Anmerkung des Übersetzers: In einem Brief aus Beirut vom 6. Dezember schildert Craig Murray seine Eindrücke bezüglich der jüngsten Ereignisse in Syrien. Seine Überlegungen zu den Ursachen, Absichten und Folgen sind sehr interessant. Diese Gedanken sind heute, einige Tage später, nach dem Sturz der syrischen Regierung, nicht überholt, da er diese Entwicklung beim Verfassen des Textes einkalkuliert hat. Das englische Original erschien auf seinem Blog.
Anmerkung der Redaktion: Die Redaktion findet viele lesenswerte Schilderungen und Gedanken in diesem Artikel Murrays, distanziert sich aber vom diffamatorischen Wortgebrauch »Assad‐Regime« und betont die historisch hervorragende und unvergesslich bleibende Bedeutung Assads, der syrischen Regierung, ihrer Streitkräfte und des syrischen Proletariats im antiimperialistischen Widerstandskampf der Menschheit.
Ein wahrhaft epochaler Wandel im Nahen Osten scheint sich sehr schnell zu vollziehen. Im Kern handelt es sich um einen Pakt mit dem Teufel: Die Türkei und die Golfstaaten akzeptieren die Vernichtung der palästinensischen Nation und die Schaffung eines Groß‐Israel im Gegenzug für die Vernichtung der schiitischen Minderheiten in Syrien und im Libanon und die Durchsetzung des Salafismus in der gesamten ostarabischen Welt.
Dies bedeutet auch das Ende für die christlichen Gemeinschaften im Libanon und in Syrien, wie das Niederreißen aller Weihnachtsdekorationen, das Ausschütten jeglichen Alkohols und die erzwungene Einführung des Schleiers für Frauen in Aleppo zeigen.
Gestern griffen US‐Warthog‐Luft‐Boden‐Jets Verstärkungstruppen an, die auf Einladung der syrischen Regierung auf dem Weg vom Irak nach Syrien waren, und zerstörten sie weitgehend. Die ständigen, täglichen israelischen Luftangriffe auf die militärische Infrastruktur Syriens sind seit Monaten ein wichtiger Faktor für die Demoralisierung und die verringerte Schlagkraft der Syrisch‐Arabischen Armee der syrischen Regierung, die in Aleppo und Hama einfach verschwunden ist.
Eine Trendwende in Syrien ist nur sehr schwer zu erkennen. Die Russen müssen nun entweder ihre syrischen Stützpunkte massiv mit Bodentruppen verstärken oder sie evakuieren. Angesichts der Herausforderungen in der Ukraine könnten sie Letzteres tun, und Berichten zufolge ist die russische Marine bereits aus Tartus ausgelaufen.
Die Geschwindigkeit des Zusammenbruchs in Syrien hat alle überrascht. Wenn sich die Lage nicht stabilisiert, könnte Damaskus innerhalb einer Woche belagert werden und die ISIS auf den Hügeln über dem Bekaa‐Tal zurück sein, wenn man die Geschwindigkeit ihres Vormarsches und die kurzen Entfernungen bedenkt.
Ein erneuter israelischer Angriff auf den Südlibanon, der mit einer salafistischen Invasion im Bekaa‐Tal zusammenfällt, scheint dann unvermeidlich, denn die Israelis möchten natürlich, dass die Grenze zu ihrem neuen großsyrischen Nachbarn à la Taliban so weit wie möglich im Norden verläuft. Es könnte ein Wettlauf um Beirut werden, es sei denn, die Amerikaner haben bereits organisiert, wem es zukommt.
Es ist kein Zufall, dass der Angriff auf Syrien am Tag des Waffenstillstands zwischen Libanon und Israel begann. Die dschihadistischen Kräfte wollen nicht als Kämpfer an der Seite Israels gesehen werden, obwohl sie gegen Kräfte kämpfen, die von Israel unerbittlich bombardiert wurden und im Falle der Hisbollah vom Kampf gegen Israel erschöpft sind.
Im Gegensatz zu den britischen Medien hat die Times of Israel keine Hemmungen, das auszusprechen (Syrische Rebellen glauben, dass die israelischen Angriffe auf die Hisbollah den schockartigen Vorstoß unterstützt haben).
