Kleine linke Klimaserie (XII): Zwischenbilanz: Glauben oder leugnen?

»Manche benutzen Statistiken
wie Betrunkene einen Laternenpfahl:
mehr zur Unterstützung als zur Erleuchtung«

nach Andrew Lang, Poet († 1912)

Dieser Artikel ist Teil XII der Kleinen linken Klimaserie in der MagMa.

Klimadiskussionen unter Klimalaien sind auf beiden Seiten von hohem Kenntnisstand und intellektueller Bescheidenheit geprägt. Daher sind sie so konstruktiv, lehrreich und angenehm!

Ein Freund von mir argumentiert zum Beispiel: »Die heutigen CO2-Konzentrationen der Luft sind nicht unbedingt außergewöhnlich hoch. Früher wurden häufig höhere CO2-Konzentrationen gemessen als heute.« Der Freund belegt das mit digitalisierten alten Schriften im Internet. Tatsächlich! Viel höhere Werte als heute!! Und die damaligen Messmethoden waren zwar umständlicher, aber sehr genau!!! Ich frage den Freund: »In welcher Höhe und Umgebung wurde das denn so gemessen?« Über den Einfluss dieser Dinge, aufgrund derer seit irgendwann der atmosphärische CO2-Gehalt mit Wetterballons oder auf dem hohen Berg Mauna Loa ermittelt wird, weiß der Freund nichts. Also wird er wütend und schimpft: »CO2 wird verteufelt! Dabei ist es ein Lebenselixier!«

Ein Beispiel von der anderen Seite: Meine Kaffeeklatsch‐​Freundin ist überzeugt, dass in Folge der erhöhten CO2-Emissionen weltweit die Waldbrände zunehmen. Ich frage sie: »Hast du Statistiken gesehen, nach denen in den letzten Jahrzehnten die abgebrannten Waldflächen zugenommen haben?« Sie sagt: »Nein, aber die Fernsehberichte …«

Angenommen, eine seriöse Studie1 ermittelt, dass die abgebrannten Waldflächen und nicht bloß die Fernsehberichte über Waldbrände zugenommen haben. Dann würde meine Freundin vermutlich triumphierend ausrufen: »Siehst du!« Zum Glück für Nervbüddel wie mich verarbeitet meine Freundin erhöhte Adrenalinspiegel zu etwas anderem als Wut, so dass ich zu fragen wagen würde: »Hast du geprüft, ob diese Steigerung in seriösen Studien auf erhöhte CO2-Emissionen zurückgeführt wird? Oder vielleicht, ob die Steigerung mit höheren regionalen Lufttemperaturen zusammenpasst?« Sie würde wohl sagen: »Nein, aber die Kipppunkte …«

Meinungsbildung mit Fragestopp

Sowohl der Freund als auch die Freundin hören an einer gewissen Stelle auf, die Dinge zu hinterfragen. Bei beiden ist es die gleiche Stelle: die Stelle, an der ihnen die Dinge in den Kram passen.

Bei meiner Freundin hört das Fragen bereits auf, bevor es überhaupt begonnen hat. Ihr wurde die Verbindung Waldbrand/​CO2-Emissionen beim Medienkonsum ins limbische System gepflanzt. (Dasselbe passiert übrigens Deutschidentifizierten mit Araber/​Terror, Messer/​Migrationshintergrundd usw., aber dagegen wehrt sich meine Freundin erfolgreich.) Beim Klimathema verhält sie sich wie der Pawlowsche Hund. Der drohende Weltuntergang ist ihr Mentalfutter. Zum Vergleich der Freund: Was ihm in den Kram passt, wird nicht massenmedial indoktriniert. Dadurch ist er gezwungen, mindestens eine selbständige Frage zu stellen, bevor etwas herauskommen kann, das ihm in den Kram passt. Diese Frage lautet etwa: Sind die CO2-Konzentrationen seit Beginn der Industrialisierung überhaupt gestiegen? Der Freund findet höhere Messwerte alter Zeiten und fragt ab da nicht weiter.

In beiden Fällen meinen die Betreffenden, genug zu wissen, um sich eine Meinung zu bilden. Aber der Grund, weshalb sie das meinen, ist unterschiedlich.

Die Verbindung Waldbrand/​CO2-Emissionen bei meiner Freundin funktioniert wie ein unmittelbares Erleben. Es ist fast so, wie wenn sie die Kaffeetasse in der Hand hält. Zwischen Hand und Tasse passt keine Frage; die Angelegenheit ist eindeutig und klar. Nur außergewöhnliche Umstände könnten die Freundin veranlassen, die Verbindung Tasse/​Hand in Frage zu stellen, beispielsweise wenn jemand in ihrer Sichtweite ernsthaft bezweifelt, dass sie eine Tasse in der Hand hält. Ich stelle mir lieber nicht vor, wie es wäre, wenn sie zusätzlich zum Medienkonsum noch zur Schule ginge. Der Freund vergleichsweise ist kritisch an die Sache herangegangen. Er hat sich aktiv Wissen angeeignet. Das erweckt in ihm den Eindruck, nunmehr genug zu wissen, um sich eine Meinung zu bilden. Wäre der Freund etwas selbstkritischer, hätte er, gerade weil ihm das erreichte Wissen in den Kram passt, seine erste Meinung hinterfragt – soweit, bis ihm Zweifel daran kommen.

Praktisch wird niemand in alle Ewigkeit nach Zweifeln suchen, eh sie sich eine feste Meinung bildet. Aber mindestens eine Zweifelshürde sollte – meiner Meinung nach – jede feste Meinung zu was auch immer überwunden haben. Die Überwindung (oder gegebenenfalls Nichtüberwindung) mindestens einer Zweifelshürde schützt uns davor, einem Glauben zu »verfallen« und zum Objekt von Manipulationen oder auch unserer eigenen Wunschvorstellungen werden. Es sollte natürlich ein echter eigener Zweifel sein, nicht bloß eine Widerlegung von Zweifelsansagen anderer, bei denen man von vornherein zu wissen meint, dass »da nichts dran« ist.

Allzu vielen gelingt es nicht zu sagen: »Darüber weiß ich zu wenig, um mir mehr als eine provisorische Meinung zu bilden.« Bescheidwissen nützt im Kapitalismus wie auch, oberflächlich betrachtet, im Kampf gegen ihn mehr als selbstkritische Denkoffenheit.

