Deutsche, noch eine kleine Anstrengung, wenn ihr solidarisch sein wollt!

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In the USA and Germany, high-​level officials have used the term pandemic of the unvaccinated, suggesting that people who have been vaccinated are not relevant in the epidemiology of COVID-​19. Officials’ use of this phrase might have encouraged one scientist to claim that ›the unvaccinated threaten the vaccinated for COVID-​19‹. But this view is far too simple. There is increasing evidence that vaccinated individuals continue to have a relevant role in transmission. (…) It is therefore wrong and dangerous to speak of a pandemic of the unvaccinated. 

The Lancet, November 20, 2021 (https://​doi​.org/​1​0​.​1​0​1​6​/​S​0​1​4​0​-​6​7​3​6​(​2​1​)​0​2​243 – 1)

Eine Welle der Hysterie hat die Welt überrollt. Schon zu Beginn der Coronapandemie blickten die europäischen Machthaber und Berichterstatter neidvoll nach China. Mit der Feststellung, ein autoritärer Staat sei bei der Pandemiebekämpfung gegenüber dem freiheitlichen im Vorteil, begann man damit, immer wieder neue und immer strengere Einschränkungen der bis dato hochgelobten Freiheitsrechte zu beschließen. Der Staat ballt die Fäuste und das Parlament kennt keine Parteien mehr, es kennt nur noch Seuchenbekämpfer: Als vernünftig gelten allein diejenigen, die sich jeder Maßnahme unterwerfen, vom Maskentragen bis zum Impfen, und immer noch strengere Maßnahmen fordern. Jede noch so überzogene Regel muss strengstens eingehalten und (soweit möglich) überwacht werden, um noch das geringste Ansteckungsrisiko zu beseitigen. Wer da nicht mitmacht, oder auch nur Zweifel an der Sinnhaftigkeit äußert, erscheint sofort als verharmlosender, unvernünftiger Gefährder – ja potentieller Mörder – auf alle Fälle moralisch überaus verkommen. Die Vernunft, die dabei beschworen und politisch in Stellung gebracht wird, soll im Folgenden hinterfragt werden.

Für die ekelhaften Menschen Deutschlands und Anderswo!

Je drakonischer die Maßnahmen des Staates werden, um so harmloser erscheint im Vergleich dazu das Virus. Selbst nach der X.ten Welle und der Y.ten Variante ist das angekündigte Massensterben in Deutschland ausgeblieben. Inzwischen weiß ein jeder, gefährlich krank wird nur die Risikogruppe der über 65-​jährigen, insbesondere die Adipösen, die Raucher, Menschen mit schweren Vorerkrankungen. Es hat sich herumgesprochen: Das Durchschnittsalter der »an oder mit« Corona verstorbenen liegt über der durchschnittlichen Lebenserwartung. Dies macht auch Sinn, denn die Sterblichkeit im Jahresmittel in Deutschland ist seit Corona nicht signifikant angestiegen [1, 2] – jedenfalls nicht aufgrund von Corona [3]. Ähnliches ließe sich für andere Länder feststellen. Doch dies ist ohnehin keine Frage der Zahlen: In Australien, das weltweit einen der strengsten Lockdowns verhängt hat, werden Ausgangssperren systematisch mit Hubschraubern überwacht. Menschen bekommen Besuch von der Polizei und werden in ihren eigenen Wohnungen verhaftet, weil sie kritische Posts auf Facebook gestellt haben. Mütter werden von ihren Babys getrennt nur aufgrund eines positiven Testergebnisses. Innerhalb kürzester Zeit hat sich ein freiheitliches Land in eine Gefängnisinsel verwandelt. Dabei hat es bei 25 Millionen Einwohnern gerade einmal 2100 Coronafälle mit tödlichem Ausgang gegeben. Was sich dort abspielte, war das Ergebnis von Verschärfungen der Verschärfung von allerlei »vernünftigen« No-​Covid-​Maßnahmen, bei denen der Mensch auf der Strecke bleibt, weil er nur noch als potentielle Virenschleuder betrachtet wird. Auch Deutschland hat sich dieser Strategie weitgehend angeschlossen. Forderungen nach harten Sanktionen gegen jeden Abweichler, hartes polizeiliches Vorgehen gegen uneinsichtige Kritiker bis hin zur offenen Befürwortung von Gewalt inklusive Schusswaffengebrauch [4] gegen Demonstranten wurden laut. Wer erst einmal davon überzeugt ist, dass vom Anderen eine potentiell tödliche Bedrohung ausgeht, der ist eben selbst auch zu Allem bereit.

Ein verantwortungsvoller Umgang würde darin bestehen, Panik zu vermeiden, allgemeine Entwarnung zu geben und Schutzmaßnahmen für diejenigen zu treffen, die ihrer bedürfen und dies explizit wünschen. Stattdessen werden tagtäglich neue Drohkulissen aufgetürmt und die Gesundheitspolitik in der Krise nimmt immer absurdere Züge an. Der Staat scheint sich neuerdings als ideeller Gesamtmediziner zu verstehen, der die Volksgesundheit der bedrohten Bevölkerung um jeden Preis schützen will. Leider kennt er nur eine Krankheit. Somit werden als Kollateralschäden nicht nur falsch positiv getestete Gesunde sinnlos in Quarantäne gesteckt und die Unterversorgung Pflegebedürftiger weiter verschärft, man erhöht auch noch das Risiko, dass Kranke nicht die richtige Behandlung bekommen: Damit ist nicht nur die über eine Leitlinie der WHO nach Deutschland importierte und während der ersten Welle noch betriebene Fehlbehandlung durch einseitiges Setzen auf invasive Beatmung gemeint, die bestehendes Fachwissen ablöste und einige Todesopfer gekostet haben dürfte [5, 6]. Das schlichte Festhalten an der pseudowissenschaftlichen Methodik der Diagnose basierend rein auf einem positiven, verpflichtenden PCR-​Test legt die Vermutung nahe, dass Patienten aufgrund dieser fragwürdigen Praxis letztendlich einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sind, unterdiagnostiziert abgefertigt, und dann auch noch isoliert zu werden. Statt zu begreifen, dass das plötzliche Fast-​Verschwinden der Zahl von Influenzafällen in der Statistik nicht das Verschwinden der gleichnamigen Erkrankung, sondern einfach nur die Untererfassung dieser Fälle durch einseitige Fokussierung auf Coronafälle anzeigt, verbucht die Presse dies allen Ernstes noch als Erfolg der Abstands- und Maskenregeln, sowie der Politik der Lockdowns, deren Nutzen genauso fragwürdig und keinesfalls wissenschaftlich eindeutig belegt ist.

