Russland ist weiterhin in den Great Reset verwickelt

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»Russland und der Great Reset – Widerstand oder Komplizenschaft?« – ein Jahr später

Vor zwölf Monaten (plus ein paar Tage) nahm ich an einer von Whitney Webb und Kit Knightly moderierten Diskussionsrunde teil: »Russia & the Great Reset – Resistance or Complicity?« Eine kurze Zusammenfassung meiner Position (»Yes, Russia is complicit in the Great Reset« vom 3. April 2022) wurde schnell zum zweitmeistgelesenen Artikel in diesem Blog. Im Juli griff ich dieses brisante Thema erneut auf (»Resetting Without Schwab: Russia & the Fourth Industrial Revolution«), wobei ich Klaus Schwabs Future of the Fourth Industrial Revolution (2018) als Leitfaden für Moskaus technokratische Machenschaften verwendete. Wie dem auch sei. Ich hielt es für angemessen und lehrreich, den einjährigen Jahrestag der Zoom-​Debatte zu nutzen, um meine Prognosen zu aktualisieren. Was folgt, ist ein Nachtrag zum Artikel vom Juli, der die gleichen Kategorien des Great Reset verwendet: digitale Währungen, sichere (und intelligente) Städte, genetische »Impfstoffe« und nachhaltige Entwicklung.

Digitale Währungen

Ein Gesetzespaket über den digitalen Rubel wird derzeit von der Staatsduma verabschiedet. Ursprünglich sollte die Gesetzgebung bis zum 1. April verabschiedet werden, nun wird sie voraussichtlich bis Anfang Mai verabschiedet. Dreizehn russische Banken nehmen an einem Pilotprojekt für den digitalen Token teil. Wenn der Testlauf erfolgreich verläuft, könnte das Digitale Zentralbankgeld (CBDC) der Bank von Russland innerhalb von 3 bis 5 Jahren für soziale Zahlungen, einschließlich Renten, verwendet werden, berichtete die Iswestija Ende März. Die rückverfolgbare, programmierbare Währung wurde der Öffentlichkeit als Instrument zur Umgehung von Sanktionen und zur Verringerung der Korruption angepriesen. Wie wir kürzlich (am 29. Januar und am 28. März) dargelegt haben, glauben russische Aktivisten und Kommentatoren, insbesondere in den patriotischen/​konservativen Medien, nicht daran.

Quelle: Katyusha​.org, 17 Januar 2023
Quelle: Tsargrad​.tv, 19. Februar 2023

Selbst in den Putin-​freundlichen Medien wird die Behauptung, der digitale Rubel werde Verschwendung und Betrug durch die Regierung ausmerzen, nicht ernst genommen. Die »Schrauben werden angezogen« für normale Bürger, während es immer Schlupflöcher für »Diener des Volkes« geben wird, sagte Tsargrad-TV-​Moderator Juri Pronko in einer Sendung am 9. März. Zwei Wochen später deutete Pronko an, dass es Wunschdenken sei, zu glauben, der digitale Rubel würde freiwillig bleiben. Der Journalist witzelte am 25. März:

Alles ist also freiwillig. Wir wissen jedoch aus der Geschichte, dass vieles, was auf freiwilliger Basis begann, innerhalb kürzester Zeit zur Pflicht wurde. Die Geschichte der COVID-​Impfungen, an die sich heute niemand mehr erinnert, ist ein anschaulicher Beweis dafür.

Sichere (und smarte) Städte

Das russische Programm »Sichere Stadt« nutzt »organisatorische, informatorische, analytische, prädiktive und andere methodische, technische und technologische Lösungen, um die Sicherheit und nachhaltige Entwicklung der Städte zu gewährleisten«. Das landesweite Netz von Überwachungskameras, das durch Gesichtserkennungstechnologie unterstützt wird, wird immer größer und ausgefeilter. Eine einfache Yandex-​Suche ergab eine Vielzahl von Aktivitäten in den letzten zwei Wochen.

