Der Kli­ma­glau­be – ein Wahn, des­sen Zeit abläuft

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Trotz aller Absur­di­tä­ten der Woke­ness bleibt das eine der schöns­ten Film­sze­nen der Film­ge­schich­te – der Moment, an dem Jack Lem­mon in Man­che mögen’s heiß sei­ne Perü­cke abnimmt und sei­nem Mil­lio­närs-Ver­eh­rer im Boot zuruft: »Ich bin ein Mann«, und die Ant­wort schlicht lau­tet: »Nie­mand ist vollkommen.«

Die­ser Moment ist so schön, weil die­ser Satz »nie­mand ist voll­kom­men« befrei­end wirkt. Er ist eine von zwei his­to­risch kon­kur­rie­ren­den Les­ar­ten der alten Geschich­te mit der Erb­sün­de, die so vie­le mensch­li­che Reli­gio­nen mit sich schlei­fen. Du musst nicht voll­kom­men sein, denn du bist ein Mensch. Die ande­re Les­art lau­tet, du bist unvoll­kom­men, feh­ler­haft und daher schul­dig. Das ist die Ver­si­on, die genutzt wer­den kann, um Men­schen zu kon­trol­lie­ren. Schuld ist dabei ein wesent­lich wir­kungs­vol­le­res Mit­tel als Hoff­nung, Erwar­tung oder ratio­na­le Über­zeu­gung. Es ist daher nicht über­ra­schend, dass Herr­schafts­ideo­lo­gien immer neue Ver­sio­nen ver­meint­li­cher Schuld, gekop­pelt mit dro­hen­den Unter­gän­gen, lie­fern; da unter­schei­det sich der Kli­ma­glau­be nicht vom Hexen­wahn des 16. Jahrhunderts.

Macht es Sinn, sich mit den Begrün­dun­gen aus­ein­an­der­zu­set­zen, dar­auf hin­zu­wei­sen, dass ein Zeit­rah­men zur Beur­tei­lung einer Ver­än­de­rung auch die mit­tel­al­ter­li­che Wär­me­pe­ri­ode beinhal­ten soll­te und nicht nur die Erwär­mung aus der klei­nen Eis­zeit der letz­ten Jahr­hun­der­te her­aus, oder anzu­mer­ken, dass die Ein­füh­rung digi­ta­ler Ther­mo­me­ter allein bereits eine schein­ba­re Erhö­hung aus­lös­te? Nicht wirk­lich. Weil es die einen gibt, bei denen der Glau­be ohne­hin nicht ver­fängt, die also mit den dar­aus abge­lei­te­ten For­de­run­gen ratio­nal umge­hen kön­nen, und die ande­ren, die davon über­zeugt sind, durch Erzeu­gung von Koh­len­di­oxid zu sün­di­gen, für Argu­men­te schwer erreich­bar sind. Wodurch soll­te man auch den Schub für das Selbst­be­wusst­sein erset­zen, der dadurch ent­steht, sich selbst für den Ret­ter der Welt zu halten?

Immer­hin, die Ergeb­nis­se des Ber­li­ner Volks­ent­scheids schei­nen anzu­deu­ten, dass die Kli­ma­er­zäh­lung den Höhe­punkt ihrer Wirk­sam­keit bereits über­schrit­ten haben könn­te. Das ist nicht wirk­lich ein Wun­der, schließ­lich müss­te Ham­burg, wenn man die Pro­gno­sen aus den 1980ern betrach­tet, seit Jah­ren unter Was­ser ste­hen, aber nicht ein­mal die Pazi­fik­in­seln, deren Unter­gang beschwo­ren wur­de, sind bis­her tat­säch­lich unter­ge­gan­gen. Der rea­le Ver­lauf hat, nicht anders als bei den End­zeit­pro­gno­sen des Club of Rome aus den 1970ern, nach denen sämt­li­che Roh­stof­fe in Bäl­de ende­ten, wenig mit den Pro­gno­sen zu tun. Aller­dings gelingt es, wie bei den Zeu­gen Jeho­vas, immer wie­der, den ange­kün­dig­ten Unter­gang etwas zu ver­ta­gen, ohne gleich die gesam­te Glaub­wür­dig­keit zu verlieren.

