusammensetzung des Kapitals lässt sich das steuerlich eingezogene Geld im Wert von 200 im Verhältnis c /v ≈ 5 als Kapital einsetzen. Anstatt, dass die Arbeiterinnen die 200 Werteinheiten verkonsumieren, dienen sie nun der Mehrwertproduktion. Als Mehrwertrate sei m /v = 1 angesetzt (wie in Abteilung I).
Rü |
167 c + 33 v + 33 m | = 233 |
Der Staat kann von der Gesamtproduktion, die 233 beträgt, 200 Werteinheiten Rüstungsgüter haushaltsneutral kaufen, da er den Arbeiterinnen den Geldwert für 200 Werteinheiten weggenommen hat. 33 Werteinheiten in Form von Rüstungsgütern, die in unbezahlter Mehrarbeit entstehen, bleiben übrig. Wollte der Staat diese zusätzlich übernehmen, müsste er sich verschulden oder an anderen Stellen sparen oder an Nichtrüstungsstellen aus »der Wirtschaft« Geld rausziehen.
Damit das Rüstungskapital ohne zusätzliche Staatsnachfrage die 33 Werteinheiten als Profit realisieren kann, bietet sich der Export in friedliebende befreundete Nationen an.
Alternativ wäre auch Folgendes möglich:
Rü |
144 c + 28 v + 28 m | = 200 |
Anstatt die vom Staat zur Verfügung gestellte Geldentsprechung der gesamten 200 Werteinheiten in die Rüstung zu investieren, bräuchten die Rüstungsindustriellen zur Befriedigung der Staatsnachfrage nur 144 + 28 = 172 zu investieren. Mit den verbleibenden 28 können sie tun, was sie möchten.
Verallgemeinert: Alle Staatsaufträge an kapitalistische Unternehmen beinhalten ein Geschenk für diese Unternehmen zur freien Verfügung. Die Höhe des Geschenks hängt von den üblichen Mehrwertraten ab. Der Wert des Geschenks entsteht aus unbezahlter Arbeit.
Wie wirkt sich die Rüstungsnachfrage auf die Gesamtproduktion aus?
Im Folgenden sei angenommen, die Geldentsprechung der gesamten 200 Werteinheiten werde investiert.
Rüstungsproduktionen lassen sich in Abteilung II einordnen: es handelt sich um Konsumtionsmittel, die nicht wieder in den Produktionsprozess eingehen.
Eine in sich stimmige Gesamtproduktion würde im ersten Schritt (unter Vernachlässigung weiteren Steigerungs‐Hin‐und‐Hers zwischen den Abteilungen) etwa so aussehen:
I |
5071 c + 1014 v + 1014 v | = 7099 |
II |
1350 c + 270 v + 180 m | = 1800 |
Rü |
167 c + 33 v + 33 m | = 233 |
I+II+Rü |
6588 c + 1317 v + 1227 m | = 9132 |
Die Investition von 200 Werteinheiten in die Rüstung hat der Gesamtproduktion einen Zuwachs um 9132 – 8100 = 1032 gebracht. Auch hier gibt es demnach einen Multiplikator‐Effekt.
Zum Vergleich nochmal der Ursprungszustand ohne Rüstung und vorangehendem Wertabzug:
I |
5000 c + 1000 v + 1000 m | = 7000 |
II |
1500 c + 299 v + 201 m | = 2000 |
I+II |
6500 c + 1299 v + 1201 m | = 9000 |
Mit Rüstung ist die Gesamtproduktion trotz vorherigen Abzugs von 200 Werteinheiten höher als ohne Rüstung. Es sieht danach aus, als wäre der negative Multiplikator‐Effekt beim Entzug von Werteinheiten aus dem Wirtschaftssystem kleiner als der positive Multiplikator‐Effekt beim Zuführen von Werteinheiten in das Wirtschaftssystem. Das ist vielleicht bloß Zufall, durch die krude Rechnung bedingt.
