Die Auf­ar­bei­tung der Coro­na-Ver­gan­gen­heit und ihre Tabus

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Die Auf­ar­bei­tung der Pan­de­mie­maß­nah­men stößt auf wenig Gegen­lie­be in der Poli­tik, obwohl sie gesetz­lich vor­ge­ge­ben ist. – Es dro­hen eine anhal­ten­de Trau­ma­ti­sie­rung der Gesell­schaft und ein wei­te­rer Ver­lust an huma­ner und demo­kra­ti­scher Substanz.

Daß die viel­zi­tier­te Auf­ar­bei­tung der Ver­gan­gen­heit (…) nicht gelang und zu ihrem Zerr­bild (…) aus­ar­te­te, rührt daher, dass die objek­ti­ven gesell­schaft­li­chen Vor­aus­set­zun­gen fort­be­stehen, die den Faschis­mus zei­tig­ten. (…) Die öko­no­mi­sche Ord­nung (…) ver­hält nach wie vor die Majo­ri­tät zur Abhän­gig­keit von Gege­ben­hei­ten, über die sie nichts ver­mag, und zur Unmündigkeit.

Theo­dor W. Ador­no, Was heißt: Auf­ar­bei­tung der Ver­gan­gen­heit?, 1959

Das Ver­gan­ge­ne ist nicht tot; es ist nicht ein­mal vergangen.

Wil­liam Faulkner

»Was bedeu­tet: Auf­ar­bei­tung der Ver­gan­gen­heit?»1, frag­te der Phi­lo­soph Theo­dor W. Ador­no 1959. Als »Schlag­wort« gebraucht, bemän­gelt Ador­no, bedeu­te »Auf­ar­bei­tung der Ver­gan­gen­heit nicht (…), dass man das Ver­gan­ge­ne im Ernst ver­ar­bei­te, um sei­nen Bann zu bre­chen durch hel­les Bewusst­sein.« Es gel­te: »Im Hau­se des Hen­kers soll man nicht vom Strick reden.« Ador­nos Kom­men­tar zur Hal­tung der den brau­nen Muff ja kon­ser­vie­ren­den Ade­nau­er­zeit, es müs­se ein Schluß­strich unter die Auf­ar­bei­tung der Nazi-Ver­gan­gen­heit gesetzt werden:

Der Ges­tus, es sol­le alles ver­ges­sen und ver­ge­ben sein, der dem­je­ni­gen anstün­de, dem Unrecht wider­fuhr, wird von den Par­tei­gän­gern derer prak­ti­ziert, die es begingen.

Ange­sichts des meist namen­los blei­ben­den Unrechts, der Beschä­di­gun­gen und des Leids, das vie­len Men­schen durch sinn­lo­se oder unver­hält­nis­mä­ßi­ge, nicht evi­denz­ba­sier­te Coro­na-Maß­nah­men, die in ihrer Gesamt­heit als über­zo­gen und über­grif­fig bezeich­net wer­den müs­sen, wider­fuhr, klin­gen Ador­nos Gedan­ken in uns Zeit­ge­nos­sen eines neu­en Zeit­al­ters – dem Zeit­al­ter der »pan­de­mi­schen« Angst – nach und las­sen auf­hor­chen. Wäh­rend sich näm­lich die Behand­lungs- und Todes­zah­len des Virus im sta­tis­tisch für Infek­ti­ons­er­kran­kun­gen der obe­ren Atem­we­ge erwart­ba­ren Rah­men hiel­ten, muss inzwi­schen davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass die soge­nann­ten poli­tisch zu ver­ant­wor­te­ten Kol­la­te­ral­schä­den die durch das Virus selbst her­vor­ge­ru­fe­ne Anzahl an Opfern bei wei­tem übersteigen.

Nicht nur bei den gesund­heit­li­chen und sozia­len Ver­wer­fun­gen der Coro­na­po­li­tik im eige­nen Land, son­dern glo­bal ist die Situa­ti­on zuneh­mend kri­tisch zu nen­nen: Eine Stu­die der Nicht­re­gie­rungs-Orga­ni­sa­ti­on Alli­ance 2015, die in 25 Län­dern des glo­ba­len Südens durch­ge­führt wur­de, stell­te fest, dass heu­te neun von zehn Men­schen im glo­ba­len Süden ärmer als vor der Pan­de­mie sind. Für fast die Hälf­te der Befrag­ten haben Qua­li­tät und Quan­ti­tät ihrer Ver­sor­gung mit Lebens­mit­teln seit­dem abgenommen.

»Der Ver­lust von Ein­kom­men hat ver­hee­ren­de Kon­se­quen­zen, denn Ein­kom­mens­aus­fäl­le wer­den in vie­len Län­dern des Glo­ba­len Südens nicht (…) auf­ge­fan­gen. Für ärme­re Men­schen bedeu­tet der Ver­lust von Arbeit, dass sie sich und ihre Fami­lie nicht mehr ernäh­ren kön­nen – und hun­gern«, erläu­tert die Welt­hun­ger­hil­fe die Stu­die in einem Blog-Bei­trag vom Febru­ar 2021.2

Seit­dem hat sich die Situa­ti­on der Armen und Ärms­ten wei­ter ver­schlech­tert. So ging die UN-Welt­ernäh­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on (FAO) im Juli 2021 davon aus, dass zwi­schen 80 bis 130 Mil­lio­nen Men­schen welt­weit durch die Coro­na-Pan­de­mie in den Hun­ger getrie­ben wür­den. Die Welt­bank rech­net mit einem Plus von 150 Mil­lio­nen Men­schen, die durch die Fol­gen der Pan­de­mie in extre­me Armut gera­ten.3

Hin­zu kommt dra­ma­ti­scher­wei­se jetzt noch die durch die west­li­chen Sank­tio­nen gegen Russ­land stei­gen­de Nah­rungs­mit­tel­knapp­heit in Fol­ge von Export­stopps und Lie­fer­ket­ten­un­ter­bre­chun­gen. Auch die star­ke Ver­teue­rung von Nah­rungs­mit­tel­prei­sen durch Spe­ku­la­ti­on, die zyni­scher­wei­se die ange­spann­te Situa­ti­on aus­nutzt, um hier­aus Pro­fit zu schla­gen, lässt sozia­le Unru­hen und Hun­ger­auf­stän­de in armen Län­dern erwarten.

Auf der ande­ren Sei­te hat eine klit­ze­klei­ne Grup­pe der Welt­be­völ­ke­rung, die Super­rei­chen, von der Coro­na-Pan­de­mie in sagen­haf­tem Umfang pro­fi­tiert. Die reichs­ten Män­ner der Welt ver­dop­pel­ten im Schnitt im Zeit­raum zwi­schen März 2020 und Novem­ber 2021 ihren Reich­tum.4 Ins­be­son­de­re die Phar­ma-und die Digi­tal­in­dus­trie konn­ten exor­bi­tan­te Gewin­ne ein­fah­ren. Die Lock­downs erwie­sen sich als bis­lang effek­tivs­te Kata­ly­sa­to­ren für die Ver­mö­gens­um­ver­tei­lung von unten nach oben. Wenn jetzt schon wie­der, z.B. wie jüngst vom Coro­na-Exper­ten­rat der Bun­des­re­gie­rung durch sei­nen Vor­sit­zen­den Heyo Kroe­mer , aber­ma­lig Lock­downs für die Zukunft nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, soll­te man das cui bono? die­ses Mit­tels und sei­ner schock­stra­te­gi­schen Bedeu­tung für den »Klas­sen­kampf von oben« (War­ren Buf­fett) viel offen­si­ver als bis­lang öffent­lich dage­gen ins Feld führen.