Die kon­kre­ten poli­ti­schen Ergeb­nis­se sind kata­stro­phal, aller­dings – und das scheint inzwi­schen doch auf­zu­fal­len – mit einer hef­ti­gen Schlag­sei­te für die unte­ren Eta­gen der Gesell­schaft wie der glo­ba­len Wirt­schaft ver­se­hen. Es sind nicht die Rei­chen, die nicht mehr hei­zen oder rei­sen kön­nen, wenn all die »kli­ma­scho­nen­den« Pro­jek­te rea­li­siert wür­den. Die Ver­teue­rung der Nah­rungs­mit­tel, die durch Wahn­ideen wie die Stick­stoff­ein­spa­run­gen in den Nie­der­lan­den aus­ge­löst wird, trifft vor allem Ärme­re, die einen weit grö­ße­ren Teil ihres Bud­gets für Nah­rung aus­ge­ben, und wer schon jetzt die Hälf­te sei­nes Ein­kom­mens für die Mie­te auf den Tisch legt, hat auch kei­nen Spiel­raum für höhe­re Ener­gie­kos­ten. Die Kli­ma­gläu­bi­gen erwei­sen sich in die­sem Fall als die gesell­schaft­li­chen Hilfs­trup­pen, die es braucht, um Angrif­fe auf den Lebens­stan­dard der Mas­sen durch­zu­füh­ren, die zu Zei­ten, als das Wohl der Men­schen (wenn auch vor­über­ge­hend) das höchs­te Ziel der Poli­tik war, nicht vor­stell­bar waren.

Dass die­se Dys­to­pien für Jugend­li­che so attrak­tiv sind, ergibt sich aus den ange­bo­te­nen Rol­len. Abge­se­hen davon, dass das Pro­blem des Scham­ge­fühls nicht ver­schwin­det, wenn eine Gesell­schaft angeb­lich sexu­ell frei ist, und die­se puber­tä­ren Emp­fin­dun­gen von Schuld irgend­wo­hin müs­sen – die gewöhn­li­che mensch­li­che Uto­pie einer bes­se­ren Gesell­schaft bie­tet zwar die Mög­lich­keit des Mit­wir­kens, aber wenig Hel­den­rol­len. Im Gegen­satz dazu macht die Dys­to­pie ein gera­de­zu para­die­si­sches Ange­bot. Die Schuld­ge­füh­le bekom­men einen Ort, und gleich­zei­tig darf man sich den ande­ren über­le­gen füh­len und gera­de­zu die Rol­le eines Hel­den ein­neh­men; schließ­lich muss ein Welt­un­ter­gang abge­wen­det werden.

Ist es vor­stell­bar, dass so gro­ße Tei­le gera­de des ver­meint­lich intel­lek­tu­el­len Teils der deut­schen Gesell­schaft einem abso­lu­ten Irr­glau­ben auf­sit­zen? Lei­der sind die Pha­sen sol­chen Irr­glau­bens aus­ge­präg­ter als die einer wirk­lich ratio­na­len Welt­sicht. Man muss nur einen Blick in die Muse­en wer­fen, oder viel­mehr in ihre Depots. Phre­no­lo­gie, die ver­meint­li­che Wis­sen­schaft von der Ver­mes­sung des Schä­dels, galt Ende des 19. Jahr­hun­derts als hoch­mo­der­ne For­schung. In der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts galt das Glei­che für die Euge­nik, die die mensch­li­chen Bevöl­ke­run­gen betrach­te­te wie Vieh­her­den. Bei­des wür­de kaum jemand heut­zu­ta­ge mehr als Wis­sen­schaft akzep­tie­ren; das Schick­sal des Kli­ma­glau­bens wird letzt­lich das­sel­be sein.