Die Arbeiterinnen dürfen mit Rüstung 1317 – 1299 = 18 mehr entlohnte Durchschnittsarbeitszeiteinheiten leisten, und müssen 1227 – 1201 = 26 Durchschnittsarbeitszeiteinheiten mehr für umsonst arbeiten. Das Kapital hat damit durch die Staatsausgaben eindeutig profitiert. Das Proletariat wird, wenn auch weniger wahrscheinlich erwerbslos, irgendwie übervorteilt: Aus 200 Zeiteinheiten, die es ohne Rüstung für seinen eigenen Konsum von 200 Werteinheiten arbeitete, wurden 200 + 18 + 26 = 244 Zeiteinheiten, die es für den eigenen Konsum von nur 218 Werteinheiten arbeitet – vielleicht auch das bloß Zufall, durch die krude Rechnung bedingt.
Ersetzt man überall in den bisherigen Beschreibungen das Wort »Rüstung« durch den Ausdruck »sozialer Wohnungsbau« kämen für 233 Werteinheiten Wohnungen statt Militärkram zustande, was für die Arbeiterinnen (zur Zeit speziell in Gaza) weitaus besser wäre. Trotzdem könnte der Nutzen der Staatsaktion zweifelhaft sein: Hätten die Arbeiterinnen ihre 200 Werteinheiten selbst zum Wohnungsbau eingesetzt und den Wert ihrer Mehrarbeit in Höhe von 33 selbst eingeheimst, würden die Wohnungen ihnen gehören. Zusätzlich hätten sie 44 Zeiteinheiten Arbeit vermieden, deren mickerigen Lohnerlös von nur 18 Werteinheiten sie nun wahrscheinlich für unnötig hohe »Sozialmieten« brauchen werden. Doch zum selbstorganisierten sozialen Wohnungsbau kommt es unter den gegenwärtigen Bedingungen enormer Lohnspreizung eher nicht. Diejenigen, deren Löhne für Eigenheime oder Eigentumswohnungen oder auch kollektive Wohnprojekte reichen, tun weitgehend nur unter Staatszwang Geld für Wohnungen des wertmäßig unterbezahlten Drittels des Heuer‐und‐Feuer‐Proletariats raus. Auch würden sie alternativ eher nicht für dessen Lohnerhöhungen solidarstreiken.
Schuldenbasierte Wirtschaftsankurbelung
Folgende Situation wäre denkbar: Der Staat zieht aus dem System keine 200 Werteinheiten raus, sondern vergibt den Rüstungsauftrag bzw. Auftrag zum sozialen Wohnungsbau auf Schuldenbasis (Kreditaufnahme, Ausgabe von Staatsanleihen …).
In diesem Fall wäre die Rüstungsproduktion bzw. der Wohnungsbau
RW |
167 c + 33 v + 33 m | = 233 |
auf den Ursprungszustand
I |
5000 c + 1000 v + 1000 m | = 7000 |
II |
1500 c + 299 v + 201 m | = 2000 |
I+II |
6500 c + 1299 v + 1201 m | = 9000 |
anzurechnen.
Auf der Wertebene wird auch bei schuldenbasierter Wirtschaftsankurbelung tatsächlich mehr gearbeitet und produziert. Heraus kommt:
I |
5570 c + 1114 v + 1114 m | = 7798 |
II |
1500 c + 299 v + 201 m | = 2000 |
RW |
167 c + 33 v + 33 m | = 233 |
I+II+RW |
7237 c + 1446 v + 1348 m | = 10031 |
Das Kapital erhält mehr Mehrwert als in der vorigen Rechnung. Für Arbeiterinnen ist das Ergebnis »beschäftigungswirksamer« und ausgewogener. Sie erhalten 1446 – 1299 = 147 mehr abzuarbeitenden Lohn und müssen 1348 – 1201 = 147 Zeiteinheiten mehr für umsonst arbeiten. Allerdings kommen eventuell zusätzlich abzuleistende Arbeitszeiten ohne Konsumtionsmöglichkeit zur Bedienung der Leute und Einrichtungen hinzu, die dem Staat großzügigerweise Kredit gewährten oder Staatsanleihen usw. kauften.
Wirtschaftsankurbelung durch Konsumerhöhung
Stellen wir uns nun vor, dass der Staat Geld direkt an unausgebeutete Besitzlose überreicht, die damit Konsumtionsmittel kaufen.
