
Rede von Prof. Grover Furr vor nepalesischen Kommunisten am 21. Dezember 2024
Die Geschichte des ersten Arbeiterstaates, der UdSSR, während ihrer heroischen Ära unter der Führung von Joseph Stalin – diese Geschichte wird uns vorenthalten. Sie wird von den Lügen unehrlicher und sehr einflussreicher Quellen unterdrückt.
Woher wissen wir, dass das so ist? Wie ist die Situation? Wer sind die Lügner? Warum ist das wichtig? Und schließlich, was sollten wir dagegen tun? Die Zukunft der Arbeiterklasse der Welt und der Kampf für eine egalitäre Welt, die der marxistische Forscher Charles Andrews als »keine Reichen, keine Armen« bezeichnet hat, hängt davon ab, was wir tun.
Ich habe begonnen, diese Frage in einem früheren Artikel mit dem Titel »Sich mies benehmende Marxisten« zu erörtern, den Sie von meiner Homepage herunterladen können. Das war jedoch nur ein Teil der Diskussion über diese enorme Herausforderung für uns alle. In meinem heutigen Vortrag möchte ich mich dieser Krise auf direktere Weise stellen.
Das Anti‐Stalin‐Paradigma (ASP)
Was ich als das ASP bezeichne, ist ein Spezialfall des antikommunistischen Geschichtsparadigmas (AKP). In seiner Grundformulierung stellt das AKP die Geschichte des letzten Jahrhunderts auf den Kopf. Die westlichen, imperialistischen Länder sind angeblich »demokratisch«, »frei« und stehen für »Menschenrechte«. Die Länder des ehemaligen sozialistischen Blocks, insbesondere die Sowjetunion der Stalin‐Ära, seien »Diktaturen«, »totalitär«, »unfrei« und »gegen die Menschenrechte«. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall.
Dem ASP zufolge war Stalin ein blutrünstiger Diktator, der Millionen von Sowjetbürgern tötete, Komplotte gegen viele Kommunisten anzettelte und unzählige »Verbrechen« beging. Das alles ist falsch. Dieses Paradigma wird im akademischen Bereich der sowjetischen Geschichte und über diesen in den intellektuellen und semipopulären Medien und dann in den populären Massenmedien strikt durchgesetzt. Gemäß dem ASP gilt es als illegitim und außerhalb der Grenzen einer seriösen Diskussion, ein jegliches Verbrechen, dessen Stalin beschuldigt wurde, zu widerlegen.
Ein Beispiel dafür ist ein Artikel von Professor Matthew Lenoe, »Did Stalin Kill Kirov and Does It Matter?«, Journal of Modern History 74 (2), 2002. Lenoe besteht darauf, dass es »keine Rolle spielt«, denn obwohl Stalin Kirow nicht getötet hat, war Stalin so böse, dass die Tatsache, dass er nicht schuldig war, diesen einen Mann, Sergej Kirow, getötet zu haben, unbedeutend war.
In seinem 2010 erschienenen Buch The Kirov Murder and Soviet History (Der Kirow‐Mord und die sowjetische Geschichte) verbringt Lenoe fast anderthalb Seiten damit, seinen Lesern zu versichern, dass er, Lenoe, Freiheit und Demokratie liebt und Diktatur hasst, obwohl er selbst zu dem Schluss gekommen ist, dass Stalin Kirow nicht ermordet hat. Niemand sollte auch nur eine Minute lang denken, dass er, Lenoe, »pro‐Stalin« sei – etwas, wovor Lenoe offensichtlich Angst hat, da er gegen das ungeschriebene, aber allgemein anerkannte ASP verstößt, indem er behauptet, dass Stalin dieses spezielle Verbrechen nicht begangen habe.
Mein eigener Weg zur Sowjetgeschichte
Ich möchte kurz erläutern, wie ich dazu kam, über die Stalin‐Ära in der UdSSR zu forschen. Meine Geschichte veranschaulicht eine Reihe wichtiger Themen, auf die ich später noch näher eingehen werde: den Einfluss des Antikommunismus, die Notwendigkeit der Objektivität bei der Suche nach der Wahrheit und den völligen Bankrott des Berufsstands der Sowjetgeschichtsschreibung – eine Korruption, der selbst die besten Historiker auf diesem Gebiet nicht ganz entkommen können.
Im Jahr 1967, als ich mir eine Demonstration gegen den Vietnamkrieg in Manhattan ansah, bemerkte ein Freund von mir, dass er und ich mit dem vorbeiziehenden Kontingent mitmarschieren sollten, das die Flagge des »Vietcong« trug. In diesem Moment sagte uns ein anderer Zuschauer, dass wir uns dem Krieg der USA in Vietnam nicht widersetzen sollten. Wir fragten ihn: »Warum nicht?« Er antwortete: »Weil die Nationale Front für die Befreiung Südvietnams von der Kommunistischen Partei Vietnams geführt und kontrolliert wird; die Kommunistische Partei Vietnams wird von Ho Chi Minh geführt, Ho wurde von Josef Stalin ausgebildet und Stalin hat 20 Millionen Menschen getötet.«
Diese Behauptung ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich »glaubte« ihr nicht. Ich »widersprach« ihr aber auch nicht. Stattdessen nahm ich mir vor, mich eines Tages, wenn ich meine Doktorarbeit in vergleichender Literaturwissenschaft des Mittelalters abgeschlossen und einen Job gefunden hätte, eingehender mit den Fragen zu Josef Stalin zu befassen.
Robert Conquest: Der Große Terror
Ein paar Jahre später kaufte ich mir ein Exemplar von Robert Conquests Buch The Great Terror. Stalin’s Purge of the Thirties aus dem Jahr 1968 und studierte es. Was ich darin las, erschütterte mich zutiefst – Seite um Seite Anschuldigungen, dass Stalin Massenmorde und andere schreckliche Verbrechen begangen habe. Also beschloss ich, mich mit den Anschuldigungen gegen Stalin und damit auch gegen die UdSSR seiner Zeit zu befassen.
Ich erstellte eine Kartei mit allen Fußnoten aus dem Mammutwerk von Conquest. Über einen Zeitraum von drei Jahren verbrachte ich meine Freizeit damit, mit dem Bus von meiner Wohnung in New Jersey zur New York Public Library mit ihrer großartigen slawischen Sammlung zu fahren. Dort überprüfte ich die Fußnoten von Conquest. Was ich fand, war folgendes:
- Conquest hatte KEINE primären Quellenbelege. Er übernahm alle Faktenbehauptungen gegen Stalin aus sowjetischen Quellen aus der Chruschtschow‐Ära und aus vielen anderen antikommunistischen Quellen. Aber keine davon enthielt Beweise.
- Conquest »glaubte« einfach – das heißt, er schlug vor, dass seine Leser glauben sollten –, dass jede Aussage eines praktisch jeden Schriftstellers, solange sie stalinfeindlich war, als wahr akzeptiert werden sollte. Nicht zufällig verwendete Conquest Leon Trotzkis Autobiografie Mein Leben als eine seiner Quellen, ebenso wie Isaac Deutschers schmeichelhafte und unehrliche Trotzki‐Biografie.
- Conquests Buch enthält mehr als 1000 Fußnoten. Viele davon beziehen sich jedoch auf antikommunistische Bücher, die von antikommunistischen Rezensenten zu dieser Zeit kritisch, ja sogar negativ, bewertet wurden. Und KEINE davon enthielt IRGENDEINEN Beweis.