Der vor Kurzem neu vereidigte Gesundheitsminister kann stellvertretend für eine Politik der Ökonomisierung eines Gesundheitswesens betrachtet werden, das nach dem Fließbandprinzip funktionieren soll, den Patienten als Ware ansieht, und auf maximaler Ausbeutung seiner Angestellten beruht [7]. Er ist wahrhaftig ein Herr der Fliegen, der während der Pandemie wie schon sein Vorgänger vornehmlich durch Drohungen, autoritäre Erziehungsmaßnahmen und Bevormundung der verachteten Bürger aufgefallen ist. Zusammen mit Ulla Schmidt (Kabinett Schröder) war er mitverantwortlich für die Etablierung eines Fallpauschalsystems, einem Vergütungssystem für medizinische Eingriffe, das bald dafür sorgte, dass Deutschland Weltmeister im Verpflanzen künstlicher Hüften oder etwa bei Kniespiegelungen wurde. Genauso wie heute hospitalisierte Coronafälle besonders häufig auftreten, nachdem die entsprechenden Prämien dafür geschaffen wurden und umso inflationärer getestet wird, egal wie sehr die Faktenchecker dies bestreiten [8]. Demgegenüber werden Krankenhausbetten immer »seltener«, es existieren sogar großzügige Prämien im 4‑stelligen Bereich pro abgebautem Bett. Denn im Gegensatz zu dem was die Regierung vor den Fernsehkameras verkündet um ihre Zwangsmaßnahmen zu begründen, und was dann von hörigen Journalisten und Medienmachern durch passende Bilder unterlegt wird, sieht sie »keinen Bedarf, den Ausbau weiterer intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten zu fördern« [9], sondern folgt seit Jahren eher den Interessen des Profits, die einen Abbau zum Zwecke optimaler Auslastung favorisieren. Wo die Belegungszahlen hoch waren, waren sie dies in erster Linie weil man Ressourcen abgebaut hat [10]. Dies sollte niemanden verwundern, denn die Knappheit durch Unterbesetzung im Gesundheitswesen ist aus Rentabilitätsgründen seit Jahrzehnten gewollt. Nicht nur von den Klinikvorständen, die an der Knappheit gut verdienen, sondern auch von Seiten der Politik. So fordert Lauterbach bereits seit Jahren unter Berufung auf eine Studie der Bertelsmann-​Stiftung eine weitere Optimierung, das heißt massive Schließungen von Kliniken im ländlichen Raum und die Konzentration auf einige wenige, größere Häuser in den Großstädten. Die große Beliebtheit und Wiederwahl solcher Politiker, die das Gesundheitssystem massiv verschlanken, mit dem Ziel, Angestellte wie Ressourcen möglichst effizient ausbeuten zu können, während sie gleichzeitig behaupten, Skiurlauber, feiernde Jugendliche – oder schließlich die Ungeimpften – seien daran Schuld, dass das System stark ausgelastet sei, zeigt den Stand des Bewusstseins in den Medien, die diese Nachrichten bereitwillig verbreiten, sowie den der anständigen Bürger, die sich berufen fühlen, sich über die derart Beschuldigten zu erheben. An pflichtbewussten Moralaposteln, von denen jeder gerne den ersten Stein werfen wollte, mangelt es dabei wahrlich nicht.

Lanciert wird die Politik dabei von einer Reihe Experten, Exponaten einer als unfehlbar präsentierten Wissenschaft: »Wenn Prof. Drosten es behauptet, dann muss es stimmen!« – Aber vorige Woche, meinen Sie, hat er noch das Gegenteil gesagt? – »Das ist eben Wissenschaft, ständig in Bewegung und immer bereit sich zu korrigieren!« Nicht zufällig liefern solche Experten genau die Stichworte, welche die Machthaber gerade benötigen, um weitere Einschränkungen begründen und prinzipiell gegen jeden Menschen vorgehen zu können: »asymptomatische Übertragung nicht ausgeschlossen«, »Kinder möglicher Weise besonders ansteckend«, »Maskentragen schützt (nicht)«, »Impfung ist (kein) Gamechanger«, »Herdenimmunität schützt (nicht)«, und so weiter lauteten die Aussagen, die sich im Detail sogar oft widersprechen oder von den Personen selbst revidiert werden. Ob Drosten, Kekulé oder auch Stöhr, der bereits 2004 öffentlich prophezeite, an der Vogelgrippe würden bald »zwischen 2 und 7 Millionen« Menschen versterben: Offensichtlich hat sich ein Wettbewerb entwickelt, sich in der Öffentlichkeit an epidemiologischen Worst-​Case-​Szenarien zu überbieten.

