Das AWEF von AUF1 – Alternative oder Imitation des WEF?

Der rechte österreichische Fernsehsender AUF1 veranstaltete im Dezember 2024 das AWEF, als Alternativveranstaltung zum World Economic Forum in Davos. AWEF steht für Alternative Western Ethics Formation. Allein der Name zeigt schon den philosophischen Idealismus der Veranstalter, die sich offensichtlich Heilung der Welt von einer neuen Moral versprechen.

Das Weltsozialforum als erste WEF‐Alternative

Es stimmt natürlich überhaupt nicht, dass das AWEF die erste Alternativveranstaltung zum WEF ist. Bereits ab 2001 tagte für einige Jahre das Weltsozialforum. Es wurde ausdrücklich als Alternativveranstaltung zum World Economic Forum gegründet. Zwar war 2001 von einem Great Reset natürlich noch nicht die Rede und die Pläne der im WEF zusammengeschlossenen Milliardäre waren vor zwei Jahrzehnten noch wesentlich bescheidener als heute. Auch ihr Vermögen war sehr viel geringer. 2005 besaß Bill Gates als reichster Mann der Welt gerade mal 46 Milliarden Dollar. Dennoch war es bereits damals eine erschreckende Zusammenballung von Macht und Reichtum, das die neoliberale Globalisierung wesentlich vorangetrieben und insbesondere bei den Regierungen durchgesetzt hat.

Das Weltsozialforum sollte Alternativen zur dieser neoliberalen Globalisierung aufzeigen. Das erste WSF tagte im brasilianischen Porto Alegre, Tagungsorte waren zuweilen auch Caracas und Bombay (Mumbay). Zeitweise gab es zusätzlich auch noch ein europäisches Sozialforum, das unter anderem in Florenz tagte. Die ersten Weltsozialforen waren riesige Veranstaltungen mit zehntausenden Teilnehmern. Sie wurden von Demonstration für eine gerechte Weltordnung begleitet, an denen bis zu einer Million Menschen teilnahmen. Dies war möglich, weil das Weltsozialforum von einigen der damals noch existierenden linken Regierungen materiell unterstützt wurde.

Auf den Weltsozialforen trafen sich vor allem kritische Intellektuelle und Aktivisten, die es damals noch sehr viel häufiger als heute gab. Darunter befanden sich auch skurrile Gestalten wie der französische Bauernführer José Bové, dessen Hauptkritik an der Globalisierung die Verbreitung von »malbouffe«, also schlechtem Fraß war. Konsequenterweise zerlegte Bové mit seinem Traktor eine McDonalds‐​Filiale, was ihn weltweit bekannt machte.

Meiner Erinnerung nach gab es an den inhaltlichen Aussagen wenig zu kritisieren, wenn auch das Klima‐​Thema durchaus schon präsent war. Aber es hatte andere Anliegen, insbesondere die Themen Ausbeutung und soziale Gerechtigkeit noch nicht in den Hintergrund gedrängt.

Allerdings hörte man sehr wenig über Alternativen zur neoliberalen Globalisierung und erst recht nicht, wie diese erstritten werden können. Vorschläge, das Weltsozialforum zu einer neuen Internationalen weiterzuentwickeln, wurden von seinen Organisatoren kategorisch abgelehnt. Schließlich verkam es zu einer irrelevanten Selbstbespiegelung von Stars der Globalisierungskritik, die immer die gleichen, inzwischen sattsam bekannten Reden führten.

Bereits bei der Protestwelle im Nachgang zur Großen Weltwirtschaftskrise von 2007 bis 2009 spielten die ursprüngliche globalisierungskritische Bewegung und auch das Weltsozialforum keine Rolle mehr.

Format des AWEF

23 Jahre nach dem ersten Weltsozialforum startet mit der Alternative Western Ethics Formation der nächste Versuch, eine Alternative zum WEF zu veranstalten und zwar diesmal von rechts. Das AWF tagt in einem Hotel in Prag.

