Rand­be­mer­kun­gen gegen eine Hyp­no­se durch den »Gre­at Reset«

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Der heu­ti­ge Tag ist ein Resul­tat des gestrigen.
Was die­ser gewollt hat, müs­sen wir erforschen,
wenn wir zu wis­sen wün­schen, was jener will.

Hein­rich Hei­ne, Fran­zö­si­sche Zustände

Das Buch The Gre­at Reset, deutsch: Covid-19 – Der gro­ße Umbruch von Klaus Schwab und Thier­ry Mal­ler­et erschien im Jahr 2020. Es mach­te Furo­re und elek­tri­sier­te Freund und Feind. Haupt­au­tor Schwab ist Grün­der und Geschäfts­füh­rer des World Eco­nomic Forum (WEF). Bereits 1971 grün­de­te er des­sen Vor­gän­ger-Ein­rich­tung als Stif­tung unter dem Namen »Euro­pean Manage­ment Forum«. Genaue­re Aus­künf­te über Schwab bis zurück zur Berei­che­rung des Familien­unterehmens durch Nazi-Kol­la­bo­ra­ti­on und Aus­beu­tung von Zwangs­ar­bei­tern bringt der Arti­kel von John­ny Ved­mo­re »Die Familien­werte des Klaus Schwab«[1] .

Den Grund für die alar­mie­ren­de Wir­kung, die von The Gre­at Reset aus­ging, beschreibt Ved­mo­re so:

Denn der Gre­at Reset ist eine umfas­sen­de Anstren­gung, unse­re glo­ba­le Zivi­li­sa­ti­on zum aus­drücklichen Nut­zen der Eli­ten des Weltwirtschafts­forums und ihrer Ver­bün­de­ten umzu­ge­stal­ten.[2]

Das ent­spricht zahl­lo­sen gleich­lau­ten­den Ein­schät­zun­gen im Schwall der Folgelite­ratur, die inner­halb von zwei Jah­ren entstand.

Auf­fal­lend ist, wie häu­fig Kri­ti­ker und WEF-Pro­pa­gan­dis­ten dar­in über­ein­stim­men, den Schwab­schen Vor­stoß zum zen­tra­len »futu­ro­lo­gi­schen« Mani­fest der »Transforma­tion« des zeit­ge­nös­si­schen Kapi­ta­lis­mus zu erklä­ren. Ob das zutrifft oder nicht – zu unter­suchen wäre dann die Fra­ge: Wel­che Vorstel­lungen über Impe­ria­lis­mus wer­den durch die­se Agen­da eigent­lich her­vor­ge­ru­fen? Die Fra­ge ist zu erwei­tern. Wenn Auseinanderset­zungen mit dem »Gre­at Reset« zur Schär­fung unse­rer anti-mono­po­lis­ti­schen Stra­te­gie und Tak­tik die­nen sol­len, ist her­aus­zu­fin­den: Wel­che ideo­lo­gi­schen Ver­schleie­run­gen gehen in Text und Aus­le­gung als Selbstver­ständlichkeiten ein, wo lie­gen die Fal­len, in die wir tap­pen kön­nen, wenn wir Begrifflich­keiten und Vor­stel­lun­gen als gege­ben übernehmen.

Impe­ria­lis­ti­sche Gemeinwohlideologie

Aller­dings ist das Aus­räu­men von Fall­stri­cken ein müh­sa­mes Geschäft – müh­sa­mer, als sie zu legen. Die Bücher des Viel­schrei­bers Schwab bestehen aus modi­schen Schlagwör­tern im angli­sie­ren­den Jar­gon von CEOs, Unter­neh­mens­wer­bung, PR und Think-Tank-Pro­sa. Der bor­nier­ten Vor­stel­lungs­welt der bür­ger­li­chen Betriebs­wirt­schafts­leh­re ent­sprungen, haben sie die Funk­ti­on der Ver­schleierung und der Apo­lo­gie (impli­zi­te Recht­fer­ti­gung und Beschö­ni­gung) der mono­polkapitalistischen Ver­hält­nis­se. Charakteris­tisch für die faschi­sie­ren­den Ten­den­zen der herr­schen­den Dem­ago­gie wer­den die Wort­hülsen so dar­ge­bo­ten, als gin­ge es dabei um nichts gerin­ge­res als um eine bevor­ste­hen­de »Revo­lu­ti­on«. Die Cha­rak­te­ri­sie­rung als apo­logetisch bedeu­tet: Es geht bei die­ser pseu­do-revo­lu­tio­nä­ren Rhe­to­rik um die Ret­tung der kapi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons- und Eigentums­verhältnisse, heu­te ganz aus­drück­lich um den Preis dras­ti­scher Opfe­run­gen von Produktiv­kräften und Produzenten.

Ein Bei­spiel für die Auf­blä­hung bürger­licher Wort­hül­sen: In einer neue­ren Video­botschaft gibt Schwab die »Offen­ba­run­gen« zur Kennt­nis, die bei sei­ner Forums-Grün­­dung 1971 Pate gestan­den hät­ten; näm­lich die Ent­de­ckung des »Stake­hol­der-Prin­zips«.

Stake­hol­der sei der Gegen­be­griff zu »Share­hol­der«. Share­hol­der sind die, die von einer kapitalis­tischen Unter­neh­mung pro­fi­tie­ren – Eigentü­mer/​Mehrheitseigner, Aktio­nä­re. »Stake­holder«, als Gesamt­heit derer, die am Gedeih eines Unter­neh­mens ein Inter­es­se haben könn­ten und durch sein Ver­hal­ten beein­flußt wer­den, sind alle und kei­ner: Kun­den, Liefe­ranten, Mit­be­nut­zer von Infra­struk­tur, die Kita­be­trei­ber für das Per­so­nal etc. ppp. – sie alle könn­ten eine irgend­wie gear­te­te Geneigt­heit haben, daß das Unter­neh­men fort­be­stehe, oder müs­sen zit­tern, falls es unter­geht. Wesent­li­che öko­no­mi­sche Rea­li­tä­ten sind damit nicht aus­ge­drückt: weder Klas­sen, noch Eigen­tums­ver­hält­nis­se, noch Aus­beu­tung, noch die Erzeu­gung und Ver­tei­lung des Mehrwerts.

Unschwer ist zu erken­nen, daß wir hier eine ideo­lo­gi­sche Zurich­tung der Privatisierungs­politik durch »Pri­vat-Öffent­li­che Partner­schaften« vor uns haben, die in der Peri­ode des »Neo­li­be­ra­lis­mus« die Staats- und Volks­eigentum in die Klau­en der Finanzbour­geoisie brach­te. Damit wäre die gesam­te geplün­der­te Öffent­lich­keit »Stake­hol­der«. Der ange­mes­se­ne Aus­druck wäre »Geisel­nahme«. Die Aus­plün­de­rung auch der Repro­duktionssphäre wur­de damit längst in Berei­che ver­scho­ben, die gro­ßen­teils kei­nen Mehr­wert durch Aus­beu­tung mensch­li­cher Arbeits­kraft mehr erzeu­gen, etwa die gesam­te öffent­liche Daseinsvorsorge.

Gewiß sind das Erschei­nun­gen imperialisti­scher Sta­gna­ti­on und Fäul­nis – aber sie sind nichts wirk­lich Neu­es mit­samt ihren destruk­tiven Aus­wir­kun­gen. Der gan­ze »Stake­hol­der«-Nebel ist ein Bei­spiel für das Ver­fah­ren, das gene­rell hin­ter der »revo­lu­tio­nä­ren« be­grifflichen Auf­bre­ze­lung von Schwab und Kon­sor­ten steckt. Es dient dazu, die ver­schärfte Aus­beu­tung und Aus­plün­de­rung mit der Sau­ce einer fal­schen Gemein­wohl-Ideo­lo­­gie zu über­gie­ßen – auch das ein wesent­li­ches Ele­ment von Faschisierung.

Der Mythos vom Ultra-Impe­ria­lis­mus ersteht wie­der auf

Um sich das all­ge­mei­ne Erschre­cken vor den jüngs­ten Ora­kel­sprü­chen des Team Schwab bes­ser zu erklä­ren, muß offen­bar noch etwas Neu­es in Betracht gezo­gen wer­den. Der – be­rechtigte – Alarm, den The Gre­at Reset aus­löste, dürf­te dar­auf beru­hen, daß das kri­ti­sche Publi­kum einen »Tur­ning the Screw«-Moment wahr­nahm – eine wei­te­re Dre­hung der Schrau­be tief in anthro­po­lo­gi­sche Berei­che (Stich­wor­te: Euge­nik, Bio­tech­no­lo­gie, »Trans­hu­ma­nis­mus«, Digi­ta­li­sie­rung), die gera­de auch lebens­phi­lo­so­phisch-exis­ten­tia­­lis­tisch gestimm­te Gemü­ter, die Mar­tin Heid­eg­gers Vor­be­hal­te gegen eine »planetari­sche Herr­schaft der Tech­nik« tei­len, als die bis­her schüt­zens­wer­te Sphä­re schlecht­hin an­sehen. Häu­fig geht das ein­her mit einer abs­trakten Ableh­nung von »Tech­no­lo­gie« als sol­cher, unab­hän­gig von den gesell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen, Gesell­schafts­for­ma­tio­nen und demo­kra­ti­schen Planungsmöglichkeiten.