Ador­nos ein­präg­sa­me Dia­gno­se for­dert – neu gele­sen unter dem Ein­druck der Fol­gen der von mäch­ti­gen Glo­bal Gover­nan­ce-Akteu­ren syn­chro­ni­sier­ten und welt­weit durch­ge­setz­ten Maß­nah­men eines (ver­meint­li­chen) pan­de­mi­schen Not­stan­des – gera­de­zu zum Ver­gleich mit unse­rer jüngs­ten Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart her­aus, in der die Hydra des Tota­li­ta­ris­mus wie­der ihre Häup­ter erhebt. Denn nahe­zu über­all in der Welt wur­den Grund­rech­te beschnit­ten, Mei­nungs­frei­heit und Demo­kra­tie geschwächt und neue Über­wa­chungs-und Kon­troll­struk­tu­ren eta­bliert. Ador­nos damals geäu­ßer­te Gedan­ken und Fra­gen erwei­sen sich die­ser Tage, wo laut Nor­bert Härings pro­fun­der Ana­ly­se das »End­spiel des Kapi­ta­lis­mus« begon­nen hat, wie­der von gro­ßer Bri­sanz. Die For­de­run­gen nach Auf­ar­bei­tung des Faschis­mus des 20. Jahr­hun­derts und heu­te die nach Auf­ar­bei­tung der Poli­tik des Aus­nah­me­zu­stan­des – die Pan­de­mie­po­li­tik wur­de von den digi­tal-und finanz­ka­pi­ta­lis­ti­schen Eli­ten im Kon­text der Plä­ne für eine »Neue Welt­ord­nung« als ein Mit­tel zur Durch­set­zung ihrer Agen­da 2030 ergrif­fen – ste­hen klar im Ver­hält­nis einer his­tor­Gun­nar Kai­ser, Der Kult. Über die Vira­li­tät des Bösen, Mün­chen 2022. Kai­ser zitiert als Mot­to sei­nes Buches Erich Fromm, ein Zitat, wel­ches ich hier ger­ne wie­der­ge­ben möch­te, da es auch den gedank­lich-the­ti­schen Zusam­men­hang mei­nes Tex­tes reflektiert:

Der Orga­ni­sa­ti­ons­mensch hat die Fähig­keit zum Unge­hor­sam ver­lo­ren, er merkt nicht ein­mal mehr, dass er gehorcht. An die­sem Punkt der Geschich­te könn­te mög­li­cher­wei­se allein die Fähig­keit zu zwei­feln, zu kri­ti­sie­ren und unge­hor­sam zu sein, über die Zukunft für die Mensch­heit oder über das Ende der Zivi­li­sa­ti­on entscheiden.

Das Zitat Fromms zeigt m.E. für unse­ren Kon­text gut, wenn­gleich ver­mit­telt, wie wich­tig eine seriö­se Auf­ar­bei­tung der Pan­de­mie­po­li­tik für die Wie­der­erlan­gung psy­chi­scher Gesund­heit wäre, weil sie den Men­schen die Mög­lich­keit eröff­nen wür­de, sie in ihren Stör­ge­füh­len, die wohl doch vie­le wäh­rend des Maß­nah­men­re­gimes, vor allem bezo­gen auf das Social Distancing, die Mas­ken­pflicht und die Lock­downs emp­fun­den haben, nach­träg­lich ernst zu neh­men, und zwar dahin­ge­hend, dass ihre durch Stör­ge­füh­le sich arti­ku­lie­ren­den Vor­be­hal­te gegen­über dem Gehor­sam, den Fromm hier für den »moder­nen Orga­ni­sa­ti­ons­men­schen« pro­ble­ma­ti­siert und sei­ne dar­in sich aus­drü­cken­den Zwei­fel durch eine gesell­schaft­lich nach­ge­schal­te­te, die sub­jek­ti­ven Erfah­run­gen objek­ti­vie­ren­de Refle­xi­ons- und Bewer­tungs­in­stanz gewis­ser­ma­ßen ex post als intui­tiv rich­tig, ange­mes­sen und ver­nünf­tig aner­kannt würden.ischen Kon­ti­nui­tät. Der Schrift­stel­ler, Phi­lo­soph und Blog­ger Gun­nar Kai­ser nennt daher das, was Ador­no in Tex­ten wie »Was bedeu­tet: Auf­ar­bei­tung der Ver­gan­gen­heit« umkreist, in sei­nem Buch »Der Kult« im Unter­ti­tel auch: Die Vira­li­tät des Bösen.5 Ador­no setzt sich mit die­sem Phä­no­men u.a. in die­ser zen­tra­len Text­aus­sa­ge auseinander:

Der Natio­nal­so­zia­lis­mus lebt nach, und bis heu­te wis­sen wir nicht, ob bloß als Gespenst des­sen, was so mons­trös war, dass es am eige­nen Tod noch nicht starb, oder ob es gar nicht erst zum Tode kam; ob die Bereit­schaft zum Unsäg­li­chen fort­west in den Men­schen wie in den Ver­hält­nis­sen, die sie umklammern.

Aus einem Radio-Gespräch mit Ador­no stam­men die Wor­te, an die ich, ange­sichts der Drift der Demo­kra­tien in Rich­tung dik­ta­to­ri­scher Will­kür, wäh­rend der letz­ten zwei Jah­re immer wie­der den­ken muss­te. Sie lau­ten: »Ich fürch­te mich nicht vor der Rück­kehr der Faschis­ten in der Mas­ke der Faschis­ten, son­dern von der Rück­kehr der Faschis­ten in der Mas­ke der Demokraten.«

Ador­no äußer­te das eben­falls 1959.

Und heu­te?

Heu­te, im hit­zig-hys­te­ri­schen Can­cel-Cul­tu­re-Kli­ma des Jah­res 2022, hät­te Ador­no, groß­bür­ger­lich-jüdi­scher Sohn eines assi­mi­lier­ten Frank­fur­ter Wein­händ­lers, der 1934 mit dem Insti­tut für Sozi­al­for­schung vor den Nazis in die USA emi­grier­te, mit sol­chen State­ments selbst bes­te Chan­cen, als rechts­extre­mer und anti­se­mi­ti­scher Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker oder »Staats­de­le­gi­ti­mie­rer« gera­de­wegs ins Twit­ter-Fege­feu­er-Fanal geschickt zu werden.

Dabei wen­det er sich mit die­sem Satz ganz klar gegen die sei­ner Auf­fas­sung nach schlimms­te aller Rela­ti­vie­run­gen der Nazi-Gräu­el­ta­ten: ihre Musea­li­sie­rung. Wenn wir nichts mehr von dem, was in unse­rer Gegen­wart geschieht, mit dem Faschis­mus unse­rer Ver­gan­gen­heit ver­glei­chen dür­fen – was nicht »gleich­set­zen« heißt! – sind wir genau am Punkt die­ser Musea­li­sie­rung ange­langt. Dann ist der Faschis­mus kein Sta­chel mehr in unse­rem Fleisch, son­dern zur sakro­sankt kit­schig-spie­ßi­gen »Erin­ne­rungs­kul­tur« ent­schärft wor­den. Einer Erin­ne­rungs­kul­tur, die gera­de dazu anhält, uns nicht in Fra­ge zu stel­len und ja nicht unse­re geis­tig-mora­li­schen »Kom­fort­zo­nen« zu verlassen.

An die­ser Stel­le sei fest­ge­hal­ten: Das »Weh­ret den Anfän­gen!« scheint als Mah­nung nicht mehr hin­ein­zu­pas­sen in die Post­de­mo­kra­tie unse­rer Tage. Zu fra­gen wäre, ob und inwie­weit dies als Beleg genom­men wer­den muss, dass wir bereits über die­ses Sta­di­um hin­aus sind. Dies wür­de wie­der­um den Ein­satz erhö­hen, mit dem für eine Auf­ar­bei­tung argu­men­ta­tiv gekämpft wer­den müss­te. Das lie­ße sich wohl nur unter der Bedin­gung einer Bün­de­lung der frei­heit­li­chen-libe­ra­len, frei­heit­lich-kon­ser­va­ti­ven und vor allem frei­heit­lich-lin­ken Kräf­te unse­rer Gesell­schaft (und damit mei­ne ich die wirk­lich frei­heits­lie­ben­den, der Selbst­be­stim­mung durch den demo­kra­ti­schen Sou­ve­rän ver­pflich­te­ten »Über­zeu­gungs­tä­ter« die­ser Cou­leurs) sowohl inner- als natür­lich auch – ange­sichts der poli­ti­schen Ver­hält­nis­se – vor allem außer­par­la­men­ta­risch erfolg­reich hinbekommen.

Im Übri­gen ist es kein edi­to­ri­scher Zufall, son­dern zeugt von tie­fem und weit ver­zweig­tem Sinn, dass Ador­nos Ver­trag, der auf einer Kon­fe­renz von Päd­ago­gen gehal­ten wur­de, der Text ist, der sei­nen berühm­ten Suhr­kamp-Auf­satz­band »Erzie­hung zur Mün­dig­keit« ein­lei­ten sollte.

