Gro­ße Gegen­be­we­gung gegen den revo­lu­tio­nä­ren Sozia­lis­mus – Bei­trag zum Semi­nar »Anti­fa als Instru­ment der Herrschenden?«

Lese­zeit17 min

Der Faschis­mus: Das war der Anspruch neu auf­stre­ben­der Schich­ten, die alte ver­rot­te­te Gesell­schaft in ihrer Kri­se neu zu for­mie­ren. Nur wir, pro­kla­mier­ten sie, tre­ten der Welt­re­vo­lu­ti­on tat­kräf­tig ent­ge­gen. Nur wir kön­nen sie ver­hin­dern. Das alte Klein­bür­ger­tum und der Groß­teil der herr­schen­den alten Klas­sen stie­gen ger­ne dar­auf ein.

Er war die gro­ße Gegen­be­we­gung gegen den revo­lu­tio­nä­ren Sozia­lis­mus. Der Faschis­mus: Das war der Anspruch neu auf­stre­ben­der Schich­ten, die alte ver­rot­te­te Gesell­schaft in ihrer Kri­se neu zu for­mie­ren. Nur wir, pro­kla­mier­ten sie, tre­ten der Welt­re­vo­lu­ti­on tat­kräf­tig ent­ge­gen. Nur wir kön­nen sie ver­hin­dern. Das alte Klein­bür­ger­tum und der Groß­teil der herr­schen­den alten Klas­sen stie­gen ger­ne dar­auf ein.

Nach sei­ner Nie­der­la­ge, ab 1943, begann eine zöger­li­che poli­ti­sche und theo­re­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Faschis­mus auch von kon­ser­va­ti­ver und libe­ra­ler Sei­te. Man beschränk­te sich meist auf Erzäh­lun­gen von den nazis­ti­schen Unmen­schen und über das Funk­tio­nie­ren ihres Sys­tems. Das bei wei­tem umfang­reichs­te Werk (Ren­zo de Feli­ce) erzählt die Geschich­te des ita­lie­ni­schen Faschis­mus als Mus­so­li­ni-Bio­gra­phie. Die Kräf­te nun­mehr an der Macht, die Libe­ra­len, Kon­ser­va­ti­ven und Sozi­al­de­mo­kra­ten, scho­ben die Faschis­mus-Ana­ly­se dort­hin ab, wo sie ihres Erach­tens am wenigs­ten scha­den konn­te: nach Acca­de­mia, an die Uni­ver­si­tä­ten. Wo ansatz­wei­se Ana­ly­sen ver­sucht wur­den, gerie­ten sie schnell zum Revi­sio­nis­mus, einer min­des­tens teil­wei­se Recht­fer­ti­gung: Das war die Abwehr gegen den Bol­sche­wis­mus. Ernst Nol­te wird von der FAZ noch bei sei­nem Tod 2016 dafür gefeiert.

Aber die west­eu­ro­päi­schen KPen hat­ten ihr eige­nes Nar­ra­tiv. Sta­lin woll­te Ruhe im Wes­ten. So wur­de der »Anti­fa­schis­mus« zum Ersatz­so­zia­lis­mus, den man nicht mehr anstre­ben durfte.

Heu­te ist die soge­nann­te »Neue« Faschis­mus-Theo­rie der Ver­such, den Faschis­mus als Pro­blem end­gül­tig zu akademisieren.

Aber gleich­zei­tig brau­chen die Eli­ten und ihre Intel­lek­tu­el­len den Faschis­mus als Gefahr. Zwar: Die Lin­ke gibt es nicht mehr. Aber die Rechts­po­pu­lis­ten, die Melo­ni, die Le Pen, die AfD, Her­bert Kickl wer­den ihnen gefähr­lich. Also len­ken sie von den eige­nen auto­ri­tä­ren Nei­gun­gen ab und bau­en eine neue SA auf: Die­se offi­zi­el­len »Anti­fa­schis­ten« sol­len den intel­lek­tu­el­len Bereich kon­trol­lie­ren und wenn nötig ter­ro­ri­sie­ren – die Bevöl­ke­rung ist dar­an nicht interessiert.

»Die offe­ne, ter­ro­ris­ti­sche Dik­ta­tur der reak­tio­närs­ten, chau­vi­nis­tischs­ten, am meis­ten impe­ria­lis­ti­schen Ele­men­te des Finanz­ka­pi­tals« – so fass­te Dimitroff 1935 den Faschis­mus in eine Wen­dung, die schon vor­her Sta­lin benutzt hatte.

1935: Hit­ler war bereits an der Macht. Mus­so­li­ni konn­te sich seit 12 Jah­ren behaup­ten und stand sogar mit­ten in sei­ner Hoch­zeit, mit einem gewis­sen Kon­sens der Bevöl­ke­rung. Öster­reich, Polen, das Bal­ti­kum und auf der ande­ren Sei­te der Welt Japan sind faschis­tisch. In Ungarn herrscht das Hor­thy-Regime und nähert sich nach Ita­li­en an Hit­ler an. In Jugo­sla­wi­en strei­tet sich die Königs-Dik­ta­tur mit den Nicht-Ser­ben; in Rumä­ni­en mit der Eiser­nen Garde.