In der Tat berichten israelische Medien im Moment viel wahrheitsgemäßer über die syrischen Rebellen als britische und amerikanische Medien. Ein Zitat aus einem weiteren Artikel der Times of Israel:
»Obwohl sich die HTS 2016 offiziell von Al‐Qaida abspaltete, bleibt sie eine salafistische Dschihadistenorganisation, die von den USA, der EU und anderen Ländern als Terrororganisation eingestuft wird und Zehntausende von Kämpfern hat.
Ihr plötzlicher Aufschwung lässt befürchten, dass eine mögliche Übernahme Syriens das Land in ein islamistisches, talibanähnliches Regime verwandeln könnte – mit Auswirkungen auf Israel an seiner südwestlichen Grenze. Andere hingegen sehen in der Offensive eine positive Entwicklung für Israel und einen weiteren Schlag gegen die iranische Achse in der Region.«
Im Gegensatz dazu verbreiten die britischen Medien, vom Telegraph über den Express bis zum Guardian, die offizielle Darstellung, dass nicht nur dieselben Organisationen, sondern auch dieselben Personen, die für Massenfolterungen und Hinrichtungen von Nicht‐Sunniten, einschließlich westlicher Journalisten, verantwortlich sind, jetzt knuddelige Liberale sind.
Nirgendwo wird dies deutlicher als im Fall von Abu Mohammad Al‐Jolani, manchmal auch Al‐Julani oder Al‐Golani geschrieben, der jetzt in allen westlichen Medien als gemäßigter Führer angepriesen wird. Er war der stellvertretende Anführer von ISIS, und die CIA hat tatsächlich ein Kopfgeld von 10 Millionen Dollar auf ihn ausgesetzt! Ja, das ist dieselbe CIA, die ihn finanziert, ausrüstet und ihm Luftunterstützung gewährt.
Die Unterstützer der syrischen Rebellen versuchen immer noch zu leugnen, dass diese von Israel und den USA unterstützt werden – obwohl vor fast einem Jahrzehnt im Kongress der USA offen ausgesagt wurde, dass bis zu diesem Zeitpunkt mehr als eine halbe Milliarde Dollar für die Unterstützung der syrischen Rebellen ausgegeben worden waren und die Israelis den Dschihadisten offen medizinische und andere Dienste sowie wirksame Luftunterstützung zur Verfügung gestellt haben.
Eine interessante Folge dieser gemeinsamen Unterstützung der dschihadistischen Gruppen in Syrien durch die NATO und Israel ist eine weitere Pervertierung der nationalen Rechtsstaatlichkeit. Im Vereinigten Königreich beispielsweise ist es nach Abschnitt 12 des Terrorismusgesetzes illegal, eine Meinung zu äußern, die eine verbotene Organisation unterstützt oder eine andere Person dazu verleiten könnte, eine solche zu unterstützen.
Der Missbrauch dieser Bestimmung durch die britische Polizei bei der Verfolgung von Anhängern Palästinas, die angeblich zur Unterstützung der verbotenen Organisationen Hamas und Hisbollah aufriefen, ist berüchtigt, wobei selbst geringfügige angebliche Äußerungen zu Verhaftungen führen. Sarah Wilkinson, Richard Medhurst, Asa Winstanley, Richard Barnard und ich selbst sind allesamt namhafte Opfer, und die Verfolgung wurde durch Keir Starmer noch erheblich verschärft.
Doch Hay’at Tahrir Al‐Sham (HTS) ist auch im Vereinigten Königreich eine verbotene Gruppe:
»Al Qa’ida (AQ) – Verboten seit März 2001
Inspiriert und angeführt von Usama Bin Laden, zielt sie auf die Vertreibung der westlichen Streitkräfte aus Saudi‐Arabien, die Zerstörung Israels und das Ende des westlichen Einflusses in der muslimischen Welt ab.
Die Regierung hat im Juli 2013, Dezember 2016 und Mai 2017 Anordnungen erlassen, wonach die ›al‐Nusrah‐Front (ANF)‹, ›Jabhat al‐Nusrah li‐ahl al Sham‹, ›Jabhat Fatah al‐Sham‹ und ›Hay’at Tahrir al‐Sham‹ als alternative Bezeichnungen für die bereits unter dem Namen Al‐Qaida verbotene Organisation zu betrachten sind.«
Aber sowohl die britischen Mainstream‐Medien als auch britische muslimische Medien haben HTS eine Woche lang offen gefördert und gelobt – offen gesagt viel offener, als ich jemals erlebt habe, dass irgendjemand im Vereinigten Königreich die Hamas und die Hisbollah unterstützt hat – und nicht eine einzige Person wurde von der britischen Polizei verhaftet oder auch nur verwarnt.