Wissenschaft

Von beiden Seiten der Klimadebatte geht eine Nötigung aus, nicht zu sagen, was die meisten auf beiden Seiten der Debatte selbsterkenntnismäßigerweise zu sagen hätten: »Darüber weiß ich zu wenig, um mir mehr als eine provisorische Meinung zu bilden.«. Die Nötigung zur Meinungsbildung ohne ausreichende Kenntnisse wird mit Sachzwängen gerechtfertigt. »Wenn wir jetzt sofort nichts tun«, sagt die eine Seite, »werden die Auswirkungen katastrophal sein«. »Wenn wir jetzt sofort nicht verhindern, was die andere Seite zu tun beabsichtigt«, sagt die andere Seite, »werden die Auswirkungen katastrophal sein«. Mindestens eine Seite könnte damit richtig liegen.

Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma scheint darin zu bestehen, Wissenschaftlerinnen die Autorität zu übergeben. Mit dem Klima befasste Wissenschaftlerinnen sollten ja wohl genug wissen, um sich eine fundierte Meinung bilden zu können.

Hier ist die eine Seite der Klimadebatte klar im Vorteil – meint die Mehrheit womöglich beider Seiten. Aber auch die mengenmäßige Verteilung der Wissenschaftlerinnen auf die beiden Klimalager ist bei vielen bloß entweder eine indoktrinierte Meinung oder eine, die keine Zweifelshürde überwand. Wer die Studien prüft, die eine überwältigende wissenschaftliche Mehrheit für die eine Seite nachzuweisen vorgeben, wird über diese Meinung nur mit Mühe nicht in Zweifel geraten.

Angesichts des Umgangs mit nichtkonsenten Wissenschaftlerinnen in den Medien, in den Wissenschaftsinstitutionen und Geld‐​Flüssen des euroatlantischen Raums wäre eine deutliche und stabile Mehrheit auf der einen Seite der Klimadebatte wenig erstaunlich. Wissenschaftliche Karrieren erfordern soziale Anpassungen an herrschende Meinungen. Man muss mit den richtigen Leuten Sozializing betreiben, landet in einer Meinungsglocke. Da die Dissenzunterdrückung schon lange läuft, gibt es im euroatlantischen Raum unter den jüngeren klimabezogenen Wissenschaftlerinnen inzwischen womöglich tatsächlich nur 3% Nichtkonsente, die nicht lieber was anderes studierten. In Ländern, in denen der Nichtwiderstand von Bevölkerungen gegen Regierungen weniger von Gehirnwäsche als von materiellen Verbesserungstrends abhängt, die stimmige Naturwissenschaften und Ansagen für die Landwirtschaft brauchen, kann das anders sein.

Die bürgerlich‐​kapitalistische Wissenschaft brachte eine wissenschaftlich fundierte Rassenlehre und wissenschaftlich fundierte Zwangssterilisationsprogramme hervor. Nicht allzu lange ist es her, da drohte eine wissenschaftich fundierte Zwangscovidspritzung. Je mehr die Menschheit technologisch anstellen kann, desto gefährlicher wird der Mythos von einer im Kapitalismus frei sein könnenden Wissenschaft.

Seit Bestehen des bürgerlich‐​kapitalistischen Wissenschaftsbetriebs gelingt es gewissen Interessengruppen, Forschungsschwerpunkte zu bestimmen, unliebsame Forschungsrichtungen auszutrocknen und kritischen Wissenschaftlerinnen das Leben schwer zu machen. Besonders deutlich war das von Anfang an im pharmazeutischen und während der traditionell kolonialistischen Phase im anthropologischen Sektor, weil hier – anders als zum Beispiel in der Mathematik – handfeste Kapitalinteressen hinsichtlich wissenschaftlicher Lehrmeinungen bestehen bzw. bestanden. Andererseits liegt eine Naturwissenschaft, die falsche Ergebnisse liefert, nicht im Interesse industrieller Kapitalfraktionen. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse können dem industriellen Kapital insgesamt gesehen höhere Profite bringen und naturwissenschaftliche Irrtümer seine Profite schmälern. In diesem Zusammenhang entwickelte der bürgerliche Wissenschaftsbetrieb zu Zeiten des Konkurrenzkapitalismus recht wirksame Mechanismen, um die Wahrscheinlichkeit von Irrtümern zu verringern.

Die Lage änderte sich im Globalen Norden, als hier die wirtschaftliche und politische Dominanz auf finanzielle und datenverarbeitende Kapitalfraktionen überging. Den heute im Globalen Norden vorherrschenden Kapitalfraktionen wie auch seinem in der Weltmarktkonkurrenz schwächer werdenden Industriekapital kommt es vor allem auf staatlich getragene Geld‐ und Datenflüsse an. Ob diese Geld‐ und Datenflüsse aufgrund naturwissenschaftlich fundierter Erkenntnisse oder aufgrund naturwissenschaftlicher Irrtümer in ihrem Interesse ausfallen, kann ihnen egal sein. Unterdessen kämpfen in den unteren Etagen wohl die meisten Wissenschaftlerinnen beider Klimalager, falls sie sich überhaupt binär zuordnen, mit ihrer persönlichen Integrität gegen die institutionellen und systemischen Verzerrungen an, die diese Entwicklung mit sich brachte.

Gewissheit

Dissenz und Kritik sind in den Wissenschaften wesentlich, um brauchbare Ergebnisse zu erzielen. Sollte der Wissenschaftsbetrieb bezüglich eines nicht unmittelbar beobachtbaren und ausmessbaren Themas ein 97%-iges oder noch höheres Konsensniveau erreichen, wären Zweifel angebracht.

Der Gewissheit fördernden Wirkung eines über 90% liegenden Konsensniveaus beim Klimathema liegt einerseits ein unwissenschaftlich‐​autoritäres Wissenschaftsverständnis zugrunde und andererseits eine Propaganda, die Laien vorspiegelt, es ginge um unmittelbar beobachtbare und ausmessbare Fakten.

Ein Musterbeispiel von Autoritarismus und Kenntnismangel bieten vier Autoren bei der (einen) »Kommunistischen Organisation« in einem Diskussionsbeitrag »Kapitalismus, ökologische Zerstörung und kommunistische Strategie«. Man mag ihren Text als Selbsttest verwenden: je überzeugender er wirkt, desto niedriger der Kenntnisstand. Die Autoren beschreiben ihr eigenes Gedankengefängnis, als wären sie dem europäischen Mittelalter entsprungen:

»Statt von ›Klimaskeptikern‹ wollen wir von ›Klimaleugnern‹ sprechen. Denn Skepsis gegenüber wissenschaftlichen Theorien ist als Haltung angebracht und legitim. Keine Theorie ist davon ausgenommen, dass man sie anhand wissenschaftlicher Kriterien überprüfen und gegebenenfalls korrigieren muss. Im Unterschied dazu zeichnen sich diejenigen, die offensiv den menschengemachten Klimawandel anzweifeln oder als Lüge bezeichnen, durch die Leugnung wissenschaftlich erwiesener Tatsachen aus, während sie ihrerseits oftmals mit unredlichen Methoden versuchen, bei Laien Zweifel an den Erkenntnissen der Naturwissenschaften zu streuen.«

Also lieber nicht weiterlesen! Dieser Text ist Zweifel streuendes …

Teufelswerk

Fast alle sachlichen Argumente, die von der einen oder anderen Seite zur Untermauerung der eigenen Position laienverständlich mal so eben hingeworfen werden, erweisen sich bei näherer Prüfung als zweifelhaft. Komplizierte Themen bedingen eben komplizierte Argumente. Die sind optimalerweise (einigermaßen) einfach zu verstehen, kosten aber dafür um so mehr Zeit.