Mir wurde klar, dass alle professionellen Wissenschaftler für sowjetische Geschichte, die Conquests Buch positiv bewerteten, sich selbst oder einander entweder täuschten oder wirklich nicht wussten, was Primärquellenbeweise sind.
Zu dieser Zeit wusste ich noch nicht, dass es das Anti‐Stalin‐Paradigma gab. Ich wurde 1985 erstmals darauf aufmerksam. Ich hatte einen jungen Gelehrten kennengelernt – Sie würden seinen Namen wiedererkennen –, der einer der Herausgeber von Russian History war, einer wissenschaftlichen Zeitschrift, die noch heute erscheint. Auf seinen Vorschlag hin verfasste ich einen Artikel über die Tuchatschewski‐Affäre und schickte ihn ihm. (Die Tuchatschewski‐Affäre ist die Verschwörung hochrangiger sowjetischer Militärkommandeure gegen die Sowjetregierung und in Zusammenarbeit mit dem deutschen Oberkommando). In diesem Artikel überprüfte ich alle Beweise dafür, dass es sich um ein Komplott Stalins handelte, und kam zu dem Schluss, dass es keine Beweise gab, die diese Schlussfolgerung stützten.
Der junge Rezensent ließ mich den Artikel mehrmals umschreiben und ließ ihn auch von anderen jungen Wissenschaftlern, die er kannte, überprüfen. Schließlich teilte er mir mit, dass er zur Veröffentlichung bereit sei.
An diesem Punkt lehnte der Herausgeber von Russian History, Charles Schlacks, den Artikel ab. Aber Schlacks lehnte meinen Artikel nicht aus akademischen Gründen ab. Vielmehr beanstandete er ihn mit der Begründung, dass »er Stalin gut aussehen ließ«. Natürlich tat mein Artikel nichts dergleichen. Der wahre Grund, warum er ihn ablehnte, war, dass er nicht zu dem Schluss kam, dass Stalin Tuchatschewski und die anderen »verleumdet« hatte. Mein Artikel kam zu dem Schluss, dass es aufgrund der Beweise, die Anfang der 1980er Jahre vorlagen, unmöglich war, die Unschuld Tuchatschewskis zu behaupten. Daher kam ich zu dem Schluss, dass »wir es einfach nicht wissen«.
Zu seiner Ehrenrettung muss gesagt werden, dass der junge Wissenschaftler, der meinen Artikel geprüft hatte, darauf bestand, dass er veröffentlicht wird. Er drohte sogar damit, aus dem Redaktionskollektiv auszutreten, falls der Verlag ihn nicht veröffentlichen würde, da er die entsprechende wissenschaftliche Prüfung durchlaufen hatte.
Mein Artikel wurde also veröffentlicht – aber auf seltsame Weise. Die Ausgabe, in der er erschien, enthält eine Einleitung mit einem Kommentar zu jedem Artikel in dieser Ausgabe – mit Ausnahme meines Artikels. In der Einleitung wird mein Artikel einfach überhaupt nicht erwähnt. Diese Einleitung wurde von demselben jungen Wissenschaftler verfasst!
Offensichtlich spiegelte diese Auslassung die Tatsache wider, dass der Herausgeber meinen Artikel nicht veröffentlichen wollte und sicherlich nicht die Aufmerksamkeit darauf lenken wollte. Ironischerweise hat die Tatsache, dass nur mein Artikel keinen Kommentarabschnitt hat, den Effekt, die Aufmerksamkeit auf etwas Wichtiges zu lenken – das Anti‐Stalin‐Paradigma.
Dies war meine erste Begegnung mit dem, was ich heute als Anti‐Stalin‐Paradigma oder ASP bezeichne. Meine zweite Begegnung mit dem ASP müssen wir auf das Jahr 2005 vorverlegen. In diesem Jahr veröffentlichte ich in der Online‐Fachzeitschrift Cultural Logic einen zweiteiligen Artikel mit dem Titel »Stalin und der Kampf um demokratische Reformen«. Sie können ihn hier herunterladen: Teil 1; Teil 2.
Als der Artikel veröffentlicht wurde, trat ein bekannter amerikanischer Trotzki‐Forscher, der daher stark gegen Stalin voreingenommen war, aus Protest aus dem Redaktionsausschuss von Cultural Logic aus und teilte den anderen Redakteuren mit, dass mein Artikel niemals hätte veröffentlicht werden dürfen. Die Redakteure luden ihn ein, eine Widerlegung oder Kritik meines Artikels zu veröffentlichen. Er weigerte sich jedoch, eine solche zu verfassen und wiederholte lediglich, dass mein Artikel niemals hätte veröffentlicht werden dürfen.
Meine dritte Begegnung mit dem ASP fand 2018 statt, als ich mein Buch über das Massaker von Katyn veröffentlichte. In diesem Buch zeige ich anhand von Primärquellenbeweisen, dass die Sowjetunion die polnischen Kriegsgefangenen bei diesem Massaker unmöglich erschossen haben kann. Ich decke auch die Unehrlichkeit der beiden einzigen großen akademischen Studien über Katyn auf.
Einige Jahre lang war ich Mitglied der Mailingliste H‑Poland, einer der über 100 akademischen Mailinglisten, die von der University of Michigan betrieben werden und als H‑Net‐Listen bekannt sind. Diese Liste enthält einen monatlichen Beitrag mit neuen Büchern zur polnischen Geschichte. Ich habe mein Buch zur Aufnahme in diese Liste eingereicht. Daraufhin hat mich der Moderator der Liste ohne Erklärung oder Einspruchmöglichkeit von der Liste ausgeschlossen. Dies verstieß gegen die H‑Net‐Richtlinien. Die H‑Net‐Manager weigerten sich jedoch, mich wieder in die Liste aufzunehmen.
Chruschtschows Lügen
Mein erstes Buch, Khrushchev Lied (2012, deutsch: Chruschtschows Lügen, 2014), liefert den Beweis für meine Entdeckung, dass in Nikita Chruschtschows berüchtigter »Geheimrede« vor dem XX. Parteitag der KPdSU am 25. Februar 1956 jede Anschuldigung eines Verbrechens gegen Stalin (und gegen Lawrenti Beria) nachweislich falsch ist. Es wurde im Dezember 2007 auf Russisch veröffentlicht. Obwohl es 13.000 Mal verkauft wurde, erregte es außerhalb Russlands nur sehr wenig Aufmerksamkeit. Die englischsprachige Ausgabe wurde im Februar 2011 veröffentlicht.
Damals war mir noch nicht ganz klar, was es bedeutete, dass Chruschtschow in dieser weltbewegenden »Geheimrede« nichts als Lügen über Stalin erzählt hatte. Es dauerte eine Weile, bis ich mich fragte: »Warum hat Chruschtschow in dieser Rede nur Lügen erzählt? Warum hat er nicht ein paar wahre»Verbrechen Stalins« in seine Lügen eingestreut?
Die Antwort ist für mich heute klar. Chruschtschow wusste nichts von echten »Verbrechen Stalins«. Chruschtschows Forscher konnten nicht einen einzigen Beweis für ein »Verbrechen Stalins« finden! Denn wenn sie einen gefunden hätten, hätte Chruschtschow sie sicherlich in seine »Geheimrede« aufgenommen.