Es geht um Mün­dig­keit, gleich dop­pelt. Und zwar als Vor­aus­set­zung und als Ziel der gesell­schaft­li­chen Auf­ar­bei­tung. In punc­to Vor­aus­set­zung wäre kon­kret auf die aktu­el­le Situa­ti­on bezo­gen zu erör­tern: Wie kann Mün­dig­keit ange­sichts der ihr ent­ge­gen­ar­bei­ten­den par­tei­ischen gesell­schaft­li­chen Kräf­te, gegen die par­ti­ku­la­ren, aber über­mäch­ti­gen Inter­es­sen einer klei­nen Füh­rungs­schicht, den­noch erwor­ben, durch­ge­setzt und behaup­tet wer­den? Das ist eine ent­schei­den­de Fra­ge, die auch und im Beson­de­ren Ador­nos Den­ken durch­zieht. Nur durch Mün­dig­keit bzw. einer wirk­li­chen und wahr­haf­ten Erzie­hung zu die­ser, kön­nen letzt­lich die mäch­ti­gen, par­tei­isch-par­ti­ku­la­ren Inter­es­sen zum Woh­le aller ein­ge­hegt und viel­leicht auch über­wun­den wer­den. Die Ant­wort: Dazu bedarf es gemein­sa­mer Regeln. Die gemein­sa­men Regeln müs­sen stär­ker sein als das mäch­ti­ge Inter­es­se der Weni­gen. Sind sie es nicht oder wer­den sie vor­sätz­lich geschwächt, hin­ter­gan­gen oder aus­ge­he­belt, dann ist dem Faschis­mus Tür und Tor geöff­net – sofern es nicht recht­zei­tig erkannt, the­ma­ti­siert und (genug) Gegen­macht mobi­li­siert wird.

War­um Mün­dig­keit so wich­tig ist? Weil sie das Immun­sys­tem unse­rer Demo­kra­tie ist! Die Auf­ga­be der Mün­dig­keit (im dop­pel­ten Wort­sinn!) wäre daher auch das The­ma oder genau­er gesagt die offe­ne Wun­de, die uns die Coro­na-Kri­se hin­ter­lässt und die zu ihrer Auf­ar­bei­tung uns anhal­ten sollte.

Vor dem Hin­ter­grund der Erfah­run­gen mit den Maß­nah­men der Pan­de­mie­po­li­tik, die die Grund­rech­te, Par­ti­zi­pa­ti­on, Demo­kra­tie, die Regeln des gesell­schaft­li­chen Zusam­men­le­bens, unser Ver­ständ­nis von Gesund­heit, unse­re Hal­tung zum Tod und all­zu oft auch die eige­ne, fra­gi­le Lebens­pra­xis aus den Angeln geho­ben haben, neh­men die Gedan­ken und Fra­gen Ador­nos zur Auf­ar­bei­tung einer trau­ma­tisch fort­le­ben­den Ver­gan­gen­heit, aktu­el­le und beun­ru­hi­gen­de Gestalt an. Über die Dau­er von fast zwei­ein­halb Jah­ren konn­te über unse­re Köp­fe hin­weg ein Not­stands­re­gime die Kon­stan­ten unse­res Mensch­seins und (Selbst-)Vertrauens mit sol­cher Vehe­menz in Fra­ge stel­len, dass alles, was uns Halt und Ori­en­tie­rung gab, durch­ein­an­der­ge­wir­belt wur­de. Die dadurch aus­ge­lös­ten Erschüt­te­run­gen sind tief bis in die Ein­ge­wei­de und ins Mark unse­rer per­sön­li­chen, gesell­schaft­li­chen, kul­tu­rel­len und poli­ti­schen Ver­fas­sung ein­ge­drun­gen. Dort sol­len sie nun, folgt der Gang der Din­ge aber­mals den Inten­tio­nen und Wei­sun­gen der Mäch­ti­gen, das Sedi­ment für das bil­den, was von den Akteu­ren der Glo­bal Gover­nan­ce zur »neu­en Nor­ma­li­tät« erklärt wur­de und trans­na­tio­nal in Gestalt der Neu­en Welt­ord­nung (NWO) ver­bind­lich gemacht wer­den soll.

Zwar ist die von der WHO im März 2020 aus­ge­ru­fe­ne Pan­de­mie (vor­erst) fak­tisch vor­bei, auch wenn die Poli­tik, ins­be­son­de­re in Deutsch­land und in Öster­reich wei­ter ein star­kes Inter­es­se dar­an zeigt, in der Behaup­tung des Gegen­teils zu ver­har­ren. Offen­bar will man um jeden Preis ver­mei­den, den Panik-Modus und die damit weit­ver­brei­te­te Unsi­cher­heit in der Bevöl­ke­rung für been­det erklä­ren zu müs­sen. Eigent­lich müss­te das Pan­de­mie­en­de jetzt zur Ver­ar­bei­tung der (auf allen und allem las­ten­den) Kri­sen­er­fah­run­gen und zur Refle­xi­on der Kri­sen­fol­gen genutzt wer­den. Die­se haben eine gan­ze Men­ge an ver­meint­lich Selbst­ver­ständ­li­chem und wohl naiv für Immer-und Ewig-Gül­tig-Ange­nom­me­nes unter sich begra­ben. Dafür wur­den neue Front­li­ni­en geschaf­fen, die uns einen Vor­ge­schmack auf den Bür­ger­krieg (oder eine bür­ger­kriegs­ähn­li­che Sze­ne­rie) lie­fern, der kom­men wird, wenn man nicht bereit sein soll­te, am Zurück­drän­gen und der Über­win­dung die­ser Front­li­ni­en zu arbeiten.

Vor allem aber hat die Coro­na-Kri­se Mil­lio­nen von Angst­stö­run­gen erzeugt und auch, wenn es kei­ne neue Erkennt­nis dar­stellt – soll­te den­noch in Erin­ne­rung geru­fen wer­den – dass Angst der Humus ist, auf dem nicht Demo­kra­tien, son­dern nur Dik­ta­tu­ren gut gedei­hen kön­nen. Das zur Bewäl­ti­gung der Kri­sen­er­fah­run­gen so not­wen­di­ge Inne­hal­ten rückt jedoch nicht nur durch den Ukrai­ne-Krieg in wei­te Fer­ne. Eine Besin­nung auf die Feh­ler und Ver­säum­nis­se im Umgang mit dem Virus und der Vira­li­tät ist nicht erwünscht, obgleich die War­nun­gen vor neu­en pan­de­mi­schen Gefah­ren für den Herbst es eigent­lich noch dring­li­cher erschei­nen las­sen, jetzt die rich­ti­gen Leh­ren aus mehr als zwei Jah­ren ver­fehl­ter Pan­de­mie­be­kämp­fungs­po­li­tik zu ziehen.

Die­se (noch nicht ganz) hin­ter uns lie­gen­de Zeit des kol­lek­tiv erleb­ten, aber höchst unter­schied­lich wahr­ge­nom­me­nen Aus­nah­me­zu­stan­des, wird gleich durch drei Zivi­li­sa­ti­ons­brü­che gekenn­zeich­net, die in der mas­sen­me­di­al ver­mit­tel­ten Öffent­lich­keit, jeden­falls in Deutsch­land, weit­ge­hend unbe­merkt und unkom­men­tiert geblie­ben sind.

Zur Erläu­te­rung: Unter Zivi­li­sa­ti­ons­bruch ver­steht man die Ver­let­zung oder das Außer­kraft­set­zen von Regeln und Nor­men, die für ein gutes, gedeih­li­ches und gesit­te­tes Zusam­men­le­ben von Men­schen, Per­so­nen­grup­pen, Staa­ten o. Ä. grund­le­gend sind.

Das Schwei­gen über die­se Zivi­li­sa­ti­ons­brü­che und ihr Nicht-Wahr­ha­ben-Wol­len las­sen tief in die Abgrün­de die­ser Poli­tik und der sie kri­tik­los abni­cken­den Leit­me­di­en bli­cken. Ver­wun­dern kann es nicht, da man sich ja, wie gesagt, poli­tisch und gesell­schaft­lich nicht weni­ger vor­ge­nom­men hat, als auf dem Scher­ben­hau­fen die­ser Maß­nah­men­po­li­tik eine »neue Nor­ma­li­tät« zu schaf­fen. Die »Zei­ten­wen­de«, die Olaf Scholz im Bezug auf die Außen­po­li­tik und neue Welt­ord­nung nach dem rus­si­schen Angriff auf die Ukrai­ne pro­kla­mier­te – ein­drucks­voll unter­legt mit der Ad-hoc-Ankün­di­gung eines 100 Mil­li­ar­den Euro teu­ren Auf­rüs­tungs­pro­gramms am Par­la­ment vor­bei – bezieht sich nicht nur auf die­se, aller­dings in der Geschich­te der Bun­des­re­pu­blik schon bemer­kens­wert sin­gu­lär daste­hen­den Ent­schei­dung. Denn schon zuvor hat­te Scholz – der zuvor nicht gera­de als Rhe­to­rik-Ram­bo berühmt war, viel­mehr wegen sei­nes Hangs zu schmal­lip­pig-ein­schlä­fern­dem Tech­no­kra­ten-Sprech, Spott (»Scholzo­mat«) über sich erge­hen las­sen muss­te – schon durch­aus beängs­ti­gen­de Akzen­te gesetzt. So als er die Kri­ti­ker der Coro­na­po­li­tik als »klei­ne extre­mis­ti­sche Min­der­heit«, die unse­re Demo­kra­tie zer­stö­ren wol­le, gei­ßel­te und der deut­schen Öffent­lich­keit feld­mar­schall­ar­tig kund­tat, dass es für sei­ne Regie­rung im Kampf gegen das Virus »kei­ne roten Lini­en mehr gäbe«.