Für einen Vorzeigeprofessor der »unternehmerischen Hochschule« und der deutschen »Elite-​Universitäten«, für den Erkenntnis und Wissen ein Gut und eine Ware ist wie jede andere auch, ist die Gunst der Stunde gekommen. Nie war die Nachfrage nach besorgniserregenden Botschaften und praxisrelevanten Aussagen so hoch wie jetzt. Und er bedient sie gerne! Besonders komisch wirkt Professor Drostens Umgang mit Kollegen: Wenn diese teilweise Kritik anmelden, so bringt er gegen diese »tendenziöse Wissenschaft« mittels Twitter-​Kanal ganz einfach eine aufgebrachte Öffentlichkeit in Stellung, so wie man das in der Vergangenheit von #MeToo oder #aufschrei-​Debatten her kennt. So sieht wissenschaftlicher Diskurs im 21. Jahrhundert aus. Diese Farce, welche darin vollendet wird, dass manche seiner Kritiker daraufhin tatsächlich umfallen und sich teilweise auch noch öffentlich bei ihm entschuldigen [11], erinnert unfreiwillig an die bittere Geschichte eines gewissen Lyssenko, mit dem aufgrund seiner Nähe zur Partei in der ehemaligen UdSSR seinerzeit freilich niemand mehr einen wissenschaftlichen Disput austragen wollte. Wer außer Reichweite ist, der kann lachen über die albernen Machenschaften solcher Experten oder schüttelt staunend den Kopf. Ansonsten schweigt man besser, wenn man nicht den Shitstorm seiner Follower ernten, oder wie ein Wodarg enden will. Vor Kurzem ist herausgekommen, dass Prof. Drosten auch in die Vertuschungen um den Ursprung des Virus involviert gewesen ist (die Fledermaus und das Pangolin sind unschuldig!) und diesbezüglich seit Beginn 2020 bewusst falsche Vermutungen gestreut hat [12], ohne dass dies in Deutschland einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden wäre. Über welche Fragen diese sogenannten Experten, die zum Teil wie Stars gehandelt werden, sonst noch bewusst die Unwahrheit verbreiten oder falsche Vermutungen anstellen – asymptomatische Übertragbarkeit, Nicht-​Vorhandensein einer Herdenimmunität, etc. – wird man vermutlich niemals erfahren. Hierin wird die Deckungsgleichheit der Interessen der verschiedenen Pandemiebekämpfer aus Politik, Wissenschaft und Medien besonders deutlich. Mit Wissenschaft im Sinne eines Bemühens um Wahrheiten, die es zu ergründen und begreifen oder gar aufzuklären gilt, haben solche Hampelmänner, wie sie auch an der Spitze des RKI sitzen, das bis heute keine belastbaren Zahlen zu pandemierelevanten Fragestellungen (Grundimmunität, Durchseuchungsgrad, Risikoreduktion und Nebenwirkungen von Impfstoffen, Nutz- und Schadwirkung getroffener Maßnahmen, usw.) liefern kann und dies auch nicht für erstrebenswert erachtet, jedenfalls nichts zu tun. Im Gegenteil, sie sind derzeit wohl ihre größten Feinde. Für Schäden, welche die von ihnen induzierten Maßnahmen zu Folge haben, lehnen sie bereits jetzt jede Verantwortung ab [13]. Stattdessen folgt stets das allergrößte Gekreische auf jede Infragestellung ihrer Aussagen. Eine solche Wissenschaft ist bereits vollständig instrumentalisiert und reines Herrschaftsinstrument. Wer sich ihr nicht unterwirft oder es wagt, die herrschende Meinung zu hinterfragen, der gilt gesellschaftlich als Leugner – genauso wie man in unaufgeklärten Gesellschaften Ungläubige als Gottesleugner bezichtigt und geächtet hat. Ein kritischer Dialog mit Ketzern darf nicht stattfinden.

Die Spaltung der Gesellschaft in Geimpfte und Ungeimpfte – neuerdings Vernünftige und Unvernünftige – ist rein spektakulär, und genau deswegen wird sie auch weiter vorangetrieben. Den Politikern kann sie nur nützen. Während die Öffentlichkeit darüber diskutiert, ob und wie weit dies gerechtfertigt ist, können sie sich bereits andernorts profilieren und gesetzliche Tatsachen schaffen. Die Aufwärmung des »Intensivbettenschwindels« [14] aus dem Vorjahr – jetzt in der verschärften Variante, dass Ungeimpfte die hohe Auslastung und eine »Verstopfung der Kliniken« zu verantworten hätten, garniert mit gefälschten Zahlen und medialen Bildern – wird ein weiteres Mal ein Erfolg. Sie festigen den Ausnahmezustand und sollen jetzt sogar den medizinischen Zugriff auf den Körper des Einzelnen rechtfertigen. Ganz zu schweigen von den Milliarden-​Deals mit Impfstoffherstellern die mit davon abhängen.