Im Oktober 1961 leitete Chruschtschow den XXII. Parteitag der KPdSU. Chruschtschows Anhänger griffen Stalin heftig an. Wieder einmal sind diese Anschuldigungen – die ich dank Dokumenten aus ehemals geheimen sowjetischen Archiven überprüfen konnte – alle falsch.
Nach dem XXII. Parteitag taten Chruschtschow und seine Männer zwei Dinge. Erstens förderten sie eine Flut von pseudohistorischen Artikeln und Büchern über »Stalins Verbrechen«. Ich habe viele dieser Bücher und Artikel überprüft. KEINES davon enthält IRGENDEINEN Beweis aus Primärquellen.
Aber warum enthielten diese Bücher keine Primärquellen? Hier ist der Grund dafür. 1962 hielt das Chruschtschow‐Regime eine Konferenz für Parteihistoriker – Historiker der KPdSU – ab. Dort teilte ihnen Pjotr Pospelow, einer von Chruschtschows Kumpanen, ausdrücklich mit, dass ihnen der Zugang zu Dokumenten im Zentralen Parteiarchiv verboten sei (Vsesoiuznoe soveshchanie, 298). Pospelov teilte den versammelten Parteihistorikern mit, dass sie anstelle des Zugangs zu den Parteiarchiven das Lehrbuch der Parteigeschichte aus der Chruschtschow‐Ära und die Protokolle des XXII. Parteitags heranziehen müssten.
Allmählich wurde mir klar, dass die Archive keine Beweise für die Anschuldigungen aus der Chruschtschow‐Ära gegen Stalin enthalten dürfen. Tatsächlich müssen sie Beweise enthalten, die Chruschtschows Anschuldigungen von »Verbrechen« gegen Stalin widerlegen – oder warum hätte Chruschtschow diesen vertrauenswürdigen Parteihistorikern sonst den Zugang zu diesen Archiven verbieten sollen?
Als Zweites setzte Chruschtschow eine hochrangige Kommission unter dem Vorsitz von Nikolai Schwernik, einem alten Bolschewiken, ein, um Beweise für die Unschuld der Angeklagten in der Tuchatschewski‐Affäre und der Moskauer Prozesse zu finden. Diese Kommission verfasste zwei umfangreiche Dokumente, die heute als »Schwernik‐Berichte« bekannt sind, eines in den Jahren 1962 – 63 und das andere im Jahr 1964. Keines der beiden Dokumente wurde vor 1994, nach dem Ende der UdSSR, veröffentlicht.
In diesen Berichten versuchten die Forscher nach Kräften, Beweise dafür zu finden, dass die Militärkommandeure und die Angeklagten der Moskauer Prozesse »reingelegt« worden waren, dass sie »unschuldige Opfer Stalins« waren. Aber sie konnten keine Beweise dafür finden. Tatsächlich fanden sie Beweise für das Gegenteil!
1987 startete Michail Gorbatschow, damals Erster Sekretär der KPdSU, einen weiteren anhaltenden Angriff auf Stalin. Wie bei Chruschtschow wurde er von einer Flut pseudohistorischer Artikel und Bücher begleitet, die oft in hunderttausenden Exemplaren veröffentlicht wurden. Gorbatschow griff auch auf Materialien aus der Chruschtschow‐Ära zurück.
Ich habe viele der von Gorbatschow gesponserten Werke studiert. KEINES davon enthält Beweise aus erster Hand, die die Anschuldigungen stützen, Stalin habe irgendwelche »Verbrechen« begangen. Hier ist ein Beispiel:
1988 entschied der Oberste Sowjet, dass Nikolai Bucharin und einige andere Angeklagte im Dritten Moskauer Prozess vom März 1938 unschuldig waren. Das Dokument mit dem Urteil des Obersten Sowjets ist in Russland auch heute, im Jahr 2024, immer noch geheim.
2007 entdeckte ich den vollständigen Text dieses Urteils des Obersten Sowjetgerichts im »Volkogonov‐Archiv« – Dokumente aus sowjetischen Archiven, die Anfang der 1990er Jahre von General Dmitri Volkogonov, einem erbitterten Feind Stalins und des Kommunismus und einem sehr engen Vertrauten Gorbatschows und Jelzins, aus Russland exportiert worden waren.
Im Jahr 2010 veröffentlichten mein in Moskau ansässiger Kollege Vladimir L. Bobrov und ich einen Artikel in russischer Sprache, der zeigte, dass das Oberste Sowjetgericht bei seiner Entscheidung ABSICHTLICH GELOGEN hatte. Darin zitieren die Richter des Obersten Sowjetgerichts aus einem Geständnis von Michail Frinowski aus dem Jahr 1939. Frinowski war Nikolai Jeschows Vizekommissar, seine rechte Hand, im NKWD.
1988 war Frinowskis Geständnis noch geheim. Niemand konnte es einsehen. Als es schließlich 2006 veröffentlicht wurde, konnten wir sehen, dass Frinowski in Wirklichkeit ausgesagt hatte, dass Bucharin nicht unschuldig, sondern schuldig war!
Ich habe inzwischen 16 Bücher auf Englisch veröffentlicht, in denen ich die Lügen über Josef Stalin aufdecke. Ich möchte Ihnen kurz von den letzten drei erzählen.
- In The Fraud of the »Testament of Lenin« (2022) habe ich gezeigt, dass die von Lenin zwischen Ende Dezember 1922 und März 1923 verfassten Dokumente, die Stalin kritisieren, Fälschungen sind.
- In Stalin Exonerated. Fact‐Checking the Death of Solomon Mikhoels (2023) zeigen Vladimir Bobrov und ich, dass die von allen bürgerlichen Gelehrten und natürlich von Trotzkisten akzeptierte Geschichte, Stalin habe im Januar 1948 den Mord an dem jiddischen Theaterregisseur Solomon Mikhoels angeordnet, eine weitere Fälschung ist.
- In Trotsky’s Comintern Conspiracy (2024) zeigen Vladimir und ich, dass die Komintern von trotzkistischen Verschwörern durchsetzt war, darunter Osip Pjatnickij, der ehemalige Führer der Komintern.
In diesen wie in allen meinen anderen Büchern stütze ich mich auf Beweise aus Primärquellen.
Was sind Beweise?
Dies wirft die Frage auf: Was sind Beweise?
Viele Menschen, darunter auch viele, die sich selbst als Marxisten‐Leninisten bezeichnen, kümmern sich nicht um Beweise.
Was sie wollen, ist Material, das ihre vorgefassten Meinungen und Vorurteile bestätigt. Dies ist der logische Trugschluss, der als »Bestätigungsvoreingenommenheit« bezeichnet wird. Personen, die so denken, sind NICHT an der Wahrheit interessiert.
Was sind also Beweise? Primärquellenbeweise – in der Regel, wenn auch nicht immer, Dokumente – sind die EINZIGEN gültigen Beweise.
Was ist dann ein »Primärquellenbeweis«? Es handelt sich um Beweise, die so nah wie möglich an der untersuchten Angelegenheit sind. Solche Beweise sind voreingenommen, da sie, wie alle Beweise, von Menschen erstellt werden und wir alle Vorurteile haben. Aber sie spiegeln nur die Vorurteile ihrer Zeit und ihres Ortes wider, so nah wie möglich an der untersuchten Angelegenheit.