Was alle drei, die Phre­no­lo­gie, die Euge­nik und den Kli­ma­glau­ben, mit­ein­an­der ver­bin­det, ist die Vor­stel­lung, mensch­li­che Gesell­schaft zu ver­än­dern, ohne sich mit den Gege­ben­hei­ten der mensch­li­chen Gesell­schaft aus­ein­an­der­zu­set­zen. Phre­no­lo­gen glaub­ten, man kön­ne z. B. zukünf­ti­ge Kri­mi­nel­le an der Schä­del­form erken­nen, und wenn man die­se aus der Bevöl­ke­rung fil­tern kön­ne … die Euge­ni­ker woll­ten Men­schen züch­ten wie Schä­fer­hun­de und kate­go­ri­sier­ten nach guten oder schlech­ten Erb­an­la­gen. Die Kli­ma­gläu­bi­gen gehen davon aus, dass die Men­schen selbst das Kli­ma unter Kon­trol­le hät­ten; eine Mega­lo­ma­nie, die als sol­che nur des­halb nicht sofort kennt­lich ist, weil sie nega­tiv for­mu­liert ist. In allen drei Fäl­len geht es um Macht­aus­übung über Men­schen unter Ver­leug­nung gesell­schaft­li­cher Zusam­men­hän­ge; kon­kre­te Men­schen haben in die­ser Denk­wei­se kei­nen Wert, sie exis­tie­ren nur als abs­trak­te, zu behan­deln­de Bestand­tei­le. Was natür­lich in jedem der besag­ten drei Fäl­le dadurch erleich­tert wur­de, dass die Anhän­ger sich selbst im Besitz über­le­ge­ner Erkennt­nis sehen.

Ist es mög­lich, eine wis­sen­schaft­li­che Fik­ti­on zu erzeu­gen? Selbst­ver­ständ­lich. Das his­to­risch Ver­blüf­fen­de an den Hexen­pro­zes­sen des 16. Jahr­hun­derts ist, dass sie gera­de vom her­an­rei­fen­den wis­sen­schaft­li­chen Appa­rat vor­an­ge­trie­ben wur­den, für den die Hexe­rei an die Stel­le des blin­den Schick­sals trat und der die Quel­le für Natur­er­eig­nis­se in der Mit­te der mensch­li­chen Gesell­schaft ver­or­te­te; und wenn man betrach­tet, wie heut­zu­ta­ge den »Kli­ma­sün­dern« die Ver­ant­wor­tung für Unwet­ter zuge­scho­ben wird, fin­det sich ein ganz ähn­li­ches Muster.

In jedem die­ser Fäl­le – und im Umgang mit der Wis­sen­schaft an sich – gibt es eine ein­fa­che Fra­ge, die zur Kor­rek­tur sol­cher Ver­ir­run­gen genügt: Cui bono? Wem nutzt es? Etwa dem Fürst­bi­schof von Würz­burg, der durch die »Ent­tar­nung« einer Rei­he ver­meint­li­cher Hexen in den Rei­hen der wohl­ha­ben­de­ren Bür­ger sei­ner Stadt sei­nen neu­en Palast finan­zier­te, ähn­lich wie die angeb­lich wis­sen­schaft­li­che Not­wen­dig­keit, gegen Coro­na zu imp­fen, der Fir­ma Pfi­zer und deren Hilfs­kräf­ten Mil­li­ar­den­er­trä­ge ver­schaff­te. Beim Kli­ma­glau­ben sind es die kon­kre­ten Maß­nah­men, die letzt­lich ver­ra­ten, zu wes­sen Nut­zen sie statt­fin­den. Sie erzeu­gen zum einen an vie­len Stel­len eine völ­lig künst­li­che Nach­fra­ge, in vie­len Fäl­len, ohne sie über­haupt befrie­di­gen zu kön­nen (wie im Fal­le der erzwun­ge­nen ener­ge­ti­schen Sanie­run­gen der Woh­nun­gen oder der Umstel­lung auf Elek­tro­mo­bi­li­tät), aber vor allem recht­fer­ti­gen sie eine Absen­kung des Lebens­stan­dards der Mas­se der Bevöl­ke­rung weit unter das Niveau, das rea­li­sier­bar wäre.