Die Region Tjumen plant, ihr Safe-​City-​Netzwerk mit 4.500 CCTV-​Kameras um 378 Kameras zu erweitern, schrieb Fedpress​.ru am 24. März. Die Stadtverwaltung von Woronesch stellt gerade Pläne für ein »Öko-​Viertel« fertig, berichteten lokale Medien am 25. März: »Das digitale Viertel wird ›intelligente‹ Gegensprechanlagen mit Gesichtserkennung, Parkeingänge mit Nummernschilderkennung, Videoüberwachung und Smartphone-​Ladestationen im Hof umfassen«

Am 28. März gab die Regierung der Oblast Leningrad bekannt, dass 3.013 Überwachungskameras an das Safe-​City-​System der Region angeschlossen worden sind. Bis Juli werden die Videoüberwachungskameras in Bildungseinrichtungen »in ein einziges Safe-​City-​System integriert, das es ermöglichen wird, junge Leningrader vor Bedrohungen von außen zu schützen«, so die Regionalregierung in einer Presseerklärung. Die Region Nowgorod hat im Jahr 2022 146 Überwachungskameras installiert, womit sich die Gesamtzahl der CCTV-​Kameras in ihrem Safe-​City-​Programm auf 700 erhöht. »Öffentliche Bereiche in Weliki Nowgorod und den Regionen der Region werden rund um die Uhr überwacht«, hieß es am 29. März in einem lokalen Medienbericht. Ab dem 1. April werden auch die Schulen in Rostow in das Safe-​City-​System der Stadt integriert.

Quelle: Bloknot​-rostov​.ru

Das in der (für russische Verhältnisse) winzigen Republik Tschuwaschien installierte Safe-​City-​Netz überwacht mehr als 1.300 Orte; die Kameras analysieren die Daten mithilfe von Algorithmen und KI in Echtzeit. Notruf- und Versorgungsdienste sollen bis Ende 2023 an das System angeschlossen werden, berichtete Versia​.ru am 7. April.

Die Einführung biometrischer ID- und Temperaturkontrollsysteme in Schulen ist wohl der besorgniserregendste Aspekt des Safe/​Smart City-​Programms. »Der Punkt ist, dass der Bildungssektor in einen Markt für digitale Unternehmen verwandelt wird«, sagte Olga Chetverikova, Direktorin des Heritage of the Fatherland Traditional Values Support Fund, im Oktober:

Und wenn wir uns die angekündigten Wettbewerbe ansehen: für Videoaufnahmegeräte in Moskau – mehr als 2 Milliarden Rubel. Ein Wettbewerb für die Lieferung von Geräten zum Screening des Körpers – 392 Millionen Rubel. Es wird deutlich, dass es sich hier um ein Geschäft handelt, das absolut nichts für die Kinder tut, weder im Hinblick auf die Bildung, noch auf die Gesundheit, noch auf die Sicherheit, aber es ist von großem Interesse für kommerzielle IT-Strukturen.

Genetische »Impfstoffe«

Ende September gab das Gamaleya-​Zentrum – die angebliche Geburtsstätte des AstraZeneca-​Klons Sputnik V – bekannt, dass es mit der Arbeit an einem eigenen mRNA-​Impfstoff beginnen werde. »Die Technologie der mRNA-​Impfstoffe hat einen sehr wichtigen Vorteil: Sie kann mindestens jeden Monat verabreicht werden«, erklärte Denis Logunov, der stellvertretende Direktor von Gamaleya. Er fügte hinzu, dass die mRNA-​Impfungen von Moderna und Pfizer nachahmenswerte Beispiele seien, da sie beide »nach drei bis vier Impfungen eine starke Immunität verleihen«.

Quelle: TASS

Einen Tag später stellte das staatliche Vector-​Institut seine eigenen Pläne zur Entwicklung eines mRNA-​Impfstoffs vor. TASS berichtete unter Berufung auf einen stellvertretenden Direktor des Instituts:

Die Entwicklung von mRNA-​Impfstoffen ist ein vielversprechender Bereich in der ganzen Welt. Es wird erwartet, dass die Vorteile des zu entwickelnden Impfstoffs gegenüber den bereits existierenden russischen Impfstoffen … in der Sicherheit, der Geschwindigkeit der Produktion und den Kosten der Medikamente liegen werden.