Vie­les spricht dafür, daß Schwab, des­sen Bedeu­tung eher die eines gut »ver­netz­ten« PR-Mana­gers ist, nicht die eines »Den­kers«, mit pene­tran­ter Groß­spre­che­rei genau auf die­se Stim­mun­gen kal­ku­lier­te, um zunächst ein­mal größt­mög­li­chen Schock und Verwir­rung ins Publi­kum zu tra­gen. Dazu trägt ein Ton bei, der stän­dig zwi­schen zwei Polen chan­giert: einer­seits wird die »prä­sta­bi­li­siert har­mo­ni­sche« End­zeit einer sozialtechno­logisch voll­kom­men durch­or­ga­ni­sier­ten »bes­seren Welt« sug­ge­riert, zugleich wer­den sämt­liche apokalyptisch-»dystopischen« Bilder­welten aus den Brun­nen bür­ger­li­chen Krisen­bewußtseins her­auf­be­schwo­ren, die sich seit hun­dert Jah­ren im Fun­dus ver­kehr­ter Weltbil­der ablagerten.

Für einen beab­sich­tig­ten Desorientierungs­effekt der Publi­ka­ti­on spricht bereits die be­wußte Ver­knüp­fung mit »Covid-19« im deut­schen Titel. Beim gleich­zei­ti­gen Erschei­nen des Buches mit der Aus­ru­fung einer »welt­weiten Coro­na-Pan­de­mie« dürf­te es sich um wohl­be­rech­ne­tes Timing gehan­delt haben.

Es konn­te nicht aus­blei­ben, daß, zumin­dest für die nai­ve­re Wahr­neh­mung – sofern sie sich zum Wider­stand gegen die Coro­na-Aus­nah­me­zu­stän­de der impe­ria­lis­ti­schen Län­der, mit ihrer zutiefst staatsmono­polistisch defor­mier­ten »Gesund­heits­po­li­tik« bis zur Biontech-Pfi­zer-Kam­pa­gne, bewegt sah – etwa die fol­gen­de Deu­tung fast zum fest­ste­hen­den Mus­ter bür­ger­li­cher Monopol­kritik wurde:

Eine klei­ne Eli­te hat sich in die Lage ver­setzt, »welt­weit« einem gerad­li­ni­gen Plan fol­gend, die Dik­ta­tur gegen »den Rest der Mensch­heit« aus einem ein­heit­li­chen Will­lens- und Durchsetzungs­zentrum zu instal­lieren. Frü­her geteil­te Blö­cke wach­sen dabei zu einer »Welt­re­gie­rung« zusam­men. Das Resul­tat wird sein: eine »tota­li­tä­re«, über den Pla­ne­ten ver­häng­te »Dys­to­pie«. Damit ein­her gehen Bevöl­ke­rungs­re­duk­ti­on und ‑kon­trol­le, in ihrem Gefol­ge Euge­nik, bio­lo­gi­sche, che­mi­sche, gene­ti­sche, elek­tro­ni­sche Kon­di­tio­nie­rung bis in die mensch­li­che Natur, samt »tota­ler« Über­wa­chung und »Gedan­ken­kon­trol­le« ins­be­son­de­re bis in die vor­ge­schrie­be­ne Sprache.

Zunächst: Um Ten­den­zen impe­ria­lis­ti­scher Herr­schafts­tech­ni­ken zu beschrei­ben, liegt in eini­gem davon der Kern Wahr­heit, den nicht zu sehen es tat­säch­lich der »Gehirn­wä­sche« bedürf­te. Man­ches davon ist ganz rich­tig, ande­res auch falsch. In jedem Fal­le gilt aber der ent­schei­den­de Ein­wand Lenins: »Der Ver­fas­ser hat voll­kom­men Recht. Wür­den die Kräf­te des Impe­ria­lis­mus nicht auf Wider­stand sto­ßen, so wür­den sie eben dahin füh­ren.«[3]

Mei­ne The­se ist statt­des­sen: Schwab – mit­samt sei­nem jähr­li­chen Davo­ser Zir­kus eher eine unter­ge­ord­ne­te Char­ge der inter­na­tio­nal agie­ren­den Finanz­bour­geoi­sie – ging es nicht dar­um, tat­säch­lich einen Arbeits­auf­trag an die »inter­na­tio­na­len Eli­ten« zur Durch­set­zung eines »glo­bal ein­heit­li­chen Pro­gramms« zu ertei­len. Er weiß als Kapi­ta­list sel­ber, daß die mate­ri­el­len Vor­aus­set­zun­gen und der entspre­chende zen­tra­li­sier­te Über­bau dafür fehlen.

Das welt­weit ver­schmol­ze­ne Supermono­pol, das nötig wäre, um einen sol­chen nach Art einer »Welt­re­gie­rung« her­vor­zu­brin­gen, exis­tiert nicht. Es dürf­te sich eher um das »Pfei­fen im Wal­de« vor dem sich längst abzeich­nen­de dro­hen­den Hege­mo­nie­ver­lust der impe­ria­lis­ti­schen Zen­tren ange­sichts der auf­stre­ben­den »mul­ti­po­la­ren Ord­nung« han­deln, somit um den Ver­such einer Kon­ter-Offen­si­ve gegen die wach­sen­den antago­nistischen Kräf­te des Wider­stands, von denen Lenin spricht.

Die Vor­be­rei­tung des NATO-Kriegs gegen Ruß­land und Chi­na war zur Zeit der Aus­rufung des »Gre­at Reset« längst im Gan­ge. Wie­weit den Akteu­ren bewußt war, ob, wann und wie der ent­schei­den­de Schritt jenes Wider­stan­des, der Beginn der rus­si­schen mili­tä­ri­schen Son­der­ope­ra­ti­on, bevor­stand, wis­sen wir nicht. Das ändert nichts dar­an, daß der Impe­ria­lis­mus bereits in jenen »End­kampf«-Modus über­ging, von dem die Propa­ganda seit­her durch­drun­gen ist.

Die Rhe­to­rik Schwabs hät­te vor die­sem Hin­ter­grund zwei Zwe­cke zu erfül­len: Er­stens, durch eine – bloß vor­ge­täusch­te – straff orga­ni­sier­te Klas­sen-All­macht läh­men­de Ein­schüchterung zu bewir­ken; und zugleich Ab­lenkung des anti­mo­no­po­lis­ti­schen Wider­standes auf den rela­ti­ven Neben­schau­platz »Coro­na«.

Zwei­tens: Der »Rap­pel à l’Ordre«, der Appell zu Bün­de­lung und Samm­lung an die inter­na­tio­na­le Bour­geoi­sie, um der anti-impe­ria­lis­ti­schen Her­aus­for­de­rung geschlos­sener begeg­nen zu können.

Hier liegt nun, unter dem Stich­wort »Ver­wirrung des Geg­ners«, eine Haupt­ge­fahr. Ein Blick auf oben genann­te Schlag­wor­te – »Tota­litarismus, Eli­ten, Dys­to­pie, Überbevölke­rung« – zeigt, daß es fast selbst­ver­ständ­li­che Begrif­fe bür­ger­li­cher Vor­stel­lungs­wel­ten sind, die eine lan­ge Vor­ge­schich­te aufweisen.

Mit dem Mate­ri­al »Gre­at Reset« wer­de ich mich im Fol­gen­den nicht befas­sen. Statt­dessen ver­su­che ich Schlüs­sel­wör­ter nachzu­zeichnen, von denen ich mei­ne, daß sie für eine Gegen­stra­te­gie untaug­lich sind. Die Gefahr ist gege­ben, daß wir durch Über­nahme die­ser Begrif­fe der hyp­no­ti­schen Wir­kung der Schwab‘schen Dem­ago­gie eher erlie­gen, anstatt sie zu durchbrechen.

Zur »Tota­li­ta­ris­mus­theo­rie«

Die »Tota­li­ta­ris­mus­theo­rie« geht in ihren Ursprün­gen zurück bis auf die Aus­bil­dung des ita­lie­ni­schen Faschis­mus und vor allem das gleich­zei­ti­ge bür­ger­li­che und sozialdemokra­tische Erschre­cken vor der Okto­ber­re­vo­lu­ti­on und der Dik­ta­tur des Pro­le­ta­ri­ats. Der Ver­weis auf den Faschis­mus dient nur dazu, über die­sen Umweg den Sozia­lis­mus zu diskredi­tieren. Der Sozi­al­de­mo­krat Karl Kaut­sky war einer der ers­ten, die sich zur schänd­li­chen »Gleich­set­zung« des (ita­lie­ni­schen) Faschis­mus und der Sowjet­uni­on Lenins vermoch­ten. Hier genügt es, die Aus­prä­gung darzu­stellen, die nach dem Ende der Anti-Hit­ler-Koali­ti­on und mit dem Beginn des Kal­ten Krie­ges zum Grund­be­stand impe­ria­lis­ti­scher anti­kom­mu­nis­ti­scher Ideo­lo­gie wur­de: dieje­nige Fas­sung, die Han­nah Are­ndt (1906 – 1975) in ihrem Buch Ele­men­te und Ursprün­ge tota­li­tä­rer Herr­schaft ab 1951 vor­ge­leg­te.[4]

Zur Ein­ord­nung Are­ndts unter den konkur­rierenden, aber in der Abwehr des Mar­xis­mus eini­gen Schu­len impe­ria­lis­ti­scher Philoso­phie: Ihr Den­ken ging aus Lebens­phi­lo­so­phie und Exis­ten­tia­lis­mus her­vor, Prä­gung Hei­degger und Jas­pers. Der eine Faschist, der ande­re rechts-konservativ.

Es ver­wun­dert nicht, wenn ihre Geschichts­auffassung sich der pes­si­mis­ti­schen »Ge­schichtszyklen«-Mythologie Oswald Speng­lers (»Der Unter­gang des Abend­lands«) oder der »ewi­gen Wie­der­kehr« Nietz­sches annä­hert: »Wenn der letz­te Sie­ger im Kampf um die Erde die ›Ster­ne nicht annek­tie­ren‹ kann, so bleibt ihm nur übrig, sich selbst zu zer­stö­ren, damit der unend­li­che Pro­zess aufs neue begin­nen kann.«[5]

Angeb­lich sei Vor­aus­set­zung »tota­li­tä­rer Herr­schaft«: der im Gang befind­li­che Zer­fall sowohl des Natio­nal­staats als auch der Klas­sen. Are­ndt ver­schleppt in ihre Theo­rie die, einst­mals dem Libe­ra­lis­mus zuge­hö­ri­ge, Fik­ti­on eines über den Klas­sen ste­hen­den Staa­tes. Ihre Metho­de ist gegen den histori­schen Mate­ria­lis­mus gerich­tet und antidialek­tisch. Eine Dia­lek­tik von öko­no­mi­scher Basis und Über­bau liegt ihr fern.

