Polit-Eli­ten am Abgrund: Jetzt rächen sich die Sün­den der Vergangenheit

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Die Mani­pu­la­ti­on von Wirt­schafts­nach­rich­ten aus poli­ti­scher Zweck­mä­ßig­keit ist nicht neu. Der­zeit ver­sucht die Biden-Regie­rung in den USA, den Begriff »Rezes­si­on« aus dem Dis­kurs zu ver­ban­nen. Und in Ber­lin gau­keln die Polit-Eli­ten dem Volk vor, alles im Griff zu haben. Dabei steu­ern sie ziel­ge­nau auf den Abgrund zu.

Wie sehr auch Wirt­schafts­nach­rich­ten inzwi­schen mani­pu­liert und geschönt wer­den, zei­gen die aktu­el­len Bemü­hun­gen der Biden-Admi­nis­tra­ti­on, die bevor­ste­hen­de Fest­stel­lung einer Rezes­si­on in den USA mit aller­lei lächer­li­chem Getö­se zu ver­hin­dern. Denn so kurz vor den Kon­gress­wah­len wäre das offi­zi­el­le Ein­ge­ständ­nis einer Rezes­si­on Gift für die Sie­ges­chan­cen von Bidens Demo­kra­ti­scher Par­tei im House of Repre­sen­ta­ti­ves, das im Novem­ber neu gewählt wird.

Da die Repu­bli­ka­ner ohne­hin bereits den Senat domi­nie­ren, wäre der aktu­ell ziem­lich wahr­schein­li­che Ver­lust der Mehr­heit im Reprä­sen­tan­ten­haus für die Demo­kra­ten eine schwe­re Schlap­pe. Das wür­de bedeu­ten, dass die Biden-Admi­nis­tra­ti­on die nächs­ten zwei Jah­re als »lah­me Ente« regie­ren müss­te. Und das aus­ge­rech­net zu einer Zeit, in der sich die wirt­schafts­po­li­ti­schen Sün­den der Ver­gan­gen­heit in Form von nicht berei­nig­ten Kri­sen und hem­mungs­lo­sem Geld­dru­cken durch die US-Zen­tral­bank zuneh­mend rächen.

Eine die­ser Sün­den, die sich jetzt mit Macht rächt, war die Erfin­dung der »Modern Mone­ta­ry Theo­ry (MMT)«, die Moder­ne Geld­theo­rie. Die­se MMT besag­te allen Erns­tes, dass die Zen­tral­ban­ken so viel Geld »dru­cken« könn­ten, bezie­hungs­wei­se so vie­le Staats­schul­den kau­fen und die Wirt­schaft mit so viel Liqui­di­tät über­flu­ten könn­ten, wie sie wol­len, ohne dass dies nega­ti­ve Fol­gen hät­te, zum Bei­spiel für die Infla­ti­on oder für die Ein­kom­mens­ver­tei­lung. Tat­säch­lich haben wir infol­ge die­ser MMT eine his­to­risch unge­kann­te Kon­zen­tra­ti­on immensen Reich­tums in den Hän­den von immer weni­ger Leu­ten gese­hen, wäh­rend die Mas­se der Men­schen, ein­schließ­lich des Mit­tel­stan­des, immer ärmer gewor­den ist!

Ein Pfei­ler die­ser im Wes­ten prak­ti­zier­ten Moder­nen Geld­theo­rie war bis vor weni­gen Mona­ten die Null-Zins-Poli­tik der US-Zen­tral­bank FED, wäh­rend die Euro­päi­sche Zen­tral­bank EZB bis vor weni­gen Tagen eine noch radi­ka­le­re Poli­tik der nega­ti­ven Zin­sen durch­ge­setzt hat­te. Aktu­ell düm­pelt das Zins-Niveau der EZB bei null – und das bei neun Pro­zent Infla­ti­on in der Euro­päi­schen Uni­on. In den USA ist die Dif­fe­renz zwi­schen Infla­ti­on und Zin­sen etwas gerin­ger und liegt bei 7,5 Prozent.