Auf dem 7. Welt­kon­gress spricht auch Togliat­ti. Er wider­spricht Dimitroff und Sta­lin kei­nes­wegs. Aber wenig frü­her hat er in Mos­kau für sei­ne Genos­sen im Exil ein Semi­nar über den Faschis­mus gehal­ten. Es wird erst drei Jahr­zehn­te spä­ter ver­öf­fent­licht – mit gutem Grund. Denn in die­sen Vor­trä­gen zeich­net Togliat­ti ein deut­lich unter­schied­li­ches Bild vom ita­lie­ni­schen Faschis­mus. Vor allem:

Der Faschis­mus an der Macht und der Faschis­mus als Mas­sen-Bewe­gung müs­sen je anders gese­hen wer­den. Für den Faschis­mus an der Macht, als Regie­rungs-Sys­tem, könn­te man die grob geschnitz­te Dimitroff-Stalin‘sche Defi­ni­ti­on noch irgend­wie hin­neh­men. Aber auch da sind schon Kor­rek­tu­ren nötig. Der Faschis­mus als Bewe­gung aber such­te und fand meist auch eine Mas­sen­ba­sis. Das waren das alte Klein­bür­ger­tum, ein Teil der Bau­ern; das waren aber vor allem die neu­en Mit­tel­schich­ten: die Ange­stell­ten und ein beträcht­li­cher Teil der Intel­lek­tu­el­len. Der Faschis­mus begann als Sam­mel­be­we­gung von Mit­tel­schich­ten und Lum­pen­pro­le­ta­ri­at. Nach dem Putsch wur­de er sofort zum poli­ti­schen Instru­ment der Ober­schich­ten. Dabei pfleg­te er einen aus­ge­spro­che­nen Staats-Feti­schis­mus. Mus­so­li­ni wird fest­hal­ten: Ich wer­de nie gestat­ten, dass der fede­ra­le (Par­tei­se­kre­tär) den Prä­fek­ten kom­man­die­ren wird. »Alles durch den Staat, nichts gegen den Staat!« Das aber muss­te er in sei­ner Par­tei erst ein­mal durch­set­zen: Die Fari­n­ac­ci und die Rosso­ni hat­ten da ande­re Auffassungen.

Togliat­ti wies die Genos­sen auf die Anfän­ge des Faschis­mus hin.

Eine klei­ne Grup­pe von Chau­vi­nis­ten hat­te Ita­li­en 1915 gegen den Wil­len, aber den nur schwa­chen Wider­stand einer gro­ßen Mehr­heit in den Welt­krieg gepeitscht, gegen den Wil­len der Bau­ern und Arbei­ter. Sofort tra­ten auch die alten ita­lie­ni­schen Pro­ble­me auf: Das Korps der hohen Offi­zie­re war unfä­hig und kor­rupt. Logis­tik und Ver­sor­gung funk­tio­nier­ten über­haupt nicht. Das zeig­te sich im viel dis­ku­tier­ten Pro­blem »Capo­ret­to« (auch bei Gramsci, Machia­vel­li, 209 ff.), der schwe­ren Nie­der­la­ge in der »12. Ison­zo­schlacht« Ende Okto­ber 1917.

Aber da gab es die mitt­le­ren Kader. Das waren meist Mit­tel­schicht-Leu­te, die oft frei­wil­lig in den Krieg gin­gen. Sie waren tüch­tig und ver­hin­der­ten den tota­len Zusam­men­bruch. Nun kamen sie nach Hau­se. Dort sahen sie Cha­os und Unfä­hig­keit der alten Eli­ten. Und sie sahen das Bien­nio Rosso – die Arbei­ter­klas­se in Auf­ruhr. Im Hin­ter­grund gab es die Okto­ber-Revo­lu­ti­on. Und sie glaub­ten, von der Pari­ser Frie­dens­kon­fe­renz betro­gen wor­den zu sein und zu wenig vom Kriegs-Raub abbe­kom­men zu haben. Man­che gin­gen dar­an, selbst eini­ge Stück­chen zusam­men­zu­steh­len (»impre­sa di Fiume« des Gabrie­le d‘Annunzio). Die­se Leu­te fühl­ten ihre Lebens­wei­se und ihre Ambi­tio­nen akut bedroht. Eini­ge unter ihnen stel­len sich, zusam­men mit lum­pen­pro­le­ta­ri­schen Ele­men­ten, in den Dienst der alten sozia­len Eli­ten. In der Roma­gna bezie­hungs­wei­se im Nor­den gab es einen wirk­li­chen Bür­ger­krieg auf nied­ri­gem Flam­me, wo die Ban­den (squa­dri) im Auf­trag der Lati­fun­dis­ten Klein­bau­ern und Land­ar­bei­ter umbrach­ten. Zuerst die­se fass­te Mus­so­li­ni in sei­ner Grup­pe zusam­men. Aber der poli­ti­sche Erfolg die­ses Hau­fens von der Piaz­za San Sepol­cro blieb höchst bescheiden.