Das führt sie zu sta­tisch-belang­lo­sen Aller­weltsaussagen wie die, »dass es eine von der Poli­tik schlecht­hin unab­hän­gi­ge, ihren eige­nen Geset­zen gehor­chen­de, kapi­ta­lis­ti­sche Ent­wick­lung nicht geben kann und nie gege­ben hat.«[6]; oder aber zu Fehl­dia­gno­sen wie:

Das Profit­interesse, des­sen Bedeu­tung für die impe­ria­lis­ti­sche Poli­tik auch in der Ver­gan­gen­heit häu­fig über­schätzt wur­de, ist heu­te gänz­lich in den Hin­ter­grund getre­ten, nur sehr rei­che und sehr mäch­ti­ge Län­der kön­nen sich die rie­si­gen Ver­lus­te leis­ten, die der Impe­ria­lis­mus mit sich bringt. [7]

Hier ist nicht die Gele­gen­heit, die Lenin­sche Impe­ria­lis­mus­theo­rie aus­zu­füh­ren. Aber soviel ist fest­zu­hal­ten: Are­ndt, wie so vie­le bür­ger­li­che Phi­lo­so­phie, befin­det sich im fort­währenden pole­mi­schen Bezug gegen die­sel­be, ohne das jedoch expli­zit zu machen. Soweit dem Ver­ständ­nis nötig, fol­gen­de Bemer­kung: Bei Lenin bringt der Über­gang zum Impe­ria­lis­mus zwar bedeu­ten­de Verän­derungen im Klas­sen­ge­fü­ge mit sich, indem das Mono­pol zur Grund­la­ge der kapitalisti­schen Öko­no­mik wird. Das betrifft sowohl die Her­aus­bil­dung der Arbei­ter­aris­to­kra­tie als auch die der Finanzbourgeoisie.

Der von ihm ana­ly­sier­te »para­si­tä­re, fau­lende Kapi­ta­lis­mus« setzt aber die von Marx behan­del­ten grund­le­gen­den ökono­mischen Geset­ze nicht außer Kraft. Weder das Wert­ge­setz, noch Akku­mu­la­ti­on des Kapi­tals, Mehr­wert, Pro­fit und, bei allen Form­veränderungen (Akti­en­we­sen, oder heu­ti­ge Ver­mö­gens­ver­wal­tungs­ge­sell­schaf­ten z. B.) auch nicht den »Besitz­be­griff«. Expan­si­on und Neu­auf­tei­lung der Welt, Kapi­tal­ex­port, erfol­gen just aus Akku­mu­la­ti­ons­zwang und Siche­rung von Profitraten.

Wir haben also in der fol­gen­den Aus­sa­ge Are­ndts einen Kunst­griff der bewuß­ten Ver­schleie­rung der (monopol-)kapitalisti­schen Klas­sen­ver­hält­nis­se, die die Grund­la­ge bil­det, um den »Toata­li­ta­ris­mus« zu einer von der Gesell­schafts­for­ma­ti­on unab­hän­gi­gen Ange­le­gen­heit zu erklä­ren. Dar­auf baut ihre Theo­rie auf.

Der Impe­ria­lis­mus als Wie­der­ein­glie­­de­rungs- und Para­si­tis­mus-Ver­hin­de­rungs-Pro­gramm für die Bour­geoi­sie ent­behrt dabei nicht der Komik: «

Wich­ti­ger fast noch als die Siche­rung der Pro­fi­tra­te war die Wiederein­gliederung die­ser Eigen­tü­mer in den natio­na­len Kör­per. Der Impe­ria­lis­mus ret­te­te die Bour­geoi­sie davor, para­si­tär zu wer­den, und ver­half ihr dazu, gera­de in dem Augen­blick eine Rol­le zu spie­len, als ihr Besitz­be­griff sich als über­al­tert her­aus­ge­stellt hat­te, weil ihr Reich­tum in der natio­na­len Pro­duk­ti­on nicht mehr gebraucht wer­den konn­te und sie so mit dem Pro­duk­ti­ons­ide­al einer Gesell­schaft in Kon­flikt gera­ten war, an dem alles ande­re gemes­sen wur­de. [8]

Es ist nicht all­zu schwer, die Grund­mo­ti­ve heu­ti­ger soge­nann­ter »Iden­ti­tä­ten­po­li­tik« in fol­gen­der, skan­da­lö­ser Stel­le bei Are­ndt vor­ge­bil­det zu fin­den. Sie setzt die Poli­tik der Ras­sen­ver­nich­tung mit dem Klas­sen­kampf auf eine »erkennt­nis­theo­re­ti­sche« Stufe:

Es ist gleich­gül­tig, ob ›geschicht­li­che Geset­ze‹ die Klas­sen oder ihre Ver­tre­ter ›abster­ben‹ las­sen oder ob ›Natur­ge­set­ze‹ alle die, wel­che ohne­hin nicht ›lebens­fä­hig‹ sind – Demo­kra­ten, Juden, öst­li­che Unter­men­schen, unheil­ba­re Kran­ke ›aus­mer­zen‹.[9]

Die Schluß­fol­ge­run­gen die­ser hyper­idealis­tischen und ahis­to­ri­schen Geschichts­auf­fassung sind wider­sin­nig, aber kon­se­quent. Wider­stand gegen den zum »Tota­li­ta­ris­mus« umde­fi­nier­ten Imperialis­mus und Faschis­mus wäre nicht mehr mög­lich, orga­ni­sier­te Stra­tegie undenk­bar, da unter dem angeb­li­chen Zer­fall von Klas­sen und Natio­nal­staa­ten nur die abs­trak­te Gegen­überstellung des »geis­tigen«, »libe­ra­len«, »auf­ge­klärt-erwach­ten« Individu­ums gegen »Mob« und Mas­se« bleibt. Das führt zur Ver­ken­nung und Zurück­weisung aller geschichts­mäch­ti­gen Wider­standskräfte in der Epo­che, in der Are­ndt leb­te. Das betrifft auch die Wei­ma­rer Re­publik, in der die KPD die füh­ren­de Kraft des Anti­fa­schis­mus war:

Wesent­li­cher war, dass der Impe­ria­lis­mus das ers­te Phä­no­men war, dem gegen­über die marxis­tische Theo­rie der Wirt­schaft ver­sag­te. Denn für den Mar­xis­mus war das neue Bünd­nis zwi­schen Mob und Kapi­tal so unna­tür­lich, schlug so sehr der Leh­re vom Klas­sen­kampf ins Gesicht, dass die unmit­telbaren Gefah­ren des impe­ria­lis­ti­schen Expe­riments, sein Ver­such, die Mensch­heit in Her­ren- und Skla­ven­ras­sen, in far­bi­ge und wei­ße Völ­ker zu tei­len und das in Klas­sen gespal­te­ne Volk auf der Basis der Welt­an­schau­ung des Mob zu eini­gen, gar nicht zur Kennt­nis genom­men wur­den.[10]

So kommt sie zu dem gro­tes­ken Schluß: »Es ist immer­hin merk­wür­dig, dass es nie eine wirk­lich popu­lä­re Oppo­si­ti­on gegen impe­ria­lis­ti­sche Poli­tik gege­ben hat.«[11]

Die »theo­re­ti­sche« Aus­schal­tung der Kom­munisten als anti­fa­schis­ti­sche Kraft wird durch Geschichts­fäl­schung fol­gen­der Art »belegt«. Wäh­rend die KPD in der uns bekann­te Wirk­lich­keit mit der rich­ti­gen Losung antrat »Wer Hin­den­burg wählt, wählt Hit­ler, wer Hit­ler wählt, wählt Krieg« behaup­tet Are­ndt, die KPD-Losung sei gewe­sen: »Wer Hit­ler wählt, wählt Hin­den­burg.« So ent­steht der Ein­druck, die »tota­li­tä­ren« Kommu­nisten hät­ten in heim­li­cher Kom­pli­zen­schaft den Faschis­mus als das klei­ne­re Übel gegen­über dem Prä­si­den­ten der Noch-Demo­kra­tie erachtet.

Mit der­ar­ti­gen Taschen­spie­le­rei­en wur­den die Grund­la­gen der Gleich­set­zung von Nazis und Kom­mu­nis­mus geschaf­fen. Nach den Sie­gen der Roten Armee über den Faschis­mus erfor­der­te das zunächst die Gleich­set­zung der Hit­ler­dik­ta­tur mit dem »Sta­li­nis­mus«, ergo der Sowjet­uni­on. Als der Popanz »Sta­lin« nicht mehr zur Ver­fü­gung stand, emp­fahl Are­ndt, durch­aus vor­aus­schau­end für spä­te­re Anwen­dun­gen ihrer »Theo­rie«, eine Umori­enterung auf die Volks­re­pu­blik Chi­na. Sie for­der­te, die ver­schie­de­nen kom­mu­nis­ti­schen Ein­par­tei­en­dik­ta­tu­ren, denen wir in der Rea­li­tät gegen­über­ste­hen, von einem ech­ten tota­li­tä­ren Sys­tem zu unter­schei­den, wie es sich in Chi­na, wenn auch in einer neu­en Form, her­aus­bil­den könn­te.[12]

Hier­mit ist ein »zeit­lo­ser« Vor­zug der »Totalita­rismustheorie« zur Spal­tung des Anti­im­pe­ria­lis­mus ange­zeigt. Sie ist bieg­sam genug, um sich je nach Bedarf gegen jeden jeweils aktu­el­len Haupt­feind als neue Ver­kör­pe­rung des »Tota­li­ta­ris­mus« zu wen­den, auf den das Visier des impe­ria­lis­ti­schen An­griffsbündnisses sich rich­tet. Die Haupt­fein­de sind immer genau da, wo der Kampf gegen Imperialis­mus und Faschis­mus sieg­reich ist. So abge­stan­den die Aus­sa­gen im Ein­zel­nen sind: Die »Totalitaris­mustheorie« bleibt ein uner­läß­li­ches Ele­ment ge­rade auch zur pro­pa­gan­dis­ti­schen Mobi­li­sie­rung des NATO-Kriegs nach außen und der Manipula­tion des Hin­ter­lan­des nach innen. Es soll­te offen­sichtlich sein, daß wir gegen das »Impe­ri­um der Lügen« nicht stand­hal­ten kön­nen, wenn wir uns auch nur mit Anlei­hen bei der Are­ndt­schen Ideolo­gie und allem, was dar­aus abge­lei­tet wird, bedienen.