Dass der neue Versuch von Rechts ausgeht, ist verständlich, denn die wenigen verbleibenden Linken haben weit überwiegend das offizielle Narrativ geschluckt, nachdem es am WEF nichts zu kritisieren gäbe, denn schließlich arbeiteten die dort versammelten Multimilliardäre angeblich nur zum Wohle der Menschheit.

Stefan Magnet von AUF1 und sein Team haben bis auf wenige Ausnahmen den rechten Flügel der Corona‐​Kritik versammelt. Dabei handelt es sich meistens um Gestalten, die schon den Jahren 2020 bis 2022 eher mit Skepsis zu betrachten waren, wenn sie zum Beispiel im Corona‐​Ausschuss auftauchten.

Irritierenderweise scheinen die Veranstalter rein optisch das Original‐​WEF kopieren zu wollen: Dezenter blauer Hintergrund, Podiumsdiskussionen, wo die Teilnehmer auf voluminösen weichen Sesseln sitzen, Zwang zur formellen Geschäftskleidung für die Moderatoren. Wenn man es nicht wüsste, hätte die unten abgebildete Veranstaltung auch genauso gut ins WEF gepasst. Siehe den Ausschnitt oben im Titelbild aus der Podiumsdiskussion »Globale Konfliktlösung von Morgen«.

Wie anders war die Situation noch beim Weltsozialforum. Hier zwei Bilder vom Weltsozialforum 2002 in Porto Alegre. In der Mitte von Bild 1 ist Noam Chomsky bei einer Podiumsdiskussion zu sehen. Bild 2 zeigt Richard M. Stallman, wie er auf dem gleichen WSF direkt mit Aktivisten diskutiert.

Formate des AWEF waren neben der Eröffnungs‐ und Abschlusszeremonie ausschließlich Podiumsdiskussionen und ein Planspiel, das eng an das berüchtigte Planspiel Event 201 angelehnt war – nur mit gegenteiliger Intention.

Stefan Magnet meint in der Abschlusskundgebung, nur so eine Augenhöhe mit dem Original‐​WEF erreichen zu können. Es bleibt freilich auf den ersten Blick unerklärlich, warum er sich an den Vorgaben der reichsten Männer der Welt orientiert, die er ausweislich seines Buches Transhumanismus selbst als Gegner betrachtet.

Vorschläge der Teilnehmer

Auch in puncto Menschenverachtung können einige Teilnehmer des AWEF durchaus mit denen des WEF mithalten. In der Podiumsdiskussion um das »Geld‐ und Wirtschaftssystem von morgen« erklärt der Marktradikale Markus Krall von der Atlas‐​Initiative, den Staat auf rein repressive Funktionen »gesundschrumpfen« und den Sozialstaat komplett beenden zu wollen (Staatsquote 10 Prozent, heute etwa 50 Prozent, davon allein Sozialausgaben 25 Prozent, 99 Prozent der Gesetze weg). Zu den Ländern mit der niedrigsten Staatsquote gehört Madagaskar mit etwa 16 Prozent. Auf das Niveau dieses Landes will Krall Deutschland offenbar herabdrücken.

Den Menschen kann es relativ egal sein, ob sie von den Milliardären wegen des Klimas materiell immer stärker eingeschränkt, unter Drogen gesetzt und schließlich »human« euthanasiert werden, oder ob man sie schlicht verhungern lässt. Denn genau das würde bei einem großen Teil der deutschen Bevölkerung passieren, wenn Kralls abgestandene Rezepte umgesetzt würden. Was er als Wirtschaft von morgen verkauft, sind in Wirklichkeit uralte liberale bzw. neoliberale Kamellen, die in der Wirklichkeit gezeigt haben, dass sie nicht funktionieren.

Längst nicht alle Teilnehmer des AWEF haben sich so menschenverachtend geäußert. Aber ein Muster ist schon sehr auffällig. Die Teilnehmer suchen nach einem Patentrezept, nach der einen entscheidenden Maßnahme, durch die alle unsere Probleme gelöst werden. Die einen sehen sie in Veränderungen in unserem Regierungssystem, etwa durch direktdemokratische Elemente oder einem Losverfahren zur Besetzung von Posten, die anderen in einem anderen Geldsystem oder in der Abschaffung der Banken. Wieder andere preisen die von ihnen angeblich entdeckten medizinischen Wundermittel an oder wollen ihre Dörfer energieautark machen.