Genau das wäre auch der Effekt des Ber­li­ner Volks­ent­scheids gewe­sen, der selbst typisch nebu­lös bleibt und nur raunt, die »Umset­zung der Kli­ma-Ver­pflich­tun­gen« dür­fe nicht auf Kos­ten der Mie­ter gehen. Denn natür­lich wäre sie letz­ten Endes auf Kos­ten der Mie­ter gegan­gen, selbst wenn Miet­erhö­hun­gen unter­sagt wür­den – weder Genos­sen­schaf­ten noch öffent­li­che Woh­nungs­bau­ge­sell­schaf­ten kön­nen sich die Sanie­run­gen leis­ten, was ent­spre­chend den Beschlüs­sen des EU-Par­la­ments schlicht die Kon­se­quenz hät­te, dass die­se Woh­nun­gen dann ab 2030 nicht mehr ver­mie­tet wer­den dürf­ten. In einer Stadt, in der ohne­hin bereits mas­si­ve Woh­nungs­lo­sig­keit herrscht, wäre das die Rück­kehr zur Zille’schen Miets­ka­ser­nen­ro­man­tik mit Schicht­schlaf­plät­zen. Sogar dann, wenn der »sozia­le Aus­gleich« aus­nahms­wei­se mal nicht nur auf dem Papier stünde.

Die Ber­li­ner haben sich nicht in aus­rei­chen­der Zahl bereit erklärt, die­se Blan­ko­voll­macht aus­zu­stel­len. Der EU-Beschluss zu ener­ge­ti­schen Sanie­run­gen mag eben­so dazu bei­getra­gen haben wie die kon­kre­te Erfah­rung inner­halb des letz­ten Jah­res, dass auch auf Bun­des­ebe­ne die Aus­sa­gen grü­ner Poli­ti­ker sel­ten von Fak­ten getra­gen wer­den; so, wie auch die maß­lo­se Arro­ganz der Kli­makle­ber, die ihren Strauß eben weder mit den poli­tisch noch mit den wirt­schaft­lich Mäch­ti­gen aus­fech­ten, son­dern nur das Leben der gewöhn­li­chen Bür­ger beeinträchtigen.

Aber ver­schwin­den wird der Kli­ma­spuk eher nicht durch eine plötz­li­che Erkennt­nis der west­li­chen Bür­ger, son­dern dadurch, dass Schritt für Schritt die Abkom­men gelöst wer­den, mit denen die­se Poli­tik als all­ge­mein­gül­tig eta­bliert wur­de. Im Ver­lauf des letz­ten Jah­res wur­de für alle sicht­bar vor­ge­führt, wie UN-Mehr­heits­be­schlüs­se zustan­de kom­men: unter reich­lich Ein­satz von Erpres­sung und Manipulation.

Das gan­ze Gemen­ge aus Orga­ni­sa­tio­nen, die im Auf­trag der USA oder deren Olig­ar­chen han­deln, auch die EU-Stif­tun­gen, wird inzwi­schen in gro­ßen Tei­len der Welt als eine Struk­tur gese­hen, die frem­den Inter­es­sen dient. Chi­na hat in der Pra­xis sei­nen eige­nen Weg ver­folgt, etwa mit groß­flä­chi­gen Auf­fors­tun­gen, aber kei­ne Stel­lung gegen die Erzäh­lung an sich bezo­gen. Das könn­te sich dem­nächst ändern. Eben­so wie vie­le Län­der in Afri­ka und Latein­ame­ri­ka die Gele­gen­heit nut­zen wer­den, Regeln auf­zu­he­ben, die nur ihre Ent­wick­lung behin­dern sol­len, und die Mög­lich­keit wahr­neh­men wer­den, sich aus den Klam­mern der IWF-Kre­di­te zu befrei­en, die eben­falls zur Durch­set­zung der Kli­ma-Agen­da genutzt werden.

Ob in Deutsch­land wei­ter­hin Ver­ge­bung für den Kli­ma­fuß­ab­druck gesucht oder auf Wind­rä­der ver­traut wird, bleibt am Ende ein deut­sches Pro­blem. Auch wenn jedes Jahr, in dem wei­ter die­sem Fetisch gehul­digt wird, die Bedin­gun­gen für das Leben in der neu­en, post­ame­ri­ka­ni­schen Welt wei­ter verschlechtert.

Dag­mar Henn ist Mit­glied des Deut­schen Frei­den­ker-Ver­ban­des, von des­sen Web­site frei​den​ker​.org der Arti­kel über­nom­men wur­de, Erst­ver­öf­fent­li­chung am 17.03.2023 auf RT DE

Bild: »Kin­der­wa­gen in Flam­men« – Foto­ak­ti­on des Auf­stands der Letz­ten Gene­ra­ti­on vor dem Reichs­tag, Ber­lin, 02.07.2022 (Ste­fan Mül­ler (CC BY 2.0))

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