Von den Befürwortern einer Impfpflicht wird die Pockenimpfung immer wieder gerne als Beispiel angeführt. Dies ist irreführend aus zwei Gründen: Zum einen weckt es die Illusion, Coronaviren könnten durch Impfen genauso ausgerottet werden wie die Pockenkrankheit. Dies ist jedoch unmöglich aufgrund der raschen Mutationsrate von Erkältungsviren und des häufigen Auftretens von Zoonosen. Ganz zu schweigen davon, dass bis heute keine Impfung gegen SarsCov‑2 verfügbar ist, die eine sterile Immunität erzeugen könnte. Zum Anderen wird bei dieser Art der Propaganda verschwiegen, wie hoch die Kollateralschäden bei der massenweise durchgeführten Pockenimpfung waren: Seit 1949 traten in der BRD weniger als 10 Ausbrüche auf, da die Krankheit bereits enorm zurückgedrängt und praktisch ausgerottet war (bei den Ausbrüchen handelte es sich um Einschleppungen durch Reiseverkehr in ferne Länder). Dafür starben laut Paul-​Ehrlich-​Institut im gleichen Zeitraum über 400 Menschen an den Folgen der prophylaktischen Impfung und über 4000 weitere erlitten bleibende Behinderungen, bis die Impfkampagne im Jahr 1976 eingestellt wurde. Ab 1967 war die Pockenimpfung auf Beschluss der WHO zur Pflicht geworden [15]. Das heißt nicht, dass die Pockenimpfung als medizinischer Eingriff per se zu verwerfen ist. Es sollte aber bezweifelt werden, ob die Praxis des massenhaften Zwangsimpfens in Deutschland bei der bereits sehr niedrigen Prävalenz der Krankheit sinnvoll war, und zeigt vor allem wie wichtig medizinisches Augenmaß im Hinblick auf ergriffene Maßnahmen ist [16]. Ein solches kann nicht von oben per Gesetz beschlossen werden, sondern setzt immer eine individuelle Betrachtung voraus.

Da die Prävalenz von Sars-​Cov‑2 ebenfalls sehr gering, und obendrein für die meisten Menschen nicht einmal gefährlich ist, ist die demgegenüber aufgekommene Furcht vor Langzeitschäden durch schwerwiegende Impfkomplikationen verständlich. Die von Politik und Funktionären immer wieder geleugneten oder als »selten« deklarierten schweren Nebenwirkungen (also Nebenwirkungen die tödlich, lebensbedrohlich, oder irreversible Folgen wie zum Beispiel Behinderungen nach sich ziehen) können aufgrund der bereits verfügbaren Daten in der Größenordnung von mindestens 1:5.000 quantifiziert werden [17]. Das ist dann immerhin doppelt so häufig ist wie 4 Richtige im Lotto, und die kommen nicht so selten vor – insbesondere wenn man regelmäßig spielt – also nach Maßgabe der Politik – alle 3 bis 6 Monate eine Impfung bekommt. Mit dem Drang oder Zwang zum Impfen führt der Staat also genau das herbei, was er zuvor als Drohkulisse aufgebaut hat: Eine abgewandelte Triagesituation, bei der Menschenleben geopfert werden für eine politische Zielsetzung (niedrige Inzidenzwerte) sowie die bloße Behauptung, dass dadurch andere geschützt werden würden. Wird man den so geopferten Menschen für ihren solidarischen Einsatz eines Tages ein Denkmal setzen so wie ehedem für Gefallene im Krieg? Eine solche Überlegung ist freilich purer Zynismus. Doch wer den verharmlosenden Umgang der Behörden mit Impfnebenwirkungen verfolgt hat, über die eine heilige Omertà ihren verdeckenden Schleier wirft, der wird sie nachvollziehen können. Und bei den erwähnten Zahlen wurde noch nicht einmal berücksichtigt, dass passiv erfasste Statistiken von Nebenwirkungen deren tatsächliche Häufigkeit erwartungsgemäß um den Faktor 20 unterschätzen.

Dennoch blöken die Schafe im ganzen Land nach einer Impfpflicht, um die Unvernünftigen zu zwingen oder zu bestrafen. Bernd Ulrich (DIE ZEIT) in einer Talkshow: 

Man muss jedenfalls mal anerkennen, dass zwei Drittel bis drei Viertel der Deutschen sich in den letzten zwei Jahren fast überwiegend vernünftig verhalten haben – und solidarisch. Die wurden nur nicht vor der unvernünftigen Minderheit geschützt. (…) Die wichtigste Regel in der Demokratie ist die Mehrheitsregel, und die Mehrheit muss das, was sie sich selber vornimmt, wo sie die Leute für gewählt haben, dann auch durchsetzen, damit das Projekt überhaupt gelingt …

Wenn die Mehrheit der Griechen beschließt, dass Sokrates den Tod verdient hat, ist diese Entscheidung dann deswegen richtig und gerecht, weil sie per Mehrheitsregel »demokratisch« entschieden wurde? Schon Schulkinder kennen die Geschichte und erkennen hierin einen Akt der Grausamkeit und eine barbarische Eskalation des Rechts des Stärkeren. Mit Demokratie hat dies freilich gar nichts zu tun! Nicht einmal einem Zeit-​Redakteur ist so viel Dummheit zuzutrauen, dass ihm diese einfachen Widersprüche nicht bekannt wären. – Doch allein durch Dummheit ist die Bereitwilligkeit solcher Medienmacher, die wenigen bereits beanspruchten Stützpfeiler der Zivilisation zu fällen, nicht zu erklären. Hier treffen wir eine alte Bekannte wieder, die alte »Banalität des Bösen«: Am Ende behaupten solche Leute natürlich, nur ihren Job gemacht zu haben, indem sie dringende Themen an die Öffentlichkeit gebracht und diskutiert hätten. Tatsächlich handelt es sich um die billigste Propaganda, bei der es darum geht, kritische Stimmen mundtot zu machen, indem man sie moralisch ins Abseits stellt, und in der Folge nur noch mit Menschen diskutieren muss, die ins gleiche Horn blasen wie man selbst und die bereit sind, derartige Beleidigungen des Geistes bereitwillig hinzunehmen.