Da fass­ten die Chau­vi­nis­ten aus der Obe­ren Mit­tel­schicht (die ANI) den Beschluss, sich mit Mus­so­li­nis Grup­pe zu ver­ei­ni­gen und den PNF (Faschis­ti­sche Par­tei) zu grün­den. Sie hat­ten auch die Bezie­hun­gen zu den alten Eli­ten, die wesent­lich wur­den. Mus­so­li­ni ver­zich­te­te auf sei­nen anti­mon­ar­chi­schen Affekt und begann die ple­bei­schen Ele­men­te sei­ner Par­tei zu zügeln. Der Erfolg blieb nicht aus. Der Bloc­co nazio­na­le nahm ihn auf sei­ne Lis­ten. Er zog in die Abge­ord­ne­ten-Kam­mer ein.

Aber damit war es nicht getan: Der Natio­na­le Block hat­te in der Kam­mer nur 105 von 525 Abge­ord­ne­ten, und die Faschis­ten mach­ten nur 35 davon aus. Par­la­men­ta­risch konn­te man offen­sicht­lich nicht an die Macht gelan­gen. Aber das Heer und der König war auf ihrer Sei­te. Der Bür­ger­krieg in den Jah­ren 1921 und 1922 wur­de mit Hil­fe der Cara­bi­nie­ri, der sons­ti­gen Behör­den und des Heers geführt. Die Land­ar­bei­ter in der Roma­gna und die nord­ita­lie­ni­schen Arbei­ter waren wenig orga­ni­siert und hat­ten gegen die­se Macht kaum eine Chance.

Der Marsch auf Rom Ende Okto­ber 1922 konn­te nur gelin­gen, weil die Staats­macht mit­spiel­te. Mus­so­li­ni war sich des­sen gar nicht so sicher. Er blieb die ers­ten Tage im Hin­ter­grund und ließ sei­ne Kum­pa­nen mar­schie­ren. Die aber wuss­ten: Die Offi­zie­re stan­den auf ihrer Sei­te. Mus­so­li­ni kam also im Schlaf­wa­gen angefahren.

Die nächs­ten Wah­len orga­ni­sier­ten sie. Natür­lich gewan­nen sie sie. Als Matteot­ti in der Kam­mer die Fäl­schun­gen auf­zeig­te, brach­ten ihn die Squa­dris­ti um. Mus­so­li­ni trat die Flucht nach vorn an und über­nahm die Ver­ant­wor­tung. Nun gab es die offe­ne Dik­ta­tur (Kam­mer­re­de vom 6. Jän­ner 2025). Aber das Finanz­mi­nis­te­ri­um zum Bei­spiel lei­te­te der Graf Giu­sep­pe Vol­pi, nicht nur Bau­spe­ku­lant und Kriegs­lie­fe­rant, son­dern auch Grün­der der Bien­na­le von Vene­dig (1932). Innen­mi­nis­ter wur­de der Zei­tungs­her­aus­ge­ber Feder­zo­ni (ANI) und Jus­tiz­mi­nis­ter der Pro­fes­sor Alfre­do Roc­co – sein Straf­ge­setz­buch ist noch heu­te Grund­la­ge des ita­lie­ni­schen Rechts. Auch die Staats­struk­tur gab er vor (»capo di governo«).

Die ple­bei­schen Ele­men­te gab es auch noch: Fari­n­ac­ci war zeit­wei­se Par­tei­se­kre­tär; der Syn­di­ka­list Edmon­do Rosso­ni hoher Funk­tio­när; etc. Wäh­rend die meis­ten unter ihnen den Faschis­mus nicht über­leb­ten, gelang es den Her­ren und Damen (die Sarf­at­ti) aus der Ober- und der Mit­tel­schicht, in der Repu­blik wie­der zu Ehren zu kom­men, auch den ärgs­ten Blut­hun­den (Bado­glio, Graziani).

Wir fin­den bei Togliat­ti zwei für das Ver­ständ­nis ganz ent­schei­den­de Ele­men­te. Es geht um den Klas­sen-Cha­rak­ter des Faschis­mus; und es geht um die Fra­ge des Staats. In bei­den Punk­ten fin­den wir ein Cha­rak­te­ris­ti­kum: Abs­trakt folgt er der Sta­lin-Dimitroff-Defi­ni­ti­on; aber im kon­kre­ten Detail bie­tet er eine deut­lich ande­re Darstellung.

Damit beginnt neu­er­lich die Debat­te: Ist der Faschis­mus eine Ange­le­gen­heit der Ober­schich­ten, der Eli­ten, des Groß­ka­pi­tals? Aber als Mas­sen-Bewe­gung konn­te er das gar nicht sein! Dann ist also der Faschis­mus eine Bewe­gung des Klein­bür­ger­tums? Zwei ent­schei­den­de theo­re­ti­sche Fest­stel­lun­gen sind anzubringen:

(1) Eine so sau­ber ange­streb­te Zuord­nung führt in die Irre. Sie ver­nach­läs­sigt die Dyna­mik der Klas­sen­be­zie­hun­gen, die Ent­wick­lung der Kräf­te. ABER: Zwar müs­sen wir den bipo­la­ren Sche­ma­tis­mus ver­mei­den. Doch den kom­ple­xen Klas­sen­hin­ter­grund müs­sen wir benennen.