Sobald Sie anfangen, auf Primärquellenbeweise zu bestehen, ändert sich Ihre Sichtweise auf alles. Primärquellen sind nicht von den Vorurteilen späterer Epochen geprägt. So sind beispielsweise Primärquellen aus den 1930er Jahren eng mit den Moskauer Prozessen verknüpft.
Aussagen, Geständnisse und dergleichen, die während der Zeit von Nikita Chruschtschow, von 1956 bis 1964, über die Moskauer Prozesse gemacht wurden, sind jedoch KEINE Primärquellenbeweise. Denn diese Aussagen spiegeln unweigerlich die Vorurteile der Zeit Chruschtschows wider. Und tatsächlich wissen wir, dass Chruschtschow falsche Zeugenaussagen gegen Stalin einholte, genau wie Gorbatschow es später wieder tat.
Lassen Sie mich dies anhand eines Beispiels verdeutlichen.
Viele Jahre lang waren die Prozessprotokolle selbst die einzige Primärquelle, die wir zu den Moskauer Prozessen von 1936 bis 1938 hatten. Alle Beweise in diesen Protokollen deuten auf die Schuld der Angeklagten hin.
Viele Menschen haben damals und auch später bestritten, dass die Angeklagten schuldig waren. Aber sie hatten KEINEN BEWEIS dafür, dass die Moskauer Prozesse abgekartete Verfahren waren. Die EINZIGEN verfügbaren Primärquellenbeweise waren die Prozessprotokolle.
Da die einzigen Primärquellenbeweise eindeutig auf die Schuld der Angeklagten hindeuteten, war und ist es für NIEMANDEN – weder damals noch heute – gerechtfertigt, eine andere Schlussfolgerung zu ziehen als diese: AUFGRUND DER BEWEISE waren die Angeklagten der Moskauer Prozesse schuldig.
Betrachten wir die Anschuldigung, dass Leo Trotzki mit den Nazis kollaboriert hat:
- Wir haben zahlreiche Beweise dafür, dass Trotzki mit den Nazis und den Japanern kollaborierte und andere Verbrechen beging.
- Wir haben KEINE Beweise dafür, dass diese Beweise gegen Trotzki »erfunden« oder gefälscht wurden.
Daher muss eine OBJEKTIVE Beurteilung folgendermaßen lauten: »Angesichts der Tatsache, dass ALLE uns jetzt vorliegenden Beweise auf Trotzkis Schuld hindeuten, verlangt die Objektivität, dass wir zu dem Schluss kommen, dass Trotzki schuldig war.
Sollten in Zukunft weitere Beweise aus erster Hand entdeckt werden, die dieser Schlussfolgerung widersprechen, müssen wir bereit sein, unser Urteil zu revidieren oder sogar umzukehren – vorausgesetzt, wir sind an der Wahrheit interessiert.«
Trotzki stritt seine Schuld natürlich ab. Aber für jemanden, der ernsthaft nach historischer Wahrheit sucht, sind Trotzkis Dementis nicht von Interesse. Warum? Weil wir erwarten, dass sowohl Schuldige als auch Unschuldige ihre Unschuld beteuern.
Es gab NIE IRGENDEINEN Beweis dafür, dass die Moskauer Prozesse ein abgekartetes Spiel waren. Im Gegenteil: ALLE Beweise aus Primärquellen deuten auf die Schuld der Angeklagten hin. Und jetzt haben wir aus den ehemaligen sowjetischen Archiven eine enorme Menge an WEITEREN Beweisen aus Primärquellen für die Schuld der Angeklagten in den Moskauer Prozessen.
Es besteht also kein Zweifel: Die Angeklagten der Moskauer Prozesse waren zumindest der Verbrechen schuldig, zu denen sie sich selbst schuldig bekannt hatten. Leo Trotzki arbeitete tatsächlich mit den Nazis zusammen (neben anderen schweren Verbrechen).
Dennoch »glauben« viele Menschen, dass die Angeklagten der Moskauer Prozesse unschuldig waren und von Stalin und der Staatsanwaltschaft »verleumdet« wurden. Sie glauben dies trotz ALLER Beweise aus Primärquellen.
Sie sind es gewohnt, das Wort von akademischen Experten in vielen Bereichen zu akzeptieren, warum also nicht auch das Wort von akademischen Experten für sowjetische Geschichte? Außerdem glauben sie dies, weil sie nicht verstehen, was Beweise sind oder wie man sie verwendet.
Geständnisse als Beweismittel
Viele Menschen, darunter auch Historiker, die es eigentlich besser wissen sollten, gehen davon aus, dass Geständnisse als Beweismittel zweifelhaft oder sogar ungültig sind, weil sie möglicherweise durch Gewalt oder Drohungen gegen den Gefangenen oder seine Verwandten erlangt wurden. Solche Menschen lehnen die in Geständnissen enthaltenen Beweise ab. Ihre Argumentation geht in etwa so:
»Da es oft keine »materiellen« Beweise gibt – zum Beispiel Dokumente, in denen die Verschwörer ihre Verschwörung darlegen, vielleicht sogar in der Handschrift der Verschwörer selbst, die in ihren Häusern gefunden wurden und ihre Unterschriften enthalten und so weiter – bedeutet dies, dass es keine Beweise gegen den Angeklagten gibt, außer den Geständnissen des Angeklagten oder den Anschuldigungen in den Geständnissen anderer Gefangener. Aber Geständnisse können gefälscht werden, und wir wissen, dass viele vom NKWD gefälscht wurden. Folglich müssen die Angeklagten als unschuldig und der Prozess als Farce betrachtet werden.«
Tatsächlich verwenden Antikommunisten häufig das Wort »Farce«, um beispielsweise die drei Moskauer Prozesse von 1936, 1937 und 1938 abzutun. Diejenigen, die das Wort »Farce« verwenden, sind sich offensichtlich nicht bewusst, dass sie damit, vielleicht unbewusst, zugeben, dass sie keine Beweise dafür haben, dass die Prozesse Fälschungen waren. Sie gehen einfach davon aus, dass sie es waren.
Diese Argumentation ist natürlich falsch. ALLE Beweise – Dokumente, materielle Objekte wie Bücher und Fotos, Zeugenaussagen jeglicher Art – können gefälscht werden. Es ist mindestens genauso schwierig – und vielleicht sogar noch schwieriger – erfahrene Revolutionäre zu falschen Geständnissen zu überreden, als falsche Dokumente mit gefälschter Handschrift und Unterschrift zu erstellen oder gefälschte Fotos zu machen. Jeder moderne Staat, in den 1930er Jahren wie heute, verfügt über die technischen Mittel, um jede Art von gefälschten Beweisen zu erstellen, die – wenn überhaupt – nur durch destruktive Untersuchungsmethoden als Fälschung entlarvt werden können, die niemals erlaubt sind.
Geständnisse sind nicht mehr oder weniger anfällig für Fälschungen als jede andere Art von Beweismitteln. Was der Historiker im Falle von Geständnissen tun muss, wie bei jeder Art von Beweismitteln, ist, sie sorgfältig zu studieren und mit den anderen vorhandenen Beweismitteln zu vergleichen, um nach Ähnlichkeiten und Unterschieden, Widersprüchen und Übereinstimmungen zu suchen.