K |
200 |
= 200 |
Bei der lohnbasierten Wirtschaftsankurbelung wird den Arbeiterinnen Geld entsprechend 200 Werteinheiten abgezwackt und zum Beispiel als »Bürgergeld« ausgeschüttet. Das ergäbe eine Umverteilung von Einkommen, die im Prinzip keinen Wirtschaftsankurbelungseffekt hat, etwa so etwas:
I |
5000 c + 900 v + 1000 m | = 6900 |
II |
1500 c + 199 v + 201 m | = 1900 |
K |
200 |
= 200 |
I+II+K |
6500 c + 1299 v + 1201 m | = 9000 |
Die Umverteilung kann politische Vorteile für das Herrschaftssystem und unter bestimmten Umständen eine Ankurbelung »der Wirtschaft« bringen:
- Das Proletariat wird in »Begünstigte« und »Leidtragende« gespalten.
Besser Entlohnte sehen eher im Staat, der ihnen Einkommen nimmt, einen Gegner als im Kapital, das ihnen ordentliche Löhne gibt. Solche mit Radfahrpsyche (nach oben buckeln, nach unten treten) empfinden nicht das Kapital, sondern Schlechtergestellte, denen staatliche Umverteilungen zu Gute kommen, als »ausbeuterisch«. Von der Umverteilung Begünstigte dagegen empfinden den Staat als hilfreiche Instanz und bleiben bei ausreichender Staatsunterstützung unterhalb des Aufstandsniveaus. - Wenn zum Beispiel besser Entlohnte viel sparen, anstatt zu konsumieren, oder viel Geld in Fernurlauben ausgeben, kann durch die Umverteilung innerhalb des Systems zusätzliche Nachfrage nach Konsumtionsmitteln entstehen.
Soll eine zusätzliche Konsumtionsmittelnachfrage in Geldform zu echten Konsumtionsmitteln führen, sind zusätzliche Produktionsmittel und Arbeit nötig. (Manche »Autonome«, die sich im Nichtmalochen gefallen, vergessen gern, dass für ihre Kapuzenpullis und vollen Mägen Menschen Lebenszeit und ‑kraft hingaben.)
Die zusätzlichen Konsumtionsmittel könnten durch Importe ins Wirtschaftssystem gebracht werden. Unter fairen Handelsbedingungen könnte das aber höchstens andere Wirtschaftssysteme ankurbeln, nicht das, für dessen Ankurbelung der Staat die Geldentsprechung von 200 Werteinheiten unter arm gehaltene Leute bringt.
Sollen auf Schuldenbasis im System 200 Werteinheiten Konsumtionsmittel in kapitalistischer Produktion entstehen, wäre dieselbe Struktur wie bei der zuvor skizzierten schuldenbasierten Wirtschaftsankurbelung zu Grunde zu legen, etwa:
I |
5498 c + 1100 v + 1100 m | = 7698 |
II |
1500 c + 299 v + 201 m | = 2000 |
K |
150 c + 30 v + 20 m | = 200 |
I+II+K |
7148 c + 1429 v + 1321 m | = 9898 |
Die zusätzliche Nachfrage nach 200 Werteinheiten Konsumtionsmitteln bringt einen »Beschäftigungs‐« und Wirtschaftsankurbelungseffekt: 1429 – 1299 = 130 mehr Lohn und 1321 – 1201 = 120 mehr Mehrwert.
Nun sind zwar 200 mehr Konsumtionsmittel da, doch die werden von mehr Arbeiterinnen und von den Kapitalistinnen, die mehr Mehrwert scheffeln, gekauft.
Um unausgebeuteten Besitzlosen oder unterbezahlten Arbeiterinnen 200 Werteinheiten Konsumtionsmittel zukommen zu lassen, ohne dass der Mehrwert leidet oder fair bezahlte Importe wachsen und also »die Wirtschaft« ab‐ statt angekurbelt wird, besteht keine andere Möglichkeit als Arbeiterinnen 200 Werteinheiten Konsumtionsmittel wegzunehmen – bevorzugt natürlich solchen anderer Wirtschaftssysteme. Praktisch herrschen in den meisten imperialistischen Staaten als Resultanten gesellschaftlicher Kämpfe Mischformen vor: Umverteilungen innerhalb des Proletariats und imperialistisch herbeigeführte Wertzuflüsse. Das bedingt oft beides: staatliche Sozial‐ und Rüstungsausgaben.
Zusammenfassung
Staatsausgaben können eine kapitalistische Wirtschaft ankurbeln, sobald sie innerhalb des Wirtschaftssystems in irgendeiner Weise mit welchen Waren als Endresultaten auch immer netto Mehrwerterhöhungen bringen, die ohne sie nicht möglich wären.