Die direk­ten Fol­gen die­ser Ent­wick­lung sind gewal­ti­ge Kauf­kraft­ver­lus­te, vor allem für die unte­ren Ein­kom­mens­be­zie­her, denn die Preis­stei­ge­run­gen in den Berei­chen Mie­te, Trans­port­kos­ten und Lebens­mit­tel lie­gen weit über der durch­schnitt­lich errech­ne­ten BIP-Infla­ti­ons­ra­te von acht bis neun Pro­zent. Aber genau für die­se hoch-infla­tio­nä­ren Güter und Dienst­leis­tun­gen geben Gering­ver­die­ner in den USA und der EU den Groß­teil ihres Ein­kom­mens aus.

Mit der frag­wür­di­gen, wenn nicht sogar kri­mi­nel­len Moder­nen Geld­theo­rie woll­ten die west­li­chen Regie­rungs­öko­no­men angeb­lich ihre Län­der aus den Kri­sen füh­ren, die mit der Ban­ken­kri­se 2007/2008 begon­nen hat­ten und sich anschlie­ßend zu einer all­ge­mei­nen Finanz- und Staats­schul­den­kri­se aus­ge­wei­tet hat­ten. Beglei­tet wur­de dies von einem schwe­ren, glo­ba­len Ein­bruch der rea­len Wirt­schaft. Von die­sen Kri­sen hat sich der Wes­ten bis heu­te nicht erholt. Im Gegen­teil; er sitzt heut tie­fer im Morast als 2007/2008. In den nach­fol­gen­den Jah­ren wur­den die schwe­ren wirt­schaft­li­chen Ver­wer­fun­gen in den west­li­chen Län­dern zwar durch unge­hemm­tes Geld­dru­cken über­tüncht, aber die struk­tu­rel­len Pro­ble­me haben sich zugleich immer tie­fer in die wirt­schaft­li­che Sub­stanz des Wes­tens hineingefressen.

Vor die­sem Hin­ter­grund sind die aktu­el­len Mel­dun­gen aus den USA dazu, ob das Land in einer Rezes­si­on steckt, nicht ver­wun­der­lich. Regel­recht belus­ti­gend ist, wie jetzt Regie­rungs­öko­no­men an der Defi­ni­ti­on des Begriffs »Rezes­si­on« bas­teln, um das böse Wort nicht benut­zen zu müs­sen. Das hat mich an einen alten Witz aus der Zeit erin­nert, als Mag­gie That­cher noch bri­ti­sche Pre­mier­mi­nis­te­rin war.

Die Pre­mier­mi­nis­te­rin That­cher brauch­te drin­gend einen neu­en Chef-Öko­nom. Drei Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler waren in die enge­re Wahl für den Job gekom­men. Beim Vor­stel­lungs­ge­spräch stell­te Frau That­cher dem ers­ten Kan­di­da­ten die Fra­ge: »Wie viel ist zwei und zwei?« Die Ant­wort lau­te­te »vier«. Frau That­cher hak­te nach: »UND«. Die Ant­wort lau­te unver­än­dert: »Ja, vier, was sonst«. Er durf­te gehen.

Dem zwei­ten Kan­di­da­ten stell­te Frau That­cher die­sel­be Fra­ge: »Wie viel ist zwei und zwei?« Dies­mal lau­te­te die Ant­wort »vier, es könn­te aber auch 22 sein«. Wie­der hak­te Frau That­cher mit einem »UND« nach. Aber auch die­ser Kan­di­dat hat­te dem nichts hinzuzufügen.

Der drit­te Kan­di­dat ant­wor­te­te auf die­sel­be Fra­ge eben­falls mit »vier oder 22«. Erneut hak­te Frau That­cher mit ihrem »UND« nach. Kan­di­dat drei zöger­te einen Moment und hat­te dann ver­stan­den. Die Ant­wort, die ihm die Posi­ti­on des Chef-Öko­no­men der Pre­mier­mi­nis­te­rin bescher­te, lautete:

Zwei und zwei kön­nen vier, aber auch 22 sein. Zwei und zwei kön­nen aber auch drei oder fünf oder 27 sein, ganz wie Sie, Frau Pre­mier­mi­nis­te­rin, das Ergeb­nis haben wollen.

Die Fähig­keit der Chef-Öko­no­men der Regie­run­gen der west­li­chen Welt aus »zwei und zwei« fünf oder 27 zu machen, steht der­zeit beson­ders hoch im Kurs. Denn vor dem Hin­ter­grund der schwe­ren wirt­schaft­li­chen Pro­ble­me in den Län­dern der ver­fau­len­den west­li­chen Wer­te­ge­mein­schaft muss man den Men­schen Sicher­heit kom­mu­ni­zie­ren, um Unru­hen zu ver­mei­den. Man braucht wis­sen­schaft­li­che Alche­mis­ten, die Mist wie Gold aus­se­hen las­sen. Und ein guter Regie­rungs­volks­wirt beherrscht die­se hohe Kunst. Sie kön­nen aus einem häss­li­chen Hän­ge­bauch­schwein, das sich won­nig im Morast hoher Infla­ti­ons­ra­ten, zer­bro­che­ner Lie­fer­ket­ten und kata­stro­pha­ler Ener­gie­kri­sen suhlt, mit etwas Lip­pen­stift und Make-up ein anzie­hen­des Kuschel­tier zaubern.

Da ich selbst einen Uni­ver­si­täts­ab­schluss in Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten habe und auch noch »poli­ti­sche Öko­no­mie« stu­diert habe, die heu­te in unse­rer neo­li­be­ra­len Ära nicht mehr gelehrt wird, weiß ich, wovon ich spre­che. Anders als in der Mathe­ma­tik, wo es für zwei plus zwei nur eine Lösung gibt, ist zum Bei­spiel in den Wis­sen­schaf­ten, die sich mit der Juris­te­rei oder der Wirt­schaft beschäf­ti­gen, alles mög­lich. Es kommt nur auf die jewei­li­ge Defi­ni­ti­on an und schon bekommt man das gewünsch­te Ergeb­nis. Da kann aus einem posi­ti­ven Resul­tat ein nega­ti­ves wer­den oder umge­kehrt. Es ist wie bei einem Fuß­ball­spiel, bei dem man wäh­rend des Spiels das eige­ne Tor ver­klei­nert. In die­ser Kunst, Defi­ni­tio­nen poli­tisch ziel­ge­rich­tet zu ver­än­dern, um der jewei­li­gen Poli­tik der Herr­schen­den zu die­nen, kann­ten sich Juris­ten bereits in vor-römi­schen Zivi­li­sa­tio­nen aus. Die Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler haben die­ses Geschick erst in den letz­ten zwei Jahr­hun­der­ten perfektioniert.

Der­zeit arbei­ten in den USA gan­ze Heer­scha­ren von Öko­no­men der Regie­rung und der US-Zen­tral­bank FED dar­an, mit einem neu­en »Defi­ni­ti­ons-Lip­pen­stift« das häss­li­che War­zen­schwein der Gat­tung »Rezes­si­on« auf­zu­hüb­schen, um es dann mög­lichst ganz aus dem Stra­ßen­bild der US-Haupt­stadt ver­schwin­den zu las­sen. Dabei wer­den sie von den »Pres­sti­tu­ier­ten«, die Prä­si­dent Biden und sei­ner Demo­kra­ti­schen Par­tei nahe­ste­hen, in den Medi­en nach Kräf­ten unterstützt.

So ist es durch­aus mög­lich, dass die Rezes­si­on, die nach der bis­he­ri­gen Defi­ni­ti­on in den USA bereits ein­ge­tre­ten ist, schon bald als »Fake News« abge­tan wird und der wirt­schaft­li­che Nie­der­gang in den USA, eben­so wie die hohen Infla­ti­ons­ra­ten nicht wirk­lich exis­tie­ren, son­dern nur »gefühlt sind«.

Die­se krank­haf­te Ver­wei­ge­rung der Rea­li­tät, der Unwil­le, die Welt so wahr­zu­neh­men, wie sie ist, ist sym­pto­ma­tisch für die Biden-Admi­nis­tra­ti­on. Das hat nicht nur zu einer Ver­schär­fung der außen­po­li­ti­schen Kri­sen und zur nach­hal­ti­gen Schwä­chung von Washing­tons glo­ba­ler Posi­ti­on geführt, son­dern die Ver­ei­nig­ten Staa­ten auch innen­po­li­tisch und wirt­schaft­lich destabilisiert.

Aber nun zur her­kömm­li­chen Defi­ni­ti­on der »Rezes­si­on« und zu dem Zau­ber­trick, mit dem das Wei­ße Haus jetzt ver­sucht, sie aus der öffent­li­chen Wahr­neh­mung ver­schwin­den zu lassen.

Der Begriff »Rezes­si­on« ist in den USA seit Jahr­zehn­ten wie folgt defi­niert: »Eine Peri­ode des vor­über­ge­hen­den wirt­schaft­li­chen Nie­der­gangs, in der der Han­del und die Indus­trie­tä­tig­keit zurück­ge­hen, was im All­ge­mei­nen durch einen Rück­gang des BIP in zwei auf­ein­an­der­fol­gen­den Quar­ta­len gekenn­zeich­net ist«.

Dar­über hat es in der US-Finanz­welt und Wirt­schaft nie eine Debat­te gege­ben, auch nicht zwi­schen den bei­den gro­ßen poli­ti­schen Par­tei­en, den Demo­kra­ten und den Republikanern.

Aber Joe Bidens Wei­ßes Haus, das in weni­ger als 2 Jah­ren sehen­den Auges in mehr Kata­stro­phen gestol­pert ist als unter einem sei­ner Vor­gän­ger, will nun auch die »Tor­pfos­ten« der Defi­ni­ti­on von Rezes­si­on ver­schie­ben. Dazu wur­de vor weni­gen Tagen mit der Auto­ri­tät des abso­lut ver­trau­ens­wür­di­gen Wei­ßen Hau­ses eine Pres­se­an­wei­sung erteilt, um die läs­ti­gen »Des­in­for­ma­tio­nen«, die in letz­ter Zeit die Run­de machen, dass näm­lich die USA in einer Rezes­si­on ste­cken, ein für alle Mal zu unterbinden.

Zu die­sem Zweck ver­öf­fent­lich­te letz­te Woche der »Bei­rat der Wirt­schafts­be­ra­ter des Wei­ßen Hau­ses« auf sei­nem Inter­net-Blog ein Posi­ti­ons­pa­pier unter dem Titel: »Wie bestim­men Öko­no­men, ob sich die Wirt­schaft in einer Rezes­si­on befin­det?« Das Papier beginnt mit der Begriffsklärung:

Was ist eine Rezes­si­on? Wäh­rend eini­ge behaup­ten, dass zwei auf­ein­an­der­fol­gen­de Quar­ta­le mit sin­ken­dem rea­lem BIP eine Rezes­si­on dar­stel­len, ist dies weder die offi­zi­el­le Defi­ni­ti­on noch die Art und Wei­se, wie Öko­no­men den Zustand des Kon­junk­tur­zy­klus bewerten.

Und dann ver­schie­ben Bidens Öko­no­men unter Vor­täu­schung von mehr »Wis­sen­schaft­lich­keit« die Tor­pfos­ten und füh­ren ihre neue Gum­mi-Defi­ni­ti­on ein. Da heißt es nun:

Statt­des­sen ruhen sowohl die offi­zi­el­len Bestim­mun­gen über Rezes­sio­nen als auch die Ein­schät­zung der Wirt­schafts­tä­tig­keit durch die Öko­no­men auf einem ganz­heit­li­chen Blick, näm­lich auf den Daten – ein­schließ­lich denen des Arbeits­mark­tes, der Kon­sum- und Unter­neh­mens­aus­ga­ben, der Indus­trie­pro­duk­ti­on und der Ein­kom­men. Basie­rend auf die­sen Daten ist es unwahr­schein­lich, dass der Rück­gang des BIP im ers­ten Quar­tal die­ses Jah­res – selbst wenn ihm im zwei­ten Quar­tal ein wei­te­rer Rück­gang des BIP folgt – auf eine Rezes­si­on hindeutet.

Es folgt noch etwas Bla­bla und das Jon­glie­ren mit Ent­wick­lun­gen aus­ge­such­ter Wirt­schafts­in­di­ka­to­ren, die dank ihrer geschick­ten Prä­sen­ta­ti­on in eine posi­ti­ve Rich­tung deu­ten. Fol­ge­rich­tig endet das Papier mit der zu erwar­ten­den Schluss­fol­ge­rung, dass der­zeit nichts auf einen gesamt­wirt­schaft­li­chen Abschwung in den USA hin­deu­tet. Wört­lich heißt es:

Die Wahr­schein­lich­keit einer Rezes­si­on ist nie­mals gleich null, aber die Trends in den Daten der ers­ten Hälf­te die­ses Jah­res, die zur Bestim­mung einer Rezes­si­on ver­wen­det wer­den, deu­ten nicht auf einen Abschwung hin.

Die poli­ti­sche Debat­te um den Begriff »Rezes­si­on« ist nicht neu. Bereits im Janu­ar 2008, als die Ban­ken­kri­se und die Rezes­si­on längst begon­nen hat­ten, erklär­te der dama­li­ge Fed-Vor­sit­zen­de Ben Ber­nan­ke, dass »die Fede­ral Reser­ve der­zeit kei­ne Rezes­si­on pro­gnos­ti­ziert«. Im Juni 2008 unter­strich er dann, dass »das Risi­ko, dass die Wirt­schaft in einen erheb­li­chen Abschwung ein­ge­tre­ten ist, im letz­ten Monat oder so abge­nom­men zu haben scheint.« Und noch im August 2008 bestritt Ber­nan­ke, »dass eine Rezes­si­on im Gan­ge« sei. Natür­lich sag­te er all das, weil es damals wie heu­te die poli­ti­sche Zweck­mä­ßig­keit ver­lang­te. Aus dem glei­chen Grund woll­te auch die der­zei­ti­ge US-Finanz­mi­nis­te­rin und ehe­ma­li­ge Fed-Che­fin Janet Yel­len das Wort »Rezes­si­on« aus dem öffent­li­chen Dis­kurs ver­ban­nen, als sie sich am Diens­tag die­ser Woche in einem Inter­view auf »Meet the Press« gegen die gän­gi­ge Defi­ni­ti­on von »Rezes­si­on« aussprach.

Aber egal, wie die­se Dis­kus­si­on um den Begriff »Rezes­si­on« in Washing­ton aus­geht, zwei­fel­los befin­det sich die »Biden-Wirt­schaft« im Nie­der­gang. Der ein­fa­che ame­ri­ka­ni­sche Arbei­ter braucht kei­ne Wort­spie­le­rei, um zu ver­ste­hen, dass die Infla­ti­on die Lohn­er­hö­hun­gen bei­wei­tem über­steigt. Es bedarf kei­ner »offi­zi­el­len« Rezes­si­ons-Erklä­rung, um zu erken­nen, dass der Lebens­stan­dard in den USA sinkt, dass die Nah­rungs­mit­tel- und Miet­in­fla­ti­on mehr Ame­ri­ka­ner zwingt, Kre­dit­kar­ten­schul­den anzu­häu­fen und ver­stärkt von Erspar­nis­sen zu leben, die eigent­lich zur Alters­vor­sor­ge gedacht waren.

Tat­säch­lich aber ruht das Wirt­schafts­sys­tem der USA sowie das des gan­zen Wes­tens längst nicht mehr auf star­ken Säu­len, son­dern auf immer höhe­ren und wack­li­ge­ren Stel­zen, die jeder­zeit bei einem unvor­her­ge­se­he­nen Schock zusam­men­bre­chen kön­nen. Auch die west­li­chen Eli­ten in Wirt­schaft und Poli­tik wis­sen das, auch dass es aus die­ser Situa­ti­on kei­nen guten Aus­weg gibt. Die Kata­stro­phe ist unaus­weich­lich. Es ist kei­ne Fra­ge des »Ob«, son­dern nur noch eine des »Wann«. Und das Wann wird mit jedem Tag wahr­schein­li­cher. Ein selbst­kri­ti­scher Insi­der der US-Finanz­in­dus­trie hat­te die­se Situa­ti­on vor eini­ger Zeit wie folgt beschrieben:

Alle Hedge­fonds-Mana­ger wis­sen, dass sie auf dem Musik­deck der Tita­nic tan­zen. Sie ken­nen das Schick­sal des Schif­fes. Aber solan­ge die Musik spielt, machen sie gro­ßes Geld. Des­halb müs­sen sie mit­tan­zen, denn wer Vor­sicht wal­ten lässt und abseits­steht, macht nicht die gro­ßen Gewin­ne, die die ande­ren machen und wird des­halb vom Sys­tem bestraft, indem er zum Bei­spiel sei­nen Job ver­liert. Da jedoch alle Tän­zer die wach­sen­de Gefahr ken­nen, ver­sucht jeder mög­lichst nahe am Aus­gang zu tan­zen, um beim gerings­ten Anzei­chen des Zusam­men­sto­ßes mit dem Eis­berg als Ers­ter in einem der Ret­tungs­boo­te zu sitzen.

Nur ein Bruch­teil der Geld­ver­mö­gen in den Hän­den der Rei­chen, das sich zu einer kolos­sa­len Bla­se auf­ge­bläht hat, konn­te in rea­le Wer­te, wie Immo­bi­li­en, Wert­pa­pie­re, Edel­me­tal­le und Kunst­wer­ke, inves­tiert wer­den. Der Rest des Gel­des ist hei­ße Luft, für die die »Inves­to­ren« ver­zwei­felt nach lukra­ti­ven Anla­ge­mög­lich­kei­ten suchen und am liebs­ten noch die letz­ten Ver­mö­gens­wer­te von Staat und Gemein­den pri­va­ti­sie­ren möch­ten. Ein ande­rer Teil der Geld­bla­se hat an den Akti­en­bör­sen seit 2011 jedes Jahr für neue Höchst­stän­de gesorgt, trotz zuneh­men­der Kri­sen­stim­mung bei vie­len Anle­gern. Aktu­ell aber gibt es vie­le Hin­wei­se, dass auch die­se Bla­se bald plat­zen könnte.

Zu allem Über­fluss sind seit dem Früh­jahr 2020 noch eini­ge Kri­sen hin­zu­ge­kom­men. Die Coro­na-Lock­downs haben erlaubt, den Geld­hahn noch wei­ter auf­zu­dre­hen und Bil­lio­nen Dol­lar und Euros in das Sys­tem zu pum­pen. Der von den USA ange­zet­tel­te Han­dels­krieg gegen Chi­na hat eine gan­ze Rei­he zusätz­li­cher Lie­fer­ket­ten zer­stört. Und nicht zuletzt haben die dilet­tan­ti­schen west­li­chen Bume­rang-Sank­tio­nen gegen Russ­land zur aktu­el­len Ener­gie-Kri­se geführt. Letz­te­re hat das Zeug, der Wirt­schaft der EU-Län­der end­gül­tig den Tep­pich unter den Füßen wegzureißen.

Auch soll­te jeder Poli­ti­ker wis­sen, dass man den Wohl­stand eines Lan­des nicht mit Hil­fe der Zen­tral­bank her­bei­dru­cken kann. Zwar kön­nen cle­ve­re Öko­no­men dank inno­va­ti­ver Defi­ni­tio­nen den Leu­ten auf dem Papier vor­gau­keln, dass die Wirt­schaft und ihr Wohl­stand wächst. Aber am Ende merkt auch der Dümms­te, was los ist, wenn das Geld in der Tasche nicht mehr für das Not­wen­digs­te reicht.

Mit der Moder­nen Geld­theo­rie wur­de im Wes­ten das Gegen­teil von Wachs­tum und Wohl­stand erreicht. Kon­se­quent ver­su­chen daher die Finanz- und Polit­eli­ten den Tag der Abrech­nung mit immer neu­en Tricks und Täu­schungs­ma­nö­vern hin­aus­zu­schie­ben und uns von den eigent­li­chen Pro­ble­men unse­rer Gesell­schaft abzu­len­ken. Bis vor Kur­zem war es noch der abso­lut über­le­bens­not­wen­di­ge »Grü­ne Deal«, um das Kli­ma zu ret­ten. Ange­sichts der aktu­el­len Reak­ti­vie­rung von Koh­le­kraft­wer­ken hat die Kli­ma-Ret­tung für die Ampel­ko­ali­ti­on in Ber­lin aber offen­sicht­lich kei­ne Prio­ri­tät mehr.

Viel wich­ti­ger scheint es der Scholz-Regie­rung jetzt, dem deut­schen Bür­ger vor­zu­gau­keln, dass die poli­ti­sche Ent­schei­dung, rus­si­sche Ener­gie-Pro­duk­te zu sank­tio­nie­ren, ein mora­li­scher Genie­streich und kein kata­stro­pha­ler Feh­ler war. Und weil sie die­sen Feh­ler nicht ein­ge­ste­hen wol­len oder kön­nen, sind sie bereit, den Indus­trie­staat Deutsch­land auf dem Altar ihrer Arro­ganz und US-Hörig­keit zu opfern. Sie sind bereit, unse­re Gesell­schaft an den Rand des Abgrunds zu füh­ren, denn selbst der Intel­li­genz­bol­zen Baer­bock erwar­tet für die­sen Win­ter grö­ße­re Unru­hen im Land.

Wenn Gering­ver­die­ner und eine wach­sen­de Zahl Arbeits­lo­ser und ihre Fami­li­en ohne Aus­sicht auf Bes­se­rung wegen sin­ken­der Kauf­kraft nicht mehr in der Lage sind, sich hin­rei­chend zu ernäh­ren; und wenn gleich­zei­tig von ihnen ver­langt wird, aus Soli­da­ri­tät mit dem Geheim­dienst-Staat Ukrai­ne und des­sen erz­kor­rup­ter Selen­s­kij-Regie­rung im eige­nen Wohn­zim­mer zu frie­ren, dann sind auch die herr­schen­den Eli­ten in Deutsch­land zurecht um ihre Zukunft besorgt.

Um das Schlimms­te abzu­wen­den, hät­te die deut­sche Polit-Eli­te noch die Chan­ce, über ihren eige­nen Schat­ten zu sprin­gen und eine eigen­stän­di­ge Poli­tik zum Wohl des deut­schen Vol­kes zu machen, sich aus der west­li­chen Kriegs­front gegen Russ­land zu lösen und eine Wie­der­an­nä­he­rung mit Mos­kau zum gegen­sei­ti­gen Vor­teil zu ver­fol­gen. Aber wir haben in Ber­lin kei­ne sou­ve­rä­ne Regie­rung. Die aktu­el­le Bun­des­re­gie­rung hat – ihrem Ver­hal­ten nach zu urtei­len – ihren Amts­eid dar­auf geschwo­ren, die Inter­es­sen Washing­tons und der Ukrai­ne zu ver­tei­di­gen, auf Kos­ten des deut­schen Vol­kes. Die deut­schen Polit-Eli­ten wol­len ihre schreck­li­chen Feh­ler par­tout nicht ein­se­hen und ris­kie­ren damit im kom­men­den Win­ter, ent­spre­chend den von Anna­le­na Baer­bock befürch­te­ten unkon­trol­lier­ten Ent­wick­lun­gen per­sön­lich zur Ziel­schei­be des Volks­zorns zu werden.

Rai­ner Rupp ist Mit­glied des Bei­rats des Deut­schen Frei­den­ker-Ver­ban­des, von des­sen Web­site frei​den​ker​.org der Bei­trag über­nom­men wurde. 

Erst­ver­öf­fent­li­chung am 27.07.2022 auf RT DE.

Bild: Joe Biden, 2019. Foto: Gage Skid­mo­re from Peo­ria, AZ, USA, CC BY-SA 2.0, Quel­le: https://​com​mons​.wiki​me​dia​.org/​w​/​i​n​d​e​x​.​p​h​p​?​c​u​r​i​d​=​8​1​5​6​1​274

One thought on “Polit-Eli­ten am Abgrund: Jetzt rächen sich die Sün­den der Vergangenheit

  1. »Modern Mone­ta­ry Theo­ry« ist nicht das Pro­blem hier. Denn sie setzt eine mone­tä­re Sou­ve­rä­ni­tät des Staa­tes vor­aus, die bis­lang tat­säch­lich gar nicht rea­li­siert ist, son­dern die statt­des­sen der ver­meint­lich unpo­li­ti­schen Neu­tra­li­tät der Noten­ban­ken geop­fert wur­de. Ihnen gegen­über muss der Staat sei­ne Hand­lungs­fä­hig­keit (zurück)gewinnen. Dass das Pro­blem eines Poli­tik­wech­sels bei den poli­ti­schen Eli­ten liegt, erkennt der Arti­kel frei­lich richtig.

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