Kompetenzlos, opportunistisch, nationalistisch: Der Parteitag der Linken

Erinnert man sich an Parteitage von linken Organisationen und Parteien in den 70er und 80er Jahren, so kommen lange Reden von Parteivositzenden in Erinnerung, die sich zunächst ausgiebig mit der internationalen Situation beschäftigt haben, bevor die nationale Situation und zuletzt die Situation der Partei angesprochen wurde. Manchmal quälend für die Zuhörer, doch zeigt diese Reihenfolge, dass sich nationale linke Politik aus der internationalen Situation abzuleiten hat. Es ist das Primat der inhaltlichen Ausrichtung über persönliche Befindlichkeiten. So eine Herangehensweise hätte dem Parteitag der Linken gutgetan. Diese Chance, eine geopolitische Analyse voranzustellen, hat Janine Wissler schon am ersten Tag des Parteitags vertan. Zuerst geht es ihr um den Zustand der Partei. Schon in den ersten Sätzen spricht sie über den schlechten Zustand der Partei der Linken, der zu ändern wäre. Aber warum? Die Themen, die sie aufzählt, Opposition zur Ampelregierung, sozialistische Gerechtigkeitspartei, steigende Preise und Mieten, prekäre Arbeit, Aufrüstung scheinen wieder einmal nur als Vehikel, um die Partei zu stärken. Damit reiht sich die Partei die Linke in das bürgerliche Parteienspektrum von Parteien, die in erster Linie sich selbst optimieren, ein. Das wird noch unterstrichen mit der Erwähnung drohender materieller Verluste, sofern die Wähler wegbleiben. Stellen, die abgebaut werden müssten, die Rosa‐​Luxemburg‐​Stiftung, die nicht mehr gehalten werden könnte usw. Opportunismus und das Streben nach Machterhalt sind die Antriebskräfte dieser Partei.

Ganz peinlich wird es, wenn die linke Jugend vor laufender Kamera, vom Parteitag bejubelt, mit Masken im Gesicht, sexuelle Belästigungen junger Frauen vorträgt und sexualisierte Diskriminierung von Frauen beklagt. Ein Thema, das, wie einige Redner anmerkten, Ausdruck einer gesellschaftlichen Realität ist. Nur die Aufarbeitung sollte intern stattfinden. Allein die Tatsache, dass Betroffene ihr Anliegen über die bürgerliche Presse adressiert haben, ist parteischädigend. Junge Frauen, deren wichtigstes Problem ist, bei der Besetzung von Pöstchen diskriminiert zu werden, passen zu einer Partei von Karrieristen.

Dreißig Prozent der Delegierten tragen Masken. Eine Helferin desinfiziert die Saalmikros. Während in großen Teilen Europas die Pandemie vorbei ist, wird sie in der Partei die Linke gehütet wie ihr Augapfel. Wer den Blick nicht in die Welt richtet, kann nicht sehen, was in anderen Ländern passiert. Passend dazu die Forderung nach neuen Schulden. Sich über steigende Preise beklagen und gleichzeitig die Weiterführung der expansiven Geldpolitik fordern, zeigt die ökonomische Inkompetenz in dieser Partei. Auch als Linker kommt man an ökonomischen Grundgesetzen nicht vorbei, wonach eine Ausweitung der Geldmenge bei gleichbleibenden oder, wie in der aktuellen Situation, verringertem Ressourcen‐ und Warenangebot zu Inflation führt. Mainzelmännchen‐​Ökonomie: Ich male mir das Geld und schneide es aus.

Mit Blick auf den Ukrainekrieg geht das nationalistische, opportunistische Lavieren weiter. Es wäre ein russischer Angriffskrieg. Es gäbe zwar eine Vorgeschichte, nur dass diese nicht zu diesem Krieg berechtige. Solidarität mit den Menschen in der Ukraine stehe im Mittelpunkt. Waffenlieferungen in die Ukraine lehnen sie ab und auch das Sondervermögen für die Erhöhung der Rüstungsausgaben. Sanktionen ja, aber nur für die Oligarchen, nicht solche, die uns weh tun.

Die Partei die Linke ist eine Partei bei der es ums Fressen der Deutschen geht. Das ist aber nur die halbe Miete linker Politik. Es fehlt internationale Solidarität. Es fehlt eine Vision für eine sozialistische Welt, in der alle Menschen in Frieden miteinander leben können, in der der Imperialismus der Globalkonzerne abgeschafft ist, in der die Ausbeutung der Länder in Süd‐ und Mittelamerika, Afrika, Asien überwunden ist, in der die Länder gleichberechtigt miteinander agieren ohne von US‐​Imperialismus und IWF erpresst und unterdrückt zu werden. Die Partei der Linken sieht nicht, dass die Auseinandersetzung in der Ukraine zu einer Veränderung der geopolitischen Kräfteverhältnisse führt oder führen kann. Da sind die Teilnehmer beim G7‐​Gipfel in Elmau weiter. Manfred Weber sagte im Interview im ZDF: »Wenn die Ukraine fällt, werden sich ‚autokratische‘ Länder in der Welt sich abwenden und anders organisieren.«

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