Tatsächlich legte die sowjetische Anklagevertretung bei den Moskauer Prozessen »materielle« Beweise vor. Beim ersten Moskauer Prozess im August 1936 einen Reisepass (englische Abschrift, S. 89); beim zweiten Moskauer Prozess im Januar 1937 ein Notizbuch (englische Abschrift, S. 272). Aber Antikommunisten und Trotzkisten ignorieren diese Fakten einfach. Sie wissen, dass nur sehr wenige Menschen die mehr als 1500 Seiten der Prozessprotokolle lesen und dabei feststellen werden, dass es tatsächlich »materielle Beweise« gegen die Angeklagten gab.
Wie können wir also feststellen, ob ein Angeklagter zu Unrecht verurteilt wurde? Die Antwort lautet: Wir müssen die BEWEISE ausfindig machen und untersuchen, die die sowjetische Staatsanwaltschaft beim Prozess des Angeklagten hatte.
Chruschtschows und Gorbatschows Männer »rehabilitierten« die Angeklagten der Moskauer Prozesse und viele andere, die in den 1930er und 1940er Jahren hingerichtet worden waren. Vladimir Bobrov und ich haben alle »Rehabilitationsberichte« aus der Chruschtschow‐ und Gorbatschow‐Ära, die wir finden konnten, beschafft und studiert. Wir haben nicht einen einzigen gefunden, der Beweise lieferte. Dennoch werden sie von Antikommunisten und Trotzkisten als »Beweis der Unschuld« angesehen.
Wenn es um historische Beweise geht, gibt es so etwas wie »Glaubwürdigkeit« nicht. Alle Beweise müssen angezweifelt und sorgfältig geprüft werden.
Aber es gibt noch andere Hindernisse, die der Wahrheitsfindung im Wege stehen.
Objektivität
Der Historiker Michael Schudson hat Objektivität als »eine Ideologie des Misstrauens gegenüber dem Selbst« bezeichnet (Discovering the News, 71). Um sie in die Tat umzusetzen, um Objektivität zu »operationalisieren«, müssen wir uns daher besonders bemühen, einen aufrichtigen, entschlossenen und sorgfältigen Versuch zu unternehmen, unsere eigenen bereits bestehenden Vorurteile und vorgefassten Meinungen zu minimieren. Wir müssen »mit besonderer Skepsis« auf alle Beweise oder Berichte schauen, die unsere eigenen Vorurteile stützen könnten. Gleichzeitig müssen wir »alle Beweise, die unseren eigenen Vorurteilen widersprechen könnten, besonders großzügig und wohlwollend berücksichtigen«.
Wenn wir dies nicht tun, werden wir unweigerlich der sogenannten »Bestätigungsvoreingenommenheit« zum Opfer fallen – der Tendenz, Materialien, die unsere eigene Voreingenommenheit stützen, mit Sympathie zu betrachten und Beweise, die unsere Voreingenommenheit widerlegen könnten, skeptisch zu betrachten oder sogar abzulehnen. Wenn wir dies tun – und dies ist bei weitem die übliche Praxis auf dem Gebiet der Geschichtsschreibung der Sowjetunion zur Stalinzeit – werden wir nicht nur niemals die Wahrheit erfahren, da wir durch unsere eigene Voreingenommenheit geblendet sind. Wir werden die Wahrheit nicht einmal erkennen, wenn wir zufällig darauf stoßen!
Voreingenommenheit kann offen oder versteckt (verdeckt) sein. Ersteres ist relativ leicht zu erkennen. Die meisten Geschichtsschreibungen der Stalinzeit (ganz zu schweigen von den Medienberichten) sind von offener Voreingenommenheit geprägt. Wenn Sie mit einer offenkundigen Voreingenommenheit konfrontiert werden, können Sie das Gesagte (oder Gelesene) getrost ignorieren. Es besteht KEINE CHANCE, dass es sich um einen wahrheitsgemäßen Bericht handelt, da der Autor nicht objektiv war. Dies disqualifiziert alle der berühmtesten akademischen »Experten«, die sich auf die Sowjetgeschichte berufen – alle.
Es disqualifiziert auch alles, was beispielsweise von der Hoover Institution veröffentlicht wurde, sowie alle Bücher oder Artikel, die von einem »Fellow« der Hoover Institution veröffentlicht wurden, wie es Robert Conquest war oder Stephen Kotkin ist. Warum?
Weil das Institut Hoover die größte und am besten finanzierte antikommunistische Forschungseinrichtung der Welt ist. Es veröffentlicht niemals etwas, das als »pro‐kommunistisch« oder »pro‐stalinistisch« ausgelegt werden könnte. Daher besteht KEINE Chance, dass es die Wahrheit veröffentlicht.
Aus dem gleichen Grund sollten Sie auch alles, was von einem bekennenden Trotzkisten veröffentlicht wird, ignorieren. Ein trotzkistischer Historiker hat keinen Anreiz, die Wahrheit zu sagen. Er ist gezwungen, gegen Stalin gerichtete Schlussfolgerungen zu ziehen und pro‐trotzkistische Darstellungen zu unterstützen. Daher ist er NICHT daran interessiert, seine eigene Voreingenommenheit in Frage zu stellen – das heißt, objektiv zu sein.
Sofern eine Person Trotzkist ist, ist diese Person KEIN Marxist. Warum? Weil Marxisten Materialisten sind. Materialisten beurteilen die Wahrheit oder Falschheit von Tatsachenbehauptungen – Aussagen – auf der Grundlage von Beweisen, nicht von Glauben oder Überzeugung. Trotzkisten haben sich jedoch dafür entschieden, Trotzki und allem, was er schrieb, zu »glauben«, unabhängig von den Beweisen. Daher kann ein trotzkistischer Historiker niemals zu wahrheitsgemäßen Schlussfolgerungen über die Sowjetunion der Stalin‐Ära gelangen.
Verwendung sowjetischer Beweismittel
Manchmal hört man die Behauptung, dass »sowjetische Beweise gefälschte Beweise sind«. Das ist jedoch falsch. Sowjetische Primärquellen sind als Beweismittel genauso nützlich wie alle anderen Quellen. Darüber hinaus verwenden Stalingegner und Trotzkianhänger ständig sowjetische Beweise! Der verstorbene Vadim Z. Rogovin, der berühmteste trotzkistische Historiker der Stalinzeit, verwendete in seinen zahlreichen Büchern hunderte Male sowjetische Quellen. Es ist ein Trugschluss zu behaupten, dass sowjetische Beweise ungültig sind, wenn sie beispielsweise zeigen, dass Trotzki schwerer Verbrechen und Verschwörungen schuldig war, aber gültig sind, wenn sie zeigen, dass Stalin dieses oder jenes Verbrechen begangen hat.
Es ist auch falsch zu behaupten, wie es viele Trotzkisten und Antikommunisten tun, dass »Trotzki nicht mit den Deutschen kollaboriert haben kann, weil in den erbeuteten deutschen Archiven keine Beweise für diese Zusammenarbeit aufgetaucht sind«.
Ich habe dieses Argument in mehreren meiner Bücher und in mindestens drei meiner hier aufgezeichneten Podcasts ausführlich erörtert. Siehe zum Beispiel mein Buch New Evidence of Trotsky’s Conspiracy (2020), Seiten 22 – 24, für eine ausführliche Diskussion dieses Punktes.