Quelle: TASS

Das Gesundheitsministerium hat andere Wege gefunden, um die »Sicherheit« und die »Geschwindigkeit der Produktion« von Impfstoffen zu erhöhen. Im Oktober verabschiedete das Ministerium neue Vorschriften, die eine beschleunigte Zulassung von »aktualisierten« COVID-​Impfungen ermöglichen. Gamaleya, Vector und andere russische Impfstoffentwickler müssen ihre »verbesserten« Formeln nur noch an »50 gesunden Freiwilligen« testen. Um das Verfahren zu beschleunigen, können die Protokolle für diese »klinischen Versuche« sofort beginnen, so dass die übliche Prüfung durch die staatlichen Aufsichtsbehörden umgangen wird. Das neue und verbesserte Zulassungsverfahren wird zwischen 16 und 38 Tagen dauern.

Gamaleya-​Direktor Alexander Gintsburg sagte im Januar, dass Sputnik V »alle 9 – 10 Monate« aktualisiert werden müsse, und fügte hinzu, dass sein Team bereits einen Impfstoff gegen den so genannten »Kraken«-Stamm entwickle. Einen Monat später gab Gintsburg bekannt, dass sein neuer COVID-»Impfstoff« für Kinder im Alter von 6 – 11 Jahren die Sicherheits- und Wirksamkeitstests mit Bravour bestanden hat. COVID ist in Russland aus den Schlagzeilen verschwunden, was also soll das alles?

Nachhaltige Entwicklung

Vor kurzem haben wir einen Bericht über Russlands anhaltende Romantik mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung und der ESG-​Agenda veröffentlicht, aber wir haben einige merkwürdige Entwicklungen übersehen. »[Russische] Banken erklären, dass sie weiterhin die ESG-​Strategie verfolgen werden, trotz der Isolierung durch westliche Rating- und Analyseagenturen, die sich mit der Agenda für nachhaltige Entwicklung befassen«, schrieb Banking Review am 7. Oktober. Von Juli 2021 bis Juli 2022 verdreifachte sich das Portfolio der ESG-​Kredite russischer Banken und erreichte 1,2 Billionen Rubel, berichtete das Blatt. Die anhaltende Begeisterung für alles, was mit ESG zu tun hat, kam in einem von der russischen Handelskammer im November veröffentlichten Kommentar zum Ausdruck.

Quelle: tpprf​.ru

Am 6. April lobte der erste stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Sberbank, Alexander Vedyakhin, die ESG-​Agenda und sagte voraus, dass sie »die Zukunft des Planeten für die nächsten Jahrzehnte bestimmen« werde.

Quelle: irkutskmedia​.ru

Was die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) betrifft: Die zweite Phase des russischen Fahrplans für die Umsetzung der SDGs begann 2023. Fünfzig Städte mit einem einzigen Wirtschaftszweig in Russland werden an einem Projekt teilnehmen, das »Gesellschaft, Umwelt und Ökologie« überwacht. Jede Kommune erhält einen maßgeschneiderten Plan, der zur Verwirklichung der von den Vereinten Nationen angestrebten Utopie beitragen soll. Russlands Bestreben, die SDGs zu erreichen, erhielt Ende Dezember großen Auftrieb, als der russische Präsident Wladimir Putin das einheitliche biometrische System als Gesetz unterzeichnete. Die zentrale biometrische Datenbank wurde von der Internationalen Fernmeldeunion (ITU), der Agentur der Vereinten Nationen für Informations- und Kommunikationstechnologien, für ihre besonders nachhaltigen Eigenschaften ausgezeichnet.

Epilog

Erschwerend kommt hinzu, dass Putin immer noch mit Herman Gref zusammen ist, dem Schwab-​anbetenden Banker, der für nicht weniger als 50 Prozent all der oben aufgezählten ekelhaften Dinge verantwortlich ist.

At the Artificial Intelligence Journey 2022 conference. With Sberbank President and Board Chairman German Gref.
Völlig inakzeptabel. Quelle: Kreml​.ru, 24. November 2022

Wir denken immer noch, dass Russland ein schöner, ruhiger Ort ist, um Kartoffeln anzubauen und geduldig darauf zu warten, dass die empfindungsfähigen Chatbots alle ausrotten. Am Ende wird es nur Sie, die Chatbots und die Kartoffeln geben. Die Chatbots werden dich als Haustier behalten; zum Spaß werden sie sofort ein Javascript-​Programm programmieren, das dir alle 15 Sekunden eine Kartoffel in den Mund schiebt, für immer.