(2) Poli­tik ist kein auto­ma­ti­scher Trans­mis­si­ons-Rie­men der Klas­sen-Bezie­hun­gen – sonst bräuch­te es den Faschis­mus gar nicht! Auch die Erobe­rung des Staats, zen­tra­le Stra­te­gie des Mar­xis­mus und des Bol­sche­wis­mus, wäre über­flüs­sig. Es kön­nen jedoch ver­schie­de­ne Klas­sen ver­su­chen, den Staat in Besitz zu neh­men und für ihre Inter­es­sen einzusetzen.

Wir haben aus Mus­so­li­nis Zei­tung, Il popo­lo d‘Italia, eine Auf­stel­lung über die Par­tei­mit­glie­der. Wir haben die Wahl­er­geb­nis­se. Und wir haben Mus­so­li­nis Zuge­ständ­nis von 1926: »Wir haben die Arbei­ter nicht erreicht.« Die hier gezeig­te Zif­fer muss also mit größ­tem Miss­trau­en gese­hen werden!

Der Faschis­mus als Bewe­gung war eine Sache der Mit­tel­schich­ten. Aber sie irr­ten sich in der Ein­schät­zung der wah­ren Macht­be­zie­hun­gen. Sie muss­ten sich schnell der Ober­schicht unter­ord­nen, dem Finanz­ka­pi­tal, der Büro­kra­tie, dem Militär

Kaum waren die Faschis­ten an der Macht, nah­men die alten sozia­len und öko­no­mi­schen Eli­ten das Heft weit­ge­hend in die Hand. Die neu­en Her­ren ver­schwä­ger­ten sich mit ihnen – ganz wört­lich: Mus­so­li­nis Toch­ter hei­ra­te­te den Gra­fen Cia­no, spä­ter Außen­mi­nis­ter, und noch spä­ter, 1944, im Auf­trag der Nazis und auf direk­ten Befehl Mus­so­li­nis, erschos­sen (»Pro­zess von Vero­na«). Sei­ne diver­sen Freun­din­nen kamen alle aus der Oberschicht.

Wie war dies bei den Nazis?

Da gab es einen wich­ti­gen Unterschied.

Beim soge­nann­ten Röhm-Putsch wur­den in einem Auf­wa­schen auch eine Rei­he mög­li­cher bür­ger­li­cher Kon­kur­ren­ten Hit­lers besei­tigt, etwa der Gene­ral von Schlei­cher, ehe­ma­li­ger Reich­kanz­ler. Es wur­den offi­zi­ell erst 77 und dann 83 Lei­chen gezählt, aber es waren deut­lich mehr.

Der Röhm-Putsch war nur eine Zwi­schen-Etap­pe. Er dien­te der Macht­si­che­rung nach Innen. Hier tut sich einer der Unter­schie­de zum ita­lie­ni­schen Faschis­mus auf. Die Nazis waren ent­schlos­sen, die Staats­macht in ihrem und nur in ihrem Sinn zu nut­zen. Es war einer der Grün­de des voll­kom­me­nen Schei­terns des Nazi-Reichs. Die NS-Funk­tio­nä­re und die Nazi-Ideo­lo­gen setz­ten ihren Wahn durch auch gegen die ratio­na­le­ren Ele­men­te der Bour­geoi­sie. Die aller­dings spiel­ten die gan­ze Zeit ganz mit. Erst zum Schluss ver­such­ten sie sich abzu­set­zen. Stauf­fen­berg etc. ver­such­ten einen Putsch. Albert Vög­ler, neben Hjal­mar Schacht wich­tigs­ter Groß­ka­pi­ta­list, hat sich erst 1945 erschossen.

Togliat­ti spricht von den eklek­ti­schen Ele­men­ten des faschis­ti­schen Pro­gramms. Er wirft ihm sogar vor, es hät­te Ideen der Kom­mu­nis­ten gestoh­len (»ruba­to«). Dabei nann­te er die Pla­nung (Lezio­ni, 15). Aber so eklek­tisch war dies nicht. Die­se Mittelschicht-»Sozialisten«, die­se »Natio­nal­so­zia­lis­ten«, die­se Faschis­ten woll­ten den Kapi­ta­lis­mus ratio­na­li­sie­ren, eine for­mier­te Gesell­schaft auf­bau­en und in den Dienst der Nati­on, das heißt ihrer selbst stel­len. Daher benö­tig­ten sie die »fat­to­ri d‘organizzazione«. Hier geht es um all­ge­mei­ne Not­wen­dig­kei­ten in Gesell­schaf­ten (und Staa­ten) der Gegenwart.