Das Fazit lautet: Es ist unzulässig, Trotzki aufgrund von fehlenden Beweisen für unschuldig zu erklären, während die zahlreichen Beweise für seine Schuld ignoriert werden. Ein wissenschaftliches Prinzip besagt: Die Abwesenheit von Beweisen ist kein Beweis für die Abwesenheit. Wir müssen mit den uns vorliegenden Beweisen arbeiten. Im Fall der Zusammenarbeit Trotzkis haben wir eine ganze Menge davon.
Viele unehrliche Autoren verlassen sich auf die Tatsache, dass die meisten ihrer Leser nicht wissen, was Beweise sind oder wie man sie versteht.
Das ist nicht überraschend. Die meisten Menschen arbeiten nicht mit historischen Beweisen und betreiben keine historische Forschung. Warum sollten wir also erwarten, dass sie wissen, was Beweise sind, was sie nicht sind und wie man sie verwendet? Natürlich wissen sie es nicht.
Aber viele Menschen mit Hochschulabschluss und insbesondere Menschen mit höheren Abschlüssen gehen davon aus, dass sie wissen, wie man historische Beweise verwendet. Und das, obwohl sie sich noch nie ernsthaft mit dieser Frage auseinandergesetzt haben und nie darin geschult wurden, sie zu verwenden! Solche Personen lassen sich besonders leicht mit trügerischen Argumenten täuschen.
Unkenntnis logischer Fehlschlüsse
Ein Aspekt der allgemeinen Unkenntnis darüber, wie man Beweise identifiziert und verwendet – denken Sie daran, dass Beweise aus Primärquellen die EINZIGEN gültigen Beweise sind – ist die allgemeine Unkenntnis logischer Fehlschlüsse – das heißt, Fehler in der »informellen Logik« (es gibt gute Wikipedia‐Seiten zu diesen Themen: »Informeller Fehlschluss«, »Liste der Fehlschlüsse«, »Informelle Logik«).
Hier sind einige der häufigsten Trugschlüsse, die ich immer wieder bei Personen sehe, die mir schreiben, sowie bei Personen, die meine Arbeit kritisieren wollen, und auch in der Arbeit antikommunistischer Historiker:
- Bestätigungsvoreingenommenheit
- Ad‐hominem‐Argument – z. B. Angriff der Person
- Berufung auf Autorität
- Zirkelschluss – d. h. die Annahme dessen, was bewiesen werden soll
- Argument aus Unglauben – »Ich kann das nicht glauben, also ist es nicht wahr – oder also ist es weniger wahrscheinlich wahr.«
- Argument der Wiederholung – man hört eine Tatsachenbehauptung so oft, aus so vielen verschiedenen Quellen, dass man das Gefühl hat, dass zumindest etwas Wahres daran sein muss.
- Assoziations‐Trugschluss – »Grover Furr ist ein Stalinist« [auch ein Beispiel für ein Ad‐Hominem‐Argument, Angriff der Person], also braucht man seine Forschungsergebnisse nicht zu lesen, weil Stalinisten im Unrecht sind.« »Schuld durch Assoziation« ist eine andere Version davon.
- Argument aufgrund des Motivs – »Furr will Stalin von jeglicher Schuld freisprechen, daher kann man alles, was er schreibt, abtun.«
- »Mitläufertum« – »Alle Experten sagen es (Appell an die Autorität), also können wir ziemlich sicher sein, dass es wahr ist.«
- Ablenkungsmanöver. Im ersten Moskauer Prozess behauptete der Angeklagte Gol’tsman, er habe im November 1932 Trotzkis Sohn Leon Sedov in einem Kopenhagener Hotel getroffen und sei dann zu Trotzki gefahren. Der »Ablenkungsversuch« ist der Beweis dafür, dass er Sedov nicht getroffen haben kann, da Sedov nicht dort war. Das bedeutet aber nicht, dass er Trotzki nicht getroffen hat.
- Beweislastumkehr: Es ist an Furr (oder wem auch immer), zu erklären, warum es in den deutschen und japanischen Archiven keine Beweise für Trotzkis Verschwörung mit den Deutschen und Japanern gibt, anstatt sich mit den Bergen sowjetischer Beweise für Trotzkis Kollaboration zu befassen.
- Argument aus den Folgen – Wenn Furr Recht hat, dass Trotzki mit den Deutschen und Japanern kollaboriert hat, dann ist die gesamte trotzkistische Bewegung der letzten 90 Jahre eine Täuschung. Das ist inakzeptabel, denn für Trotzkisten und Antikommunisten wäre das so schrecklich, dass es einfach nicht wahr sein kann.
Warum halten viele Menschen Stalin für einen Verbrecher?
Die kurze Antwort lautet: aus demselben Grund, aus dem viele den Kommunismus und die kommunistische Bewegung für schlecht halten – antikommunistische, gegen Stalin gerichtete Propaganda.
Nach der Russischen Revolution wurde in den USA das Fach »Soviet Studies« ins Leben gerufen, um Munition in Form von akademisch klingenden Unwahrheiten für den politischen Antikommunismus zu liefern. Es ging nie in erster Linie darum, die Wahrheit über die UdSSR zu erfahren.
Die Lügen von Leo Trotzki über Stalin – und es sind Lügen, wie ich in mehreren meiner Bücher gezeigt habe – fanden in der nichtkommunistischen und antikommunistischen Linken nur begrenzt, wenn auch in bedeutendem Umfang, Verbreitung. Der »Kalte Krieg« führte zu einer Zunahme der antikommunistischen Propaganda.
Doch Nikita Chruschtschows berüchtigte »Geheimrede« auf dem XX. Parteitag im Februar 1956 war ein schwerer Schlag für die kommunistische Weltbewegung, von dem sie sich nie erholte. Darin beschrieb Chruschtschow Stalin als Verbrecher, ähnlich wie es Trotzki getan hatte. Tatsächlich scheint es, dass Chruschtschow einige seiner Lügen aus Trotzkis Schriften übernommen hat, natürlich ohne sie Trotzki zuzuschreiben.
Unter Chruschtschow erlebte der XXII. Parteitag im Oktober 1961 eine Orgie von gegen Stalin gerichteten Lügen und Anschuldigungen. Danach sponserte Chruschtschow eine Flut von Artikeln und Büchern, in denen Stalin aller möglichen abscheulichen Verbrechen beschuldigt wurde. KEINES dieser Werke enthielt IRGENDEINEN BEWEIS – denn, wie Sie sich erinnern werden, sind nur Primärquellen gültige Beweise.
Ich habe bereits erwähnt, dass Michail Gorbatschow 1987 einen Angriff auf Stalin und die Stalin‐Ära startete, der noch größer und bösartiger war als der von Chruschtschow, von dem Gorbatschow einige Lügen übernahm. In der postsowjetischen Zeit wiederholen Historiker der Sowjetgeschichte weiterhin die Lügen der Chruschtschow‐ und Gorbatschow‐Ära – von denen KEINE durch Beweise aus Primärquellen gestützt wird – und erfinden noch mehr »Verbrechen«, die ebenfalls nicht durch Beweise gestützt werden.