Ein Thema wird allerdings sorgfältig vermieden und zwar die Frage des Privateigentums an den Produktionsmitteln. Solange es Menschen gibt, die Milliarden Euro oder Dollar zu ihrer Verfügung haben, können sie mit ihrem Geld jedes noch so ausgeklügelte politische System korrumpieren. Sie können sich auch die Wissenschaft kaufen und bestimmte Viren besonders gefährlich erscheinen lassen oder Theorien wie die zum Klimawandel hochschreiben lassen, wenn sie davon profitieren. Ein anderes Geldsystem nützt rein gar nichts, wenn den Milliardären über Schattenbanken wie Blackrock ein großer Teil der Wirtschaft gehört.

Die einzige Sicherung dagegen wäre die Enteignung dieser Milliardäre. Aber das kommt für die Rechten natürlich nicht in Frage, denn für sie ist das Privateigentum an den Produktionsmitteln heilig. Diese Frage nach der Enteignung der Milliardäre ist der Elefant im Raum, der geflissentlich ignoriert wird.

Dabei müsste es doch selbst Anhänger der Marktwirtschaft bzw. des Kapitalismus eigentlich mit Sorge erfüllen, wenn ein großer Teil des gesellschaftlichen Reichtums in der Hand von nur ganz wenigen Männern konzentriert ist, die sich problemlos persönlich abstimmen können. Wie soll da der hochgelobte Markt überhaupt noch funktionieren können? Aber so weit hat wohl beim AWEF niemand gedacht.

Die Themen der Podiumsdiskussionen sind alle sehr allgemein und abstrakt gehalten, zum Beispiel »Das Wirtschaftssystem von morgen, Werte und Gesellschaft von morgen, Demokratie« etc. Das erlaubt es den Teilnehmern, ihre Patentrezepte vorzubringen.

Konkrete sehr wichtige Themen wie zum Beispiel Energiepolitik und Klima, Landwirtschaft, KI und technischer Fortschritt, Bevölkerungsexplosion oder Schrumpfung der Weltbevölkerung, Ressourcen, Wirtschaftsplanung oder Marktanarchismus, die Kulturkriegsführung des Westens1, der Aufstieg Chinas und Russlands werden fast gar nicht behandelt.

Diese Nichtbehandlung hat wohl auch mit der Marktgläubigkeit von Magnet und Co. zu tun, mit ihrem Glauben, wenn man nur den Markt entfesselt, würden sich alle Probleme von alleine lösen. Warum sich dann mit Details herumschlagen?

Am besten gefallen hat noch die Podiumsdiskussion zum Thema »Medien« u.a. mit Michael Meyen. Hier ging es aber auch um ein sehr konkretes Thema. Neu ist die Idee, eine Art alternative Presseagentur zu gründen, um so auch die Gegennarrative zu bündeln. Aber einen Durchbruch der Alternativmedien wird es nach Meyen erst mit einem anderen Gesellschaftssystem geben. Ein solches ist aber weit und breit nicht in Sicht.

Bemerkenswerte Wortmeldungen

Hier noch einige Schmankerl in den Diskussionen:

In der Podiumsdiskussion »Werte und Gesellschaft von morgen« sagte Paul Brandenburg, dass man ihn mit dem Begriff Werte jagen könne. Diese sehr sympathische Position wird jedoch sofort konterkariert dadurch, dass er die Bevölkerung als unmündige Kinder beschimpfte. Die wichtigste Ursache für diese Entwicklung wird natürlich nicht benannt. Sie liegt darin, dass die Menschen in der Arbeitswelt von ihren Kapitalisten tatsächlich wie Kinder behandelt und von ihnen allzu häufig nach Lust und Laune schikaniert werden.