Man kann und will es nicht ertragen, dass der großen Idee – dem Allheilmittel, dem sie als gewissenhafte Journalisten nur zustimmen können – irgendetwas im Wege steht. Man will auf jeden Fall mit dabei sein, wenn die große Idee endlich durchgesetzt und umgesetzt wird. Folglich muss nicht nur die freie Entscheidung jedes Einzelnen, sondern sogar jeder Einspruch gegen diese »Vernunft«, insbesondere auch die Proteste für Grundrechte und gegen Impfzwang, unmöglich gemacht werden. Weil man diese »Unvernunft« zu widerlegen allerdings nicht im Stande ist, greift man zum Werkzeug der Diffamierung:

Die Mittel der Vernunft verbinden sich mit den wildesten Verschwörungstheorien – wie jenen von Bill Gates als großem Drahtzieher der Pandemie. Die Mittel der Kritik werden untermauert durch Wahnvorstellungen – wie jene vom Chip, der mit der Impfung implantiert wird. Um nur die gängigsten zu nennen. (…) Indienstnahme der Vernunft durch die Unvernunft. Dann werden aus Mitteln der Aufklärung Mittel der Gegenaufklärung. So wird der notwendigen und berechtigten Kritik der Boden entzogen. Kurzum – wir haben es mit einer Usurpation der Aufklärung zu tun. [18]

Das Narrativ der verschwörungstheoretischen, irrationalen Proteste und Kritiker ist überall das gleiche. Dabei werden die Äußerungen von Wenigen zum generellen Vorwurf erhobenselbst dabei noch völlig unkritisch: Als ob nicht gerade die Skepsis gegenüber der Selbstverständlichkeit, mit der ein Laie wie Bill Gates mit seinen größenwahnsinnigen Weltverbesserungsideen von den Leitmedien zum großen Menschenfreund, Experten und Retter aus der Pandemie hochstilisiert wird (zum Beispiel im 45-​minütigen Interview bei Maischberger [19]), und gegenüber des Gleichklangs mit dem eine Mehrheit in der Politik seine Ideen offensichtlich teilt und umsetzen will, ohne dass andere Stimmen auch nur angehört werden würden, ein Zeichen von Restvernunft wäre. Freilich mag manche Äußerung auch irrational oder sogar offenkundig falsch sein, aber gerade in diesem Vorwurf selbst liegt schon die nächste Fehlannahme: Als ob Aufklärung je bedeutet hätte, dass Unvernunft oder Unwissenheit als solche, jeglicher Irrtum gar, auszuschließen sei – und jede falsche Aussage, Irrtum oder mutmaßliche Lüge, demnach unzulässig. Die Parlamente dieser Erde wären die ersten Orte, die man dicht machen müsste!

Doch mit derart falschen Argumenten und wahrhaft plumpen Lügen fordern die Fabrikanten der herrschenden Meinung ein härteres Vorgehen gegen abweichende Stimmen, die ihnen zufolge schädlich sein sollen:

Gegen die ›Zumutungen‹ eines eingreifenden, regulierenden Staates begehren sie nun im Namen ihrer persönlichen Freiheit auf. (…) Es ist ja keine Neuigkeit, dass die ökonomische Freiheit alle Freiheitsvorstellungen usurpiert hat, diese umdefiniert hat. Zur freien Konkurrenz. Der Neoliberalismus hat seine Interpretation von Freiheit durchgesetzt, und das heißt: Er hat die Freiheit zu dem gemacht, was uns unterwirft. (…) Kurzum: Dies ist die Rückkehr der neoliberalen Botschaft in verkehrter Form. [20]

Mit solchen albernen, linken Ressentiments kommt die TAZ daher, die weiter von der Realität nicht entfernt sein könnten, und selbst für sich genommen falsch sind: Niemals hat der »Neoliberalismus« irgendwelche persönlichen Freiheitsrechte gestärkt – der Ausdruck selbst bezeichnet ja in erster Linie die Praxis der weitgehenden Privatisierung volkswirtschaftlicher Infrastruktur und der endgültigen Durchsetzung der Gesetze der globalen Märkte, denen der Mensch wiederum unterworfen ist. Das genaue Gegenteil ist also richtig und man fragt sich auch hier, wie eine TAZ-Journalistin zu derart falschen Einschätzungen kommt. Noch verrückter ist die Unterstellung, ein Impfpflichtgegner oder Maßnahmengegner argumentiere automatisch im Sinne neoliberaler Freiheiten. Dabei ist es doch offenkundig, dass größere Unternehmen nicht im geringsten unter den Maßnahmen gelitten haben. Im Gegenteil wurden, z. B. in der Automobilindustrie, durch Ausgleichszahlungen und per Ausnahmezustand gelockerte Arbeitsrechte erneut Rekordgewinne eingefahren haben – ganz zu schweigen von den Onlinemärkten und Versanddiensten. Genauso verhält es sich mit den Krankenhauskonzernen: Ausnahmezustand (»Katastrophenfall«) bedeutet für die Angestellten, dass sie auf Abruf eingesetzt werden können und noch schamloser ausgebeutet werdenes geht ja jetzt um die Rettung von Menschenleben! Obendrein gab es saftige Prämien, für die die Krankenhausvorstände kaum eine Gegenleistung erbringen mussten. Und schließlich die Pharmaindustrie: die mRNA-​Technik verbilligt die Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen um ein Vielfaches, die relative Mehrwertrate ist also ungleich höher als dies bei herkömmlichen Impfstoffen der Fall war. Laut Handelsblatt vom 15. Januar 2022 ist Biontech für fast ein Fünftel des deutschen Wirtschaftswachstums des Jahres 2021 verantwortlich [21]. Und hinter solchen Konzernen stehen wiederum noch weitaus mächtigere Finanzkapitalanleger. Politik war sicherlich schon immer käuflich, aber so offensichtlich wie heute hat die Prostitution noch selten stattgefunden. Da die Schutzwirkung dieser Impfstoffe gegen den viralen Infekt nachweislich gering, sowie ihr Potential zur Eindämmung der Pandemie nahe null ist, dürfte mittlerweile jedem klar sein, welche Interessen sich politisch durchsetzen, und warum auch ein erhebliches Interesse bestehen muss, den Zugriff auf den menschlichen Körper notfalls gesetzlich aufzubrechen. Da es im Wirtschaftssystem schon länger kriselt, und man wachstumstechnisch gegenüber Amerika und besonders China zurückfällt, ist man gerne bereit, dem Kapital hier einen Markt zu eröffnen. Wenn also Kanzler Scholz auf dem Weltwirtschaftsgipfel für eine »wahrhaft globale Impfkampagne« und für eine 70-​prozentige weltweite Impfquote wirbt, sich also dazu herablässt die größenwahnsinnigen Ideen von Gates und der Pharmaindustrie sich streberhaft zu eigen zu machen, dann ist klar wessen Knecht diese armselige Gestalt ist [22]. Ob dies in Deutschland über eine gesetzliche Impfpflicht, oder durch »Anreize« wie z. B. 2G/​3G-​Regelungen geschieht, die man dann zukünftig per EU-​digital identity [23] jederzeit überwachen und sanktionieren kann, wird dabei letztendlich zweitrangig sein. 