Scholz hat die­se über­aus pro­ble­ma­ti­schen, weil anti-demo­kra­ti­schen Aus­sa­gen nie zurück­ge­nom­men, son­dern betreibt wei­ter eine Poli­tik unsen­si­bels­ter Zuspit­zung, Spal­tung und Aus­gren­zung. Näher kann man das am stu­ren Fest­hal­ten an der ein­rich­tungs­be­zo­ge­nen Impf­pflicht für die Beru­fe des Gesund­heits­be­reichs, nach Schei­tern einer all­ge­mei­nen Impf­pflicht und am Gewäh­ren­las­sen sei­nes irr­lich­tern­den, kaum noch trag­bar erschei­nen­den Gesund­heits­mi­nis­ters Lau­ter­bach stu­die­ren. Lau­ter­bach wird aller­dings aus nahe­lie­gen­den Grün­den im Amt belas­sen, denn wie es Wer­ner Rüge­mer und Wolf­gang Wodarg schon kennt­nis­reich dar­ge­legt haben, ist ein Gesund­heits­mi­nis­ter Lau­ter­bach der bes­te ver­län­ger­te Arm geball­ter Phar­ma­lob­by­macht, die die­se sich zum Hin­ein­re­gie­ren in Ber­lin und Brüs­sel nur wün­schen kann. Nicht zuletzt ver­dient die kata­stro­pha­le Fehl­an­zei­ge in punc­to sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Regie­rungs­stils (war da mal was?! Brandts: »Wir wol­len ein Volk guter Nach­barn sein«? O tem­pi pas­sa­ti!) Erwäh­nung. Nach Kriegs­be­ginn räum­te die SPD in Null­kom­ma­nichts alle ihre bis dato noch ver­blie­be­nen ent­span­nungs­po­li­ti­schen Maxi­men und Meri­ten ab – ohne­hin war das das weni­ge über­haupt noch Vor­han­de­ne, was für eine Wei­ter­exis­tenz die­ser aus­ge­laug­ten und von sich selbst ent­frem­de­ten Par­tei hät­te spre­chen kön­nen – und ent­schul­dig­te sich in Per­son ihrer Vor­sit­zen­den auch noch dafür. Scholz lässt statt­des­sen sich jetzt lie­ber von den Stahl­helm­po­li­ti­kern der Grü­nen und der FDP wie ein unent­schlos­sen – sich win­den­der, in Fett­näpf­chen der Kriegs­me­di­en tap­sen­der Bär am Ring durch die Are­na des neu­deut­schen Bel­li­zis­mus zie­hen, ohne beim unver­ant­wort­li­chen, brand­ge­fähr­li­chen Eska­la­ti­ons­kurs, den sei­ne Regie­rung gegen­über Mos­kau fährt, wirk­lich mit Nach­druck auf der Brem­se zu ste­hen. Dadurch erhöht sich die Gefahr, dass ein von zwei Sei­ten – den US-Fal­ken in der Biden-Admi­nis­tra­ti­on und den oliv­grü­nen und gel­ben Ampel­ko­ali­tio­nä­ren – in die Zan­ge genom­me­ner Kanz­ler einer unheil­vol­len, durch irgend­wel­che »zufäl­li­gen« oder unvor­her­seh­ba­ren Ereig­nis­se los­ge­tre­te­nen, akut den Welt­frie­den für Kiew auf Spiel set­zen­den Kon­flikt­zu­spit­zung, nichts mehr ent­ge­gen­zu­set­zen hätte.

Die Poli­tik der »Zei­ten­wen­de«, die Scholz mit sei­ner Richt­li­ni­en­kom­pe­tenz als Kanz­ler und Kabi­netts­chef ein­ge­lei­tet und zu ver­ant­wor­ten hat, ist auf­grund ihrer kon­zep­tio­nel­len Unbe­darft­heit mehr eine Dro­h­an­kün­di­gung für (oder eine Wet­te auf) den dadurch fast unaus­weich­lich wer­den­den Nie­der­gang Deutsch­lands, soll­te man sich nicht doch noch eines Bes­se­ren beleh­ren las­sen. (Die Lern­fä­hig­keit von Polit- Hasar­deurin­nen wie Baer­bock und Strack-Zim­mer­mann schät­ze ich aller­dings gering ein. Und auch der Noske-Ver­eh­rer Robert Habeck6 scheint eher zur Bera­tungs­re­sis­tenz zu nei­gen.) An die­ser Stel­le lohnt es sich die neue, mit zusätz­li­chen 100 Mil­li­ar­den Euro (!) Steu­er­gel­dern für Rüs­tungs­aus­ga­ben ali­men­tier­te Außen­po­li­tik der Ampel-Regie­rung kurz mal mit der Kri­tik der Bon­ner Poli­tik­wis­sen­schaft­le­rin Ulri­ke Gué­rot7 zu kon­fron­tie­ren (»…ein Satz, alles drin…!«). Der Bun­des­re­gie­rung feh­le, so Gué­rot, »eine nüch­ter­ne oder beson­ne­ne geo­stra­te­gi­sche Ana­ly­se oder über­haupt die Defi­ni­ti­on von euro­päi­schen Inter­es­sen, Kriegs- oder Ver­hand­lungs­zie­len.« 7

Nicht zu ver­ges­sen: Der voll in Deutsch­land im Gang befind­li­che Fein­bild­auf­bau gegen Russ­land hat außer­dem den Vor­teil, damit viel bes­ser von den eige­nen Feh­lern, Irr­tü­mern und Ver­sa­gen ablen­ken und alle Ener­gien so mög­lichst gut von einer gewis­sen­haf­ten (was hie­ße: ernst gemein­ten) Eva­lu­ie­rung der eige­nen – mög­li­cher­wei­se nicht ganz über alle Kri­tik erha­be­nen – viel­mehr teil­wei­se demo­kra­tie- und ver­fas­sungs­wid­ri­gen – Prak­ti­ken der Coro­na­po­li­tik abzie­hen zu kön­nen. Das geschieht am bes­ten, in dem man genau das tut, was gera­de in Hül­le und Fül­le zu besich­ti­gen ist: sich hem­mungs­los unre­flek­tiert als die Inkar­na­ti­on des mora­lisch Guten zu ver­ab­so­lu­tie­ren. Da wird aus jedem Kri­ti­ker dann blitz­schnell gleich ein nest­be­schmut­zen­der »Putin-Ver­ste­her« und Kol­la­bo­ra­teur mit einem über­le­bens­groß aus blin­der Selbst­ge­rech­tig­keit auf­ge­bla­se­nen Feind gemacht.