Nur wenn die Menschen eine große soziale Sicherheit erleben, lassen sie sich auch in der Arbeitswelt und Politik nicht mehr alles gefallen und begehren massenhaft gegen Ungerechtigkeiten auf. Aus heutiger Sicht ist es zum Beispiel frappierend, wie Arbeiter in der vielgeschmähten DDR mit ihren Vorgesetzten geredet haben, wenn ihnen was nicht passte. Dies kann man in vielen Spielfilmen und Serien aus diesem Land sehen.

Der »Unternehmer« Christian Beer dufte sich in der gleichen Podiumsdiskussion selbst im positivsten Licht darstellen. Er behauptet, die wichtigste Aufgabe eines Unternehmers sei es, das Potenzial seiner Angestellten zu entfalten. Nein, Herr Beer. Die wichtigste Aufgabe eines Kapitalisten ist es, den Angestellten oder Arbeitern ihre Arbeitskraft abzusaugen, sich das von ihnen hergestellte Produkt anzueignen und es dann mit Profit zu verkaufen. Diese Arbeitskraft kann je nach Produkt mehr körperlich oder mehr geistig sein. Wenn die Menschen gezwungen sind, dem Kapitalisten ihre Phantasie und Imagination zur Verfügung zu stellen, ist das unter Umständen sogar für sie belastender, als wenn es nur um ihre körperliche Kraft geht.

Aus Sicht von Christian Beer als Kapitalist ist es verständlich, dass er so viel wie möglich des von anderen Menschen angeeigneten Mehrwerts behalten will. Deshalb will er genauso wie Markus Krall die Staatsquote auf 10 Prozent begrenzen. Nur braucht er sich in einer Welt ohne jeden Sozialstaat und ohne funktionierende Infrastruktur nicht zu wundern, wenn es mit der Potenzialentfaltung nicht so recht klappt. Denn eine Welt, in der jeder berufliche Irrtum zum Verhungern führt, ist hierfür wahrlich nicht geeignet.

Martin Sellner von der Identitären Bewegung äußerte in der Podiumsdiskussion »Globale Konfliktlösung von morgen« zutreffend, dass die Ersetzungsmigration beabsichtigt, die europäischen Gesellschaften aufzuknacken. Allerdings sagt er als Altrechter auch, dass es Krisen und Kriege immer geben werde und es ihm auch relativ egal sei, wie die Imperialisten die Länder des Globalen Südens behandelt haben.

Zwar folgt daraus keineswegs die Pflicht für uns, massenhaft Flüchtlinge aufzunehmen, meiner Meinung nach sehr wohl aber, diesen Ländern bei ihrer Industrialisierung zu helfen um so die Flüchtlingsströme auszutrocknen.2 Dies wäre auch in unserem Interesse. Eine solche Hilfe darf freilich nicht auf Kosten der einheimischen Arbeiterklasse gehen. Die von der jungen Welt und dem Anarchisten Peter Schaber vertretene Theorie der »imperialen Lebensweise« ist deshalb abzulehnen; nicht weil es imperialistische Ausbeutung nicht gegeben hat oder weil sie uns nichts angeht, wie Sellner meint, sondern weil die Schuld daran einseitig der heutigen einheimischen weißen Arbeiterklasse aufgeladen und die Kapitalisten entschuldet werden. Auf jeden Fall wäre es spätestens nach dem Sturz des Kapitalismus möglich, den Lebensstandard und Konsum der Arbeiter in den Industrieländern und der Bewohner der Entwicklungsländer gleichermaßen zu steigern und zwar in kurzer Frist.3

Sellner lehnt auch den von Daniele Ganser in die »Wahrheitsbewegung« eingebrachten und dort sehr beliebten Begriff der »Menschheitsfamilie« kategorisch ab. Nicht etwa deshalb, weil er die Interessengegensätze zwischen Kapitalisten und Arbeitern verkleistert, sondern weil es seiner Meinung nach auf der Welt unterschiedliche Völker gäbe, die nicht sehr viele Gemeinsamkeiten hätten.