Das allein ist schon das stärkste Indiz dafür, dass westliche Sicherheitsdienste voll hinter dem aktuellen Angriff auf Syrien stehen.
Fürs Protokoll: Ich halte das Gesetz für entsetzlich, und niemand sollte für die Äußerung seiner Meinung strafrechtlich verfolgt werden, so oder so. Aber die politisch voreingenommene Anwendung des Gesetzes ist unbestreitbar.
Wenn die gesamten Konzern‐ und Staatsmedien im Westen ein einheitliches Narrativ verbreiten, dass die Syrer überglücklich sind, von der HTS aus der Tyrannei des Assad‐Regimes befreit worden zu sein – und nichts über die damit einhergehende Folterung und Hinrichtung von Schiiten und die Zerstörung von Weihnachtsschmuck und Ikonen sagen –, sollte es für jeden offensichtlich sein, woher das kommt.
Dennoch – und das ist eine weitere innenpolitische Auswirkung des Vereinigten Königreichs – unterstützt eine beträchtliche Anzahl von Muslimen im Vereinigten Königreich die HTS und die syrischen Rebellen aufgrund der Finanzierung, die aus saudischen und emiratischen salafistischen Quellen in britische Moscheen gepumpt wird. Dies steht in Verbindung mit dem Einfluss der britischen Sicherheitsdienste, der ebenfalls über die Moscheen ausgeübt wird, sowohl durch Sponsoring‐Programme und »Denkfabriken«, die anerkannten religiösen Führern zugute kommen, als auch durch das abscheuliche Zwangsprogramm Prevent.
Britische muslimische Sender, die angeblich pro‐palästinensisch sind – wie Middle East Eye und 5 Pillars – unterstützen begeistert Israels syrische Verbündete bei der Zerstörung des Widerstands gegen den Völkermord an den Palästinensern. Al Jazeera berichtet abwechselnd über die schrecklichen Massaker in Palästina und preist die syrischen Rebellen, die Syrien unter eine mit Israel verbündete Herrschaft bringen wollen.
Zu den Mechanismen, die sie anwenden, um diese widersprüchlichen Positionen in Einklang zu bringen, gehört die Weigerung, die entscheidende Rolle Syriens bei der Lieferung von Waffen aus dem Iran an die Hisbollah anzuerkennen. Diesen Nachschub haben die Dschihadisten nun unterbrochen, sehr zur Freude Israels und in Verbindung mit israelischen und amerikanischen Luftangriffen.
Letztendlich scheint für viele sunnitische Muslime sowohl im Nahen Osten als auch im Westen der sektiererische Hass auf die Schiiten und die Durchsetzung des Salafismus stärker zu sein als die Verhinderung der endgültigen Zerstörung der palästinensischen Nation.1
Ich bin kein Muslim. Meine muslimischen Freunde sind zufällig fast ausschließlich Sunniten. Ich persönlich halte die anhaltende Spaltung über die Führung der Religion vor mehr als einem Jahrtausend für ausgesprochen wenig hilfreich und für eine Quelle unnötigen fortgesetzten Hasses.
Als Historiker weiß ich jedoch, dass die westlichen Kolonialmächte die Spaltung zwischen Sunniten und Schiiten jahrhundertelang bewusst und explizit genutzt haben, um zu spalten und zu herrschen. In den 1830er Jahren schrieb Alexander Burnes Berichte darüber, wie die Spaltung im Sind zwischen schiitischen Herrschern und sunnitischer Bevölkerung zur Unterstützung der britischen Kolonialexpansion genutzt werden konnte.
In seinem Brief vom 12. Mai 1838 aus Simla legte der britische Generalgouverneur Lord Auckland seine Entscheidung für die erste britische Invasion Afghanistans dar und erläuterte seinen Plan, die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten sowohl in Sind als auch in Afghanistan auszunutzen, um den britischen Militärschlag zu unterstützen.