»Die große Lüge«
Dies ist der Hintergrund für das, was nach Adolf Hitler als »Die große Lüge« bezeichnet wird. Hier sind zwei Zitate aus Hitlers Autobiografie Mein Kampf:
Die Aufgabe der Propaganda ist z. B. nicht ein Abwägen der verschiedenen Rechte, als vielmehr das ausschließliche Betonen des einen eben durch sie zu vertretenden. Sie hat nicht objektiv auch die Wahrheit, soweit sie den anderen günstig ist, zu erforschen, um sie dann der Masse in doktrinärer Aufrichtigkeit vorzusetzen, als vielmehr ununterbrochen der eigenen zu dienen (Mein Kampf, Band I, Kapitel 6, S. 192, kritische Edition online).
Man ging dabei von dem sehr richtigen Grundsatze aus, daß in der Größe der Lüge immer ein gewisser Faktor des Geglaubtwerdens liegt, indem die breite Masse eines Volkes im tiefsten Grunde ihres Herzens leichter verdorben sein kann, als bewußt und absichtlich schlecht sein wird, mithin bei der primitiven Einfalt ihres Gemütes einer großen Lüge leichter zum Opfer fällt als einer kleinen, da sie selber ja wohl auch manchmal im kleinen lügt, jedoch vor zu großen Lügen sich doch zu sehr noch schämen würde. So wird ihr eine solche Unwahrheit gar nicht in den Kopf kommen, wodurch sie an die Möglichkeit einer so ungeheuren Frechheit der infamsten Verdrehung auch bei anderen gar nicht glauben kann, ja selbst bei Aufklärung darüber noch lange zweifelt und schwankt und wenigstens irgend eine Ursache doch noch als wahr annimmt, daher denn auch gerade deshalb von der frechsten Lüge immer noch etwas übrig und hängen bleiben wird; eine Tatsache, die alle großen Lügenkünstler und Lügenvereine auf dieser Welt nur zu genau kennen und deshalb auch niederträchtig zur Anwendung bringen (Mein Kampf, Band I, Kapitel 10, S. 244, kritische Edition online).
Hitler schrieb über »die breite Masse« und über Massenpropaganda. Aber dasselbe Prinzip funktioniert auch bei gebildeteren Personen, solange die »großen Lügen« in eine akademische Verpackung gehüllt sind.
Viele, wenn nicht sogar die meisten gebildeten Menschen sind einfach nicht bereit zu glauben, dass so viele professionelle, berühmte und angesehene akademische Historiker möglicherweise Unwahrheiten verbreiten könnten – Behauptungen über Verbrechen Stalins oder der Sowjetunion zur Zeit Stalins, die nicht durch Beweise gestützt werden können. Sie sind viel eher geneigt zu glauben, dass die Person – ich zum Beispiel –, die ihnen dies erzählt, lügt.
Ein solcher Glaube ist tröstlich, weil er nahelegt, dass er – Furr – ignoriert werden kann. Würde man das erstere jedoch ernst nehmen, würden die Konsequenzen für unser gesamtes Verständnis der sowjetischen Geschichte zu Stalins Zeiten und sogar der Weltgeschichte erschüttert oder sogar zunichte gemacht. Dies ist der Trugschluss, der als »Argument aus den Folgen« bezeichnet wird – die Folgen des Lernens und der Akzeptanz, dass die sowjetische Geschichte so vollständig verfälscht wurde, scheinen so schwerwiegend zu sein, dass es viel einfacher ist – weil nicht bedrohlich –, jeden zu verwerfen, der zeigt, dass dies wahr ist.
Das ist also »Die große Lüge« und wie sie funktioniert. Und sie funktioniert sehr gut. Propaganda funktioniert!
Hitler kommentierte die Wirksamkeit der alliierten Propaganda, die seiner Meinung nach die »Große Lüge«-Technik gut eingesetzt hatte, während das kaiserliche Deutschland sie seiner Meinung nach weitaus häufiger hätte einsetzen sollen. Auch westliche Journalisten kommentierten das Ausmaß der Lügen der alliierten Massenmedien während des Krieges.
Die Bedeutung dieser Fakten
Die Frage nach Stalin ist die wichtigste Frage, mit der sich Arbeiter, Studenten und Intellektuelle weltweit auseinandersetzen, die den Kapitalismus abschaffen wollen.
Die »große Lüge« besagt, dass Josef Stalin ein Massenmörder war, der unter falschen Anschuldigungen eine große Anzahl loyaler Kommunisten und Millionen sowjetischer Bürger tötete.
Diese »große Lüge« wird nicht nur als wahr »hinweggenommen«. Sie in Frage zu stellen, gilt als »Tabu«, zunächst im akademischen Bereich der Sowjetgeschichte selbst und dann in den halbpopulären, populären und Massenmedien.
Alle »Experten« behaupten, Stalin sei ein Massenmörder gewesen. Die Medien können und wollen keine unabhängige Forschung betreiben – sie sind dafür nicht ausgerüstet. Also wiederholen sie, was die Experten sagen.
Die Trotzkisten‐Sekte auf der ganzen Welt gibt diese Lügen wieder. Auf diese Weise werden sie direkt in die »linken« Bewegungen, sozialistische und kommunistische, weltweit eingeschleust. DAS ist das Anti‐Stalin‐Paradigma. Der Antistalinismus ist die Hauptform, die der Antikommunismus heute in der Welt annimmt. Der Antistalinismus wird eingesetzt, um jeden zu diskreditieren, der für eine bessere Welt kämpft.
Als Beispiel hierfür möchte ich eine Debatte anführen, an der ich im Oktober 2012 teilnahm und in der ich gegen einen »Konservativen« und einen »Libertären« antrat. Der »Libertäre« war ein sowjetischer Emigrant, der die UdSSR Ende der 1980er Jahre verlassen hatte und am Hillsdale College, einer privaten, rechtsgerichteten Hochschule im Mittleren Westen, lehrte.
In meiner Präsentation sagte ich den Studenten, dass sie eine kostenlose Hochschulbildung haben sollten. Der »Libertäre« antwortete, dass JEDE Einmischung der Regierung in Ihr Leben Sie auf den schlüpfrigen Pfad zum Kommunismus bringe und dass »Stalin 40 Millionen Menschen getötet hat«.
Mit solchen Dingen müssen wir uns alle auseinandersetzen. Republikaner bezeichnen gemäßigte Sozialdemokraten und sogar Mitglieder der demokratischen Partei als »Kommunisten«. Vergessen Sie jegliche Art von Sozialreformen – diese Milliardäre und ihre angeheuerten Lakaien wollen uns vollständig von privaten Arbeitgebern abhängig machen. Was für ein Glücksfall für die Kapitalisten!
Es ist wichtig, dass WIR – SIE – den Tatsachen ins Auge sehen. WIR ALLE werden durch die Lügen gegen Stalin angegriffen.
Was sollten wir – müssen wir – dagegen tun?
Es liegt an uns, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um dieser Lawine von Lügen über Stalin, die UdSSR und die kommunistische Bewegung während seiner Zeit entgegenzuwirken und sie dann zurückzudrängen.
Hier ist ein Entwurf für ein Aktionsprogramm, an dem jeder von uns hier teilnehmen kann.
1. Studieren
Wir müssen uns weiterbilden. Studieren, um zu verstehen, was Primärquellenbeweise sind. Studieren, um logische Fehlschlüsse zu erkennen. Studieren, was wir jetzt über die Stalinzeit wissen.