Eli­ten­herr­schaft, »Dys­to­pie«

Es liegt nahe, daß die »Tota­li­ta­ris­mus­theo­rie« mit ihrer belie­bi­gen Aus­rich­tung, mal gegen die Sowjet­uni­on, mal gegen Chi­na, mal gegen die DDR, ein Tum­mel­platz von Trotz­kis­ten ver­schie­de­ner Obser­van­zen ist. Ein sol­cher war James Burn­ham (1905 – 1987), der zu erin­nern ist, weil er bereits 1941 einem Dog­ma zur Popu­la­ri­tät ver­half, das heu­te fast frag­los zur Ver­schleie­rung mono­pol­ka­pi­ta­lis­ti­scher Herr­schaft ein­ge­setzt wird – mal unter der Mas­ke vehe­men­ter Gesell­schafts­kri­tik, mal im Geba­ren herr­schen­der Poli­tik­funk­tio­nä­re selber.

Gemeint ist das Dog­ma von der »Eli­ten- oder Mana­ger­herr­schaft«, die sich angeb­lich über sämt­li­che soge­nann­te »Industriegesell­schaften« erstre­cke, mit Ten­denz zur Bil­dung eines »welt­wei­ten Sys­tems«. Wie bei Are­ndt wer­den die Merk­ma­le gegen­sätz­li­cher ökono­mischer Gesell­schafts­for­ma­tio­nen ver­wischt und zum Ver­schwin­den gebracht.

Als Trotz­kist war Burn­ham in den USA 1934 Mit­be­grün­der der »Socia­list Workers Par­ty«. In dem Maße, wie der Angriff des faschis­ti­schen Deutsch­lands auf die Sowjet­union näher­rück­te, ent­deck­te Burn­ham die Sowjet­uni­on als Haupt­ob­jekt sei­nes politi­schen Has­ses, über­aus ähn­lich den­je­ni­gen, die heu­te ange­sichts der offe­nen Zer­stö­rung der Demo­kra­tie im impe­ria­lis­ti­schen Deutsch­land das »tota­li­tä­re Chi­na« als einen Urhe­ber des Wegs in den Aus­nah­me­zu­stand auszu­machen wähnen.

Der »Anti­sta­li­nis­mus« ließ ihn im Land der Think Tanks, Poli­tik- und Prä­si­den­ten­be­ra­ter, geo­stra­te­gi­schen Futu­ro­lo­gen und Pro­phe­ten dar­auf­hin Kar­rie­re machen. Deren Krö­nung war die Über­rei­chung der höchs­ten Auszeich­nung durch einen US-Prä­si­den­ten, der Frei­heitsmedaille, die dem Ultrare­ak­tio­när Burn­ham 1983 durch Ronald Rea­gan ver­lie­hen wurde.

In den Jahr­zehn­ten zuvor wirk­te er als »Theo­re­ti­ker« der (neo-)konservativen Bewe­gung, CIA-Mit­ar­bei­ter, ent­schie­de­ner anti­kommunistischer Kal­ter Krie­ger, maßgebli­cher Redak­teur der kon­ser­va­ti­ven Natio­nal Revue. Für den CIA wirk­te er ins­be­son­de­re auf dem Fel­de der kul­tu­rel­len Unterwande­rungsarbeit. Er war Mit­be­grün­der des CIA-gesteu­er­ten »Con­gress for Cul­tu­ral Free­dom«, bei dem es dar­um ging, libe­ra­le und lin­ke euro­päi­sche Intel­lek­tu­el­le, immer unter dem Ban­ner des »Anti­sta­li­nis­mus«, für die impe­ria­lis­ti­sche Front zu gewinnen.

Das Buch, das ihm Ruhm in der west­li­chen Welt brach­te, erschien bereits 1941 unter dem Titel The Mana­ge­ri­al Revou­ti­on (deutsch: Das Regime der Mana­ger). Bereits im futu­ris­tisch-pro­gnos­ti­schen Stil geschrie­ben, wur­den dar­in »Vor­aus­sa­gen« der fol­gen­den Art gemacht, deren Wider­hall bis in die Auf- und Ergüs­se Schwabs nicht zu über­hö­ren ist: Die kapi­ta­lis­ti­sche Gesell­schaft wer­de überwun­den, aber nicht durch den Sieg der Arbeiter­klasse und eine sozia­lis­ti­sche Gesell­schaft son­dern »etwas Drit­tes«. Es kom­me zu einer irgend­wie auf »Kol­lek­tiv­ei­gen­tum« basieren­den Gesell­schaft, die durch eine Mana­ger-Eli­te beherrscht wer­de, die alle übri­gen Gesell­schafts­mit­glie­der irgend­wie aus­beu­ten könne.

Die­se Vari­an­te der »Tota­li­ta­ris­mus­theo­rie« ent­stand noch vor dem Buch Han­nah Are­ndts. Die gemein­sa­me dop­pel­te Stoßrich­tung ist die glei­che: einer­seits Ver­schleie­rung der öko­no­mi­schen Grund­la­gen des Monopol­kapitalismus, und damit auch des tatsächli­chen Faschis­mus, ande­rer­seits die erbit­ter­te Abwehr des revo­lu­tio­nä­ren Klas­sen­kamp­fes und des Sozia­lis­mus. Auch der Ahis­to­ris­mus ist der glei­che, mit dem ein fik­ti­ver gesell­schaftlicher Über­bau ohne erkenn­ba­re ökono­mische Basis abso­lut gesetzt wird. Die arbeits­teiligen Funk­tio­nen, aus denen sich nach Burn­ham die angeb­li­che inter­na­tio­na­le Klas­se der Eli­ten oder Mana­ger in ununterscheid­baren »Indus­trie­ge­sell­schaf­ten« zusammen­setzen soll, sind aus ver­schie­dens­ten Berei­chen der Pro­duk­ti­ons- und Reproduktions­sphäre bunt zusam­men­ge­wür­felt (Adminis­tratoren, Exper­ten, lei­ten­de Inge­nieu­re, Pro­duktionsleiter, Pro­pa­gan­da­spe­zia­lis­ten und Technokraten).

Ihr Tätig­keits­feld ist das »Pla­nen«, »Über­wachen« und »Zusam­men­fü­gen« der gesell­schaftlichen Pro­zes­se. Geschich­te ist in die­ser, ein­mal mehr mit der Zwei­fels­frei­heit des Ora­kels vor­ge­brach­ten, »Visi­on« das Ent­stehen und Ver­ge­hen »der Eli­ten«. Sozialisti­sche Revo­lu­tio­nen brin­gen unter die­sem begriff­li­chen Ver­wirr­spiel angeb­lich eben­falls »Mana­ger« an die Macht, die die Mas­sen durch die Vor­täu­schung von Sozia­lis­mus fop­pen. (Aber­mals sei auf die geschick­te Camouf­lage des Klaus Schwab ver­wie­sen, der von vie­len sei­ner Kri­ti­ker, wie auch das sei­nem »Geis­te« ent­sprun­ge­ne grü­ne Faschisierungs­personal in Deutsch­land, als Expo­nent eines »lin­ken kapi­ta­lis­tisch-sozia­lis­ti­schen Trans­formationsprojektes« ange­se­hen wird.) In einem für trotz­kis­ti­sche Parteizusammen­hänge ver­faß­ten Schrift­stück von 1940 formu­lierte Burn­ham die Quint­essenz sei­ner reakti­onären Eliten-Theorie:

Ich erach­te, daß auf der Basis der uns nun zugäng­li­chen Bewei­se eine neue Form der Ausbeu­tungsgesellschaft (die ich Mana­ger­ge­sell­schaft nen­ne) nicht nur mög­lich, nicht nur eine mög­li­che Alter­na­ti­ve zum Kapi­ta­lis­mus, son­dern ein wahr­scheinlicherer Aus­gang der gegen­wär­ti­gen Peri­ode als der Sozia­lis­mus ist. Wie ihr wißt, bin ich nicht der Mei­nung, daß Ruß­land in irgend­ei­nem einseh­baren Sinn als Arbei­ter­staat bezeich­net wer­de kann. Die­se Auf­fas­sung ist jedoch mit weit grundsätzli­cheren Schluß­fol­ge­run­gen ver­bun­den: zum Bei­spiel muß der Sta­li­nis­mus als Mani­fes­ta­ti­on der­sel­ben his­to­ri­schen Kräf­te ver­stan­den wer­den, deren ande­re Mani­fes­ta­ti­on der Faschis­mus ist.[13]

Das wah­re Ziel des Sozia­lis­mus sei nach Burn­ham die Erhal­tung des Kapitalismus.