Aber ja, Russland ist immer noch mitschuldig. In großem Stil.

Zuerst in englisch erschienen im Substack von Edward Slavsquat: https://​edwardslavsquat​.substack​.com/

4 thoughts on “Russland ist weiterhin in den Great Reset verwickelt

  1. Ich weiß, dass es modern ist, einen Artikel für zeitlos gültig zu erklären und kein Erscheinungsdatum zu schreiben, aber dass ihr dabei mitmacht ist bezeichnend. Schließlich ist es auch eine Art »Cancel Culture«, wenn man als Leser keine chronologische Einordnung machen kann.

    Falls ihr das Datum irgendwo gut versteckt habt, dann gilt die Kritik trotzdem.

    1. Oben links neben dem Titelbild im Desktop-​Look. Wenn per Handy, dann ist das nicht sichtbar, was in der Tat blöd ist, aber man sieht auf der Hauptseite auch mit Handy ein Datum.

      1. Der 9.4. ist das Datum der Veröffentlichung der deutschen Übersetzung hier. Der englische Text wurde am 7.4.2023 hier veröffentlicht: https://​edwardslavsquat​.substack​.com/​p​/​r​u​s​s​i​a​-​i​s​-​s​t​i​l​l​-​c​o​m​p​l​i​c​i​t​-​i​n​-​the – dahin ist relativ leicht hinzukommen über den angegebenen Link am Ende des Artikels.

        Meckern ist relativ einfach, ist meiner Meinung nach aber nicht berechtigt, wenn’s so einfach rauszufinden ist.

  2. Warnung vor dem Waggaman(n) !

    Der Name des Autors dieses Artikels ist Riley Waggaman. Letzterer ist ein unweit von Moskau lebender Amerikaner, der einen Blog betreibt und dort
    in erster Linie die hundertprozentige Komplizenschaft Russlands in den globalistisch-​oligarchischen Machenschaften, die seit dem Jahr 2020 in eine heißere Phase eingetreten sind, zu dokumentieren versucht. Man kann ihn
    einem bestimmten Kreis von Journalisten bzw. Bloggern zuordnen, welche ein stark von libertaristischen Ideen geprägtes Weltbild eint, dessen Übergänge zum Antikommunismus fließend sind. Zentrale Figuren dieses Kreises, imitten dessen auf Waggaman als bevorzugte und einzige(!) Quelle zur Untermauerung der These, dass Russland nur kontrollierte Opposition sei, verwiesen wird sind (u.a.) Kit Knightley vom »Off-​Guardian«, James Corbett vom »The Corbett Report« und der Blogger und Buchautor Iain Davis. Diese ausschließlich englischsprachigen Autoren leisten allgemein hervorragende Forschungsarbeit z. Bsp. in Bezug auf die Beschreibung von Machtstrukturen (und ihrer repressiven Techniken) im Zuge des Aufbaus von »öffentlich-​privaten Partnerschaften« in den letzten Jahrzehnten. Dies mag eine Veröffentlichung im Netzwerk linker Widerstand aus dieser Richtung rechtfertigen. Nun ist in kürzester Zeit schon ein zweiter Artikel von Waggaman auf Magma erschienen und es ist an der Zeit die, eher dem Kommunismus zugeneigten, Leser ein wenig mehr auf die Weltanschauung der »Libertarians« hinzuweisen, welche sie allerdings und natürlicherweise bei der Auswahl ihrer Themen und der Art der Darstellung die Dinge doch zum einem gewissen Grad auch durch eine ideologische Brille sehen lässt. Dazu zunächst ein Zitat des , mittlerweile wohl allseits bekannten, in St.Petersburg ansässigen Journalisten Thomas Röper, der außerdem als eine in Russland beheimatete machtkritische Quelle gelten kann, die Wagamanns Ansichten nicht teilt:
    »Auf tkp ist vor einer Woche ein Artikel erschienen, der Wirbel gemacht hat. Der Artikel war von einem Amerikaner, der in Moskau lebt, und tkp hat ihn übersetzt. In dem Artikel wurde behauptet, die zwangsweise mobilisierten russischen Soldaten würden auch noch zwangsweise mit Sputnik‑V gegen Covid-​19 geimpft.