Meine Bücher sind ein guter Ausgangspunkt dafür. Deshalb bin ich heute hier und spreche zu Ihnen. Aus Zeitgründen kann ich nicht einmal kurz auf alle meine Bücher und Artikel eingehen, in denen ich zusammen mit meinen Kollegen die Anschuldigungen von »Verbrechen« gegen Josef Stalin untersuche und widerlege. Auf meiner Homepage finden Sie eine Liste meiner Bücher und Links zu meinen Artikeln.
2. Informieren Sie andere
- Soziale Medien
- Posten Sie auf Mailinglisten
- Sprechen Sie mit Ihren politischen Mitstreitern und Kollegen
- Nehmen Sie an Studiengruppen, Debatten und Diskussionen teil.
3. Widerlegen Sie antistalinsche und antikommunistische Lügen, wo immer Sie ihnen begegnen
Schreiben Sie jedem Redakteur einen Leserbrief, wenn Sie in einem Artikel eine Lüge über Stalin entdecken. Schreiben Sie für Zeitungen, Zeitschriften und Webseiten. Schreiben Sie Rezensionen – insbesondere Rezensionen meiner Bücher.
Denken Sie daran: Stephen Kotkin von der Princeton University und der Hoover Institution, der weltweit größte Experte für Stalin und die UdSSR zu seiner Zeit, hat ein Buch geschrieben, in dem jede einzelne Anschuldigung eines Verbrechens oder auch nur einer geringfügigen Missetat Stalins nachweislich und eindeutig falsch ist. Jede einzelne! Ich habe dies in meinem Buch Stalin Waiting for … the Truth ausführlich dargelegt.
Wenn Kotkin nicht ein einziges echtes, nachweisbares »Verbrechen Stalins« finden konnte, dann deshalb, weil er wie Chruschtschow und Gorbatschow nicht einmal Beweise für eines davon finden konnte. Um nicht gegen das Anti‐Stalin‐Paradigma zu verstoßen, musste er also fälschen und lügen.
4. Scheuen Sie sich nie zu sagen: »Ich weiß es nicht.«
Niemand kann alles wissen. Und es ist wichtig, ehrlich zu sein, vor allem sich selbst und anderen gegenüber.
Wann immer Sie eine Anschuldigung wegen eines »Stalinverbrechens« hören, sollten Sie in meinen Büchern und Artikeln nachlesen, um zu erfahren, ob diese Anschuldigung widerlegt wurde. Wenn nicht, dann sagen Sie Folgendes: »Ich weiß es nicht! Aber es gibt keinen Grund, Antikommunisten oder Trotzkisten zu glauben, denn sie haben keinen Anreiz, die Wahrheit zu sagen, und allen Grund, die Wahrheit zu ignorieren und zu lügen.«
Und Sie sollten meine Forschung empfehlen und sie selbst studieren.
Der wichtigste Grund
Jawohl, es ist von entscheidender Bedeutung, die Wahrheit über Stalin und den ersten Arbeiterstaat, die Sowjetunion, ans Licht zu bringen, um die antikommunistische Lüge zu widerlegen, dass »der Kommunismus zu Massenverbrechen und Massenmord führt«.
Aber es gibt noch einen weiteren Grund. Wir müssen verstehen, warum die Sowjetunion den Sozialismus nicht aufgebaut hat, und uns dann auf eine immer egalitärere und demokratischere Weise in Richtung Kommunismus weiterentwickeln. Dies war sicherlich das Ziel von Lenin und Stalin, von Millionen von Arbeitern in der Sowjetunion und von Hunderten Millionen Arbeitern auf der ganzen Welt, die hoffnungsvoll auf die Sowjetunion blickten. Ich habe bereits erwähnt, dass ich 2005 einen zweiteiligen Artikel mit dem Titel »Stalin und der Kampf um demokratische Reformen« veröffentlicht habe.
Mittlerweile liegt uns aus den Archiven der ehemaligen Sowjetunion der Text eines Entwurfs des vorgeschlagenen Parteiprogramms von 1947 vor. Darin wird eine viel stärkere demokratische Kontrolle durch die Bevölkerung und eine viel geringere Abhängigkeit von Zwang jeglicher Art gefordert. Dieses faszinierende Dokument ist erst seit wenigen Jahren verfügbar und wurde im Bereich der Fachliteratur über die Sowjetunion noch nicht diskutiert. Ich hoffe, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt darauf zurückkommen kann.
Wir können niemals die Lehren aus der Geschichte dieses ersten Arbeiterstaates ziehen, wenn wir von Lügen geblendet sind. Die einzige Möglichkeit, zu erfahren, was die Sowjetunion unter Lenin und Stalin richtig und was sie falsch gemacht hat, was sich als falsch herausgestellt hat und nicht in Richtung Kommunismus, sondern zurück in Richtung Kapitalismus führte – die einzige Möglichkeit, diese Lektionen zu lernen, besteht darin, die WAHRHEIT über die sowjetische Geschichte zu erfahren.
Die Kapitalisten haben natürlich bereits IHRE Lehren aus ihrer falschen Geschichte der Sowjetunion der Stalin‐Ära gezogen. Die Lektion, die sie uns glauben machen wollen, ist, dass der Sturz des Kapitalismus durch eine kommunistische Revolution zu Diktatur, Massenmord und einer noch schlimmeren Welt als der kapitalistischen Welt führen wird.
Das ist alles falsch. Zunächst müssen wir uns selbst und einander beweisen, dass es falsch ist. Dann müssen wir andere davon überzeugen, dass es falsch ist. Aber damit dürfen wir uns nicht zufrieden geben. Wir müssen weitergehen und untersuchen, was die Bolschewiki nachahmenswertes getan und welche Fehler sie vom Weg zum Kommunismus abgebracht haben. Aus diesen Fehlern müssen die kommunistischen Bewegungen der Zukunft lernen und sie vermeiden.
Deshalb ist es unerlässlich, dass wir die Erfahrungen der Sowjetunion studieren! Wenn wir dies nicht tun, laufen wir bestenfalls Gefahr, die gleichen Fehler wie die Sowjets zu begehen und am Ende wieder im Kapitalismus zu landen.
In seinem Buch Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte schrieb Marx: »Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.«
Die internationale kommunistische Bewegung des 20. Jahrhunderts unter Lenin und Stalin errang viele weltbewegende Triumphe. Die Tragödie der internationalen kommunistischen Bewegung des 20. Jahrhunderts bestand darin, dass sie letztendlich scheiterte.
Wenn wir nicht herausfinden, wo sie – ALLE diese Persönlichkeiten – Fehler gemacht haben, dann sind wir dazu verdammt, die »Farce« zu sein. Und das wäre ein Verbrechen – UNSER Verbrechen. Wir müssen also unser gesamtes Vermächtnis kritisch betrachten.
Karl Marx’ Lieblingsspruch lautete: »De omnibus dubitandum« – Alles in Frage stellen. Marx wäre der letzte Mensch auf der Welt, der sich selbst von dieser Infragestellung ausnehmen würde.
Vielen Dank!
Zuerst erschienen auf Grover Furrs Website
Bild: »Marschall der Sowjetunion I.V. Stalin.« Ein deutscher Zivilist betrachtet ein großes Plakatporträt von Stalin im Zentrum von Berlin, Juni 1945 (https://redd.it/1eyhljv)