Der­glei­chen anti­kom­mu­nis­ti­sche Wirr­sal konn­te den Rekru­tie­rungs­be­mü­hun­gen des Vor­läu­fers der CIA, dem OSS, im Jah­re 1944, schon in Vor­be­rei­tung eines Kal­ten oder Hei­ßen Krie­ges gegen die Sowjet­uni­on, nicht ent­ge­hen. Burn­ham wur­de Ana­lyst für die Behör­de. Der Aus­gangs­punkt sei­ner Ein­schätzungen war: 1944 hat der Drit­te Welt­krieg, der End­kampf für das ange­streb­te ame­rikanische Welt­reich begon­nen. (Der USA-Exzep­tio­na­lis­mus die­ser Per­spek­ti­ve war Pro­gramm.). Man könn­te das als den imperialis­tischen »Gre­at Reset«-Versuch anno 1945 bezeich­nen. Die »Staats­theo­rie«, die dar­aus gebil­det wur­de, basier­te auf fol­gen­den Punkten:

Die angeb­li­che »Mana­ger­re­vo­lu­ti­on« be­zeichnet den Über­gang zu einer neu­en »Gesell­schafts­for­ma­ti­on«. Alle kapitalisti­schen, auch die faschis­ti­schen, und sozialisti­schen Gesell­schaf­ten flie­ßen in die­ser zusam­men. Die »Mana­ger« als »Eli­te« brin­gen damit die Rest-Gesell­schaft unter ihre Herr­schaft. Wun­der­waf­fe die­ser neu­en Klassen­macht sei »Tech­ni­sie­rung« und »Verwissen­schaftlichung«. Demo­kra­tie als »Volksvertre­tung« oder »Selbst­ver­wal­tung« ist zurückzu­weisen, da die Herr­schaft einer Min­der­heit über die Mehr­heit der mensch­li­chen Natur ent­sprin­ge. Die Mana­ger-Eli­ten-Gesell­schaft wer­de nicht mehr aus unab­hän­gi­gen Natio­nalstaaten bestehen. Die wie oben umdefi­nierte »Sou­ve­rä­ni­tät« wird ver­la­gert in zentra­lisierte »Super­staa­ten«, die sich um die indus­triellen Zen­tren Euro­pa, Asi­en und Ame­ri­ka grup­pie­ren. Die Gesell­schaft wird hierar­chisch sein, von den Eli­ten her­ab bis zu Halb­sklaven. Die »Mana­ger« wer­den die Kapita­listenklasse eli­mi­nie­ren, die Arbei­ter­klas­se zer­schla­gen, Pri­vat­ei­gen­tum zer­stö­ren aber gleich­wohl Macht und öko­no­mi­sche Privile­gien in ihren Hän­den halten.

Wenn nun gefragt wür­de, ob das »tra­gisch-dys­to­pisch« oder »eupho­risch-har­mo­nisch« gemeint sei, wäre zu ant­wor­ten: Das spielt kei­ne Rol­le mehr. Das bür­ger­lich-impe­ria­lis­ti­­sche Kri­sen­be­wußt­sein hat nur noch den fata­listischen Ton des »So wird es sein, weil es anders nicht kom­men kann« zur Ver­fü­gung. Sei­ner his­to­ri­schen Per­spek­tiv­lo­sig­eit ist, um Zeit zu gewin­nen, alles recht – außer der pro­le­ta­ri­schen Revolution.

Aus zwei Grün­den erfolgt hier die Darstel­lung die­ser schein­bar ver­ges­se­nen Ideologien:

  1. Trotz ihrer in sich wider­sprüch­li­chen und rea­li­täts­fer­nen Vor­aus­set­zun­gen begeg­nen uns der­glei­chen Vor­stel­lun­gen heu­te auf Schritt und Tritt, gera­de in der Lite­ra­tur um den »Gre­at Reset«. Die Ver­schleie­rung der tat­säch­li­chen Klas­sen­macht­ver­hält­nis­se wirkt sich lei­der häu­fig auch auf die Kri­ti­ker aus, die die Phan­tas­tik der Mana­ger- und Elitenherr­schaft für bare Mün­ze nehmen.
  2. hat­te Burn­hams Arbeit eine unmit­tel­ba­re Nach­ah­mer­schaft in Sci­ence Fic­tion, die heu­te noch belieb­ter ist, um eine irre­füh­ren­de Auf­fas­sung von Faschis­mus und Faschisie­rung zum Aus­druck zu brin­gen. Gemeint ist der 1949 erschie­ne­ne »dys­to­pi­sche« Roman von Geor­ge Orwell: 1984.

Die­se Uto­pie eines »tota­li­tä­ren Staa­tes« in Roman­form knüpft unmit­tel­bar an Burn­ham an, der Orwell dazu inspi­rier­te. Auch hier ist die Tota­li­ta­ris­mus­theo­rie aus der bür­ger­li­chen Abwehr des Kom­mu­nis­mus moti­viert, durch des­sen ver­zerr­te »Dar­stel­lung« sich sämt­li­che Ele­men­te bre­chen, die sich even­tu­ell als Be­schreibung von Orwells eige­ner kapitalisti­schen Gesell­schaft lesen ließen.

Durch den Trotz­kis­mus geprägt wie sein Vor­bild, rich­tet Orwell die »Uto­pie« in ers­ter Linie gegen die von einem erbit­ter­ten Anti­kom­mu­nis­ten ima­gi­nier­te Sowjet­uni­on (in die er nie­mals einen Fuß setz­te). Es wäre ermü­dend, die in der Orwell-Lite­ra­tur aus­giebig dar­ge­leg­ten, letzt­lich mono­to­nen und sche­ma­ti­schen Ana­lo­gien, Alle­go­rien, An­spielungen gegen die Sowjet­uni­on aufzu­zählen. Sie zie­hen sich durch die kleins­ten Ein­fäl­le, von den belieb­ten Wort­ab­kür­zun­gen (Akro­ny­men) bis zur Model­lie­rung des wirk­li­chen oder fik­ti­ven Haupt-Staats­fein­des »des Sys­tems« anhand der Figur Trotz­ki. Der Orwell­sche Staat wird beherrscht von einer »Sozia­lis­ti­schen Par­tei Eng­lands«. Angeb­lich sei es, laut Orwell-Lite­ra­tur, eine Wie­der­ga­be der Sowjet­ge­sell­schaft, daß die »Herrschafts­pyramide« aus inne­rer Par­tei, äuße­rer Par­tei und Arbei­tern (Pro­les, Mas­sen) bestehe.

Der Roman konn­te sich vor allem leben­dig erhal­ten auf­grund einer Fül­le ein­zel­ner Ein­fäl­le, die alle­samt die Ober­flä­chen­struk­tur der Hand­lung betref­fen, näm­lich die zahl­reichen Erfin­dun­gen über Herrschaftstech­niken, beson­ders zur Kon­trol­le des Bewußt­seins, nebst ihren Bezeich­nun­gen, die zum Teil sprich­wört­lich wur­den (»Wahrheits­ministerium«, »Gro­ßer Bruder«).

Von Burn­ham über­nom­men wur­de die Auf­fassung, daß der »Tota­li­ta­ris­mus« zu, einer »Welt­re­gie­rung« zustre­ben­den, »Superstaa­ten« füh­re, die in drei geo­gra­phi­sche Blö­cke auf­ge­teilt sind. Wie bei Burn­ham und Are­ndt dient die Ober­flä­chen­be­schrei­bung des »Tota­litarismus« zur Ver­schleie­rung des Zusam­menhangs von Kapi­ta­lis­mus, Impe­ria­lis­mus und Faschis­mus. Da es sich um klein­bür­ger­­lich-indi­vi­dua­lis­ti­sche Gedan­ken­ge­bäu­de han­ delt, nimmt es nicht Wun­der, daß der Be­­wußt­seins- und Gedan­ken­kon­trol­le und ‑über­wa­chung ein über­pro­por­tio­na­ler Raum in der Dar­stel­lung des­sen zukommt, was man als »Ele­men­te des Faschis­mus« über­set­zen könnte.

Ech­te Klas­sen­kämp­fe kom­men hier so wenig vor wie die mate­ri­el­len Grund­la­gen die­ser unde­fi­nier­ten Eli­ten­herr­schaft. Es gibt eben zum sta­ti­schen »Sys­tem« erho­be­ne »Herr­schaft«. Ent­spre­chend ist, wie bei Are­ndt, Wider­stand nur als klein­bür­ger­lich ver­ein­zel­te Auf­leh­nung »Auf­ge­wach­ter« gegen die »Gemein­schaft«, die »Mas­se«, das »Sys­tem« denk­bar und spielt vor­nehm­lich im Bereich des Selbst­be­wußt­seins. Das macht die eigent­li­che Roman­hand­lung ermü­dend sche­matisch, da sie über den abs­trak­ten Gegen­satz »Indi­vi­du­um« und »beherrsch­te Mas­se« nicht hin­aus­kommt. Die Star­re die­ser in eine vor­der­grün­di­ge Hand­lung gegos­se­nen politi­schen The­sen ist nicht nur eine lite­ra­ri­sche Schwä­che. Sie über­trägt sich auch auf die fata­le poli­ti­sche Bot­schaft, die sich wie bei Are­ndt ergibt:

  1. wer­den Gesell­schafts­for­ma­tio­nen so uner­kenn­bar gemacht, daß die Grund­la­ge his­torischer Wider­stands­be­we­gun­gen eben­falls nicht zu erken­nen ist.
  2. wird der Begriff orga­ni­sier­ten Widerstan­des absor­biert durch den Kult des »freie­ren« Indi­vi­du­ums, das allen­falls eine »höhe­re Bewußt­seins­stu­fe« gegen­über den »schlafen­den Mas­sen« hal­ten kann.
  3. wird, bei aller absichts­vol­len Verwischt­heit des Cha­rak­ters der Gesell­schafts­form, die Sache so gewen­det, daß am Ende immer »der Kom­mu­nis­mus« als Vor­bild für das »Ende der Geschich­te« in Form des »tota­li­tä­ren Über­wa­chungs­staats einer Eli­ten­herr­schaft« her­hal­ten muß.

