Ähnlich ergeht es derzeit auch dem Rockmusiker und Pink Floyd‐Gründer Roger Waters, der wegen seiner Israelkritik des »Antisemitismus« beschuldigt wird, und dem deshalb die Bühnen streitig gemacht werden sollen. Manche Veranstalter knicken ein, andere bleiben standhaft. In München will man Roger Waters zwar auftreten lassen, aber mit Israel‐ und Ukraine‐Fahnen vor der Olympia‐Halle begrüßen, damit der Frontverlauf klar wird, und auch, wes‘ Geistes Kind die Stadtoberen sind.
In anderen Fällen wie dem Ganser‐Auftritt in der Dortmunder Westfallenhalle musste sich die Stadt einem zweitinstanzlichen Urteil beugen und die Halle aufsperren. In Hannover kamen zu seinem Vortrag 2.800 Menschen, während sich zum Gegenprotest »eines breiten Bündnissses aus verschiedenen Parteien, Religionsgemeinschaften und Verbänden« (so der NDR) sagenhafte 110 einfanden, um dem grünen Oberbürgermeisterlein Belit Onay zu lauschen.
In Offenbach am Main nahm der Freidenkerverband die Anti‐Ganser‐Proteste zum Anlass, in einer grundsätzlichen Stellungnahme deren Vorwürfe zurückzuweisen. Daniele Ganser hat sich dafür inzwischen herzlich bei den Freidenkern bedankt.
Klaus Hartmann
Stellungnahme der Freidenker Offenbach: Rechtes Bündnis gegen Daniele Ganser
Offenbach – Am Mittwoch, 29. März 2023, findet in der Stadthalle Offenbach ein Vortrag des Schweizer Historikers Daniele Ganser zum Thema »Warum ist der Ukraine‐Krieg ausgebrochen?« statt. Einige, die die Antwort schon zu kennen glauben, verzichten nicht nur auf einen Besuch, sie wollen, dass auch andere sich die Meinung des Referenten nicht anhören dürfen: Sie forderten in einem »Offenen Brief« glattweg die Absage der Veranstaltung.
Gegen die Meinungsfreiheit
Die Stadt Offenbach hat dieses Ansinnen zurückgewiesen, und unter Verweis auf Diskriminierungsfreiheit erklärt, man werde keine Zensur und keine Einschränkung der Meinungsfreiheit ausüben. Das Bündnis erwidert: Damit würden »prorussischer Propaganda, Antisemitismus und Coronaverschwörungen ein Platz an einem prominenten Ort der Stadt eingeräumt« – womit sie ihren Vorbetern von ZDF, NDR & Co. folgen.
Jetzt wollen die gescheiterten Freunde der Zensur vor der Stadthalle demonstrieren: »Gemeinsam gegen Ganser« – das wird die 3.000 Besucher sicher schwer beeindrucken.
»Gegen Verschwörung?«
Mit vermutlich unfreiwilliger Komik bezeichnen sie sich im Protestaufruf als »Bündnis gegen Verschwörung«. Das muss man sich mal geben: Sie versuchen selbst eine Verschwörung zur Absage von Daniele Gansers Auftritt hinzukriegen, geben aber zugleich vor, »gegen Verschwörung« zu sein.
Wenn man weiterliest, ergibt sich eine andere Deutungsmöglichkeit: Ganser werfen sie vor, er sei »Verschwörungstheoretiker«, also einer, der reale Verschwörungen untersucht, zu erklären versucht, um sie so durchschaubar und möglichst unwirksam zu machen. Insofern ist es Ganser, der »gegen Verschwörung« arbeitet, aber das stört diejenigen nicht, die sich dieses Etikett irreführenderweise aufgeklebt haben. Es ist allerdings anzunehmen, dass auch dies unfreiwillig geschah, weil sie aus ihrem selbst angelegten Irrgarten nicht mehr herausfanden, beziehungsweise bei ihrem geistigen Tiefflug abgestürzt sind.
Bundesweite gesteuerte Kampagne
Die Kampagne frohlockt in ihrem »Offenen Brief«: »Auch aus anderen Städten wie Innsbruck und Dortmund gibt es Warnungen und Protest vor den Veranstaltungen von Ganser und seinen Fans«. Tatsächlich gibt es kaum eine Stadt, in der die Freunde des betreuten Denkens nicht ähnliche Kampagnen gegen Ganser wie in Offenbach vom Zaun gebrochen haben. In einigen Städten sind die Veranstalter auch vor ihren Boykottaufrufen in die Knie gegangen, mussten sich dann aber aufgrund von Gerichtsurteilen korrigieren:
Erster Vorwurf: »Unternehmer«
An erster Stelle verkündet das Anti‐Ganser‐Flugblatt: »Daniele Ganser ist ein Unternehmer.« Man ahnt, dass nicht sachlich die selbstständige gewerbliche Tätigkeit mit Bücher‐ und Eintrittskartenverkauf angesprochen wird, vielmehr will man seine inhaltlichen Positionen mit dem Makel der Gewinnerzielungsabsicht versehen. Und bemerkenswert: Anstelle der vorenthaltenen Information, dass der Referent Doktor der Philosophie ist, soll er uns als halbseidener Handlungsreisender erscheinen. Im Folgenden wird die ganze Litanei der Regierungspropagandamedien nachgebetet:
»Antiamerikanismus«
»Der Antiamerikanismus zieht sich wie ein roter Faden durch seine Auftritte und Publikationen«, behauptet das Flugblatt wahrheitswidrig, denn von Daniele Ganser gibt es keine Attacken gegen Kuba, Venezuela, Mexiko oder Kanada, und auch nicht gegen die Menschen in den USA. Für die Verteidiger von »Amerika« stehen die USA für den ganzen Kontinent, sie interessieren sich nicht für deren Menschen, sondern stellen sich schützend vor die US‐Regierungspolitik mitsamt ihren unzähligen Kriegen. Das dokumentieren sie mit ihrem Vorwurf an Ganser, er würde »krude (ein Lieblingswort der Diffamierer‐Szene) Theorien zur Außenpolitik der USA besonders im Nahen Osten« verbreiten.