Wir fin­den spe­zi­ell in Ita­li­en auch den Begriff »tota­li­tär«. Die Faschis­ten benutz­ten ihn selbst und Togliat­ti nutzt das Wort auch gern. Das war spä­ter ein gefun­de­nes Fres­sen für die libe­ral-kon­ser­va­ti­ven Theo­re­ti­ker, die Faschis­mus und Kom­mu­nis­mus in einen Topf wer­fen woll­ten. Das war die iro­ni­sche Rache der Mit­tel­schicht-Theo­re­ti­ker an der schlam­pi­gen Ana­ly­se. Sie alle über­sa­hen nur eines: Die­se Ten­den­zen und Ele­men­te der For­ma­ti­on fin­den sich in allen hoch ent­wi­ckel­ten Gesell­schaf­ten nach 1945: In die­sem Sinn ist jede moder­ne Gesell­schaft »tota­li­tär«, weil sie Hege­mo­nie will und Staats­macht braucht. Tota­li­tär ist, wie wir wis­sen, auch die so libe­ra­le main­stream-Gesell­schaft. Sie hat es uns in der Zeit des Coro­na-Wahns gezeigt, und sie zeigt es uns gegen­wär­tig wieder.

Die offi­zi­el­le Ideo­lo­gie des Faschis­mus war anti­mo­dern. Aber kann man dies so wirk­lich sagen? Was heißt eigent­lich modern?

Giu­sep­pe Bot­tai (1895 – 1959) war einer der Ideo­lo­gen des Faschis­mus und spä­ter Bil­dungs­mi­nis­ter. In einem sei­ner frü­hen Arti­kel über diver­se Strö­mun­gen im Faschis­mus führt er als eine der aner­kann­ten cor­ren­ti die Futu­ris­ten an. Die Futu­ris­ten las­sen sich nicht ins anti­mo­der­ne Eck stel­len las­sen, wie schon ihre Selbst­be­nen­nung zeigt. Es sind die lite­ra­ri­schen und künst­le­ri­schen Ver­tre­ter der moder­nen Intel­lek­tu­el­len. Wenn man den ita­lie­ni­schen Faschis­mus und den deut­schen Nazis­mus ver­gleicht, könn­te man dies gut an den jewei­li­gen Hal­tun­gen zur Kunst und zu den Intel­lek­tu­el­len durch­füh­ren. Weni­ge Fel­der sind, wört­lich, so augen­fäl­lig. Die von den Faschis­ten geför­der­te Kunst hät­ten die Nazis als ent­ar­te­te Kunst ver­brannt. Es war ein Zweig der Moderne.

Der ita­lie­ni­sche Faschis­mus hat­te im Unter­schied zum deut­schen Nazis­mus und ande­ren faschis­ti­schen Grup­pen und Cli­quen einen intel­lek­tu­el­len Flü­gel mit erheb­li­cher Bedeu­tung. Giu­sep­pe Bot­tai gab die Zeit­schrift Cri­ti­ca Fascis­ta her­aus. Da waren die Ideo­lo­gen Roc­co und Panun­zio, aber auch Gen­ti­le; da sind auch Gran­di und Feder­zo­ni mit­zu­zäh­len. Sie waren Intel­lek­tu­el­le, aber sie waren auch Spit­zen-Poli­ti­ker. Wenn sie von »kol­lek­ti­ven Inter­es­sen« der Nati­on spra­chen, so mein­ten sie die eige­nen Inter­es­sen und Iden­ti­tä­ten. Sie sahen sich als die eigent­li­che Nati­on. Immer­hin waren sie Minis­ter mit enor­mer Bedeu­tung, wie Roc­co. Auch Bot­tai war Minis­ter, er führ­te Ende der 1920er ein mehr ideo­lo­gi­sches als admi­nis­tra­ti­ves Minis­te­ri­um, jenes der Kor­po­ra­tio­nen. Spä­ter wur­de er wich­ti­ger. Damals woll­te er dein Res­sort aus­bau­en, wie er sel­ber mein­te: zum Koor­di­na­ti­ons-Zen­trum der (Wirt­schafts-) Poli­tik machen, denn der Kor­po­ra­tis­mus sei das ideel­le Zen­trum des Faschis­mus. Als Rea­list sah er schnell sei­ne Begren­zun­gen, und als Oppor­tu­nist such­te er sei­ne Bestä­ti­gung mehr in den ideo­lo­gi­schen Berei­chen, dem Recht und der Kul­tur. Da konn­te er sei­ne Phan­ta­sien von der Macht­über­nah­me des intel­lek­tu­el­len Klein­bür­ger­tums ausleben.

Die Sarf­at­ti, Mus­so­li­nis Freun­din aus dem vene­zia­ni­schen Groß­ka­pi­tal, mit jüdi­schem Hin­ter­grund, för­der­te die neue Kunst und Kul­tur. Eine ihrer lau­ten Strö­mun­gen war eine Mai­län­der Archi­tek­ten­grup­pe, die den Razio­na­lis­mo ver­tra­ten und dabei vor allem Ideen aus dem deut­schen Sprach­raum ein­füh­ren woll­ten. Sie ver­such­ten, die vol­le Herr­schaft zu über­neh­men, unter­la­gen aber schließ­lich dem Neo­clas­si­cis­mo. Es waren per­sön­li­che Ambi­tio­nen und Eifersüchteleien.