Zu den wenigen Ausnahmen scheint mir diese Grafik der NASA zu gehören, die auch meinen Freund beeindruckte, aber nur ausdrückt, dass es bei einer Senkung des atmosphärischen CO2-Gehalts etwas zu verlieren geben könnte:2

Weltweite Veränderung der Blattflächen zwischen 1982 und 2015
Weltweite Veränderung der Blattflächen zwischen 1982 und 2015

In den meisten Weltgegenden nahmen seit Beobachtungsbeginn 1982 die Blattflächen um mehr als 5% (Grün) zu, in manchen um über 50% (Dunkelgrün). In der nicht‐​landwirtschaftlich bearbeiteten Natur begannen Pflanzen an Stellen zu wachsen, die zuvor karg waren. NASA‐​Wissenschaftlerinnen führen die Erdergrünung der letzten Jahrzehnte außer auf den CO2-Anstieg auf Aufforstungen in China und intensivere Landwirtschaft in Indien zurück.

Ich fand eine Studie, in der es heißt: Ja, aber die Pflanzen sind weniger nährstoffhaltig, was zu gefährlichen Fehlernährungen führen kann. Das mag sein, wäre aber wohl durch Düngung zu meistern.3 Trotzdem bilde ich mir dazu lieber nur eine provisorische Meinung. Zu gut würde es mir in den Kram passen, sollten Industrie und Landwirtschaft ohne Stromnetzzusammenbrüche, Würmerpudding und Kostenexplosionen schon durch gute Filteranlagen nur Wasser und Pflanzenfutter emittieren können. Da kann man doch gleich an eine prästabilierte göttliche Harmonie glauben! … Oder an Marx:

»Der Mensch lebt von der Natur, heißt: Die Natur ist sein Leib […]. Dass das physische und geistige Leben des Menschen mit der Natur zusammenhängt, hat keinen anderen Sinn, als dass die Natur mit sich selbst zusammenhängt«.4

»Die Industrie ist das wirkliche geschichtliche Verhältnis der Natur […] zum Menschen: wird sie daher als exoterische Enthüllung der menschlichen Wesenskräfte gefasst, so wird auch das menschliche Wesen der Natur oder das natürliche Wesen der Menschen verstanden«.5

Klare Fakten

Eine Kernaussage der einen Klimadebattenseite lautet: Durch Erhöhung der atmosphärischen CO2-Konzentration steigt die globale mittlere Oberflächentemperatur in dermaßen schädlichem Ausmaß, dass drastische Gegenmaßnahmen nötig sind. Die Positionen der anderen Seite der Klimadebatte reichen von »Ja, die globale mittlere Oberflächentemperatur steigt, aber nicht in schädlichem Ausmaß« bis »Die globale mittlere Oberflächentemperatur sinkt«, mit Seitenpfad: »Derartige Aussagen sind physikalischer Unsinn«.

Zumindestens, dass durch Erhöhung der atmosphärischen CO2-Konzentration die globale mittlere Oberflächentemperatur gestiegen ist und weiter steigt, sollte doch wohl klar auf der Hand liegen, oder?

2016 erschien eine Studie mit dem Titel »Über die Kausalstruktur zwischen CO2 und globaler Temperatur«. Die Studie stammt aus der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission und wird bis heute von Wissenschaftlerinnen als Nachweis für eine globale Temperaturerhöhung durch CO2 betrachtet.6

Der Nachweis erfolgt nicht physikalisch, wie sich wohl nicht nur Wissenschaftslaien naiverweise vorstellen könnten, sondern durch ein Verfahren der Informationstheorie, bei dem die Streuung von zeitlich aufeinander folgenden Werten (Zeitreihen) durch geschickte Umgruppierungen und Logarithmierungen reduziert und diese Reduktion mit dem Wort »Verursachung« bezeichnet wird. Dabei wirft man durch physikalische Messungen ermittelte CO2-Werte mit nicht‐​physikalischen statistischen Rechenwerten, den globalen mittleren Oberflächentemperaturanomalien, auf dieselbe Realitätsebene – was auch angemessen ist, denn beide Werte‐​Sets sind ja das gleiche Zeugs im Computer. Die Studie drückt das so aus:

»Wir verwenden ein neu entwickeltes Verfahren, das auf dem Konzept des Informationsflusses basiert, um die kausale Struktur zwischen dem globalen Strahlungsantrieb und den jährlichen mittleren globalen Oberflächentemperaturanomalien (GMTA) seit 1850 zu untersuchen. […]

Zur Einführung der Methode berechnen wir den Informationsfluss (IF) in nat (natürliche Informationseinheit) pro Zeiteinheit [nat/​ut] aus der 156‐​jährigen jährlichen Zeitreihe der globalen CO2-Konzentration zu GMTA als 0,348 ± 0,112 nat/​ut und ‑0,006 ± 0,003 nat/​ut in umgekehrter Richtung. Es ist offensichtlich, dass der erste Wert signifikant von Null abweicht, während der zweite Wert im Vergleich zum ersten vernachlässigbar ist. Dieses Ergebnis zeigt eindeutig eine einseitige Kausalität in dem Sinne, dass der jüngste CO2-Anstieg den Temperaturanstieg verursacht, aber nicht umgekehrt.«7

Die eindeutige Verursachung des Anstiegs der GMTA durch CO2 wurde, so erklärt die Studie, ab den 1960er Jahren »signifikant«, begann aber schon 1850. Davor und auf lange Sicht arbeitete die Natur umgekehrt: Der Anstieg der GMTA alter Zeiten, genannt »paläoklimatische Lufttemperatur« (PAT – »paleoclimatological air temperature«), verursachte höhere atmosphärische CO2-Konzentrationen.

»Berechnet man den IF in nat pro Zeiteinheit von der 1000‐​jährigen interpolierten PAT‐​Zeitreihe zur CO2-Konzentration, erhält man 0,123 ± 0,060 nat/​ut und ‑0,054 ± 0,040 nat/​ut in der umgekehrten Richtung. Daher haben wir auf diesen langen Zeitskalen einen signifikanten IF nur von den Temperaturdaten zum CO2, aber nicht in die andere Richtung, genau das Gegenteil von dem, was wir in den Daten der letzten 156 Jahre sehen. […] Dies unterstützt die Hypothese, dass auf geologischen Zeitskalen Lufttemperaturänderungen die nachfolgenden Änderungen der CO2-Konzentration verursachen.«8

Ein Vortragspapier der »European Conference on Machine Learning and Knowledge Discovery in Databases« (Europäische Konferenz über maschinelles Lernen und Prinzipien und Praxis der Wissensentdeckung in Datenbanken – ECML PKDD) von 2017 beschreibt, wie die physikalische Realitätsebene des messbaren CO2-Gehalts zusammen mit den Rechenergebnissen, die man »globale mittlere Oberflächentemperaturanomalien« nennt, in eine homogene Datenwelt überführt werden kann:

»Der Standardansatz im Bereich der Klimawissenschaft basiert auf Simulationsstudien mit mechanistischen Klimamodellen […]. Datengesteuerte Modelle gehen im Gegensatz zu mechanistischen Modellen nicht von einer zugrunde liegenden physikalischen Repräsentation der Realität aus, sondern modellieren das interessierende Phänomen direkt […] Der gebräuchlichste datengestützte Ansatz zur Ermittlung kausaler Beziehungen in der Klimawissenschaft besteht in der Modellierung der Granger‐​Kausalität. Analysen dieser Art wurden angewandt, um den Einfluss einer Klimavariablen auf eine andere zu untersuchen, z.B. den kausalen Granger‐​Effekt von CO2 auf die globale Temperatur«.9

Das Konzept der Granger‐​Kausalität stammt aus der Wirtschaftsstatistik. Sein Zweck besteht ursprünglich darin, unter den Bedingungen der ungeplanten kapitalistischen Wirtschaftsweise Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Wirtschaftsdaten zu analysieren. Speziell möchte man mit Hilfe der Granger‐​Kausalität initiale Wirkungen von Rückwirkungen unterscheiden und mögliche Scheinkorrelationen ausschließen.

Eine Scheinkorrelation bildet die »globale mittlere Oberflächentemperatur« (blau) zum Beispiel mit der flüssigmachbaren Geldmenge des Euro (rot):10

Globaltemperatur und Euro M3

Um eine Zeitreihe A, z.B. CO2-Emissionen oder die Euro‐​Geldmenge, zur Granger‐​Ursache einer Zeitreihe B, z.B. der globalen Temperaturentwicklung, erklären zu können, werden zunächst die ursprünglichen Daten jeder Zeitreihe durch eine mathematische Funktion angenähert. Das Spezielle an diesen, »autoregressiv« genannten, Funktionen ist: Zur Berechnung ihrer Werte ist die Berechnung des jeweils vorangehenden Werts nötig. Eine Granger‐​Ursache liegt vor, wenn sich die ursprünglichen Daten der Zeitreihe B durch Zuhilfenahme vorangegangener Werte der Funktion für A genauer angeben lassen als bei Verwendung nur der Funktion für B.11

Im Vortragspapier von 2017 heißt es verallgemeinernd:

»Wie bei anderen statistischen Verfahren sind die Schlussfolgerungen nur dann gültig, wenn alle potenziellen Einflussfaktoren in die Analyse einbezogen werden.«12

Über die potenziellen Einflussfaktoren wissen Klimawissenschaftlerinnen gut Bescheid. 2023 haben sie zum Beispiel gemerkt, dass Luftmoleküle viel öfter gegeneinander bollern als gedacht13 , und bald werden sie vielleicht sogar die Erdabstrahlung bei mittlerer bis starker Bewölkung messen können14 , so dass beim Pariser CO2-Budget weniger geraten werden muss15 .

Weiter heißt es im Vortragspapier:

»In neueren Arbeiten haben wir gezeigt, dass der Kausalschluss in der Klimawissenschaft erheblich verbessert werden kann, indem traditionelle statistische Modelle durch nichtlineare autoregressive Methoden ersetzt werden, die selbsterstellte Eigenschaften der ursprünglichen Zeitreihen auf höherer Ebene einbeziehen. Derartige Ansätze erfordern jedoch viel Fachwissen über die Funktionsweise unseres Planeten. Außerdem beruhen die in die Modelle aufgenommenen Eigenschaften der höheren Ebene oft auf eher willkürlichen Entscheidungen.«16

Bezogen auf CO2 und Temperaturanomalie‐​Entwicklung war 2011 bei der Anwendung des Konzepts der Granger‐​Kausalität Folgendes herausgekommen:

»In diesem Papier wird die Hypothese getestet, dass die Granger‐​Kausalität aus den […] Reihen der global gemittelten Landoberflächentemperatur (GT) und dem beobachteten CO2 in der Atmosphäre mit Hilfe eines reversen kumulativen Granger‐​Kausalitätstests extrahiert werden kann. […] Die Ergebnisse dieses modifizierten Tests zeigen Belege für die Granger‐​Kausalität von einem Proxy für den gesamten Strahlungsantrieb (RC) zu GT, der in diesem Fall eine Transformation des atmosphärischen CO2 ist. In der bisherigen Literatur ließen sich diese Ergebnisse nicht mit dem Standard‐​Granger‐​Kausalitätstest ermitteln. […] Da die differenzierte RC zweiter Ordnung jedoch weder normalverteilt noch varianzstabil ist, ist bei der Interpretation unserer Ergebnisse Vorsicht geboten […]Die in dieser Arbeit vorgestellten Ergebnisse scheinen auf GC [Granger‐​Kausalität] von RC zu GT hinzuweisen, zumindest in relativ großen Datensätzen. Die Angemessenheit der von uns verwendeten klassischen GC‐​Tests hängt jedoch davon ab, dass mehrere probabilistische Annahmen zutreffen, von denen viele anhand von Daten überprüft werden können. Diese Annahmen sind nicht alle erfüllt, so dass unsere Ergebnisse mit einem Grad an Unsicherheit behaftet sind, der über die übliche, bei statistischen Tests quantifizierte Unsicherheit hinausgeht.«17

2013 scheint die Problematik nicht erfüllter probalistischer Annahmen überwunden zu sein:

»In diesem Papier analysieren wir die Granger‐​Kausalität zwischen natürlichen oder anthropogenen Einflüssen und globalen Temperaturanomalien. […] Die Ergebnisse zeigen, dass es keinen Beweis für eine Granger‐​Kausalität zwischen natürlichen Einflüssen und der globalen Temperatur gibt. Im Gegenteil, es wurde eine nachweisbare Granger‐​Kausalität zwischen anthropogenen Einflüssen und der globalen Temperatur gefunden, was bestätigt, dass Treibhausgase eine wichtige Rolle bei der jüngsten globalen Erwärmung spielen.«18

Ebenfalls 2013 erschien eine Studie, nach der Veränderungen des atmosphärischen CO2-Gehalts zeitlich auf Veränderungen »globaler Temperaturen« folgen:

»Eisbohrkerne zeigen, dass atmosphärische CO2-Schwankungen auf einer Jahrhundert‐ bis Jahrtausendskala auf atmosphärische Temperaturänderungen folgen, aber es wird erwartet, dass die heutige Temperatur den Änderungen des atmosphärischen CO2 nachfolgt, da im Allgemeinen der Temperaturanstieg der Atmosphäre seit etwa 1975 als durch den heutigen Anstieg des CO2 verursacht angesehen wird. […] Wir finden ein hohes Maß an Kovariation […], wobei die CO2-Änderungen jedoch immer hinter den Temperaturänderungen zurückbleiben. Die größte positive Korrelation zwischen CO2 und Temperatur wird für CO2 mit einer Verzögerung von 11 – 12 Monaten gegenüber der globalen Meeresoberflächentemperatur, von 9,5 – 10 Monaten gegenüber der globalen Oberflächenlufttemperatur und von etwa 9 Monaten gegenüber der globalen Temperatur der unteren Troposphäre festgestellt.«19

Die weiter oben zitierte Studie von 2016 stellt fest, dass mit der Granger‐​Methode beides herauskommen kann: (a) mehr CO2 in der Atmosphäre verursacht höhere »globale Temperaturen« und (b) höhere »globale Temperaturen« verursachen mehr CO2 in der Atmosphäre. Daher ging man zu weniger traditionellen Methoden des »Informationsflusses« über.

Wenn ich versuche, das Bisherige zusammenzufassen, kommt heraus: Da ein physikalischer Nachweis von Erhöhungen der »globalen Temperatur« durch erhöhte atmosphärische CO2-Konzentrationen nicht möglich ist, nimmt man die Wirtschaftsstatistik zu Hilfe. Bis 2017 kam dabei nichts Klares heraus. Mit Methoden des »Informationsflusses« könnte etwas Klareres herauskommen, wenn man ein paar »willkürliche Entscheidungen« in Kauf nimmt.

Diese Schwierigkeiten scheinen mit der enormen Komplexität atmosphärischer Strahlungsprozesse zusammenzuhängen, die sich nicht in Einmachgläsern nachstellen lässt.20 Wäre ein klimatischer Temperatureffekt erhöhter atmosphärischer CO2-Konzentrationen unmittelbar messbar: Gäbe es dann solche Probleme?

Noch klarere neuere Fakten

2020 erschien im »International Journal of Climatology« der Royal Meteorological Society eine Studie mit dem Titel: »Globale CO2-Emissionen und globale Temperaturen: Hängen sie zusammen« (ohne Fragezeichen). In der Studie

»geht es um die Analyse der Beziehung zwischen CO2-Emissionen und Temperaturen. Zu diesem Zweck werden die globalen CO2-Emissionen und vier Messgrößen für die globalen Temperaturen (Land‑, Land‐ und Meeres‑, Nord‐ und Südtemperaturen) verwendet. Wir haben Techniken verwendet, die auf fraktionierter Integration und Kointegration basieren. Die Ergebnisse zeigen zunächst, dass die Integrationsordnungen der beiden Variablen unterschiedlich sind […] und somit die Hypothese der Kointegration zwischen den beiden Variablen entkräften. Aus diesem Grund wird ein anderer Ansatz verfolgt, bei dem wir davon ausgehen, dass die Emissionen im Verhältnis zu den Temperaturen schwach exogen sind. Die Ergebnisse dieses Ansatzes zeigen eine signifikant positive Beziehung zwischen den beiden Variablen mit einem langen Erinnerungsmuster.«21

Andeutungsweise in Laiensprache übersetzt: Untersucht wurde die Entwicklung der globalen menschlichen CO2-Emissionen (nicht die Entwicklung der atmosphärischen CO2-Konzentrationen). Es stellte sich heraus, dass Temperaturanomalie‐ und CO2-Werte in unterschiedlicher Weise steigen und sinken (≈ unterschiedliche Integrationsordnungen), aber wenn man die Werte geschickt handhabt (≈ CO2 als schwach exogen behandelt), kommt eine über größere Zeiträume nachvollziehbare Abhängigkeit (≈ lange Erinnerungsmuster) heraus.

Das Konzept der Kointegration stammt wie das der Granger‐​Kausalität aus der Wirtschaftsstatistik. Ganz grob heißen zwei Zeitreihen »kointegriert«, wenn sich ihre Werte über die Zeit gleich doll verändern; dass sie nur zugleich fallen oder steigen, genügt nicht.

Die »globalen Temperaturen« und CO2-Emissionen verhalten sich »signifikant positiv« zueinander, sagt das Zitat. Die Kointegration der beiden Zeitreihen wird als »Hypothese« bezeichnet – ein Begriff, der in der Statistik üblich ist, und nicht ausdrückt, dass man Kausalbeziehungen zwischen den beiden für bloß hypothetisch hält.

Beim ersten Anlauf finden die Wissenschaftlerinnen der zitierten Studie heraus: Temperaturanomalie und CO2-Emissionen sind nicht kointegriert. »Aus diesem Grund«, d.h. weil dieses Ergebnis nicht recht ist, unternehmen sie einen zweiten Anlauf, der dann das gewünschte Ergebnis liefert. Von einem Umschwung der Kausalbeziehung zwischen Temperaturen und CO2 um 1960 herum habe ich in der Studie nichts gefunden, obschon Daten seit 1880 berücksichtigt wurden.

2022 legten vier Wissenschaftler im Journal der Royal Society, der 1660 gegründeten britischen Akademie der Wissenschaften, zur Untersuchung von Kausalbeziehungen ein neues Verfahren auf Basis der Wahrscheinlichkeitsrechnung vor. Sie legten ihr Augenmerk auf den Gedanken, dass in Kausalangelegenheiten die zeitliche Reihenfolge eine Rolle spielt. Zur Demonstration des Verfahrens benutzten die Wissenschaftler Temperaturdaten von Satelliten, die ab 1979 verfügbar wurden, sowie CO2-Messdaten vom Mauna Loa. Ihr Ergebnis:

»Basierend auf Arrhenius’ Regel, dass, wenn {CO2} in geometrischer Progression zunimmt, [die Temperatur] T nahezu in arithmetischer Progression zunimmt, nehmen wir die Logarithmen von {CO2}. […][D]ie Ergebnisse […] deuten klar auf ein (monodirektionales) potenziell kausales System mit T als Ursache und {CO2} als Wirkung hin. Die gängige Auffassung, dass eine Erhöhung von {CO2} eine Erhöhung von T verursacht, kann damit ausgeschlossen werden, da sie gegen die notwendige Bedingung für diese Kausalitätsrichtung verstößt. Sogar die Möglichkeit einer HOE‐​Kausalität [Henne‐​und‐​Ei‐​Kausalität] wird durch das neue Verfahren nicht bestätigt.[…] Alle charakteristischen Zeitverzögerungen […] sind positiv in Richtung ΔT→Δln{CO2} (zwischen 5 und etwa 8 Monaten) und negativ in Richtung Δln{CO2}→ΔT.«22

Klimakompromiss

Nach dieser Direkteinsicht in die wissenschaftliche Forschung könnte folgender Eindruck entstanden sein: Der Nachweis der Kernaussage der einen Seite der Klimadebatte, durch Erhöhung der atmosphärischen CO2-Konzentration steige die globale mittlere Oberflächentemperatur in schädlichem Ausmaß, hängt weit genug in der Luft, um Zweifel daran nicht einfach als »Leugnung offensichtlicher Fakten« abtun zu können. Entsprechend in der Luft hinge damit auch die Ansage, eine drastische Verringerung menschlicher CO2-Emissionen würde die »globalen Temperaturen« merklich senken.

Dies passt schlecht zur Klimagewissheit, die Laien durch systemaffine Medien, Bildungseinrichtungen und andere Organisationen vermittelt bekommen. In der nächsten Folge werde ich anhand zweier wissenschaftlich super seriöser Erklärungen, die für Laien gedacht sind, nachforschen, wodurch diese Gewissheit entsteht. Sollte dabei herauskommen, dass die Gewissheit nicht lediglich durch rhetorische Tricks, wenn nicht gar Falschinformationen, entsteht, sondern auf Fakten basiert: Wären dann die Wissenschaftlerinnen bei der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission für beschäftigungstherapiebedürftig und die Wissenschaftlerinnen bei der Europäischen Konferenz über maschinelles Lernen, die »nicht von einer zugrunde liegenden physikalischen Repräsentation der Realität« ausgehen, sondern »das interessierende Phänomen direkt« modellieren möchten, sowie alle weiteren exogenen Kointegrantinnen mitsamt ihren Financiers für total verwirrt zu halten?

Unabhängig von den Ergebnissen meiner zukünftigen Forschungen möchte ich, da die Sache ja drängt, einen Klimakompromiss für eine sofortige Zwischenlösung des CO2-Problems zur Debatte stellen. Der Kompromiss käme mindestens für diejenigen in Frage, die menschengemachte CO2-Emissionen schnell auf dem gegenwärtigen Stand einfrieren und womöglich perspektivisch auf Netto‐​Null senken wollen, und für diejenigen, die nicht befürchten, dass ein sofortiges Einfrieren menschengemachter CO2-Emissionen ein größeres Pflanzensterben mit sich bringen könnte. Denjenigen, die glauben, menschengemachte CO2-Emissionen seien zur Verhinderung von Hungerkatastrophen für Pflanzen und dadurch für den im Kapitalismus schlecht gestellten Menschheitsteil weiter zu erhöhen, möchte ich den Kompromiss mit folgendem Argument schmackhaft machen: Sollte der Kompromiss zustande kommen, wäre ein Nebeneffekt die Lockerung der Zwangsjacke, die von ihrer als drohende Weltkatastrophe interpretierten menschheitshistorischen Überflüssigkeit verängstigte Superreiche der Wissenschaft allzu fest umzuschnüren beliebten; man würde den Bedarf an höheren CO2-Emissionen nach der Lockerung sicherlich frühzeitig erkennen und geeignete Maßnahmen ergreifen können.

Aber nun zum Kompromissvorschlag: Die bürgerliche Organisation Oxfam veröffentlichte eine faktenbasierte Aufstellung zu den CO2-Emissionen der Welt, gegliedert nach Einkommensgruppen:23

Nach dieser Aufstellung dient knapp die Hälfte der CO2-Emissionen der Welt dazu, den reichsten 10% der Menschheit ein Leben in übertriebenem Wohlstand mit Privatjets, vollklimatisierten Großvillen etc. pp. zu ermöglichen. Die CO2-Emissionen lassen sich demnach in kurzer Zeit deutlich senken, indem wir die reichsten 10% der Menschheit auf den Wohlstand der zweitreichsten 10% zurücksetzen. So würde ein CO2‐​Budget von 49 – 19=30% frei, mit dem ohne weitere Erhöhungen der CO2-Emissionen eine funktionstüchtige und finanzierbare Elektrifizierung Afrikas und anderes mehr stattfinden könnte. Lassen wir zusätzlich Arbeiten bleiben, die auf mindestens 90%-iger Konsensbasis den CO2-Ausstoß erhöhen, ohne unser Wohlbefinden zu verbessern (Reinigung von Drittswimmingpools, Schokoriegelreklameproduktionen, manche Wohnviertel­bombardierungen usw.), um Arbeiten zu tun, die den ärmsten 20% nützen, könnten innerhalb weniger Jahre Hunger und Armut ohne Erhöhungen der CO2-Emissionen beseitigt werden. Rund zwei Milliarden Menschenköpfe mehr bekämen Gelegenheit, Ideen zur Lösung ökologischer Probleme zu entwickeln, anstatt sich um das Essen für den nächsten Tag sorgen zu müssen.

Fußnoten

1 Was ist eine »seriöse Studie«? Als formales Kriterium verwende ich: die Studie erschien in einem vom wissenschaftlichen Mainstream anerkannten Wissenschaftsjournal. Es gibt Journale, die »wissenschaftlich« wirken, bei denen aber die Autorinnen Geld zahlen, um veröffentlichen zu können. Aus Studien solcher Journale, soweit ich sie erkenne, zitiere ich höchstens mit Warnhinweis. Trotzdem können einige oder viele Studien in solchen Journalen wissenschaftlich »seriös« sein und nur deshalb dort veröffentlicht sein, weil etablierte Journale sich aus politisch‐​wirtschaftlichen Gründen nicht trauen, sie zu veröffentlichen. Umgekehrt können etablierte Journale wie nicht etablierte unseriöse Studien enthalten.

3 Siehe zum Beispiel H Pleijel, L Mortensen et al.: Grain protein accumulation in relation to grain yield of spring wheat ( Triticum aestivum L.) grown in open‐​top chambers with different concentrations of ozone, carbon dioxide and water availability. Agriculture Ecosystems & Environment 72(3):265 – 270, 1999, DOI 10.1016/S0167-8809(98)00185 – 6

6 Siehe »Citations« unten auf der Researchgate‐​Seite zur Studie. Kommentierende bei »Scientific Reports« zeigen sich weniger überzeugt.

7 A Stips et al.: On the causal structure between CO2 and global temperature. Sci. Rep. 6, 21691; DOI 10.1038/srep21691 (2016), Seite 1 und 2. Alle Zitate englischsprachiger Quellen wurden unautorisiert übersetzt.

Erklärungen zum Verfahren bei Rami Khushaba: Finding Causal Relationships: Granger Causality vs. Transfer Entropy (Video 2022) – Gabriele Carcassi: Understanding Shannon entropy: (1) variability within a distribution (Video) – T Schreiber: Measuring Information Transfer. Phys. Rev. Lett. 85 (2000) 461, DOI 10.1103/PhysRevLett.85.461 – R Silini, C Masoller: Fast and effective pseudo transfer entropy for bivariate data‐​driven causal inference. Sci Rep 11, 8423 (2021). DOI 10.1038/s41598-021 – 87818‑3

8 A Stips et al.: On the causal structure between CO2 and global temperature. Sci. Rep. 6, 21691; DOI 10.1038/srep21691 (2016), Seite 4

9 C Papagiannopoulou, S Decubber et al.: Analyzing Granger Causality in Climate Data with Time Series Classification Methods. In: Machine Learning and Knowledge Discovery in Databases. ECML PKDD 2017. Lecture Notes in Computer Science, vol 10536. Springer, Cham. DOI 10.1007/978 – 3‑319 – 71273‐​4_​2. Literaturverweise wurden zur besseren Lesbarkeit aus dem Zitat gelöscht. In Sachen CO2 und Temperatur wurde auf die beiden hier zitierten Arbeiten Kodra (2011) und Attanasio (2012) verwiesen, wodurch ich vermute, dass bis 2017 in dieser Frage nichts Wesentliches passiert ist.

10 »M3« bedeutet genauer: Bargeld, Girokontenguthaben und andere geldnahe Bankeinlagen, kurzfristige Schuldverschreibungen und Finanzanlagen. M3‐​Angaben nach börse.de und Statista. Temperaturen: GISTEMP 4.

11 CWJ Granger: Investigating Causal Relations by Econometric Models and Cross‐​Spectral Methods. Econometrica 37, 424 – 438 (1969). Leider nur englische Videos zu diesem Thema gefunden: kurze Einführung von Analytics University | ausführlichere Einführung von Rami Khushaba

12 C Papagiannopoulou, S Decubber et al.: Analyzing Granger Causality in Climate Data with Time Series Classification Methods. In: Machine Learning and Knowledge Discovery in Databases. ECML PKDD 2017. Lecture Notes in Computer Science, vol 10536. Springer, Cham. DOI 10.1007/978 – 3‑319 – 71273‐​4_​2. In Sachen CO2 und Temperatur wurde auf die beiden hier zitierten Arbeiten Kodra (2011) und Attanasio (2012) verwiesen, wodurch ich vermute, dass bis 2016/​17 in dieser Frage nichts Wesentliches passiert war. Vergleichsweise erschienen 2024 viele neue »Granger«-Klimastudien.

13 D G Tsalikis, V G Mavrantzas et al.: Dynamics of molecular collisions in air and its mean free path. Physics of Fluids 35, 097131 (2023), DOI 10.1063/5.0166283

16 C Papagiannopoulou, S Decubber et al.: Analyzing Granger Causality in Climate Data with Time Series Classification Methods. In: Machine Learning and Knowledge Discovery in Databases. ECML PKDD 2017. Lecture Notes in Computer Science, vol 10536. Springer, Cham. DOI 10.1007/978 – 3‑319 – 71273‐4_2

17 E Kodra, S Chatterjee, AR Ganguly: Exploring granger causality between global average observed time series of carbon dioxide and temperature. Theor. Appl. Climatol. 104(3 – 4), 325 – 335 (2011), DOI 10.1007/s00704-010‑0342‑3

18 A Attanasio: Testing for linear granger causality from natural/​anthropogenic forcings to global temperature anomalies. Theor. Appl. Climatol. 110(1 – 2), 281 – 289 (2012), DOI 10.1007/s00704-012‑0634‑x. Herauszufinden, ob oder wie das Problem der Nichteignung der Daten gelöst wurde, erfordert leider 39,95 US‐Dollar.

19 O Humlum, K Stordahl, J‑E Solheim: The phase relation between atmospheric carbon dioxide and global temperature. Global and Planetary Change 100:51 – 69, Januar 2013, DOI 10.1016/j.gloplacha.2012.08.008. Ähnlich auch Ahlbeck 2009.

21 L A Gil‐​Alana, M Monge: Global CO2 emissions and global temperatures: Are they related. International Journal of Climatology Vol. 40/​15, Dezember 2020. Vorabversion hier.

22 D Koutsoyiannis, C Onof et al.: Revisiting causality using stochastics: 2. Applications. Proceedings of the Royal Society 478/​2261, Mai 2022, DOI 10.1098/rspa.2021.0836. Der erste Teil, Revisiting causality using stochastics: 1. Theory, enthält eine Kritik der Granger‐Methode.

23 Zahlen nach Oxfam Media Briefing: Extreme Carbon Inequality. 2.12.2015

Bild: Julius Klever, Im Fischgeschäft 1938 (https://t.me/SocialRealm)

8 thoughts on “Kleine linke Klimaserie (XII): Zwischenbilanz: Glauben oder leugnen?

  1. Es ist völlig unstrittig, dass früher auf der Erde höhere CO2‐​Konzentrationen vorhanden waren. Beginnend damit, dass Anfangs gar kein O2 (Sauerstoff) vorhanden war und der fehlende Gasgehalt sicher nicht (vollständig) durch N2 aufgefüllt war und auch kein wesentlich niedriger Druck herrschte (was auf den absoluten, molare Gasgehalt der Atmosphäre abzielt).
    Aber höhere CO2‐​Gehalte gab es nicht nur zu lebensfeindlichen Zeiten wie kurz nach der Erd‐​Entstehung. In der Zeit der Dinosaurier gab es zB angeblich Riesenschachtelhalme, deren Existenz wohl auf sehr hohe CO2‐​Konzentrationen hinwies. Denn aus dem CO2 kommt die Hauptmenge des Materials für den Pflanzenaufbau.
    Daraus lässt sich ableiten, dass es einen Übergang von sehr hohen CO2‐​Konzentrationen zu den heute beobachteten, relativ niedrigen CO2‐​Konzentrationen – sicherlich über sehr lange Zeiträume hin – gegeben hat. Mit dieser Beweisführung wird nicht ausgeschlossen, dass es auch schon niedrigere CO2‐​Konzentrationen in der Erdgeschichte gegeben haben mag, aber es beweist definitiv, dass auch höhere CO2‐​Konzentrationen nicht definitiv lebensfeindlich sind – wie manche Klima‐​Apologetiker uns Glauben machen wollen.
    .… meine drei Groschen dazu …