    Ich hatte dazu eine Anfrage beim russischen Verteidigungsministerium gestellt und die Antwort bekommen, dass es keine Zwangsimpfungen für mobilisierte russische Soldaten gibt. Damit hätte die Diskussion eigentlich zu Ende sein müssen, denn als es im letzten Sommer eine Impfpflicht bei der russischen Armee gegeben hat, wurde das offen kommuniziert. Es gibt daher keinen Grund anzunehmen, dass das Ministerium in der Frage lügen sollte.

    Aber der Autor des Artikels, Riley Waggaman, ist ein Autor, der in seinem eigenen, sehr festgefügten, Weltbild lebt und nur schwer für Fakten zugänglich ist, die seinem Weltbild widersprechen. Daher legte er nach und behauptete in einem weiteren Artikel, ich läge falsch. Auch den zweiten Artikel hat tkp übersetzt und veröffentlicht und der Redakteur von tkp, der die Artikel übersetzt hat, hat mir sogar eine Mail mit der Aufforderung geschrieben, diese öffentliche Diskussion fortzusetzen und darauf mit einem weiteren Artikel zu antworten.
    Das hat mich überrascht, denn ich halte tkp für ein seriöses Portal, und nicht für ein sensationsheischendes Portal, das „virtuelle Schlammschlachten“ fördert. Ich habe dem daher ein Absage erteilt, denn aus meiner Sicht war zu dem Thema alles gesagt.
    Ich schreibe dieses Update, weil ich aufgrund der Artikel von tkp, die auch von anderen alternativen Medien aufgegriffen wurden, immer noch viele Mails bekomme. Inzwischen hat aber sogar Waggaman eingesehen, dass er Unrecht hat und in einem Artikel vom 10. Oktober mitgeteilt, es gäbe keine Impfpflicht für die mobilisierten russischen Soldaten. Er hat den ganzen Hype aufgrund einiger Meldungen veranstaltet, die er sich so zusammengereimt hat, dass sie in sein Weltbild passen. So arbeitet er leider immer, weshalb ich mich wundere, dass seine Artikel von tkp überhaupt aufgegriffen werden, denn tkp halte ich, auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, für ein seriöses Portal.
    Waggaman hat seine Meinung erst geändert, nachdem er auf einem Portal der russischen Regierung eine leicht zu findenden Seite gefunden hat, die bestätigt, dass es bei der russischen Armee keine Zwangsimpfungen gegen Covid-​19 für Mobilisierte gibt. Dass er nicht früher auf die Idee gekommen ist, diese Information zu suchen, sondern stattdessen eine Woche lang aufgrund von Meldungen irgendwelcher regionaler russischer Portale ungeprüft in mehreren Artikeln die Unwahrheit verbreitet hat, lässt tief blicken. Auch dass er lieber einen öffentlichen Disput mit mir gesucht hat, anstatt selbst beim Ministerium nachzufragen, zeigt, dass es ihm eher um Publicity und sein Weltbild, als um wahrheitsgemäße Berichterstattung geht. Die offizielle Antwort des Ministeriums hatte ich ja schon veröffentlicht, sie war ihm bekannt. «
    (https://​www​.anti​-spiegel​.ru/​2​0​2​2​/​u​p​d​a​t​e​-​w​e​r​d​e​n​-​m​o​b​i​l​i​s​i​e​r​t​e​-​s​o​l​d​a​t​e​n​-​i​n​-​r​u​s​s​l​a​n​d​-​z​w​a​n​g​s​g​e​i​m​p​f​t​/​?​d​o​i​n​g​_​w​p​_​c​r​o​n​=​1​6​8​1​2​1​1​3​1​5​.​3​2​4​0​7​9​9​9​0​3​8​6​9​6​2​8​9​0​6​250)