»Verschwörungstheorie«
In jedem Krimi gibt es verschiedene Ermittlungsansätze, um den Tätern auf die Spur zu kommen. Nur bei Fehlentwicklungen in der Gesellschaft soll das Verfahren als unzulässig gelten und wird mit dem Verdikt »Verschwörungstheorie« geächtet. Karriere machte dieses Wort nach dem Mord an US‐Präsident John F. Kennedy 1963, als die Mehrheit der US‐Bürger der offiziellen Version vom »Einzeltäter« nicht folgte, und dafür von der CIA als »Verschwörungstheoretiker« verächtlich gemacht wurde. Neue Konjunktur erhielt dies nach »9 – 11«, als immer mehr daran zweifelten, dass zwei Flugzeuge drei Hochhäuser zum Einsturz bringen konnten.
Mittlerweile wird die Keule »Verschwörungstheorie« (oder ‑mythos, ‑ideologie etc.) bei jeder Gelegenheit gegen alle eingesetzt, die kritische Fragen stellen oder mit Regierungsvorgaben nicht einverstanden sind. Damit sprechen die Mundtodmacher ungehemmt die CIA‐Sprache – aus Unkenntnis oder vorsätzlich.
»Querdenker, Coronaleugner«
»Ganser hielt nie einen Mindestabstand zu Querdenker*innen und Leugner*innen der Corona‐Pandemie ein«, so der nächste Vorwurf. Vor wenigen Jahren hat der »Querdenker‐Club«, ein Netzwerk mit über 350.000 Mitgliedern, jährlich den Ehrenpreis »Querdenker‐Award« verliehen, z.B. 2015 an Thomas Gottschalk und Hans‐Dietrich Genscher. Mittlerweile wurde der Begriff »Querdenker« ins Gegenteil verkehrt, zum Schimpfwort während der Corona‐Kampagne, zum vernichtenden Urteil gegen alle kritischen Geister, die es wagten, Fragen zu den unzähligen, wechselnden und teils irren »Maßnahme‐Verordnungen« zu stellen. Inzwischen ist die Kritik an überzogenen, nutzlosen, schädlichen Maßnahmen schon im Mainstream angekommen, sogar über schwere Impfschäden und Todesfälle durch die Spritze wird berichtet. Gelten solche Berichte für die Kampagneros mit ihrem bemerkenswerten Verstand jetzt auch als »Corona‐Leugnung«?
»Ruhe ist die erste Bürgerpflicht« – diese Parole aus dem Kaiserreich (nach der verlorenen Schlacht von Jena und Auerstedt) scheint auch den heutigen Untertanen als Ideal zu gelten, die sich (aufgrund eines Missverständnisses) als »antifaschistisch« wähnen.
»Antisemit«
Als »Leugner« werden die etikettiert, die das Virus gar nicht »leugnen«, sondern die Suspendierung der Grundrechte durch Verordnungen, die Verhängung eines Ausnahmezustandes kritisierten, sie hätten »ihr antisemitisches Potenzial aufgezeigt«! Soll mit dem‐Etikett »Leugner« nicht vielmehr eine Verbindung zum »Holocaust‐Leugner« assoziiert werden?
Vielzitiert, von den Protestierern gerne wiederholt und doch gelogen: »Ganser vergleicht sich mit Sophie Scholl«. In den Zitaten kommt er selbst gar nicht vor, er lobt Sophie jedoch als Vorbild für den Mut zur Wahrheit – darf man das nicht mehr, ist das »Antisemitismus«?
»Kriegsverharmloser«
Als Quelle dient den Ganser‐Gegnern die FAZ v. 03.03. 2023, die ihn als »Der Star der Putin‐Versteher« vorstellt. Vorwurf der Gegner: »er wird nicht müde, die NATO Osterweiterung zu kritisieren«, damit folge er einem »prorussischen und antiamerikanischen Narrativ«, noch schlimmer: er »verbreitet die These eines amerikanisch initierten [!] Putsches in der Ukraine 2014«. Kriegsbefürworter lassen sich eben nicht gerne von Fakten stören, deshalb lieben sie die klassische »Haltet den Dieb!«-Methode: Andere für etwas beschuldigen, was man selbst tut.