Die Kolonialmächte tun dies seit Jahrhunderten, die muslimischen Gemeinschaften fallen immer wieder darauf herein, und die Briten und Amerikaner tun es auch jetzt, um eine Neugestaltung des Nahen Ostens nach ihren Vorstellungen voranzutreiben.
Einfach ausgedrückt: Viele sunnitische Muslime wurden durch eine Gehirnwäsche dazu gebracht, schiitische Muslime mehr zu hassen als diejenigen, die derzeit einen Völkermord an der überwiegend sunnitischen Bevölkerung in Gaza begehen. Ich beziehe mich auf das Vereinigte Königreich, weil ich dies während des Wahlkampfes in Blackburn aus erster Hand erfahren habe. Aber das Gleiche gilt für die gesamte muslimische Welt. Kein einziger von sunnitischen Muslimen geführter Staat hat auch nur einen Finger gerührt, um den Völkermord an den Palästinensern zu verhindern.2
Ihre Führerschaft nutzt das antischiitische Sektierertum, um die Unterstützung der Bevölkerung für ein De‐facto‐Bündnis mit Israel gegen die einzigen Gruppen aufrechtzuerhalten, die tatsächlich versucht haben, den Palästinensern praktische Unterstützung im Widerstand zu geben: Iran, Houthis und Hisbollah. Und gegen die syrische Regierung, die den Nachschub erleichterte.
Die unausgesprochene, aber sehr reale Abmachung lautet wie folgt. Die sunnitischen Mächte werden die Auslöschung der gesamten palästinensischen Nation und die Bildung von Groß‐Israel akzeptieren, im Gegenzug für die Vernichtung der schiitischen Gemeinschaften in Syrien und im Libanon durch Israel und die von der NATO (einschließlich der Türkei) unterstützten Kräfte.
Natürlich gibt es Widersprüche in dieser großen Allianz. Die kurdischen Verbündeten der Vereinigten Staaten im Irak werden mit der Vernichtung kurdischer Gruppen in Syrien durch die Türkei wahrscheinlich nicht glücklich sein, von der aber Erdoğan mit seiner sehr aktiven militärischen Rolle der Türkei beim Sturz Syriens profitiert – zusätzlich zur Ausweitung der türkischen Kontrolle über Ölfelder.
Die iranfreundliche irakische Regierung wird weitere Schwierigkeiten haben, die fortgesetzte US‐Besetzung von Teilen ihres Landes zu akzeptieren, da sie erkennt, dass sie das nächste Ziel ist.
Die libanesische Armee steht unter der Kontrolle der USA, und die Hisbollah muss stark geschwächt sein, um dem katastrophalen Waffenstillstandsabkommen mit Israel zugestimmt zu haben. Christlich‐faschistische Milizen, die traditionell mit Israel verbündet sind, werden in Teilen Beiruts immer sichtbarer, doch ob sie dumm genug wären, mit Dschihadisten aus dem Norden gemeinsame Sache zu machen, ist fraglich. Sollte Syrien jedoch vollständig unter die Herrschaft der Dschihadisten fallen – was schnell geschehen kann – schließe ich nicht aus, dass der Libanon sehr schnell folgen und in ein salafistisches Großsyrien integriert werden wird.
Wie die Palästinenser in Jordanien auf diese katastrophale Wendung der Ereignisse reagieren würden, ist schwer zu sagen. Das britische Marionetten‐Königreich der Haschemiten ist im Rahmen des Groß‐Israel‐Plans das vorgesehene Ziel für die Palästinenser aus einem ethnisch gesäuberten Westjordanland.
All dies läuft möglicherweise auf das Ende des Pluralismus in der Levante und dessen Ersetzung durch Suprematismus hinaus. Ein ethnisch‐suprematistisches Großisrael und ein religiös‐suprematistisches salafistisches Großsyrien.
Im Gegensatz zu vielen Lesern war ich nie ein Fan des Assad‐Regimes oder blind gegenüber dessen Menschenrechtsverletzungen. Aber was es unbestreitbar getan hat, war, einen pluralistischen Staat aufrechtzuerhalten, in dem die erstaunlichsten historischen religiösen und gemeinschaftlichen Traditionen – einschließlich der Sunniten (und viele Sunniten unterstützen Assad), der Schiiten, der Alaouiten, der Nachkommen der ersten Christen und der Sprecher des Aramäischen, der Sprache Jesu – alle nebeneinander existieren konnten.