    Waggaman ist auch mit dem Brownstone Institut verbunden (https://​de​.brownstone​.org/​a​u​t​h​o​r​/​r​i​l​e​y​-​w​a​g​g​a​m​an/), dessen Gründer Jeffrey A. Tucker ein erklärter Verfechter des »Anarcho-​Kapitalismus« ist. Das libertaristische Weltbild geht aus von der naturrechtlichen Verteidigung der absoluten »Freiwilligkeit« des Individuums in sozialen, politischen, ökonomischen Fragen („voluntaryism“) anstatt die Freiheit des Individuums, die der Kommunismus genauso hochschätzen muss, als Bedingung und Ziel des gemeinschaftlichen Lebens und somit auch als eine Frage der sozialen Verantwortung zu verstehen. Man kritisiert die Institution des Staates an sich (als »Statism«) und somit auch den Sozialstaat. Eine klare Grenze zu den Theorien Hayeks, Friedmans etc. wird nicht gezogen. Die Ablehnung bezieht sich also überhaupt eher auf den Staat als auf den Kapitalismus. Eine nicht ganz unwichtige Unterscheidung. Der Ursprung in einer westlich-(anglo-amerikanisch)protestantischen(calvinistischen) Ethik der poltiischen Philosophie des »Libertarianism« wird hier sehr deutlich. (Ihre Anhänger bezeichnen sich allerdings auch als »Anarchisten«(wie der erwähnte Tucker), welches für die radikalen Linke zu Missverständnissen führen kann.)
    Aufgrund der Ablehnnung des Staates gelten Politiker per se als Bösewichte. Auch der russländische Staat, ihr Präsident (»Putin is just another thug…«) usw. können hier also grundsätzlich, rein potenziell überhaupt keine Ausnahme bilden. Leider muss man feststellen, dass die Libertaristen eine überheblich-​rechthaberische Einstellung an den Tag legen und sich z.Bsp. in Sachen »Russland und der Great Reset« absolut sicher sind, während andere tendenziell für ihre »Naivität« verspottet werden, falls sie die eurasischen Mächte als eine echte Opposition zum US-​Imperialismus begreifen oder sogar verehren. Analog zur Losung »Es geht nicht um rechts gegen links, sondern die Regierung gegen uns« lautet das Credo »Es geht nicht um USA vs. Russland sondern die Mächtigen/​Reichen gegen uns«. Auch im Sinne des Klassenbewusstseins ist dies bis zu einem gewissen Grad richtig und übt seit 2020 immer wieder eine gewisse Faszination auf weite Kreise des Widerstandes aller Richtungen aus. Allerdings sollte man genau hinsehen. Legt man das konventionelle, massenmedial verwendete Konzept des Links-​Rechts-​Schemas zugrunde, so ist aus der Perspektive der Unterdrückten wohl kaum ein für sie bedeutender Konflikt innerhalb der Parteienoligarchie zu erkennen. Die Annahme eines weiten Spektrums von linksaußen nach rechtsaußen ist eindeutig trügerisch und leistet dem Totalitarismsubegriff, Gleichsetzung von »Linksextremismus« mit Faschismus, Vorschub.
    Anders läge es jedoch redefinierte man links und rechts so wie Prof. Mausfeld es in seinem Werk »Warum schweigen die Lämmer ?« versucht hat, und man die Grenze zwischen links und rechts als Grenze zwischen Status-​Quo Verteidigern und revolutionären Kräften versteht. Nach diesem Verständnis befinden sich zumindest in den Parlamenten unserer repräsentativen Demokratien überhaupt keine linken Kräfte.
    Hinsichtlich der Konflikte zwischen Nationalstaaten kann der traditionelle Ost-​West Konflikt zwischen einer mehr kollektivistisch, religiös gestimmten Gemeinschaft und einer mehr individualistisch-​materialistischen Gesellschaft nicht außer Acht gelassen werden. In der Frage der ultimativen Konzentration von Macht (One World Government) ist es außerdem schwierig eine klare Grenze zwischen nationalen US-​Interessen und globalistischen Interessen zu ziehen.
    Dies alles nur als erster, kurzer Ansatz zu einer zumindest differenzierten Aufnahme der durch den virtuellen Raum geisternden Theorien des Waggamanns und seiner Gesinnungsgenossen.

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