Die kommenden Digitalisierungsprojekte, welche auf eine allumfassende, auch gesundheitliche, Überwachung der Bevölkerung abzielen, sind weitere vom Plattformkapitalismus à la Facebook inspirierte Milliardenprojekte und gehen weit über das hinaus was man einst unter dem Begriff des »gläsernen Bürgers« vorhersagte. Nicht zufällig sieht die WHO für die nächste Pandemie die »Infodemiology«, das heißt die verstärkte Gedankenkontrolle bezüglich der über auftretende Krankheiten im Umlauf befindliche Informationen vor [24]. Bereits jetzt löschen Facebook, Twitter oder YouTube Nachrichten, die nicht mit den Veröffentlichungen der Regierungsbehörden im Einklang stehen.

Die deutsche Linke ist bis in radikale Kreise hinein mit dabei, wenn es um die Bekämpfung von Impfgegnern und Querdenkern geht. Besonders liebt es diese »Antifa«, die den Schulterschluss mit dem Staat längst vollzogen hat, die Andersdenkenden als Nazis und Antisemiten zu beschimpfen. Es ist sicher klar, dass die Rechte einen Teil des Protests entweder ausmacht oder zu vereinnahmen sucht (AFD-​Mitglieder, Freie Sachsen, usw.). In der Breite sind sie jedoch eine verschwindende Minderheit, die von der Masse kritisch gesehen und soweit möglich ausgeschlossen wird. Der Antisemitismusvorwurf basiert daher weitestgehend auf der Unterstellung verschwörungstheoretischen Denkens, einer verkürzten Kritik, sowie eines unterstellten »Hasses auf die Eliten«. All dies seinen Merkmale eines strukturellen Antisemitismus, also ein »Antisemitismus (noch) ohne Juden«, wie den »Aktionswochen gegen Antisemitismus« der Amadeu-​Antonio-​Stiftung zu entnehmen ist [25]. Schon der Titel erinnert an die Werbeaktion eines Kaufhauses und tatsächlich ist der bei den Aktionswochen dargebotene Anti-​Antisemitismus besonders billig: Keinerlei kritische Begriffsabgrenzung, nicht einmal eine aktualisierte Diskussion der Tatsache dass zum Beispiel die sogenannten Verschwörungstheorien vom Impfzwang und der diskriminierenden Unterscheidung von Menschen nach Impfstatus längst bittere Realität geworden sind. Nicht einmal erwähnt wird, dass der Begriff als solcher seit jeher ein Kampfbegriff (genauso wie »Fake News« oder »Alternative Fakten«) gewesen ist, oder eine Erklärung wie er von der Einbildung und Behauptung einer jüdischen Weltverschwörung abzugrenzen wäre. Denn genau diese Abgrenzung soll offensichtlich verhindert werden: Man möchte angeblich »die Demokratie« vor »Corona Leugner*innen« schützen. Und dazu müssen eben sämtliche autoritären und faschistoiden Tendenzen in der BRD ausgeblendet werden egal wie offensichtlich sie sind. Nicht erst Postone hatte eine Instrumentalisierung des Holocausts kritisiert, die in einer Reduktion der Erinnerung und der Kritik des Naziregimes auf das Verbrechen der Judenvernichtung besteht [26]. So als wäre das ungeheuerliche Verbrechen an den Juden auch ohne die nazistische Ideologie der totalen Mobilisierung und der totalen Zurichtung der Gesellschaft für entfremdete Zwecke, einschließlich der Verfolgung und Liquidation politischer Gegner, denkbar oder möglich gewesen, sondern lediglich auf das Ressentiment und eine verbrecherische Regierung zurückführbar, die einen Sündenbock brauchte. So verstellte man durch eine plakative Gegenüberstellung von Demokratie und Diktatur schon früher den Blick auf das, was es zu begreifen gälte, nämlich, wie es gesellschaftlich so weit kommen konnte. Doch genau diese traurige, deutsche Nachkriegstradition der geläuterten Erinnerungskultur wird hier weitergesponnen, die Instrumentalisierung für aktuelle nationale Interessen diesmal in umgekehrter Richtung fortgesetzt: Die unsinnig-​schwammige Antisemitismusdefinition, dient hier nur noch einem Zweck, nämlich zu kritisieren ohne in die Verlegenheit einer weiterführenden kritischen Auseinandersetzung zu geratenalso zu nichts anderem als der Unterdrückung und Abwehr von Kritik unter Zuhilfenahme der Erinnerung an die verhängnisvolle Geschichte der Juden. Der Verweis auf »Gesellschaftliche Entwicklungen, die sich subjektlos vollziehen« (Thomas Haury), der hier vollkommen aus jedem sinnigen Zusammenhang gerissen wurde, wo es eigentlich um sehr konkrete Dinge geht (Ausgangssperre, Versammlungsfreiheit, alltäglicher zwischenmenschlicher Umgang, usw.), dient nur noch der Apologie der herrschenden Ideologie, indem jede Kritik an den Akteuren, Entscheidungsträgern oder Eliten unmöglich gemacht wird, sowie der Reinigung des eigenen Gewissens von jeglicher gesellschaftlicher Verantwortung.