Die­se und ande­re Intel­lek­tu­el­len­grup­pen mach­ten Stadt- und Raum­pla­nung, also ein wesent­li­ches Poli­tik­feld. Die EUR soll­te den Faschis­mus zu des­sen 20. Jah­res­tag 1942 fei­ern und prä­sen­tie­ren. Es war eine Archi­tek­tur für die Büro­kra­tie – der Wohn­bau inter­es­sier­te sie nicht, sofern er nicht für die Ober­schich­ten als Vil­len gedacht war. Die Vil­la für die Peta­c­ci hin­ge­gen, den Clan der letz­ten Duce-Freun­din, war ein Juwel für sie.

Aber dane­ben gab es auch die »Neu­en Städ­te«: Littoria/​Latina, Sabau­dia, April­ia, Arsia; Sege­zia, Gui­do­nia, etce­te­ra. Sie wur­den ideo­lo­gi­siert als Rück­kehr von den gehass­ten Städ­ten auf das Land. Aber jen­seits die­ser Phra­sen war es ein Ansatz, der wesent­lich für die Beur­tei­lung des Faschis­mus ist: in einer zeit­ge­nös­si­schen Gesell­schaft ist er auch der Ver­such, eini­ge Ver­säum­nis­se der alten Eli­ten zu behe­ben. Raum­pla­nung ist eine wich­ti­ge Poli­tik. Dass man dazu Archi­tek­ten ein­setzt, und mög­lichst nicht die schlech­tes­ten, zeigt zwei­er­lei: Auch eine zukunfts­ge­rich­te­te Gesell­schaft und ihr Staat wird auf sol­che Leu­te zurück grei­fen. Aber sie müs­sen poli­tisch kon­trol­liert wer­den. Sie haben eige­ne Inter­es­sen, sozia­le, poli­ti­sche, ästhe­ti­sche. Die stim­men meist nicht mit denen der Unter­schich­ten überein.

Um die­se Zeit hat­te sich der ita­lie­ni­sche Faschis­mus bereits den Deut­schen, den Nazis, aus­ge­lie­fert. Mus­so­li­ni war gegen den Wil­len sei­ner Par­tei in den Krieg eingetreten.

Die Alli­ier­ten waren Anfang Juli auf Sizi­li­en gelan­det. In der Nacht zum 25. Juli 1943 setz­te der Faschis­ti­sche Groß­rat mit Mehr­heit Mus­so­li­ni als capo di gover­no ab. Die Nazis grif­fen sich ihn und mach­ten ihn zum Mario­net­ten-Haupt eines Staats von ihrer Gna­de (Repubbli­ca di Salò). Und da sehen wir was Inter­es­san­tes: Die Natio­na­lis­ten sam­meln sich um Bado­glio, einer der blu­tigs­ten Figu­ren des Faschis­mus. Er schloss einen Waf­fen­still­stand und trat dann an Sei­te der Alli­ier­ten in den Krieg gegen Deutsch­land ein. »La camicia non era piu› nera, ma il fascis­mo resta­va il padron.« Die alten (und auch eini­ge jun­gen) Radau­brü­der, die squa­dris­ti, meist ple­bei­sche Ele­men­te, gehen zu Mus­so­li­ni und ver­su­chen, den alten Faschis­mus wie­der­zu­be­le­ben (repubbli­chi­ni).

Nun aber ent­schei­det der inter­na­tio­na­le Kon­text.

Auf der Kon­fe­renz von Tehe­ran (1. Dez. 1943) hat­te sich Sta­lin sei­ne Inter­es­sen bestä­ti­gen las­sen – bald wird er sie in Jal­ta noch­mals for­ma­li­sie­ren. Er woll­te nun so schnell wie mög­lich ein Ende des Kriegs. West­eu­ro­pa war außer Reich­wei­te. Also soll­te dort Ruhe herr­schen. Der revo­lu­tio­nä­re Bür­ger­krieg in Grie­chen­land zeig­te, wohin das führ­te. Sta­lin wird dies Tito als einen Haupt­vor­wurf prä­sen­tie­ren: Er hat die grie­chi­schen Kom­mu­nis­ten unter­stützt! Togliat­ti soll­te für Ruhe in Ita­li­en sor­gen. Ende März kehr­te er zurück und trat sodann in die Regie­rung Bado­glio ein. Noch war das Nazi­reich nicht zer­schla­gen. Anti­fa­schis­mus schen also eine legi­ti­me und plau­si­ble Stra­te­gie, Sozia­lis­mus dage­gen war ein Stolperstein.