Es kann daher nicht ver­wun­dern, dass – mit den Wor­ten Ador­nos gesagt – bis­lang nicht ein­mal die »Auf­ar­bei­tung der Ver­gan­gen­heit als Schlag­wort« im gesell­schaft­li­chen und media­len Fokus – von weni­gen Aus­nah­men abge­se­hen – ange­langt ist. Noch viel weni­ger als die Chan­ce auf einen Bewusst­wer­dungs­pro­zess, der Pro­jek­tio­nen wie unse­re Par­tei­nah­me mit dem »armen Opfer Ukrai­ne« durch­schaut, lässt sich der herr­schen­den Poli­tik in ihrer über­gro­ßen Mehr­heit unter­stel­len, über­haupt ein Inter­es­se dar­an zu haben, dass bis vor kur­zem herr­schen­de Coro­na-Aus­nah­me­re­gime seri­ös und kon­se­quent auf­zu­ar­bei­ten. Unge­niert kann sich der Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter wei­ter über die Vor­ga­ben des Infek­ti­ons­schutz­ge­set­zes hin­weg­set­zen und eine Eva­lua­ti­on der Coro­na­po­li­tik mit Ver­weis auf »zu wenig Daten« als »ver­früht« ableh­nen. Hät­te die Regie­rung ihren Job in den letz­ten zwei Jah­ren ordent­lich gemacht, so wären inzwi­schen längst hin­rei­chend Daten erho­ben wor­den, die zu die­ser Eva­lua­ti­on her­an­ge­zo­gen wer­den könn­ten. Aus­ge­rech­net Deutsch­land, dem Land mit den strengs­ten Maß­nah­men in der EU, gebührt in der wis­sen­schaft­li­chen Pan­de­mie-Auf­ar­bei­tung trotz oder gera­de wegen sei­ner regie­rungs­na­hen Insti­tu­te (RKI und PEI) die rote Later­ne. Das ist nur ein wei­te­rer Beleg in einer Ket­te von im Grun­de genom­men unglaub­li­chen, die poli­ti­schen Sit­ten und Gebräu­che ver­ro­hen­den Vor­gän­gen in unse­rem Land, die das Ver­trau­en in die Insti­tu­tio­nen die­ser Repu­blik arg unter­gra­ben haben. Sie dürf­ten wei­ter unter­gra­ben wer­den, sofern durch eine Auf­ar­bei­tung der Vor­gän­ge nicht end­lich die Reiß­lei­ne gezo­gen wird.

Erin­nert sei in die­sem Zusam­men­hang hier noch­mal an die bei­spiel­lo­se Häme und den Hass, wel­che sich in faschis­to­ider Manier als Shit­s­torm auf die Künst­ler der klu­gen sati­ri­schen Akti­on »Alles­dicht­ma­chen« ergoss, an den Raus­wurf des maß­nah­men­kri­tisch berich­ten­den Jour­na­lis­ten Boris Reit­schus­ter aus der Bun­des­pres­se­kon­fe­renz, um sich unbe­que­men Fra­gen nicht mehr stel­len zu müs­sen, dem kaum Wider­stand ent­ge­gen­ge­brach­ten Angriff auf das freie Abge­ord­ne­ten­man­dat qua Anord­nung der Bun­des­tags­prä­si­den­tin, nicht geimpf­te Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten auf die Plät­ze der Gäs­te-Tri­bü­ne des Par­la­ments zur Durch­set­zung der 2‑G+ – Regel für das Bun­des­tags­ple­num zu ver­ban­nen sowie die frist­lo­se Kün­di­gung des BKK – Pro­vi­ta-Kran­ken­kas­sen-Vor­stan­des Andre­as Schöf­beck nach des­sen Ver­öf­fent­li­chung alar­mie­ren­der Zah­len zum mög­li­chen, tat­säch­li­chen Aus­maß an Impf­schä­den – die bis heu­te weder durch das Paul-Ehr­lich noch das Robert Koch-Insti­tut auch nur ansatz­wei­se ent­kräf­tet wur­den. Zuletzt hin­zu­ge­kom­men sind die Fäl­le der Kri­mi­na­li­sie­rung und »Behand­lung« des Arz­tes, Akti­vis­ten und Publi­zis­ten Paul Bran­den­burg durch ein sei­ne Woh­nungs­tür auf­bre­chen­des Über­fall­kom­man­do des ansons­ten sich ihm – Bran­den­burg – nicht näher vor­stel­len­den Staats­schut­zes und die infa­me und mensch­lich wider­wär­ti­ge Ankla­ge der Gene­ral­staats­an­walt­schaft Kiel gegen Prof. Dr. Sucha­rit Bhak­di wegen Volks­ver­het­zung auf­grund eini­ger zu Miss­ver­ständ­nis­sen – bei gezielt nicht wohl­mei­nen­der Aus­le­gung – mög­li­cher­wei­se Anlass geben­der und aus dem Zusam­men­hang geris­se­ner Äuße­run­gen. Bhak­di hat­te in einem Video Stel­lung zu Isra­el und dem jüdi­schen Volk im Hin­blick auf die dor­ti­ge, beson­ders para­dox anmu­ten­de Impf- und Infek­ti­ons­dy­na­mik genom­men. (In Isra­el, das oft als »Impf­welt­meis­ter« bezeich­net wird, gibt es aktu­ell beson­ders vie­le Covid-19 Hos­pi­ta­li­sie­run­gen und eine signi­fi­kant hohe Über­sterb­lich­keit seit 2021. Bhak­di setz­te das mit Pfi­zers Aus­sa­ge in Bezie­hung, Isra­el sei »das Labor« für sei­nen Impfstoff.)

Der Auf­schrei der Empö­rung über die Dimen­sio­nen, die das Poli­tik­ver­sa­gen erreicht hat, die offen­kun­di­gen Fäl­le von Macht­miss­brauch, Kor­rup­ti­on (Mas­ken­skan­da­le) und Inkom­pe­tenz in Bezug auf Ent­schei­dun­gen des Coro­na-Kri­sen­ma­nage­ments, bleibt jeden­falls auf der poli­tisch-media­len Groß­büh­ne immer noch aus. Dabei sind die­se vier Fak­to­ren – Poli­tik­ver­sa­gen, Macht­miss­brauch, Kor­rup­ti­on und fach­li­che Inkom­pe­tenz – ursäch­lich dafür, dass ein Zivi­li­sa­ti­ons­bruch unser Gemein­we­sen so stark beschä­di­gen konn­te, dass die Grund­fes­ten unse­rer gesell­schaft­li­chen Ord­nung dadurch ange­grif­fen und sturm­reif geschos­sen wurden.

Genau betrach­tet sind es drei Aspek­te, die den Zivi­li­sa­ti­ons­bruch aus­ma­chen und siche­re Kan­di­da­ten dafür dar­stel­len dürf­ten, spä­ter ein­mal (wenn es ein sol­ches »Spä­ter« noch geben wird) in einer Art Bilan­zie­rung der Covid-19-Pan­de­mie in die Geschich­te ein­zu­ge­hen. Es han­delt sich bei ihnen in der Regel um schock­ar­ti­ge Aspek­te, die untrenn­bar und unauf­lös­lich mit der Pan­de­mie­herr­schaft ver­bun­den blei­ben und noch lan­ge und tief – vor allem im gesell­schaft­li­chen Unbe­wuss­ten –nach­wir­ken werden:

1. Der Zivi­li­sa­ti­ons­bruch gegen­über den alten, kran­ken und pfle­ge­be­dürf­ti­gen Menschen.

2. Der Zivi­li­sa­ti­ons­bruch gegen­über Kin­dern und Jugendlichen.

und

3. Der Zivi­li­sa­ti­ons­bruch gegen­über den Nicht-Geimpften.

  1. Der Zivi­li­sa­ti­ons­bruch gegen­über den alten, kran­ken und pfle­ge­be­dürf­ti­gen Men­schen, deren Men­schen­wür­de und Recht auf Selbst­be­stim­mung auf eine vor­her noch nie dage­we­se­ne Wei­se miss­ach­tet und mit Füßen getre­ten wor­den ist. Damit haben wir uns als Gesell­schaft an den alten Men­schen, denen wir einen Groß­teil unse­rer Iden­ti­tät, unse­rer Kul­tur und unse­res Wohl­stan­des zu ver­dan­ken haben, in kras­ser Wei­se ver­sün­digt (eine Ver­sün­di­gung, die im Grun­de schon viel län­ger andau­ert, und zwar bereits solan­ge, wie wir unse­re Alten in Hei­me abschie­ben und »ent­sor­gen«, wo sie mög­lichst nie­man­den stö­ren oder zur Last fal­len sol­len und bar jeder Hoff­nung und Lebens­freu­de nur noch auf den Tod war­ten). Sie hat wäh­rend der Coro­na-Pan­de­mie aber einen trau­ri­gen, alp­traum­haf­ten Gip­fel der Unmensch­lich­keit erreicht, da wir zulie­ßen, das alte, schwer‑, und oft ster­bens­kran­ken Men­schen von ihren Fami­li­en, ihren Enkel­kin­dern, Freun­den, Part­nern bru­tal getrennt, iso­liert und mona­te­lang ein­ge­sperrt wur­den oder dar­über ganz jeden Lebens­mut ver­lo­ren und ein­fach vor Kum­mer und Gram weg­star­ben. Die­ses gro­ße mensch­li­che Leid wur­de erzeugt und hin­ge­nom­men, weil die Poli­tik nicht wil­lens und in der Lage war, die wirk­lich vul­ner­ablen Grup­pen zu iden­ti­fi­zie­ren und die­se gezielt zu schüt­zen. Auch die Rol­le der natür­li­chen Immu­ni­tät wur­de von vor­ne­her­ein von den Gesund­heits­po­li­ti­kern bei Sei­te gewischt, die es hät­ten bes­ser wis­sen kön­nen – und müs­sen. Man ließ zu, dass Demenz­kran­ke durch das Feh­len der Bezugs­per­so­nen in größ­te Ver­wir­rung und Ver­zweif­lung gestürzt wur­den. Kran­ken­haus­pa­ti­en­ten star­ben ein­sam, ohne sich von ihren Liebs­ten ver­ab­schie­den zu kön­nen, weil nie­mand, nicht ein­mal die nächs­ten Ange­hö­ri­gen, an ihr Bett gelas­sen wur­den: Unmensch­lich­kei­ten, die einen den Ver­stand rau­ben kön­nen, je län­ger man dar­über nach­denkt. Was heißt es, dass Ster­ben­de kei­ne Hand berüh­ren, kei­nen Blick tau­schen, kein Wort des Tros­tes, der Beru­hi­gung oder der Hoff­nung hören konn­ten und die Ange­hö­ri­gen dazu ver­ur­teilt wur­den, mit dem schreck­li­chen Gefühl wei­ter­le­ben zu müs­sen, dass sie in den Stun­den des Ster­bens nichts mehr für sie tun konn­ten, weil sie nicht zu ihnen gelas­sen wurden?
  2. Der Zivi­li­sa­ti­ons­bruch gegen­über den Kin­dern und Jugend­li­chen, deren Men­schen­wür­de und deren Recht auf freie Ent­fal­tung ihrer Per­sön­lich­keit und das Recht auf Bil­dung und eine Kind- und alters­ge­mä­ße Ent­wick­lung, vor allem aber auch ihr Recht auf den beson­de­ren Schutz durch die Erwach­se­nen, in einer skan­da­lö­sen Wei­se fast gar kei­ne Rol­le wäh­rend der Pan­de­mie bei Leh­rern, Leh­rer­ver­bän­den, dem Staat und in der media­len Öffent­lich­keit spiel­ten. Bis heu­te wird in einer heuch­le­ri­schen und beschä­men­den Wei­se abge­strit­ten, geleug­net oder klein­ge­re­det, was den jun­gen Men­schen ange­tan wur­de, die selbst zu kei­nem Zeit­punkt beson­ders gefähr­det waren und ande­re beson­ders durch Anste­ckung hät­ten gefähr­den kön­nen. Dabei droht uns, wie neu­es­te Stu­di­en war­nen, eine gan­ze Gene­ra­ti­on von jun­gen Men­schen durch mona­te­lan­ge Schul­schlie­ßun­gen und aus­schließ­li­ches digi­ta­les Home­schoo­ling ver­lo­ren zu gehen. Was das für die Zukunft unse­rer Gesell­schaft bedeu­tet, kann zum jet­zi­gen Zeit­punkt in sei­ner Trag­wei­te noch gar nicht abge­schätzt wer­den. Sicher aber ist, dass die gesund­heit­li­chen Ver­wer­fun­gen durch die Maß­nah­men sowohl phy­sisch, psy­chisch als auch sozi­al (Tria­gen in der Pan­de­mie­zeit gab es nur in den völ­lig über­for­der­ten Jugend­psych­ia­trien) ver­hee­rend sind. Inzwi­schen leben ca. 40.000 obdach­los gewor­de­ne Jugend­li­che in Deutsch­land auf der Stra­ße. Vor Coro­na waren es nach Erhe­bun­gen aus dem Jahr 2015 auch schon ca. 20.000. Dies bedeu­tet, dass sich die Zahl nach der Coro­na-Zeit in etwa ver­dop­pelt hat.8 Jetzt noch, nach­dem die schlim­men Fol­gen lang­sam an die Ober­flä­che der öffent­li­chen Wahr­neh­mun­gen kom­men, fühlt sich kei­ner ver­ant­wort­lich für sie. Im Gegen­teil sol­len nutz­lo­se, dafür aber gefähr­li­che Kin­der­imp­fun­gen wei­ter und sogar ver­stärkt erfol­gen und wer­den jetzt – bar aller medi­zi­ni­schen Evi­denz – schon für Fünf­jäh­ri­ge empfohlen!

Alte Men­schen, Kran­ke, Kin­der und Arme sind die größ­ten Opfer der Pan­de­mie­po­li­tik. Ihnen gemein ist, dass sie von allen am wenigs­ten gut die Mög­lich­kei­ten hat­ten und haben, dar­über zu spre­chen und Zeug­nis davon abzu­ge­ben, was – von der Poli­tik ange­ord­net und von ihren Mit­men­schen gehor­sam aus­ge­führt – ihnen zuge­fügt wur­de. Und genau­so wenig konn­ten und kön­nen sie damit rech­nen, über­haupt ange­hört zu wer­den, soll­ten sie ihre Stim­me doch ein­mal erheben.

3. Der Zivi­li­sa­ti­ons­bruch gegen­über den Nicht-Geimpf­ten, gegen die Min­der­heit der Bür­ger, die aus­ge­grenzt und von Staats­we­gen zu Men­schen zwei­ter Klas­se gemacht wor­den sind. Im Lau­fe der Impf­kam­pa­gne erfuh­ren sie in dem Maße, je deut­li­cher sich die Män­gel bei der Wirk­sam­keit der neu­ar­ti­gen gen­the­ra­peu­ti­schen Injek­ti­ons­sub­stan­zen abzeich­ne­ten, des­to stär­ker Dif­fa­mie­rung und Stig­ma­ti­sie­rung. Die Nicht-Geimpf­ten wur­den uni­so­no von Poli­tik- und Medi­en zu Sün­den­bö­cken der Pan­de­mie erklärt, kei­ner Het­ze und kei­nem Het­zer wur­de dabei Ein­halt gebo­ten. Wo blie­ben die sonst oft uner­bitt­lich gefor­der­ten »Distan­zie­run­gen« von die­sen ver­ba­len Ent­glei­sun­gen aus dem Wör­ter­buch des Unmen­schen? Die Nicht-Geimpf­ten bezah­len ihre berech­tig­ten Zwei­fel an der Not­wen­dig­keit und Wirk­sam­keit einer sol­chen Gen­the­ra­pie, vor allem aber auch ihre begrün­de­te Sor­ge vor den Neben­wir­kun­gen der nur bedingt zuge­las­se­nen, expe­ri­men­tel­len Prä­pa­ra­te, mit Aus­gren­zung, gesell­schaft­li­cher Äch­tung, den Ver­lust fami­liä­rer und freund­schaft­li­cher Bin­dun­gen, Berufs­ver­bo­ten, Exis­tenz­zer­stö­rung.9 Noch stär­ker als die­ser Skan­dal, der die Bevöl­ke­rung bewusst aus­ein­an­der­di­vi­diert und die gesell­schaft­li­che Atmo­sphä­re auf lan­ge Zeit zu ver­gif­ten droht, wiegt der Skan­dal im Umgang mit den Neben­wir­kun­gen der mRNA und Vektor-»Impfstoffe«, denn hier­bei geht es um Men­schen­le­ben. Immer mehr Unter­su­chun­gen und Stu­di­en gehen von einer struk­tu­rel­len und alar­mie­rend hohen Unte­r­er­fas­sung der Anzahl von Impf­schä­den durch die Prä­pa­ra­te gegen Covid-19 aus. Zuletzt fand die Stu­die von Prof. Dr. Harald Matthes vom Insti­tut für Arbeits­me­di­zin, Epi­de­mio­lo­gie und Gesund­heits­öko­no­mie der Cha­ri­té grö­ße­re Beach­tung, sogar eini­ge Main­stream­m­e­di­en berich­te­ten dar­über. Die Stu­die ist inzwi­schen wegen Kri­tik an ihrem Design von der Cha­ri­té-Lei­tung auf Eis gelegt wor­den.10 Die Zwi­schen­er­geb­nis­se der Stu­die waren u.a., dass in Deutsch­land bis­lang ca. 500.000 Men­schen von schwe­ren Neben­wir­kun­gen der Covid-Imp­fun­gen betrof­fen sei­en. Es müs­se von einer 16,5 mal höhe­ren Anzahl der Impf­schä­den aus­ge­gan­gen wer­den als sie im Sicher­heits­be­richt des Paul-Ehr­lich-Insti­tuts (PEI) ange­ge­ben sei­en. Trä­fen die Befun­de zu, so »könn­ten bis­her mit­hin über 46.000 Men­schen in Deutsch­land infol­ge der Imp­fung ver­stor­ben sein. Das PEI lis­tet dage­gen »nur« 2810 Fäl­le (…) auf.»11