Man könnte hier natürlich einwenden, dass es der Stiftung gar nicht um historische Verantwortung ginge. Aber selbst dann bleibt es eine Instrumentalisierung der Geschichte des Judentums für politische Zwecke. Wenn man ihre eigenen Kriterien auf sie selbst anwenden würde, müsste man zu dem logischen Schluss kommen, bei der Amadeo-​Antonio-​Stiftung handle es sich um eine antisemitische Organisation. Leider sind dies nicht einfach nur die Argumentationsmuster einer staatlichen Stiftung, sondern Teile einer Haltung, die auch von großen Teilen der deutschen Linken so ähnlich vertreten wird. Es sei an die Worte eines berühmten Logikers erinnert: »Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen«. Das gilt zumindest für den, der auf dem Boden der Logik, des vernünftigen Denkens im weitesten Sinne, sich bewegen will. Doch diesen Boden scheuen diese Linken offensichtlich wie die Pest, weshalb sie den eigentlichen Diskussionsgegenstand stets meiden müssen. Ein ulkiges Beispiel gibt auch ein Bericht der Antifa Friedrichshain ab, die sich keinen Reim machen kann aus den »Nazis raus!«-Chören einer Querdenker-​Demo [27]. Dabei ist ihr eigenes Unvermögen leider allzu leicht erklärlich: Wer keine Ahnung mehr hat von dem was man einst Klassenkampf nannte und diesen auch auf keinen Fall mehr führen will, abgesehen von den üblichen, leeren »Kapitalismus ist gemein« – Lippenbekenntnissen, dem müssen natürlich die Beschwerden der Querdenker über den unerträglichen und unverantwortlichen Einfluss von privaten Stiftungen und Konzernen sowie deren Vertretern auf die Gesundheitseinrichtungen und die Gesellschaft im Allgemeinen wie reine Verschwörungstheorie vorkommen. Mit ihrem verkürzten und substanzlosen Gefasel vom »subjektloser Herrschaft« (was bei ihnen nichts anders mehr bedeutet, als dass Ross und Reiter aus Politik und Wirtschaft nicht genannt werden sollen), das die konkrete gesellschaftliche Wirklichkeit ausblendet, tragen sie selbst zur Mystifizierung der Klassengesellschaft bei und leisten damit, zitiert seien Adorno und Horkheimer, dem Antisemitismus Vorschub: »Die produktive Arbeit des Kapitalisten (…) war die Ideologie, die das Wesen des Arbeitsvertrages und die raffende Natur des Wirtschaftssystems überhaupt zudeckte. Darum schreit man: Haltet den Dieb! Und zeigt auf den Juden.« [28]