Das soll »antifaschistisch« oder »links« sein?
Die Denunzianten schreiben, was sie selbst tun: »Die Verbreitung von Verschwörungsmythen ist eine beliebte Strategie von Rechts. Sie zielt darauf ab, dass Personen durch Falschinformationen verwirrt werden und sich so immer mehr in ein Wahngebäude hinein begeben.« Das ist eine unübertreffliche Selbstcharakteristik der Verfasser: als durch und durch rechts.
Es handelt sich um eine unheilige Allianz von obrigkeitshörigen Nichtdenkern, Verharmlosern des Naziregimes, Shitsturm‐Abteilungen, die den Faschisierungstendenzen vorarbeiten, verwirrten Großmüttern gegen vermeintlich »Rechts« und Bünden der Pseudoantifaschisten. Ohne es wahrhaben zu wollen, stehen sie in der Tradition von Ketzerverfolgung und Hexenverbrennung.
Aufklärung, Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung!
Als Freidenker sind wir solidarisch mit Daniele Ganser und vertreten die Ideale der Aufklärung:
Rosa Luxemburg: »Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.«
Voltaire: »Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht, welches man ihm nicht nehmen könnte, ohne die widerwärtigste Tyrannei auszuüben.«
Immanuel Kant: »Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!«
Übernommen von der Website des Freidenker Verbands www.freidenker.org
Bild: Ausschnitt aus einem Veranstaltungsplakat für den 27.03.2023 in der Dortmunder Westfalenhalle. Das vollständige Plakat finden Sie in der PDF‐Datei.
Zusatzbemerkung von Jean‐Marie Jacoby
Nachdem ich den Vortrag Gansers in Diekirch (Kleines Großherzogtum Luxemburg) gehört habe, bin ich mit einem definitiv gar nicht einverstanden. Das ist seine Erklärung, der Einmarsch russischer Truppen vom 24.2.2022 sei »völkerrechtswidrig«. Das ist er nicht, weil zu diesem Zeitpunkt ein Angriff von Kiew gegen die beiden Volksrepubliken aktiv geplant wurde, die in einer Ausrottung der Menschen mit Russisch als Muttersprache enden sollte. Die Russische Föderation hat deshalb auch gegenüber der UNO ihr Recht auf Selbstverteidigung geltend gemacht – etwas, das die UNO‐Charta vorsieht.
Auch personalisiert Ganser Rußland viel zu sehr mit »Putin«. Fakt bleibt aber – von ihm nicht mitgeteilt – daß der Antrag zur sofortigen Anerkennung der beiden Volksrepubliken von der Oppositionsfraktion KPRF in der Staatsduma kam, die dort über 20 Prozent der Mandate verfügt, während die Präsidentenpartei, die über eine Zweidrittelmehrheit verfügt, dagegen den Antrag gestellt hatte, das jetzt nicht sofort zu tun, sondern zuerst das Außenministerium zu fragen, was es davon hält. Es hat dann etwas gegeben, was es in Parlamenten des kollektiven Westens seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gab: EINE INHALTLICHE ARGUMENTATIVE DEBATTE, nach der abgestimmt wurde. Der KPRF‐Antrag bekam 350 Stimmen, der von der Präsidentenpartei 310 Stimmen. Gemäß dem rechtsstaatlich vorgesehenen Verfahren wurde das an den Präsidenten zur Unterschrift und Promulgation weitergeleitet. Putin benahm sich weder als Autokrat noch als Diktator, sondern als Demokrat, unterschrieb, promulgierte und wies die Regierung an, danach zu handeln, was diese tat und auch das geforderte Freundschafts‐ und Beistandsabkommen abschloss mit den beiden Volksrepubliken Donezk und Lugansk. Da dann der Kiewer Beschuß sich nach kurzer Pause enorm steigerte, riefen die Volksrepubliken um Hilfe – und die wird seither geleistet.
Es wäre schön, nähme Ganser das zur Kenntnis.
Wer im vergangenen halben Jahrhundert nicht geschlafen hat, sondern sich auch nur minimal mit Politik auseinandersetzte, weiss, dass die US/Nato‐Kriege (Serbien, Afghanistan, Irak, Lybien, Syrien …) allesamt unter dem Deckmantel »da sind böse Männer am Ruder, wir bringen den armen Bewohnern dieses Landes nun die liebe Demokratie« geführt wurden. Dass die Bevölkerung dann jeweils nicht profitierte, sondern Opfer der Kriege wurde und die Länder bis heute unter der faktischen Besetzung durch US‐Militär leiden, wird unter den Teppich gekehrt. Als die Hetze gegen Russland begann, war klar: Neuauflage des alten, öden Kriegsspiels. Und auch CorHohna trug die US‐Handschrift: »Krieg gegen das böse xy…« ohne Rücksicht auf Verluste, die Führer sitzen im warmen Stübchen und tischen dem Volk Fa‐Schiss‐Mus auf. Bis die Sackgasse erreicht ist.