Statt alles dafür zu tun, um Auf­klä­rung über die tat­säch­li­chen Aus­ma­ße der nega­ti­ven Impf­fol­gen zu erlan­gen, wird wei­ter­hin ver­sucht, die Men­schen, die an die­ser wich­ti­gen Auf­ga­be mit­wir­ken, öffent­lich abzu­qua­li­fi­zie­ren und zu dis­kre­di­tie­ren. Lei­der lässt sich die­ses Phä­no­men heu­te ver­all­ge­mei­nern und stellt inzwi­schen – neben dem feh­len­den poli­ti­schen Wil­len – die größ­te Bar­rie­re für eine Auf­ar­bei­tung der Coro­na-Ver­gan­gen­heit (im Sin­ne Ador­nos) dar. Heu­te glaubt man nicht nur in der poli­tisch-media­len Öffent­lich­keit – dort aber beson­ders aus­ge­prägt – son­dern land­läu­fig ganz all­ge­mein und wie selbst­ver­ständ­lich, ohne Umschwei­fe und nähe­re Berück­sich­ti­gung der Fak­ten­la­ge, es sich erlau­ben zu kön­nen, zu ent­schei­den, wer das Böse und vor allem wer der Böse ist. So auch im Ukrai­ne-Krieg, der nicht mit Russ­lands Angriff am 24. Febru­ar begon­nen hat. Trotz­dem fol­gert man mit schlaf­wand­le­ri­scher Sicher­heit, dass der Angriff Putins auf die zivi­li­sa­to­ri­schen Errun­gen­schaf­ten des Völ­ker­rechts und des zwi­schen­staat­li­chen Gewalt­ver­bo­tes den Wes­ten mora­lisch ins Recht setzt, sich mit rigo­ro­sen und vor allem mora­lisch haus­hoch über­le­ge­nen Mit­teln wie Waf­fen­lie­fe­run­gen zur Wehr zu set­zen. Man selbst steht schließ­lich auf der Sei­te des und der Guten. Unse­re Moral und unse­re Mit­tel sind mora­lisch so über­le­gen, dass sie auf gar kei­nen Fall in Fra­ge gestellt wer­den dür­fen. Und wer es den­noch tut – sie­he der Umgang mit Ulri­ke Gué­rot als Talk­show­gast von Mar­kus Lanz – der, ja der pak­tiert selbst mit dem Teufel!

Die Ber­li­ner Zei­tung titel­te dann prä­gnant auch dazu: »Wer für den Frie­den ist, ist jetzt auch Feind.« 12

In die­ser Hin­sicht beson­ders bemer­kens­wert erscheint mir, dass die unbe­küm­mer­te Bereit­schaft, über an sich frem­de poli­tisch-his­to­ri­sche Räu­me, deren Kon­ti­nui­tä­ten und Dis­kon­ti­nui­tä­ten, laut, reflex- und bekennt­nis­haft und vor allem frei von allen aus Nach­denk­lich­keit gebo­re­nen Zwei­feln, »drauf­los« zu urtei­len – schnell in ihr Gegen­teil ver­kehrt wird. Und zwar immer dann, wenn es statt­des­sen um die eige­nen Ange­le­gen­hei­ten und Ver­hält­nis­se geht. Ele­men­ta­re Ver­stö­ße gegen unse­re Rechts­kul­tur und unser Demo­kra­tie­ver­ständ­nis (auf bei­des waren wir doch immer so stolz!) sowie Angrif­fe auf das Gerech­tig­keits­emp­fin­den blei­ben dann unthe­ma­ti­siert. Auch blei­ben Ein­sprü­che gegen ille­gi­ti­me Gewalt aus (z.B. die vom UN-Son­der­be­richt­erstat­ter für Fol­ter, Nils Mel­zer, der Bun­des­re­gie­rung gegen­über bean­stan­de­te Poli­zei­ge­walt13 gegen fried­li­che Coro­na-maß­nah­men­kri­ti­sche Demons­tran­ten oder die Haus­durch­su­chun­gen und Beschlag­nah­mun­gen durch Poli­zei-Ein­satz­son­der­kom­man­dos gegen Medi­zi­ner, wegen des Ver­dachts unrecht­mä­ßig aus­ge­stell­ter Mas­ken-Attes­te14), sofern sie das eige­ne Gemein­we­sen betref­fen. Oder sie wer­den ex offi­cio negiert. Oder es fin­det sogar die Tra­ves­tie in ihr Gegen­teil statt. Im weni­ger schlim­men Fall wer­den sie »nur« mar­gi­na­li­siert oder verharmlost.

Für die Frei­heit der Ukrai­ne, einem wahr­schein­lich schon seit län­ge­rem geschei­ter­ten Staat (fai­led sta­te)15, ste­hen wir auf. Was aber tun wir für unse­re eige­ne Frei­heit? Ab Herbst wie­der den digi­ta­len Impf­pass zücken, unse­ren QR-Code scan­nen und froh sein, dass man uns immer noch reinlässt?

Bis­lang konn­te die Coro­na-Kri­se, wenn nicht alles, so doch ganz viel mit uns sowohl als Indi­vi­du­en wie Gesell­schaf­ten »machen«. Sie hat uns aber nicht unbe­dingt sou­ve­rä­ner, gelas­se­ner, muti­ger, gesün­der, (selbst-)bewusster, zuver­sicht­li­cher und auch nicht, um noch ein belieb­tes Mode­wort hin­ter­her­zu­schie­ben: resi­li­en­ter gemacht. Vor allem aber hat sie eines nicht gemacht: uns mensch­li­cher. Könn­ten wir eine Locke­rung in der Gesell­schaft dahin­ge­hend wahr­neh­men – und ich mei­ne nicht Locke­rung im Sin­ne einer »Locke­rung der Maß­nah­men« damit (die nur an die Locke­rung des Straf­voll­zu­ges den­ken lässt) – wäre berech­tig­te Hoff­nung für die Zuver­sicht am Platz: Wir bestehen die Kri­se. Dann wür­de von all den jetzt schmerz­lich ver­miss­ten Merk­ma­len und Eigen­schaf­ten einer leben­di­gen, frei­en und huma­nen Seins­wei­se doch erneut etwas auf unser Zusam­men­le­ben abfär­ben. Noch ist wenig davon zu bemer­ken16, sicher sind noch lan­ge nicht alle aus der pan­de­mi­schen Angst­star­re und dem Coro­na-Alp­traum wie­der erwacht.

Zwi­schen­fa­zit:

Die Auf­klä­rung der Coro­na-Kri­se ver­zö­gert sich (wei­ter), obwohl wir eine Men­ge aus ihr ler­nen könn­ten. Einst­wei­len aber wir­ken die Tabus noch stär­ker als der Wil­le zur Auf­ar­bei­tung die­ser Vergangenheit.

Ob es dabei blei­ben wird?

Anmer­kun­gen

1 Theo­dor W. Ador­no, Erzie­hung zur Mün­dig­keit, Frankfurt/​M. 1971.

5 Gun­nar Kai­ser, Der Kult. Über die Vira­li­tät des Bösen, Mün­chen 2022. Kai­ser zitiert als Mot­to sei­nes Buches Erich Fromm, ein Zitat, wel­ches ich hier ger­ne wie­der­ge­ben möch­te, da es auch den gedank­lich-the­ti­schen Zusam­men­hang mei­nes Tex­tes reflektiert.

»Der Orga­ni­sa­ti­ons­mensch hat die Fähig­keit zum Unge­hor­sam ver­lo­ren, er merkt nicht ein­mal mehr, dass er gehorcht. An die­sem Punkt der Geschich­te könn­te mög­li­cher­wei­se allein die Fähig­keit zu zwei­feln, zu kri­ti­sie­ren und unge­hor­sam zu sein, über die Zukunft für die Mensch­heit oder über das Ende der Zivi­li­sa­ti­on entscheiden.«

Das Zitat Fromms zeigt m.E. für unse­ren Kon­text gut, wenn­gleich ver­mit­telt, wie wich­tig eine seriö­se Auf­ar­bei­tung der Pan­de­mie­po­li­tik für die Wie­der­erlan­gung psy­chi­scher Gesund­heit wäre, weil sie den Men­schen die Mög­lich­keit eröff­nen wür­de, sie in ihren Stör­ge­füh­len, die wohl doch vie­le wäh­rend des Maß­nah­men­re­gimes, vor allem bezo­gen auf das Social Distancing, die Mas­ken­pflicht und die Lock­downs emp­fun­den haben, nach­träg­lich ernst zu neh­men, und zwar dahin­ge­hend, dass ihre durch Stör­ge­füh­le sich arti­ku­lie­ren­den Vor­be­hal­te gegen­über dem Gehor­sam, den Fromm hier für den »moder­nen Orga­ni­sa­ti­ons­men­schen« pro­ble­ma­ti­siert und sei­ne dar­in sich aus­drü­cken­den Zwei­fel durch eine gesell­schaft­lich nach­ge­schal­te­te, die sub­jek­ti­ven Erfah­run­gen objek­ti­vie­ren­de Refle­xi­ons- und Bewer­tungs­in­stanz gewis­ser­ma­ßen ex post als intui­tiv rich­tig, ange­mes­sen und ver­nünf­tig aner­kannt würden.