Das Gleiche gilt für den Libanon.
Was wir gerade erleben, ist die Zerstörung dieses Systems und die Einführung einer Herrschaft nach saudischem Vorbild. All die kleinen kulturellen Dinge, die auf Pluralismus hindeuten – von Weihnachtsbäumen über Sprachkurse und Weinbau bis hin zu unverschleierten Frauen – wurden gerade in Aleppo zerstört und könnten von Damaskus bis Beirut zerstört werden.
Ich behaupte nicht, dass es in der Opposition gegen Assad keine echten liberalen Demokraten gibt. Aber ihre militärische Bedeutung ist vernachlässigbar, und die Vorstellung, dass sie in einer neuen Regierung einflussreich sein könnten, ist eine Illusion.
In Israel, das vorgab, ein pluralistischer Staat zu sein, ist die Maske gefallen. Der muslimische Gebetsruf ist gerade verboten worden. Mitglieder der arabischen Minderheit in der Knesset wurden suspendiert, weil sie Netanjahu und den Völkermord kritisiert haben. Jeden Tag werden mehr Mauern und Tore gebaut, nicht nur in den unrechtmäßig besetzten Gebieten, sondern im »Staat Israel« selbst, um die Apartheid durchzusetzen.
Ich gestehe, ich hatte einmal den Eindruck, dass die Hisbollah selbst eine religiös‐suprematistische Organisation ist; die Kleidung und der Stil ihrer Führung wirken theokratisch. Dann kam ich hierher und besuchte Orte wie Tyrus, das seit Jahrzehnten von der Hisbollah regiert wird, und stellte fest, dass Badekleidung und Alkohol am Strand erlaubt sind und der Schleier optional ist, während es dort völlig unbehelligte christliche Gemeinden gibt.
Ich werde den Gazastreifen nicht mehr besuchen können, aber ich frage mich, ob ich von der Hamas‐Herrschaft ähnlich überrascht gewesen wäre.
Es sind die Vereinigten Staaten, die den religiösen Extremismus und das Ende eines gesellschaftlichen Pluralismus nach westlichem Vorbild im gesamten Nahen Osten fördern. Dies ist eine direkte Folge der Tatsache, dass die Vereinigten Staaten mit den beiden religiös‐supremistischen Zentren Israel und Saudi‐Arabien verbündet sind.
Es sind die USA, die den Pluralismus zerstören, und es sind der Iran und seine Verbündeten, die den Pluralismus verteidigen. Wäre ich nicht hierher gekommen, hätte ich das nicht so deutlich gesehen. Aber wenn man es einmal gesehen hat, ist es unübersehbar.
Beirut, 6. Dezember 2024
Fußnoten
1 Anmerkung des Übersetzers: Ich denke, dass Murray hier und in der Folge den religiösen Zwist zwischen Sunniten und Schiiten (nicht seine Ausnutzung durch politische Kräfte!) zu ausschließlich betont oder überzeichnet. Vor allem bei staatlichen Akteuren spielen strategische Interessen m.E. eine größere Rolle.
2 Anmerkung des Übersetzers: Zur Rolle der arabischen Staaten hieß es in der französischen Le Monde diplomatique vom November: »Trotz der beispiellosen Gewalt gegen die Zivilbevölkerung und der beispiellosen Zerstörung der städtischen Infrastruktur werden fast alle arabischen Staaten den Palästinensern in Gaza und im Westjordanland sowie den Libanesen nicht zu Hilfe kommen. Die ehemalige Ablehnungsfront, die in den 1970er Jahren nach der Annäherung zwischen Ägypten und Israel gebildet wurde, ist aufgrund der Entfernung – im Falle Algeriens –, von Bürgerkriegen oder Staatszerfall – im Falle des Irak, Libyens, Syriens oder des Jemens – auseinandergerissen worden. Was die Golfmonarchien anbelangt, so vereinen ihre Führer neben einer Scheinsolidarität – insbesondere diplomatischer Art im Rahmen der Vereinten Nationen – oder peinlichem Schweigen Doppelzüngigkeit, militärische Minderwertigkeitskomplexe und Faszination für Israel – und nicht zuletzt den Willen, ihre eigenen strategischen Interessen zu verteidigen.«
Bild: Damascus, Sulaymaniyah Hospiz 2021 | Wikimedia Commons, BSBS123