Die­ser Ersatz des Sozia­lis­mus durch den Anti­fa­schis­mus war für ganz Euro­pa gedacht. Auch in Ost­eu­ro­pa wur­de dies erst anders, als die USA den Kal­ten Krieg vom Zaun bra­chen. Das war 1947. Die voll­stän­di­ge Macht­über­nah­me der Kom­mu­nis­ten in Ost-Mit­tel­eu­ro­pa war nicht zuletzt eine Reak­ti­on dar­auf. Das­sel­be galt für die Grün­dung des War­schau­er Pakts. Sta­lins Ide­al­vor­stel­lung wäre Finn­land gewe­sen. Noch 1952 schlägt er Ade­nau­er vor: Ihr könnt ganz Deutsch­land haben – aber ihr müsst neu­tral sein. Aber Ade­nau­er dach­te nicht im Traum daran.

Die­se Stra­te­gie schei­tert rund­um, auch in Ita­li­en. Die DC macht den alten Faschis­ten freund­li­che Augen und über­nimmt für fast vier Jahr­zehn­te die fast unum­schränk­te Herr­schaft. Togliat­ti lässt sich nicht beir­ren und setzt voll auf Sozi­al­de­mo­kra­ti­sie­rung. Als er stirbt, ist bereits Ber­lin­guer, sein Sekre­tär, der kom­men­de Mann. Die revo­lu­tio­nä­re Phra­se bleibt zum Teil. Amen­do­la und Napo­le­t­a­no las­sen sich aber nicht beir­ren und spre­chen offen. Napo­le­t­a­no macht Karriere.

Und nörd­lich der Alpen?

»Kaum ist end­lich Gras über die­se Sache gewach­sen, kommt so ein Kamel daher und frißt es wie­der ab!« – soll Krei­sky den »Herrn Karl« kom­men­tiert haben. Soll­te das stim­men, dann war er jeden­falls typisch für die 1950er und 1960er.

Damals war Ver­schwei­gen ange­sagt, noch nicht »Ver­gan­gen­heits-Bewäl­ti­gung«. Mit dem Faschis­mus setz­ten sich His­to­ri­ker aus­ein­an­der, die schreck­li­che Geschich­ten erzähl­ten. Ein­zel­ne unter ihnen hat­ten aber die Zei­chen erkannt. Dis­kret lei­te­ten sie eine Wen­de ein: Der Faschis­mus und Nazis­mus war ein Wider­stand gegen den Kom­mu­nis­mus – wer wird ihm das ver­übeln. Aller­dings gab es »Exzes­se«, vor allem den Antisemitismus …

Der neue Anti­fa­schis­mus, außer­halb der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei­en, war zuerst eine Gene­ra­tio­nen­fra­ge. Er war gleich­zei­tig aber auch Ban­ner einer neu­en Grup­pe von Intel­lek­tu­el­len, wel­che gegen die alten, tra­di­tio­nel­len auf den Uni­ver­si­tä­ten antra­ten. Von die­ser Platt­form aus, gegen die kaum wer etwas ein­wen­den konn­te bezie­hungs­wei­se wag­te, gelang es ihnen, selbst hege­mo­ni­al zu wer­den (»Marsch durch die Institutionen«).

Damit war aber auch das alte poli­ti­sche Pro­blem erle­digt. Der authen­ti­sche Anti­fa­schis­mus hat aus­ge­dient. Nun wur­de er zur Anti­fa.

Nun konn­te man auch eine »neue Theo­rie« des Faschis­mus auf­bau­en. Sie war ent­po­li­ti­siert und konn­te damit den neu­en hege­mo­nia­len Schich­ten idea­le Diens­te leis­ten. Die­se »neue Faschis­mus-Theo­rie« sagt viel über unse­re Gesell­schaft, aber wenig über den Faschismus.

Die schlei­chen­de Kri­se des Kapi­ta­lis­mus heu­te, spä­tes­tens seit der Finanz- und Ban­ken­kri­se 2008, rief in den Län­dern des Zen­trums unter­schied­li­che Reak­tio­nen her­vor. In den USA gibt es Ansät­ze, die dem alten Faschis­mus ähneln. In West­eu­ro­pa glaub­ten die Eli­ten, mit der EU das Wun­der­mit­tel gefun­den zu haben: Ent­schei­dungs­ge­walt für das büro­kra­ti­sche Zen­trum, Aus­füh­rung durch die natio­na­len poli­ti­schen Klas­sen. Es funk­tio­niert nicht oder nur holp­rig. Solan­ge das all­ge­mei­ne Wahl­recht exis­tiert, kann die Büro­kra­tie nicht sicher sein. Immer wie­der gibt es Abwei­chun­gen vom rech­ten Kurs – ins­be­son­de­re dort, wo die Bevöl­ke­rung beson­ders unter dem impe­ria­len Struk­tur (Wäh­rungs­uni­on) lei­det: an der Peripherie.

Dann greift das Impe­ri­um ein. Doch die Büro­kra­tie ver­sucht, legal zu blei­ben. Das Ergeb­nis heißt: Napo­le­t­a­no + Mon­ti; Napo­le­t­a­no + Ren­zi; Mat­ar­el­la + Draghi; Mat­ar­el­la + Melo­ni. Ist dies also nun ein neu­er Faschis­mus, der Tech­no-Faschis­mus, der Sani­tär-Faschis­mus, der büro­kra­ti­sche Faschismus?