6 Habeck hat zu Ehren Noskes ein Thea­ter­stück mit dem Titel »Neun­zeh­n­acht­zehn« geschrie­ben, in dem er dem Kon­ter­re­vo­lu­tio­när und Prä­fa­schis­ten Gus­tav Noske eine Art Denk­mal gesetzt hat. https://jacobin.de<artikel>noske‑2 – 0‑ro­bert-habeck-gus­tav-noske-1918-revo­lu­ti­on-in-kiel-matro­sen­auf­stand-novem­ber­re­vo­lu­ti­on. Sie­he auch: https://www.deutschlandfunkkultur.de.robert-habeck-ueber-sein-stueck-neunzehnachtzehn-das-herz-1oo.html

Zur unse­li­gen Rol­le, die der SPD-Poli­ti­ker und ers­te Reichs­wehr­mi­nis­ter der Wei­ma­rer Repu­blik, Gus­tav Noske, für ihre Ent­wick­lung hat­te: Sebas­ti­an Haff­ner, Die Deut­sche Revo­lu­ti­on 1918/19, Ham­burg 1969.

9 Da der Autor selbst zu dem Per­so­nen­kreis gehört, der nach reif­li­cher Über­le­gung und Abwä­gung – nach­dem er sich über ihren Ent­wick­lungs- und Her­stel­lungs­pro­zess, ihren Auf­bau und ihre Wir­kungs­wei­sen infor­miert hat­te – nicht bereit war und ist, sich die­se Stof­fe inji­zie­ren zu las­sen, weiß er nur zu gut, wovon er spricht.

10 Die Kri­tik an der Stu­die scheint inso­fern nicht berech­tigt zu sein, als dass ihre metho­di­schen Schwä­chen in der Mehr­zahl nicht dem Team von Herrn Dr. Matthes zur Last gelegt wer­den kön­nen. Sie sind viel­mehr dem Umstand geschul­det, dass die staat­lich vor­ge­se­he­nen und bereit gehal­te­nen Mel­de­sys­te­me für die Erfas­sung von Impf­schä­den im Bezug auf die mRNA-Prä­pa­ra­te aus ver­schie­de­nen Grün­den nicht rich­tig und hin­rei­chend funk­tio­nie­ren. Ver­ant­wort­lich dafür sind Fehl­an­rei­ze im Moni­to­ring für die Ärz­te. U.a. ist die­se Doku­men­ta­ti­ons­tä­tig­keit sehr zeit­auf­wän­dig und wird nicht ver­gü­tet. Zudem unter­liegt die Ärz­te­schaft in der auf­ge­heiz­ten Stim­mungs­la­ge einem poli­tisch auf sie aus­ge­üb­ten Kon­for­mi­täts­druck, da die Imp­fun­gen offi­zi­ell immer noch als sicher und wirk­sam bezeich­net und emp­foh­len wer­den. Zudem dürf­ten vie­le Ärz­te, die die Prä­pa­ra­te ver­ab­reicht haben, befürch­ten, dass sie durch die Mel­dung von Impf­schä­den selbst juris­tisch – mit unab­seh­ba­ren und womög­lich weit­rei­chen­den – Kon­se­quen­zen in die Haf­tung genom­men wer­den könnten.

11 Ralf Wurz­bach­er, Schwur­bel-Cha­ri­té: Stu­die lässt auf mas­si­ve Unte­r­er­fas­sung von Impf­schä­den durch Coro­na-Vak­zi­ne schlie­ßen. https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​8​3​705

13 https://​www​.nau​.ch/​n​e​w​s​/​e​u​r​o​p​a​/​p​o​l​i​z​e​i​g​e​w​a​l​t​-​u​n​-​e​x​p​e​r​t​e​n​-​k​r​i​t​i​s​i​e​r​e​n​-​s​y​s​t​e​m​v​e​r​s​a​g​e​n​-​i​n​-​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​-​6​6​1​6​0​689. Sie­he auch Inter­view mit Mel­zer zu den Vor­gän­gen ille­gi­ti­mer Poli­zei­ge­walt gegen Coro­na-Maß­nah­men­pro­tes­te in Deutsch­land und ande­ren euro­päi­schen Län­dern: https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​X​S​-​t​9​2​i​r​1AE

15 Wenn der ukrai­ni­sche Staat nicht schon durch die Span­nun­gen, Rei­bun­gen, Anti­no­mien und Para­do­xien sei­ner Ent­ste­hungs­ge­schich­te, die nie gelöst wer­den konn­ten – ein Punkt, auf den Peter Scholl-Latour kurz vor sei­nem Tod im Zusam­men­hang mit den Mai­dan-Ereig­nis­sen hin­wies – zum Schei­tern ver­ur­teilt gewe­sen ist. https://​www​.hei​se​.de/​t​p​/​f​e​a​t​u​r​e​s​/​D​e​r​-​g​e​s​c​h​e​i​t​e​r​t​e​-​S​t​a​a​t​-​v​o​n​-​n​e​b​e​n​a​n​-​3​3​6​5​6​3​7​.​h​tml

16 Das Poten­zi­al dazu besitzt Deutsch­land durch einen star­ken und eigen­wil­li­gen bür­ger­li­chen Mit­tel­stand mit viel Rück­grat immer noch, der sich aller­dings in den letz­ten Jah­ren von der Poli­tik (in allen ihren drei Dimen­sio­nen aus Poli­cy und Poli­ty und Poli­tics), und ins­be­son­de­re vom aus­füh­ren­den Per­so­nal, zuneh­mend frus­triert und ent­frem­det abge­wandt hat. Es gibt auch genü­gend Quer­den­ker in des Wor­tes bes­ter Bedeu­tung (als freie und unab­hän­gig den­ken­de Men­schen) aus den Berei­chen der Gesell­schaft, die wir bis vor kur­zem als »bür­ger­li­che Mit­te« kann­ten und so zu bezeich­nen pfleg­ten. Schon vor Jah­ren fing man damit an, die­se Men­schen – statt sich mit den sys­tem­kri­ti­schen Gehal­ten ihrer Mei­nungs­äu­ße­run­gen aus­ein­an­der­zu­set­zen und das den Absetz­be­we­gun­gen und Pro­tes­ten inhä­ren­te Reprä­sen­ta­ti­ons­pro­blem auf­zu­grei­fen und ernst­haft zu the­ma­ti­sie­ren – zu gefähr­li­chen »Wut­bür­gern« und »rech­ten Popu­lis­ten« zu erklä­ren und abzu­kan­zeln. Seit den ers­ten grö­ße­ren Pro­test­be­we­gun­gen gegen die Pan­de­mie­po­li­tik der Regie­rung müs­sen sie stau­nend mit anse­hen, dass sie von die­ser und in den Leit­me­di­en zu Extre­mis­ten und Staats­fein­den erklärt werden.

Der Text erschien zuerst auf der Sei­te der GEW Ans­bach.

Bild: Das Café Légè­re in Frei­burg hat einen Hun­de­napf auf die Stra­ße gestellt, zusam­men mit einem Schild, auf dem »wir müs­sen drau­ßen blei­ben« steht. Gemeint sind jedoch kei­ne Hun­de, son­dern Unge­impf­te (Hun­de dür­fen rein).


Über den Autor: 

Bernd Schoe­pe (geb.1965), frei­er Autor, ist lang­jäh­ri­ges akti­ves GEW-Betriebs­grup­pen-Mit­glied, ehem. Ver­trau­ens­mann und Mit­glied der Ham­bur­ger Leh­rer­kam­mer. Haupt­be­ruf­lich arbei­tet er als Deutsch, Poli­tik- und Phi­lo­so­phie­leh­rer an einer Stadt­teil­schu­le und ist seit 2003 im Ham­bur­ger Schuldienst.

Kon­takt: berndschoepe@​gmx.​de

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