Vor­stel­lun­gen von »Tota­li­ta­ris­mus­theo­rie«, »Eli­ten­herr­schaft« und »Dys­to­pie« konditio­nieren auch heu­te das Bewußt­sein bürgerli­cher Schich­ten durch die herr­schen­de Ideolo­gie. Erstaun­lich wäre nur, wenn es nicht so wäre. Es ist davon aus­zu­ge­hen, daß sich das in Ent­schei­dungs­mo­men­ten läh­mend aus­wirkt, wo die­se Schich­ten bereits in Wider­spruch gerie­ten mit dem, was sie als faschisti­sche Ten­denz des Mono­pol­ka­pi­ta­lis­mus re­gistrieren. Häu­fig ist die Spon­ta­nei­tät da sogar wei­ter als das, was als »poli­ti­sche Theo­rie« über­ge­stülpt wird.

Wenn die Diver­si­ons­tech­ni­ken, die im Hege­mo­nie­be­reich der USA seit 1945 gang und gäbe sind, auf sie ange­setzt wer­den, kann das im NATO-Sin­ne gegen einen ganz vagen Begriff von »Welt­im­pe­ri­um« gewen­det wer­den, oder gegen Ruß­land und Chi­na, die dann sogar, in Ver­ken­nung der über­deut­li­chen wirk­li­chen Front­stel­lung, als »Kom­pli­zen des Gre­at Reset« ein­ge­ord­net wer­den. Da die­se Diver­si­ons­tech­ni­ken über genü­gend konzep­tive Ideo­lo­gen und Auf­tragstäter ver­fü­gen, um anti­fa­schis­tisch-demo­kra­ti­sche Protest­regungen auf den fal­schen Geg­ner zu len­ken, ist dem beharr­lich entgegenzuarbeiten.

Club of Rome

Fast gleich­zei­tig, und das nicht zufäl­lig, mit der Grün­dung des ers­ten »Mana­ger-Eli­ten-Forums« durch Klaus Schwab 1971 erschien 1972 die wesent­lich von der Rocke­fel­ler Stif­tung finan­zier­te und beauf­trag­te »Stu­die« The Limits to Growth (Die Gren­zen des Wachs­tums). Vor dem Hin­ter­grund nicht nur der all­ge­mei­nen Kri­se des Kapi­ta­lis­mus, son­dern auch der über­wun­den geglaub­ten, nun erneut her­ein­bre­chen­den zykli­schen Kri­se mit Rezes­si­on, Stag­fla­ti­on und »Dollar­schock«, nebst »Ölkri­se«, wur­de hier, als Stra­tegie der finanz­mo­no­po­lis­ti­schen Krisenbe­wältigung, die Wei­chen­stel­lung zur Ideo­lo­gie der »kon­trol­lier­ten« Pro­duk­tiv­kraft­zer­stö­rung (und/​oder ‑aus­la­ge­rung) vollzogen.

Die staats­mo­no­po­lis­ti­schen makrokönomi­schen Steue­rungs-Theo­rien gin­gen, mit dem Schei­tern des Keyne­sia­nis­mus und dem Ein­zug der »neo­li­be­ra­len« Glau­bens­sät­ze, von der »har­mo­ni­schen« in die »apo­ka­lyp­ti­sche« Pha­se über, in der sie sich bis heu­te befinden.

Der ver­meint­li­che Sieg der Kon­terrevolution 1990 hat dar­an nichts geändert.

Die Anti­pro­duk­tiv­kraft-Ideo­lo­gie erschien zunächst unter zahl­rei­chen »grü­nen« Bemän­telungen, jahr­zehn­te­lang, bis sie heu­te als chau­vi­nis­tischs­te Vari­an­te trans­at­lan­ti­scher Kriegs­po­li­tik kennt­lich wur­de. Sie beinhal­tet immer einen mas­si­ven Angriff gegen die Arbei­ter­klas­se (und Bau­ern) der imperialisti­schen Län­der und zugleich gegen die Pro­duktivkraftentwicklung und sou­ve­rä­ne Staat­lichkeit abhän­gig gehal­te­ner Länder.

Damit taug­te sie auch vor­züg­lich zur Desta­bi­li­sie­rung und Unter­wan­de­rung der sozia­lis­ti­schen Län­der. Die ver­meint­lich über den Klas­sen, über den Natio­nen ste­hen­de, »uni­ver­sa­le« Gemein­woh­lideo­lo­gie, die hier pro­pa­giert wur­de, wech­sel­te in einem hal­ben Jahr­hun­dert mehr­mals ihr Gesicht. 1972 behaup­te­te sie die angeb­li­che abso­lu­te End­lichkeit der Res­sour­cen. Neben­bei errich­te­te die bour­geoi­se Apo­ka­lyp­tik in der BRD noch eine irra­tio­na­le Kam­pa­gne gegen »Atom­kraft« als sol­che, mit der die west­deut­sche Frie­dens­be­we­gung »nach­hal­tig« (hier stimmt das Wort) des­ori­en­tiert wurde.

Als die Schlag­kraft des Club of Rome – auch auf­grund sich bald als falsch heraus­stellender Berech­nun­gen – sich erschöpf­te, sat­tel­te man um auf die auf­wän­di­ge Propa­gierung des neu­en Dog­mas, daß näm­lich ganz unab­hän­gig von der End­lich­keit die­ser Res­sour­cen (fos­si­le Ener­gie­trä­ger) die angeb­liche Ret­tung des »Welt­kli­mas« ihre Nut­zung sowie­so »ver­bie­te«.

Schuld sei­en nun gerin­ge Men­gen des Gases CO2 in der Atmo­sphä­re, genau­er: die noch viel gerin­ge­re Men­ge sei­nes »menschen­gemachten« Anteils, noch genau­er: »die Indus­tria­li­sie­rung«. Wer Kräf­te komman­dieren kann, die über den dog­men­gläu­bi­gen Fana­tis­mus ver­fü­gen, sol­che Ideo­lo­gien mit allen Kon­se­quen­zen zumin­dest vor­läu­fig durch­zu­set­zen, ver­fügt über ein mäch­ti­ges Instru­ment, um gesell­schaft­li­chen, ökono­mischen, sozia­len Fort­schritt offen­siv zu sabo­tie­ren und zu unterbinden.

Es war nicht nur eine faschisierungstaug­liche »Gemein­woh­lideo­lo­gie über den ka­pitalistischen Wider­sprü­chen« gefun­den wor­den. Die­se voll­zog zugleich eine deut­li­che an­tihumanistische Wen­de, indem »der Mensch« durch sei­ne öko­no­misch-indus­tri­el­le Tätig­keit, ja bereits durch die Meis­te­rung der Natur­kräf­te, zur »Erb­sün­de« der Natur, des Pla­ne­ten, des Kos­mos wurde.

Bei allem Posi­ti­vis­mus der Metho­dik: die exis­ten­tia­lis­ti­sche Lebens­phi­lo­so­phie fei­er­te Fes­te. Aus mar­xis­ti­scher Sicht charakteri­sierte András Gedö die­se Ideo­lo­gie im Jah­re 1978 folgendermaßen:

Die­ser mit tech­ni­zis­ti­schen Mit­teln kon­stru­ier­te anti­tech­ni­zis­ti­sche Kri­sen­my­thos mün­det in die ›sozi­al­tech­no­lo­gi­schen‹ Illu­sio­nen des Zum-Still­stand-Brin­gens des Wachs­tums, des Errei­chens des ›glo­ba­len Gleich­ge­wichts‹. Die Vor­stel­lun­gen der ›Gren­zen des Wachs­tums‹ reflek­tie­ren zum einen die wirk­li­chen öko­lo­gi­schen Krisen­erscheinungen des gegen­wär­ti­gen Kapita­lismus, wobei ihre Deu­tung die­ser Er­scheinungen das Gesell­schaft­lich-Öko­n­o­­­mi­sche aus der öko­lo­gi­schen Kri­se aus­schaltet; sie brin­gen zum ande­ren den Über­gang zur neu­en Pha­se der all­ge­mei­nen Kri­se des Kapi­ta­lis­mus im Spie­gel der Apo­lo­gie zum Aus­druck, inso­fern sie der Gesellschafts­kritik, die das kapi­ta­lis­ti­sche Sys­tem in Fra­ge stellt, die anti­tech­ni­zis­ti­sche Ver­ur­tei­lung der Pro­duk­tiv­kräf­te, letzt­lich die Idee der techni­schen ›Erb­sün­de‹ des Men­schen, die Ableh­nung der auf Wachs­tum und Kon­sum­ti­on drän­gen­den phi­lo­so­phi­schen und morali­schen Ein­stel­lung ent­ge­gen­setzt.[14]

Die drit­te Umwand­lung die­ser Ideo­lo­gie der Pro­duk­tiv­kraft-Ver­hin­de­rung und des radi­ka­len über die arbei­ten­den Klas­sen ver­hängten Kon­sum-Ver­zichts wur­de heu­te erreicht – und damit der Mas­ken­fall, der ihren nack­ten impe­ria­lis­ti­schen Kern ent­hüllt. Ihre kata­stro­phi­sche Durch­set­zung, wird nun weder durch »End­lich­keit der Res­sour­cen«, noch durch »pla­ne­ta­ri­sche Kli­ma­ret­tung« begrün­det, son­dern als offe­ner Über­gang (»Zei­ten­wen­de« genannt) zur Kriegswirt­schaft gegen Ruß­land (und Chi­na), mit den für das natio­na­le Wirt­schafts­ge­fü­ge voll­ends zer­stö­re­ri­schen »Sank­tio­nen gegen Putin«.