Begrif­fe sind stets poli­tisch. His­to­ri­sche Blö­cke sind auf Grund der kom­ple­xen, dia­lek­ti­schen Ent­wick­lung nie so sau­ber von­ein­an­der abzu­gren­zen, wie wir es als Ana­ly­ti­ker gern hät­ten. Aber ver­ges­sen wir nicht: Theo­rie soll­te stets auch Grund­la­ge poli­ti­scher Stra­te­gie sein.

Begrif­fe sind poli­tisch, weil sie im poli­ti­schen Tages­kampf auf­tau­chen. Inso­fern ist »Faschis­mus« ein Weck­ruf! Aber da geht es um mehr. Die Eli­ten haben in den letz­ten drei Jahr­zehn­ten unzwei­fel­haft auto­ri­tä­re, faschis­to­ide Ten­den­zen ent­wi­ckelt. Gera­de die letz­ten drei Jah­re zeu­gen dafür. Auch sind die Trä­ger­schich­ten des alten Faschis­mus und des neu­en Auto­ri­ta­ris­mus die­sel­ben: die obe­ren und mitt­le­ren Mit­tel­schich­ten und ihre Ideo­lo­gen, die Aka­de­mi­ker, »Exper­ten«, Jour­na­lis­ten, etc.. Aber: Die Büro­kra­tie will legal blei­ben und das all­ge­mei­ne Wahl­recht (noch) nicht abschaf­fen. Das ist wesent­lich. Des­we­gen war der Pro­be­lauf der »Pan­de­mie«, die Coro­na-Poli­tik, ein hal­ber Miss­erfolg. Auch die Ideo­lo­gie ist fast das Gegen­teil von damals: Dem zuge­spitz­ten Irra­tio­na­lis­mus steht heu­te ein aus­ge­präg­ter, jedoch sehr beschränk­ter Ratio­na­lis­mus entgegen.

Es gibt nicht nur eine Alter­na­ti­ve zum par­la­men­ta­ri­schen Sys­tem und sei­ner Hegemonie.

Wo müs­sen wir ansetzen?

(1) In der Klas­sen-Ana­ly­se: Die Rol­le der Neu­en Mit­tel­schich­ten ist wesent­lich. Das war damals nicht und ist heu­te noch weni­ger das alte Klein­bür­ger­tum. Die Obe­ren Mit­tel-schich­ten woll­ten damals selbst herr­schen, ver­kann­ten aber die Kräf­te-Ver­hält­nis­se. Die Obe­ren Mit­tel­schich­ten wol­len heu­te wie­der herr­schen auf Grund ihrer »Exper­ti­se«. Aber noch setz­ten sie fast ver­zwei­felt auf die Hege­mo­nie, die immer stär­ker abbröckelt …

In der berühm­ten For­mel Gramscis haben wir zwei Bestandteile:

»Dik­ta­tur« + Hegemonie.

(2) Fast alle Mar­xis­ten schät­zen den Staat bezie­hungs­wei­se das poli­ti­sche Sys­tem falsch ein. Sie unter­schät­zen die Auto­no­mie die­ses Sys­tems. Auto­no­mie heißt nicht Unab­hän­gig­keit. Aber Staat und Büro­kra­tie haben eige­ne Ent­wick­lungs-Ten­den­zen und Geset­ze. Und ver­ges­sen wir nicht: Der revo­lu­tio­nä­re Mar­xis­mus hat stets die Erobe­rung der Staats-Macht an die Spit­ze der Stra­te­gie gesetzt. War­um wohl?

Die supra­na­tio­na­le Büro­kra­tie sieht sich heu­te als den rea­len Gesamt­ka­pi­ta­lis­ten. Die von­ein­an­der unab­hän­gi­gen und gegen ein­an­der trotz Mono­po­li­sie­rung kon­kur­rie­ren­den Ein­zel­ka­pi­ta­lis­ten kön­nen die Gesamt­wirt­schaft nicht ratio­nal len­ken. Auch sie müs­sen dis­zi­pli­niert wer­den. Vor allem aber müs­sen die diver­sen Kate­go­rien der Lohn­ab­hän­gi­gen einer strik­ten Dis­zi­plin unterliegen.

Hier fin­det sich das Sys­tem heu­te in einer Zwick­müh­le. Es will Lega­lis­mus und Hege­mo­nie. Bei­des ist ganz unsi­cher gewor­den. Zwar die Lega­li­tät kön­nen sie sich durch ihre Juris­ten immer noch bestä­ti­gen las­sen, gegen jede Rea­li­tät. Aber die Hege­mo­nie? Die Spal­tung der Gesell­schaft ist nichts ande­res als der Ver­lust der Hegemonie.

Zuerst erschie­nen bei www​.anti​im​pe​ria​lis​ta​.org

Bild: Der Palaz­zo Lit­to­rio in Mon­te­v­ar­chi, Sitz der ört­li­chen faschis­ti­schen Par­tei. Quel­le: Ves­tri-Fonds, gespen­det an die Gemein­de Mon­te­v­ar­chi und frei­ge­ge­ben für den öffent­li­chen Bereich (wiki­me­dia com­mons)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert