»Wie nach Drehbuch einer Fernsehshow« – Kritik an Wagenknechts Auftritt in Berlin

Es gibt kaum einen prominenten Politiker in der BRD, der so kontinuierlich darauf bedacht war, in öffentlichen Auftritten den Namen des russischen Präsidenten, außer mit der Demagogie »völkerrechtswidriger Angriffskrieg« auch mit dem Wort »Verbrecher« und »Verbrechen« zu verknüpfen, wie Wagenknecht. Das ging schon los mit der Sportpalast‐​Bundestagssitzung am 27. Februar 2022 und blieb ihr ›ceterum censeo‹, auch gestern wieder in Berlin.

Die russischen Präsidentenwahlen waren noch nicht beendet, da erschien schon ein großer SZ-Beitrag, in dem Wagenknecht diese als undemokratische Farce bezeichnete und im übrigen empfahl, gegenüber der russischen Regierung auf die »weichen« Methoden des Regime Change zu setzen, die die Bonner SPD so ›erfolgreich‹ gegen die DDR anwandte.

Es war an jenem russischen Wahltag auffällig, daß die ›Delegitimierung‹ der russischen Regierung und ihres Präsidenten zuerst über Wagenknecht durch die deutschen Medien ging, bevor dasselbe dann auch von der verbrannten Nawalnaya kam.

Zunächst ist es merkwürdig, daß das die Grundlage einer Politik der Diplomatie und des Verhandelns sein soll.

Die zweite Merkwürdigkeit ist, daß aufrichtig »nicht russophobe« Anhänger des Wagenknechtismus beharrlich nicht wahrzunehmen scheinen, was ihre mediale Frontfrau die ganze Zeit über öffentlich von sich gibt.

Gestern wurde es noch merkwürdiger. Alle Presse‐ und Fernsehberichte zur gestrigen »Friedenskundgebung« in Westberlin erwähnten ausdrücklich, daß der SPD‐​Mann Stegner ausgebuht wurde, weil er von einem »russischen Angriffskrieg« sprach. Schön. Aber BSW‐​Frau Wagenknecht steht auf derselben Bühne, sagt bekanntermaßen genau dasselbe, sogar noch mit dem drastischeren Ausdruck »Verbrecher« und bekommt vom selben Publikum nicht etwa Buhrufe, sondern Applaus.

Wenn eine »Bewegung« einmal unter lückenlos opportunistische Bühnenregie mit Rollenverteilung der Animateure gebracht wird, ist es, kraft der Illusion von »Selbstermächtigung«, vorübergehend möglich, spontane Wahrnehmungen und Reaktionsweisen so zu filtern als folgten sie einem Drehbuch oder den Verabredungen einer Fernsehshow. Das Bodenpublikum wird zu bloßen Komparsen für das Drehen einer Massenszene degradiert.

Ein solcher Effekt kann nicht lange vorhalten in der gegenwärtigen Entwicklung des weltpolitischen Kampfes gegen den Imperialismus. Auch unter denen, die kurzfristig vom Sog der Show überrumpelt wurden, setzt die Reflexion über das Geschehen und ihre eigene Lage bald ein, wahrscheinlich schon beim Verlassen des Drehorts.

Tatsächlich hat die Veranstaltung gestern einmal mehr nicht den »Einklang der Massen« mit den hauptamtlichen Darstellerzombies auf der Bühne gezeigt, sondern den Antagonismus der Massen zu diesem Bühnen‐ und Führungspersonal, der nur noch durch geschickte Regieführung und Beleuchtung kurzfristig zu überbrücken ist.“

Erschienen auf Klaus Linders Facebookseite

Bild: Demonstration in Berlin am 3. Oktober

One thought on “»Wie nach Drehbuch einer Fernsehshow« – Kritik an Wagenknechts Auftritt in Berlin

  1. „Es ist der feste Vorsatz des Pentagons, mit entscheidender Hilfe der NATO die Russen demnächst zum Angriff zu zwingen!“schrieb der Dramatiker Rolf Hochhuth 2015 in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin Angela Merkel und an den Bundespräsidenten Joachim Gauck.

    „Jeder weiß, dass Russland … niemals zu den Waffen hätte greifen dürfen.“
    Faselt Redner Gauweiler, der sich in typisch deutscher Überheblichkeit anmaßt, den Russen ihr Selbstverteidigungsrecht gemäß Charta der Vereinten Nationen, Kapitel VII, abzusprechen – ich nenne das arrogant und gleichermaßen gefährlich.

    „JEDER WEIß“…! Noch ein manipulatives Geschwätz, das dem Volk ins sedierte Gehirn tätowiert wird…

    Solange solche und ähnliche, teils gravierendere Sätze immer noch bei »Friedens»demonstrationen die Reden durchziehen, Putin und Russland als den Aggressor diffamieren (der Russenfresserin Wagenknecht wird hier ja schon gebührend gedacht – danke dafür!),
    solange die NATO nicht als aggressives, völkerrechtswidriges Kriegsbündnis auch auf »Friedens«-Demos genannt und endlich erkannt wird,
    solange sind solche Reden für mich Polit‐Propaganda.
    Für Frieden braucht’s die Wahrheit – aber genau die hat Gauweiler in seiner langen Rede geflissentlich ausgelassen…
    Wer all die Lügen (um den Russland‐​Ukraine‐​Krieg) akzeptiert, der will lediglich seine Ruhe haben – mit Frieden hat das nichts zu tun. Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst, sagt man – ich denke, die Wahrheit stirbt lange VOR dem Krieg…
    »Die Geschichte ist seit drei Jahrhunderten eine fortwährende Verschwörung gegen die Wahrheit.«
    Joseph Marie de Maistre

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