Überhaupt braucht man sich über Massenmigration dann keine Sorgen mehr zu machen, wenn die fatalen Rezepte des Marktradikalen Markus Krall umgesetzt werden. Dann würde es ganz im Gegenteil eine Massenmigration von Deutschen geben, die diesen dann endgültig gescheiterten Staat möglichst schnell verlassen würden.

Szenario 2025

Das Planspiel »Szenario 2025« war nur rudimentär ein solches, da nur die erste Runde ausgespielt werden konnte. In Anlehnung an das Event 201 wird angenommen, dass die Herrschenden eine neue Fake‐​Pandemie mit der Begründung der Ausbreitung von multiresistenten Keimen starten. Dabei handelt es sich um ein Szenario, das Heiko Schöning in einem seiner Bücher dargestellt hat. Immerhin haben so wichtige Protagonisten der »Freiheits‐​Bewegung« wie Michael Ballweg, Ralf Ludwig oder Beate Bahner die Gelegenheit zu zeigen, was sie in strategischer Hinsicht aus der Corona‐​Pandemie gelernt haben und was sie bei einer weiteren Fake‐​Pandemie besser machen würden. Das ist eine ganze Menge, so dass sie überzeugt sind, ein neues Pandemie‐​Narrativ schnell zu Fall bringen zu können. Genau deshalb wird es dieses wohl nicht mehr geben.

Die Einschränkung der bürgerlichen Grundrechte folgt inzwischen ganz anderen Mustern. Der Westen ist inzwischen faktisch im Krieg mit Russland. Dass während eines Krieges wichtige Grundrechte außer Kraft gesetzt werden und Zensur geübt wird, ist in der Gesellschaft widerwillig akzeptiert. Auch zeigt das Beispiel Rumänien, dass die Herrschenden inzwischen noch nicht einmal mehr beabsichtigen, den Schein der bürgerlichen Demokratie aufrecht zu erhalten, was Ralf Ludwig noch annahm, sondern immer schneller zu einer offenen Diktatur übergehen.

Hat das AWEF eine Zukunft?

Das AWEF, die Alternative Western Ethics Formation hat gezeigt, dass die Lösungsvorschläge der Rechten zur aktuellen Gesellschaftskrise entweder grotesk inadäquat sind oder aber – wie der Marktradikalismus des Markus Krall – die aktuelle Krise nur noch stark verschlimmern würden. Auf gesellschaftliche Fehlentwicklungen hinweisen ist noch relativ einfach, zumal die Linke in dieser Beziehung ein Totalausfall war. Aber es zeigt sich, dass die Rechten als Lösungen nichts anzubieten haben außer abgestandenen Rezepten, die offensichtlich nicht funktionieren werden. Allein weil es dies so konzentriert gezeigt hat, war das AWEF durchaus von Wert.

Stefan Magnet sagte in der Abschlussveranstaltung, dass es nur dann weitere AWEFs geben wird, wenn die Zuschauer für das jetzige genug gespendet haben. Eine andere Herangehensweise könne sich AUF1 nicht leisten. Dies zeigt den wahren Charakter dieser Veranstaltung. Das AWEF ist keinesfalls ein Aktivistentreffen, sondern ein spezielles, aufwendigeres Sendeformat von AUF1, in diesem Sinne etwa vergleichbar mit dem Coronaausschuss. Ob sich die Zuschauer noch einmal eine solche Zusammenballung von Plattitüden antun wollen, bleibt abzuwarten. Die Vorhersage dürfte aber nicht zu gewagt sein, dass sich das Format selbst in diesem Fall sehr bald abnutzen wird.

Das Weltsozialforum wurde von NGOs und Regierungen bewusst in eine Richtung gelenkt, die dem Kapitalismus nicht gefährlich werden konnte. Der Enthusiasmus einer ganzen Generation wurde so richtiggehend verpulvert und nach etwa 10 Jahren war die Globalisierungskritik bedeutungslos. Das AWEF dürfte als Format sehr viel schneller obsolet werden.