Nicht anders als heu­te bei der sozialreaktio­nären »Fri­days for Future«-Bewegung, hing sich die bour­geoi­se Ver­zichts-Ideo­lo­gie auch damals ein »anti­ka­pi­ta­lis­ti­sches« Män­tel­chen um und prä­sen­tier­te sich als »anthropologi­sche Revo­lu­ti­on«. So äußer­te Sic­co Mans­holt, der dama­li­ge Prä­si­dent der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on, 1973:

Die­se Gegen­kräf­te kön­nen wir nur entwi­ckeln, wenn es uns gelingt, Men­ta­li­tät und Denk­wei­sen der Men­schen in unse­rer Gesell­schaft grund­le­gend zu ändern. Wir müs­sen eine Gesell­schaft anstre­ben, die bereit ist, einen Still­stand, ja auch ein mate­ri­el­les Absin­ken des Kon­sums ohne Mur­ren hinzuneh­men. Für den Kon­su­men­ten heißt das: weni­ger Autos, weni­ger Farb­fern­se­her, weni­ger Wochen­end­häu­ser. Es heißt: Beschei­dung. Es bedeu­tet: ein­fa­cher zu leben.[15]

Es will schei­nen, daß das Gebet des dama­ligen EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­ten im Jah­re 1 der Ära »Frie­ren und Hun­gern für den ukra­inischen Faschis­mus« in Deu­ro­pa erhört wur­de, zum Wohl­ge­fal­len der herr­schen­den Krei­se der USA. Frag­lich ist nun (Stand Herbst 2022), ob es »uns« gelang, eine Gesell­schaft zu for­mie­ren, die das tat­säch­lich »ohne Mur­ren hin­zu­neh­men« bereit sein wird.

Die »Gren­zen des Wachstums«-Ideologie, zumal mit ihrem immer mit­ge­mein­ten Angriff gegen die sozia­lis­ti­sche indus­tria­li­sier­te Land­wirtschaft, war nicht nur gegen die Entwick­lungsmöglichkeiten des soge­nann­ten »globa­len Südens« gerich­tet, son­dern ein Ramm­bock zur Unter­wan­de­rung und Zer­set­zung der Sowjet­uni­on und der sozia­lis­ti­schen Staa­ten. Das »Nord-Süd-Gefäl­le« wur­de bemüht, um den Klas­sen­kampf nach innen zu stop­pen – gegen For­de­run­gen von Gewerk­schaf­ten, denen »man­geln­de Soli­da­ri­tät« vor­ge­wor­fen wur­de. Chi­na hin­ge­gen war damals noch aus­ersehen als bil­li­ge Werk­bank für die kapitalis­tischen Zen­tren. Mans­holt brach­te es zum Ausdruck:

Viel­leicht bie­ten ande­re poli­ti­sche Sys­te­me bes­se­re Alter­na­ti­ven. Nicht unbe­dingt sozia­lis­ti­sche Sys­te­me; denn auch der Staats­so­zia­lis­mus sowje­ti­scher Prä­gung basiert auf Wachs­tum, hat pri­mär Wachs­tum zum Ziel. Viel­leicht soll­te man die Entwick­lungen in Chi­na künf­tig stu­die­ren.[16]

Heu­te wis­sen wir, daß »der Wes­ten« im Hin­blick auf die wei­te­re Ent­wick­lung Chi­nas einer kolos­sa­len Fehl­ein­schät­zung unter­lag. Die über­wun­de­ne Spal­tung Ruß­lands und Chi­nas wird nun zur prak­ti­schen Widerle­gung der »Gren­zen des Wachstums«-Ideolo­gie und zur Gren­ze, an der der »Gre­at Reset« verpufft.

Die in der Lite­ra­tur seit fünf­zig Jah­ren nach­ge­wie­se­ne inne­re Feh­ler­haf­tig­keit und abwe­gi­ge Metho­dik beim Erstel­len des »Welt­modells« des Club of Rome soll hier nicht nach­ge­zeich­net wer­den. Es genü­ge der Hin­weis, daß auch die Aus­sa­gen über die End­lichkeit der Roh­stof­fe und Res­sour­cen sich zwar als Fehl­be­rech­nun­gen erwie­sen, die dadurch erzeug­te Stim­mungs­ma­che jedoch aus­reich­te, um eine vor­über­ge­hen­de gesell­schaftliche Akzep­tanz für die soge­nann­te Ener­gie­wen­de einzusammeln.

Hier soll nur auf einen inhalt­li­chen Aspekt des »Welt­mo­dells« ein­ge­gan­gen wer­den, näm­lich den unter den erneut auf­bre­chen­den kapi­ta­lis­ti­schen Kri­sen­er­schei­nun­gen mit Macht aus der Vul­gär­öko­no­mie des XIX. Jahr­hun­derts sich zurück­mel­den­den Malthu­sianismus. Den­nis Mea­dows, ein federfüh­render Autor der »Gren­zen des Wachs­tums« gab das unum­wun­den als Kern der gan­zen Ver­an­stal­tung an: »Wir wähl­ten des­halb für unse­re Unter­su­chun­gen die Mal­thus­sche Sicht einer begrenz­ten Welt, weil unse­re Ein­drü­cke und empi­ri­sche Daten nahe­le­gen, daß die Welt in eini­gen Aspek­ten end­lich ist.«[17].

Was war mit »Mal­thus­sche Sicht« gemeint? Nichts ande­res als die Wie­der­ein­füh­rung eines fik­ti­ven Natur­ge­set­zes, wonach die Bevöl­ke­rung in expo­nen­ti­el­lem Wachs­tum sich ver­grö­ße­re, wäh­rend die Pro­duk­ti­on von Pro­duk­ti­ons- und Nah­rungs­mit­teln »unwei­gerlich« dahin­ter zurück­blei­be. Damit erwei­se sich ein wach­sen­der Teil der werk­tä­ti­gen Popu­la­ti­on als »natur­ge­mäß über­flüs­sig« und sei somit zu redu­zie­ren. Der Club of Rome, und mit ihm Welt­bank und Weltwährungs­fond, konn­ten der Apo­ka­lyp­tik der »end­li­chen Res­sour­cen« nun noch die der »explodieren­den Bevöl­ke­rung« hinzufügen.

Mal­thu­sia­nis­mus

Was bedeu­tet also »Mal­thu­sia­nis­mus«? Ihren Namen hat die Sache von dem eng­li­schen Pfaf­fen und Öko­no­men Tho­mas Robert Mal­thus, Ver­fas­ser einer reak­tio­nä­ren Theo­rie der Über­be­völ­ke­rung, die das Elend der Werk­tä­ti­gen recht­fer­ti­gen soll. Damit war der Pau­pe­ris­mus, die Ver­ar­mung und Ver­elen­dung der werk­tä­ti­gen Mas­sen, zum »univer­salen Natur­ge­setz« erho­ben – unab­hän­gig von der his­to­ri­schen Produktionsweise.

Wie das in Eng­land ange­wandt wur­de, um die Arbei­ter zu ent­rech­ten und in »Working Hou­ses« zu pres­sen, beschrieb Marx 1844 so:

Was den Pau­pe­ris­mus im all­ge­mei­nen betref­fe, so sei er ein ewi­ges Natur­ge­setz, nach der Theo­rie von Malthus:

›Da die Bevöl­ke­rung unauf­hör­lich die Subsis­tenzmittel zu über­schrei­ten strebt, so ist die Wohltä­tigkeit eine Narr­heit, eine öffent­li­che Aufmunte­rung für das Elend. Der Staat kann daher nichts tun, als das Elend sei­nem Schick­sal über­las­sen, und höchs­tens den Tod der Elen­den erleichtern.‹

Mit die­ser men­schen­freund­li­chen Theo­rie verbin­det das eng­li­sche Par­la­ment die Ansicht, daß der Pau­pe­ris­mus das selbst­ver­schul­de­te Elend der Arbei­ter sei, dem man daher nicht als einem Un­glück zuvor­zu­kom­men, das man viel­mehr als ein Ver­bre­chen zu unter­drü­cken, zu bestra­fen habe.[18]

Schon 1843 for­mu­lier­te Fried­rich Engels den weit­bli­cken­den Hin­weis auf den inne­ren Zusam­men­hang zwi­schen Mal­thu­sia­nis­mus und »Mono­pol­sys­tem«:

Die Han­dels­frei­heit Adam Smit­hs ist in die wahn­sin­ni­ge Kon­se­quenz der Mal­thus­schen Bevöl­kerungstheorie hin­ein­ge­trie­ben wor­den und hat nichts pro­du­ziert als eine neue zivi­li­sier­te­re Gestalt des alten Mono­pol­sys­tems …[19]

In sei­nen frü­hen »Umris­sen zu einer Kri­tik der Natio­nal­öko­no­mie« schrieb er:

So nahm die Öko­no­mie einen menschenfreund­lichen Cha­rak­ter an; sie ent­zog ihre Gunst den Pro­du­zen­ten und wand­te sich den Kon­su­men­ten zu … und erklär­te den Han­del für ein Band der Freund­schaft und Eini­gung zwi­schen Natio­nen wie zwi­schen Indi­vi­du­en … aber die Vor­aus­set­zun­gen mach­ten sich bald genug wie­der gel­tend und erzeug­ten im Gegen­satz zu die­ser glei­ßen­den Phil­an­tro­pie die Mal­thus­sche Bevöl­ke­rungs­theo­rie, das rauhs­te bar­ba­rischs­te Sys­tem, das je exis­tier­te, ein Sys­tem der Ver­zweif­lung, das alle jene schö­nen Redensar­ten von Men­schen­lie­be und Welt­bür­ger­tum zu Boden schlug.[20]

Das heu­te bei der Mys­ti­fi­zie­rung gesell­schaftspolitischer Vor­gän­ge zu »Naturvor­gängen« so belieb­te »expo­nen­ti­el­le Wachs­tum« war bei Mal­thus geo­me­tri­sche Progression:

Das Kapi­tal stei­gert sich täg­lich; die Arbeits­kraft wächst mit der Bevöl­ke­rung, und die Wissen­schaft unter­wirft den Men­schen die Natur­kraft täg­lich mehr und mehr. Die­se uner­meß­li­che Produkti­onsfähigkeit, mit Bewußt­sein und im Inter­es­se aller gehand­habt, wür­de die der Mensch­heit zufal­len­de Arbeit bald auf ein Mini­mum ver­rin­gern; der Kon­kurrenz über­las­sen, tut sie das­sel­be, aber inner­halb des Gegen­sat­zes. Ein Teil des Lan­des wird aufs bes­te kul­ti­viert, wäh­rend ein and­rer wüst daliegt. Ein Teil des Kapi­tals zir­ku­liert mit unge­heu­rer Schnel­lig­keit, ein and­rer liegt tot im Kas­ten. Ein Teil der Arbei­ter arbei­tet vier­zehn, sech­zehn Stun­den des Tages, wäh­rend ein and­rer faul und untä­tig dasteht und verhungert. …

Die­se Ent­wick­lung der Sache darf der Öko­nom nicht für die rich­ti­ge erken­nen; er müß­te sonst, wie gesagt, sein gan­zes Kon­kur­renz­sys­tem auf­ge­ben; er müß­te die Hohl­heit sei­nes Gegen­sat­zes von Pro­duk­ti­on und Kon­sum­ti­on, von über­flüs­si­ger Bevöl­ke­rung und über­flüs­si­gem Reich­tum ein­se­hen. Um aber, da das Fak­tum ein­mal nicht zu leug­nen war, dies Fak­tum mit der Theo­rie ins glei­che zu brin­gen, wur­de die Bevöl­ke­rungs­theo­rie erfunden.

… Kom­men wir indes, um der Bevöl­kerungsfurcht alle Basis zu neh­men, noch ein­mal auf das Ver­hält­nis der Pro­duk­ti­ons­kraft zur Be­völkerung zurück. Mal­thus stellt eine Berech­nung auf, wor­auf er sein gan­zes Sys­tem basiert. Die Bevöl­ke­rung ver­meh­re sich in geo­me­tri­scher Progression:

1+2+4+8+16+32 usw., die Pro­duk­tiv­kraft des Bodens in arith­me­ti­scher: 1+2+3+4+5+6. Die Dif­fe­renz ist augen­schein­lich, ist schreck­erre­gend; aber ist sie rich­tig? Wo steht erwie­sen, daß die Ertrags­fä­hig­keit des Bodens sich in arith­me­ti­scher Pro­gres­si­on ver­meh­re? Die Aus­deh­nung des Bodens ist beschränkt, gut. Die auf die­se Flä­che zu verwen­dende Arbeits­kraft steigt mit der Bevöl­ke­rung; neh­men wir selbst an, daß die Ver­meh­rung des Ertrags durch Ver­meh­rung der Arbeit nicht immer im Verhält­nis der Arbeit steigt; so bleibt noch ein drit­tes Ele­ment, das dem Öko­no­men frei­lich nie etwas gilt, die Wis­sen­schaft, und deren Fort­schritt ist so unend­lich und min­des­tens eben­so rasch als der der Bevöl­ke­rung.[21]

Dem Kul­mi­na­ti­ons­punkt entgegen

András Gedö bemerk­te 1978, daß die Illusio­nen des Mal­thu­sia­nis­mus – der, nach Marx »offe­nen Kriegs­er­klä­rung an das Pro­le­ta­ri­at«[22] – mit der neo­li­be­ra­len Ideo­lo­gie einen neu­en Auf­schwung neh­me und stell­te fest:

Die Leben­dig­keit des Mal­thu­sia­nis­mus deu­tet auch auf die Kon­ti­nui­tät der bei Marx unter­such­ten For­men der Apo­lo­gie und ihrer gegen­wär­ti­gen Vari­an­ten hin; die­se Leben­dig­keit ist beson­ders dann wahrzu­nehmen, wenn die Illu­sio­nen einer Har­mo­nie schei­tern – um spä­ter, nach Lin­de­rung der aku­ten Kri­se, wie­der auf­zu­er­ste­hen; so erschei­nen Mal­thus­sche Gebil­de wie­der hin­ter den Weltuntergangspro­phezeiungen der ›Welt­mo­del­le‹, den an Com­pu­tern aus­ge­rech­ne­ten und ver­meint­lich authen­ti­sier­ten Wahr­sa­gun­gen und Pro­gram­men der ›Gren­zen des Wachs­tums‹.[23]

Auf die­sen Zusam­men­hang kann man sozu­sa­gen die Uhr stel­len. Mit jedem Krisen­schub drängt sich mit den Wahr­sa­ge­rei­en auch der Mal­thu­sia­nis­mus der heu­ti­gen Mo­nopolbourgeoisie wie­der in den Vor­der­grund, und je hef­ti­ger die Ver­tie­fung der Kri­se, mit des­to bru­ta­le­rer Macht und des­to irratio­nalerem End­zeit-Pathos. Dazu brauch­te es nicht erst des hoh­len Geschwa­fels des Schwab­schen Mach­werks. Denn die­ses hat die hier ange­spro­che­nen Ten­den­zen nur zusam­men­fas­send gebündelt.

Wie sehr die herr­schen­den imperialisti­schen Krei­se auf das Dog­ma »Wohl­stand durch Ver­nich­tung von Bevöl­ke­rung und Pro­duk­tiv­kräf­ten« – etwa durch Seu­chen oder Krie­ge – ver­ei­digt ist, konn­te man nach dem Kri­sen­ein­bruch 2008 der ganz nor­ma­len bür­ger­li­chen Wirtschafts­presse ent­neh­men. So schrieb das Han­dels­blatt am 4.8.2009 unter der Über­schrift »Das trau­ri­ge Geheim­nis un­seres Wohl­stands« – es sei stell­ver­tre­tend für vie­le zitiert:

300 Jah­re spä­ter jedoch hat­te Euro­pa Chi­na wirt­schaft­lich über­holt. Um 1700 – noch vor Beginn der indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on – war das Pro-Kopf-Ein­kom­men in Eng­land real mehr als dop­pelt so hoch wie in Indi­en oder Chi­na. … Ohne die Pest und die vie­len Krie­ge … hät­te es den Auf­stieg Euro­pas zwi­schen 1400 und 1700 nicht gege­ben. .. Aus die­sem Teu­fels­kreis, den der Bri­te Tho­mas Mal­thus im frü­hen 19. Jahr­hun­dert beschrieb, habe die Mensch­heit in Euro­pa erst durch die Pest aus­brechen kön­nen … Ein ein­ma­li­ger Anstieg des Pro-Kopf-Ein­kom­mens ist eine Vor­aus­set­zung dafür, dass es zu dau­er­haf­tem Wirt­schafts­wachs­tum kom­men kann.

Eine »schla­gen­de« öko­no­mi­sche Naturge­setzlichkeit: Man ver­nich­te ein Maxi­mum der »Köp­fe« der arbei­ten­den Bevöl­ke­rung und schon steigt das »Pro-Kopf-Ein­kom­men« in den kom­men­den Jahr­hun­der­ten »für alle«.

Die­se dem heu­ti­gen Kapi­ta­lis­mus unter der Herr­schaft des Finanz­ka­pi­tals innewohnen­den Ten­den­zen zur Bar­ba­rei, zur Bes­tia­li­tät, haben im gegen­wär­ti­gen Zustand übergreifen­der Faschi­sie­rung unter dem Aggressions­schirm der NATO, in der Kom­bi­na­ti­on von Kli­ma- und Coro­na-Aus­nah­me­zu­stän­den mit der offe­nen Kriegs­po­li­tik der pro­duk­tiv­kraft-zer­stö­ren­den, in Hun­ger und Elend treiben­den »Sank­tio­nen gegen Ruß­land«, nun einen Kul­mi­na­ti­ons­punkt erreicht.

Die Ankün­di­gun­gen des »Gre­at Reset« sind ernst zu neh­men. Nicht ernst zu neh­men ist die Groß­spre­che­rei, als stün­de die Agen­da von Davos vor der Bil­dung einer »tota­len Welt­re­gie­rung« eines »Super­staa­tes« nach den fik­ti­ven Vor­ga­ben der Burn­ham, Hux­ley, Orwell.

Noch ein­mal Lenin: »Der Ver­fas­ser hat voll­kommen Recht. Wür­den die Kräf­te des Imperialis­mus nicht auf Wider­stand sto­ßen, so wür­den sie eben dahin führen«.

Ob und in wel­cher Form es zu die­sem Wider­stand auf natio­na­ler Ebe­ne kom­men wird, in Deutsch­land und den Län­dern der EU, wird die nähe­re Zukunft erwei­sen. Unge­achtet des­sen ent­schei­det sich die­se Fra­ge gleich­wohl bereits auf den Schlacht­fel­dern des Don­bass und vor Tai­wan – und es wird kei­ne Ent­schei­dung im Sin­ne der his­to­risch perspek­tivlosen, ihren eige­nen Unter­gang als Apoka­lypse ver­kün­den­den Klas­se sein, für die Klaus Schwab das jähr­li­che Thea­ter­stück sei­nes World Eco­no­mic Forum inszeniert.

Klaus Lin­der ist Mit­glied der Frei­den­ker, von des­sen Web­site frei​den​ker​.org der Bei­trag über­nom­men wur­de. Zuerst erschie­nen in: »FREI­DEN­KER« Nr. 3 – 22, Sep­tem­ber 2022, S. 9 – 13, 81. Jahrgang

Bild: Col­la­ge bestehend aus Spi­ra­le (Pix­a­bay) und Klaus Schwab (Copy­right World Eco­no­mic Forum (www​.wefo​rum​.org) swiss​-image​.ch/​Photo by Remy Steinegger)

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