  2. Der CO2‐​Klimawandel ist ein physikalisches Märchen und damit nicht falsifizierbar. Analog könnte man das Märchen vom Froschkönig erzählen und dann behaupten, dass Frösche gar nicht sprechen können. Da würde jedes Kind lautstark protestieren.
    Beim menschengemachten CO2‐​Klimawandel funktioniert das ganz prima, weil eben die meisten kein eigenes naturwissenschaftliches Wissen mehr besitzen und damit von einer »seriösen« Quelle abhängig sind. Früher war das die Bibel und man nannte es Religion.
    Dabei ist es recht einfach, sich vom Irrglauben dieses Klimawahns zu befreien. Dazu kann man sogar offizielle, also seriöse Quellen nehmen. Man muss nur etwas abseits des Weges suchen, dort wo die Zensoren die Wahrheit nicht vermuten.
    Wer was zum Lesen sucht, dem sei folgendes Buch empfohlen: Lutz Krüger »Wetter und Klima«

  3. Ich habe den Artikel nicht bis zu Ende gelesen, da der Anfang viel zu lange um ein Thema schwurbelt, dass keinerlei Erkenntnisgewinn bietet. zumal sich der Autor selbst verheddert im Gestrüpp der guten und schlechten oder der richtigen und falschen Deutung von Wissenschaft. 

    Das Hauptproblem kommt dabei aber nicht vor. Die allermeisten Deutungen basieren auf Empirie und versuchen Kausalität zu schaffen. Das ist heute bei der CO2 Theorie so und war auch bei der Rassenforschung nicht anders. Ob daraus was gutes oder schlechtes entsteht, ist eine reine Propagandafrage. Weder die Klimaforscher noch die Rassenforscher haben etwas schlechtes im Sinne. Und letztlich ob wir das glauben oder nicht spielt auch keine Rolle. Es geht lediglich darum die Menschen in einem ideologischen Endkampf zu wähnen und die meisten spielen das Spiel mit. Das ist heute nicht anders, wie vor 90 Jahren. Wir haben aber das Glück, das nur unser Lebensumstände in Frage gestellt werden und nicht unser Leben an sich. 

    Aber das ist auch der Punkt wo man sich wehren sollte. Wir zahlen für den Spass, denn sich der Jetset gönnt, wenn er die lukrativen Renditen aus der »energiewende« für Yachten, Jets und Strandvillen ausgibt. Ich bewundere mittlerweile diese Klasse, mit welcher Weitsicht (Dank Lippmann und Bernays) sie die Politik weltweit steuert und ihr auskommen sichert. Derweil wir uns über das CO2 streiten – es ist genial!

  4. Den Klimakompromiss unterstütze ich!

    Nichtsdestotrotz: Warmisten im Wissenschaftsbetrieb lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
    – die Gläubigen arbeiten mit Klimamodellen und Fingerprinting, ohne deren Zirkularität zu durchschauen;
    – die Intelligenteren glauben, mit wirtschaftsstatistischen oder informationstheoretischen Ansätzen Evidenzen ohne Klimamodelle herstellen zu können.
    Warmisten außerhalb des Wissenschaftsbetriebs lassen sich in eine Gruppe einteilen:
    – {selbstzensierte Bezeichnung}, die glauben, ihr Warmismus würde auf empirisch nachweisbaren Kausalitäten beruhen.
    Meine Klima(serien)projektion: Wenn Sunnifa sich in der nächsten Folge mit »wissenschaftlich super seriösen Erklärungen« befasst, wird er auf die Gläubigen stoßen #)

  5. »Nach dieser Aufstellung dient knapp die Hälfte der CO2‐​Emissionen der Welt dazu, den reichsten 10% der Menschheit ein Leben in übertriebenem Wohlstand mit Privatjets, vollklimatisierten Großvillen etc. pp. zu ermöglichen.«

    Nunja, der Menschen‐​gemachten CO2‐​Emissionen ist wohl gemeint. Wer verstanden hat, dass Profit immer nur durch Energieverbrauch (Umwandlung von nutzbarer Energie in Abwärme) und Landschafts‐ und Bodenverbrauch und Naturverbrauch und Arbeitskraft‐​Verbrauch möglich ist, und dass Profite optimiert werden können indem der Energieverbrauch erhöht wird, der versteht, dass es dabei nicht nur um übertriebenen Wohlstand sondern noch viel mehr um reine Profit‐​Erzeugung geht.

    Geld ist ab einer gewissen Menge für jeden Menschen völlig bedeutungslos da überhaupt nicht mehr erhöht nutzbar – was die Profitmaschinerie immer weiter antreibt ist die GeldMACHT die mit der Menge immer weiter zunimmt.

    Diese Erde wird zerstört von kranken, asozialen Psychen, die die grenzenlose Macht über alles anstreben, die sich über ALLES andere stellen wollen, die ihre Weltsicht allen anderen aufzwingen wollen und nie dabei ruhen werden – wenn man sie weiter lässt.

  6. Warum wird dieser Kommentar nicht normal angenommen, also als noch nicht moderiert gespiegelt?:

    »Nach dieser Aufstellung dient knapp die Hälfte der CO2‐​Emissionen der Welt dazu, den reichsten 10% der Menschheit ein Leben in übertriebenem Wohlstand mit Privatjets, vollklimatisierten Großvillen etc. pp. zu ermöglichen.«

    Nunja, der Menschen‐​gemachten CO2‐​Emissionen ist wohl gemeint. Wer verstanden hat, dass Profit immer nur durch Energieverbrauch (Umwandlung von nutzbarer Energie in Abwärme) und Landschafts‐ und Bodenverbrauch und Naturverbrauch und Arbeitskraft‐​Verbrauch möglich ist, und dass Profite optimiert werden können indem der Energieverbrauch erhöht wird, der versteht, dass es dabei nicht nur um übertriebenen Wohlstand sondern noch viel mehr um reine Profit‐​Erzeugung geht.

    Geld ist ab einer gewissen Menge für jeden Menschen völlig bedeutungslos da überhaupt nicht mehr erhöht nutzbar – was die Profitmaschinerie immer weiter antreibt ist die GeldMACHT die mit der Menge immer weiter zunimmt.

    Diese Erde wird zerstört von kranken, asozialen Psychen, die die grenzenlose Macht über alles anstreben, die sich über ALLES andere stellen wollen, die ihre Weltsicht allen anderen aufzwingen wollen und nie dabei ruhen werden – wenn man sie weiter lässt.

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