Auch bemerkenswert: Offenbar meinen tatsächliche Rechtsradikale, dass sie jetzt genug Kreide gefressen hätten. Martin Sellner durfte seine menschenverachtende Weltanschauung, dass es immer Kriege und Krisen geben würde und dass uns die imperialistische bzw. neokolonialistische Ausbeutung des globalen Südens durch westliche Kapitalisten nicht angehe, ohne Widerspruch äußern. Eine Skandalisierung ist offenbar kaum mehr möglich. Als Nazi oder Rechtsextremer gilt heute jemand, der die Weltanschauung der woken, grünen Milieus nicht teilt. Die Begriffe sind inflationiert und zu reinen Schimpfworten degeneriert. Tatsächliche Rechtsextreme gehen in der Masse der kritischen und unzufriedenen Bürger unter und haben deshalb ideale Wirkmöglichkeiten. Wer zu oft »Wolf« ruft, dem glaubt man auch dann nicht mehr, wenn irgendwann ein wirklicher Wolf auftaucht.

Quellen

Das AWEF auf der Webseite von AUF1: https://​auf1​.tv/​e​i​l​t​/​a​l​t​e​r​n​a​t​i​v​-​w​e​f​-​g​e​m​e​i​n​s​a​m​-​u​n​s​e​r​e​-​a​b​s​c​h​a​f​f​u​n​g​-​a​b​w​e​n​den

Das AWEF auf YouTube: https://​www​.youtube​.com/​@​a​u​f​1​t​v​/​v​i​d​eos

Verweise

1 Zur Kulturkriegsführung des Westens vgl. Jan Müller: Rezension des Buches Vom Niedergang des Westens zur Neuerfindung Europas von Hauke Ritz, TKP, 21.10.2024, im Internet: https://​tkp​.at/​2​0​2​4​/​1​0​/​2​1​/​v​o​m​-​n​i​e​d​e​r​g​a​n​g​-​d​e​s​-​w​e​s​t​e​n​s​-​z​u​r​-​n​e​u​e​r​f​i​n​d​u​n​g​-​e​u​r​o​p​as/, abgerufen am 23.12.2024

2 Der Geograf und Migrationsforscher Rainer Rothfuß (MdB, AfD) hat ähnliche Forderungen geäußert.

3 Vgl. Jan Müller: Kritische Anmerkungen zur Theorie der »Arbeiteraristokratie«, Magma, 01.06.2022, im Internet: https://​magma​-magazin​.su/​2​0​2​2​/​0​6​/​j​a​n​m​u​e​l​l​e​r​/​k​r​i​t​i​s​c​h​e​-​a​n​m​e​r​k​u​n​g​e​n​-​z​u​r​-​t​h​e​o​r​i​e​-​d​e​r​-​a​r​b​e​i​t​e​r​a​r​i​s​t​o​k​r​a​t​ie/, abgerufen am 23.12.2024

Bild: Ausschnitt aus der Podiumsdiskussion »Globale Konfliktlösung von Morgen« AWEF Prag 2024, Copyright AUF1

5 thoughts on “Das AWEF von AUF1 – Alternative oder Imitation des WEF?

  1. Neoliberale Markt‐​Fetischisten wie Markus Krall träumen vom Manchesterliberalismus bzw. Konkurrenz‐​Kapitalismus des 19. Jh., wo eine Vielzahl von Unternehmen miteinander in Wettbewerb traten. Schon der alte Marx hat verstanden, dass aufgrund von Konzentration und Zentralisation des Kapitals diese Form des Kapitalismus verschwinden wird. Hilferding spekulierte gar, dass am Ende vielleicht nur noch ein Konzern übrig bleiben wird. 

    Die Neoliberalen 1.0, d.h. die ordoliberalen Verfechter der »sozialen Marktwirtschaft«, träumten noch davon, dass ein starker Staat marktbeherrschende Unternehmen verhindern sollte. Das wurde bekanntlich nicht verwirklicht. Immerhin wollten sie – vor dem Hintergrund der Systemkonkurrenz – einen geregelten, sozialen Kapitalismus, von dem auch die Arbeiterklasse profitieren sollte. Nun, das ist auch Geschichte. Schamlos wird heute von Rechten wie Krall die totale Vernichtung des Sozialstaates gefordert.