Der keynesianische Ansatz stimmt ab der Stelle nicht mehr, an der es um die Realisierung des mit Hilfe von Staatsausgaben erhöhten Mehrwerts geht. Der Staat kann den zusätzlichen Mehrwert nur realisieren, wenn er über die initialen Staatsausgaben hinaus weitere Staatsausgaben tätigt – oben beispielhaft verdeutlicht an den 33 Werteinheiten zusätzlicher Rüstungsgüter. Lohnabhängige und Sozialunterstützte können die Mehrwertrealisation nicht leisten. Ihre Nachfragemöglichkeiten sind auf die v-Posten in den Beispielrechnungen beschränkt.
Die wohl friedlichste Lösung dieses Problems sind Exportüberschüsse in andere Wirtschaftssysteme, wodurch diese auf die Dauer in die Pleite getrieben werden. Versuche, Regierungen schwächerer Staaten zu »offenen« Märkten zu zwingen und eigenständige Industrialisierungen zum Beispiel in Afrika zu verhindern, sind da nur konsequent.
Bei Produktionserhöhungen ohne ausreichende Mehrwertrealisation wächst im sich selbst überlassenen Kapitalismus die Bedeutung von Kreditfinanzierungen. Die Zinsen von produktiv investiertem Kreditgeld sind aus dem realisierten Mehrwert zu zahlen, dessen Realisierung wiederum durch Kreditgeld simuliert werden muss. Irgendwann wird der konkret bemerkbare Zinsanteil am simuliert realisierten Mehrwert so hoch, dass sich Investitionen für Produktionserhöhungen und ‑verbesserungen nicht mehr lohnen. Dann beginnt das Geld, anstatt in Produktionen investiert zu werden, in bestehende Werte (Immobilien, Land) zu fließen und deren Preise aufzublasen, und/oder anderweitig in Finanzmärkte zu streben. Sobald dort die Dinge aus den Nähten platzen und das Volk wegen der schlechten Wirtschaftslage zu murren beginnt, fangen außer den üblichen Verdächtigen auch viele Kapitalismus‐Gläubige an, staatliche Ankurbelungsmaßnahmen zu verlangen (die sie wahlweise als Ausgleich vorangegangener Staatsabkurbelungen oder als Verteidigungsmaßnahmen gegen äußere Aggressionen betrachten). Die dadurch verschobenen Kräfteverhältnisse ermöglichen eine Ausdehnung schuldenbasierter Staatsausgaben. Zur Eindämmung der Staatsverschuldung und Ermöglichung von Kapitalakkumulation werden staatliches Eigentum und Produktionen privatisiert. Kapitalfraktionen mit der größten Staatsnähe werden natürlich bevorzugt behandelt.
Spätestens nachdem innersystemisch alles abgeräumt ist, bleibt nichts anderes, als imperialistischen Wertzuflüssen nachzuhelfen, um den Laden wieder in Schwung zu kriegen. Da es nicht sein kann und sein darf, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem diese Dynamik aus sich selbst hervorbringt, wird sie auf außersystemische Faktoren projiziert. Der innere Druck zur Aggression erscheint als äußerer Druck von Aggressiven. Angesichts des näher rückenden Zusammenbruchs verengt sich auf allen möglichen Ebenen der Zeithorizont. Die Außenpolitik wird entsprechend voluntaristischer und risikobereiter. Zu ihrer Umsetzung spülen systemangepasste Kollektive geeignete Charaktere an die passenden Stellen.
Finanzmarktreformen, wie sie etwa aus der Zinskritik heraus gefordert werden, können dazu beitragen, dass sich die explosive Dose etwas weiter in die Zukunft kicken lässt, doch ändern sie den Verlauf der Straße zum Abgrund nicht. Ohne erfolgreichen Imperialismus oder ausreichend hohen nichtkapitalistischen produktiven Wirtschaftsanteil kommt es im Kapitalismus zur Nichtbedienbarkeit von Zinsforderungen infolge der Nichtrealisierbarkeit von Mehrwert, aus dem Zinsen bedient werden müssen, auch dann, wenn zinsmäßig und finanzmarkttechnisch alles prima organisiert ist.