    Die späteren Neoliberalen haben zwar Adam Smith und die freien Märkte hochgehalten, doch es ging eigentlich nicht mehr um »Marktwirtschaft« sondern um die ungestörte Herrschaft der Konzerne (also um Konzernwirtschaft) und die Etablierung des Nachtwächterstaates. Längst war die »kanibalische Weltordnung« samt den »neuen Feudalherren, die mehr Macht haben als die Könige, Kaiser und Päpste der Vergangenheit« (Jean Ziegler) ausgebrochen.

    Klaus Schwab hatte Recht, als er sagte: »Der Neoliberalismus hat ausgedient«. Das Großkapital orientiert auf den (supra)staatlich gesteuerten Kapitalismus. Es ist doch sehr nützlich, wenn durch staatliche, dirigistische Maßnahmen, gestützt auf internationale Organisationen und willfährige politische Lakaien, »sozial verantwortliche« Geschäfte mit Klima‐​Idiotie oder Viren‐​Wahn gemacht werden, d.h. Milliardenprofite erzielt werden können. Das würden weder Markt noch Konzerne alleine schaffen! Photovoltaik, Windräder oder E‑Autos wären weitgehend unverkäuflich. 

    Jan Müller hat vollkommen Recht mit seiner Feststellung, dass das Privateigentum an den Produktionsmitteln die zentrale Frage ist, die natürlich von Rechten (welcher Art auch immer) ausgeblendet wird. Obwohl sie schon bemerken, dass der Multi‐​Milliardär Gates und seine GAVI‐​Pharmabande die WHO kontrollieren, möchten sie doch das Privateigentum (also auch das von Gates & Co.) schützen. Wer jedoch die realen Machtverhältnisse nicht kapiert, der kann sie auch nicht wesentlich ändern.

    Dennoch haben viele dieser Leute, die an dem AWEF von AUF1 teilgenommen haben, in den letzten Jahren eine sehr positive Rolle im Widerstand gegen die Diktatur des Großkapitals gespielt – während die degenerierte, woke Bobo‐​Linke diese noch befeuert hat!!! Und das ist der wahre Skandal. Eine Erneuerung der anti‐​kapitalistischen Linken erfordert den Kampf gegen diese pseudo‐​linken Stiefellecker der Konzerne bzw. ihre politische Vernichtung.

  2. Einen öffentlich weiter sichtbaren Gegenentwurf zur WEF‐​Weltdoktrin zu entwickeln ist eine Leistung – einen billigen Artikel gegen diesen Gegenentwurf zu schreiben NICHT!

    Wir brauchen neue Ideen – nicht altes Geraune und Gemotze.

    1. Herr Storz beschäftigt sich wohl ungern mit inhaltlichen Details – er mag es offensichtlich zu raunen und zu motzen.
      Die großen Ideen, von denen er schreibt – wann wird er uns diese einmal offenbaren?

      1. Ich habe Ideen. Aber das war nicht, wovon ich geschrieben habe. Wie kann jemand ernsthaft etwas dagegen haben, dass man Ideen entwickelt, und dass dabei auch neue Ideen enstehen könnten? Ich behaupte nirgendwo, dass diese neuen Ideen von mir kommen müssten. Jeder ist aufgerufen aus diesen lange gepflegten Denkschablonen endlich auszubrechen.

        Was hat also FBerners für ein Problem – außer Textverständnis‐​Schwierigkeiten? Was gibt es daran auszusetzen, dazu aufzufordern, neue Ideen zu entwickeln? Außer dass damit alte Denkmuster entlarvt werden als das, was sie sind: alte Denkmuster.

        Eines der verbrauchtesten Denkmuster unsere Zeit ist, dass angeblich alles Politische sich ausschließlich in einem Spannungsfeld zwischen den Polen »links« und »rechts« abspielen könnte. Eindimensionales Denken ist fast das Gleiche wie prinzipielle Denkverweigerung!

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