Entsteht in militärisch/wirtschaftlich mächtigen kapitalistischen Systemen Druck für Staatsausgaben zur (sub-)proletarischen Konsumerhöhung, ohne dass das Kapital faktisch geschwächt werden kann, führt der Druck zur Verschärfung imperialistischer Vorgehensweisen. Damit werden zugleich Ideologien zu deren Legitimierung gefördert: Nationalismus, Eurozentrismus, Rassismus, Islamfeindlichkeit … manches auch in der MagMa beobachtbar. Wohlstandsforderungen in solchen Systemen sind wie ein hübsch angemalter Hebel, der Linke und anderweitig sozial Eingestellte zum Gedrücktwerden einlädt, dessen Wirkung ohne Siege im Klassenkampf aber von den Mechanismen der Maschine bestimmt bleibt, zu der er gehört.
Fußnoten
1 Außer der hier beschriebenen Staatsausgabenversion gibt es vom »fiskalischen Multiplikator« u.a. noch eine Steuerermäßigungsversion. Außer dem »fiskalischen Multiplikator« gibt es z.B. auch einen »Privatinvestitionsmultiplikator« und einen »Gelschöpfungsmultiplikator« (Maß für die Erhöhung der zirkulierenden Geldmenge, wenn eine Zentralbank einen diesbezüglichen Anstoß gibt).
2 Ethan Ilzetzki, Enrique G. Mendoza and Carlos A. Végh: How Big (Small?) are Fiscal Multipliers? IMF Working Paper, March 2011. Britisches Streitbeispiel zu Kürzungen der Staatsausgaben: George Osborne’s austerity is costing UK an extra £76bn, says IMF. The Guardian 13.10.2012
3 Z.B. Shen Wenyi, S. Yang Shu‐Chun: Downward nominal wage rigidity and state‐dependent government spending multipliers. Journal of Monetary Economics, Vol. 98, 2018, pp 11 – 26 – Valerie A. Ramey: Ten Years After the Financial Crisis: What Have We Learned from the Renaissance in Fiscal Research? Journal of Economic Perspectives, Vol. 33/2, 2019, pp 89 – 114
4 Aus der unbezahlten Aneignung von Arbeit folgt nicht »Unterkonsumtion«, sondern Nichtwachstumsfähigkeit. Hier wird Rosa Luxemburgs Buch »Die Akkumulation des Kapitals« von vielen falsch interpretiert, obwohl schon der Buchtitel einen deutlichen Wink gibt.
5 Ausdruck aus Marx: »Das Kapital« Band 3, MEW 25 – Seite 532ff: Banknoten, Wechsel, Depositen (Girokonto‐Guthaben) im Unterschied zu »wirklichem Geld«, d.h. Gold und Silber. Im Folgenden beschreibt Marx, »wie die Banken Kredit und [fiktives] Kapital kreieren« (S. 558).
6 Kompakte Erklärung der finanziellen Ebene von Alex Krainer: Economic Collapse & the End of Europe, 6.3.2025. Auf Basis von Marx lässt sich erklären, weshalb der Kredit bzw. die Kreditsicherheit die von Krainer beschriebene Rolle spielt und im Kapitalismus keine andere spielen kann und weshalb Regierungen von Nationen mit großem Anteil produktiver Staatswirtschaften eine grundsätzlich andere Außen(wirtschafts-)politik betreiben können, ohne sich selbst und ihre Wirtschaftssysteme zu zerlegen – dargestellt z.B. von Farwa Sial: Die Rückkehr der weißen Elefanten – Entwicklungspolitik für Afrika? in der MagMa, 30.3.2025.
7 Marx: »Das Kapital« Band 2, MEW 24 – Seite 509ff
8 Die drei Bedingungen lassen sich auf eine einzige Formel reduzieren (siehe Anhang). Im »Kapital« gibt es von Abteilung II im ersten Jahr des zweiten Reproduktionsschemas zwei Zahlenvarianten. Luxemburg erwischte die Variante, die schlecht hinhaut (siehe ebenfalls Anhang). Hier wird die andere genommen. Zur Vertiefung des Umgangs mit Marxens Schemata siehe Neunert: Rosa Luxemburgs »Die Akkumulation des Kapitals«: bitte neu überdenken (oder auch hier).
Bild: alle Komponenten aus Wikimedia Commons: Wiel van der Randen, Taste of Cinema, United Artists 1936, Jademaestro, Leonhard Lenz .