In ein ähnliches Horn bläst auch die ewige Nachtrab von der Krisis in einem Artikel über Protestaktionen gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht [29], der anscheinend so wichtig ist, dass er zusätzlich noch in der Wochenzeitung Jungle World veröffentlicht wurde. Während die Impfpflicht im Gesundheitswesen zur Bedrohung für bereits über 100.000 Angestellte [30] wird, sorgt sich die Krisis allerdings um die schwierige Situation der Gewerkschaften und Betriebsräte, die jetzt vor der schwierigen Aufgabe stünden, «einem nicht unerheblichen Teil der Belegschaft zu verstehen [zu] geben, dass er auf dem falschen Trip ist. (…) Denn für die Entlassung ungeimpfter Kollegen können Gewerkschafter schlecht eintreten.» Als kapitalismuskritische Gruppe hat die Krisis die Geschichte der Gewerkschaften sicherlich ausführlich studiert, so dass man ihr kaum einen Vorwurf machen kann für die Annahme, die Aufgabe einer Gewerkschaft bestünde darin, die Angestellten gemäß den Anforderungen der Chefs, der Politik, oder neuerdings der verängstigten Öffentlichkeit zurechtzustutzen, und nicht etwa in der Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder, die vielleicht einfach gerne selbst über an ihnen zu vollziehende medizinische Eingriffe entscheiden würden. Dies liegt freilich in ihrer Natur, die auch in der deutschen Gewerkschaftsgeschichte überall zu Tage tritt. Das Vorgehen gegen Arbeiter, die sich kritisch über Atomkraft geäußert hatten, oder die schweigende Zustimmung zu Notstandsgesetzen sind noch harmlose Beispiele für die polizeiliche Betätigung dieser Vereine. Der Krisis-Artikel liefert somit ein Paradebeispiel zeitgenössischer linker Pseudokritik. Im Glauben, die Gesellschaft bereits ausreichend analysiert zu haben, während sie stets nur sich selbst damit befriedigen, immer noch alles auf die ewige Wiederkehr der marxschen Formel G‑W-​G (plus Krisentheorie!) reduzieren zu können, kommen sie in ihren Kommentaren zu aktuellen gesellschaftlichen Zusammenhängen niemals über die Reproduktion linker Ideologieversatzstücke hinaus, die hier die Gestalt des Ressentiments gegen »Impfgegner« annimmt. Einmal kritisch zu betrachten, wie es sein kann, dass alle nur irgendwie sich in thematischer Nähe befindenden Interessensvertreter das gebündelte Scheinwerferlicht der medialen Pandemieöffentlichkeit zu ihrem eigenen Vorteil für sich zu nutzen wissen, während die Gewerkschaften es schaffen, dass das Personal im Gesundheitswesen ein weiteres Mal komplett leer ausgeht, kommt diesen Kritikern nicht in den Sinn, da sie es nicht einmal als bemerkenswert erachten. Wäre es nicht wenigstens jetzt an der Zeit gewesen, – erinnert sei demgegenüber an die bereits zuvor erwähnte verlogene Panikpropaganda des Intensiv- und Notfallmedizinerverbandes DIVI – darauf hinzuweisen, dass der Notstand in den Kliniken einschließlich der Intensivstationen so gut wie nichts mit Corona, dafür aber sehr viel mit Personalmangel auf Grund schlechter Bezahlung und miserabler Arbeitsbedingungen zu tun hat? Aber nein – dies könnte ja die Gewerkschaften und Betriebsräte unter Umständen in die schwierige Lage versetzen, die für sie so erfolgreiche Burgfriedenspolitik mit den Konzernen und Aufsichtsräten aufzugeben! Allen Ernstes ist es für Krisis hingegen ein Erfolg, wenn die Gewerkschaften Verdi und Nahrung-​Genuss-​Gaststätten (NGG) »für die Zivilbeschäftigten der Stationierungsstreitkräfte eine Impfprämie von 100 Euro durchgesetzt haben«. Zu dem eigentlichen Thema sowie seiner Einordnung in gesellschaftliche Verhältnisse sich herabzulassen, es zum Gegenstand von Kritik zu machen, kommt diesen Linken nicht in den Sinn. Wichtig ist ihnen, vor »extrem rechten« Akteuren zu warnen, die sich an den Protestaktionen beteiligen. Dazu kann man nur sagen: Vielen Dank, Krisis! Ohne euch hätte das sicher gar keiner bemerkt. 

Wenn man in dieser würdelosen Zeit etwas Positives erkennen möchte, dann wäre das sicherlich die endgültige Selbstentlarvung des linken Spießertums. Wer soll solchen Leuten noch irgendetwas glauben, die sonst überall jede noch so vage Diskriminierung aufspüren wollen, und die hierfür quasi jeden Menschen (besonders alte, weiße, männliche) erst einmal auf potentiell diskriminierende Einstellungen hin abklopfen, die aber angesichts konkreter staatlicher Ausgrenzung und Gängelung Ungeimpfter und Andersdenkender schweigen oder diese sogar noch befürworten? Dass es sich dabei um nichts anderes handelt, als eine besonders verlogene Variante bürgerlicher Moralvorstellung, ist nur allzu offensichtlich.

In dem Maße wie die »Verschwörungstheorie« die Welt besser erklärt als die Zeitungen und Magazine, haben die Redakteure natürlich ein peinliches Problem. Denn Ideologie kann man nicht mit Ideologie bekämpfen, sondern nur mit Aufklärung. Aber dazu ist man nicht in der Lage, würde es doch bedeuten, den Mächtigen die Stirn zu bieten. Viel bequemer ist freilich die unhinterfragte mediale Gleichschaltung von oben [31, 32]. Dementsprechend sind die Faktenchecker über wenige Jahre zum letzten Schrei geworden, deren Arbeit in nichts anderem besteht, als unerwünschte und kritische Ansichten zu diffamieren, indem sie scheinbar widerlegt und somit als Falschbehauptung bezeichnet werden. So muss sich der Leser kein Kopfzerbrechen mehr bereiten, denn das Vertrauen in das konforme System wird wieder hergestellt. Nachdem die Presse es auch nach zwei Jahren Pandemie nicht schafft, die 7‑Tage-​Inzidenz aus den Schlagzeilen zu nehmen, obwohl selbst hochrangige Politiker sich gezwungen sahen, zuzugeben, dass diese Test-​Inzidenz absolut nicht dazu geeignet ist, irgendwelche sinnvolle Aussagen zum Infektionsgeschehen zu treffen, hat sie ein weiteres mal ihre vollkommene Reflexionsunfähigkeit unter Beweis gestellt. Es ist geradezu aberwitzig, dass ausgerechnet eine solche Medienlandschaft sich ständig auf Vernunft und Wissenschaft beruft.

Geistesgeschichtlich hat die moderne Wissenschaft bekanntermaßen eher einen anderen, gerne verdrängten Ursprung – nämlich den der Aufklärung, welche seit je »im umfassendsten Sinn fortschreitenden Denkens das Ziel verfolgt (hat), von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie als Herren einzusetzen [33]«. Vernunft im Sinne der Aufklärung existiert nur als die Vernunft des einzelnen Menschen. Eine kollektive, höhere oder gar oktroyierte Vernunft ohne Einsicht des Individuums kann es nicht geben, genauso wie es eine Vernunft der Masse nicht geben kann. Insofern ist die Behauptung eines wie auch immer gearteten volonté general (Rousseau) von seitens der Regierung, ganz gleich wie diese konstituiert ist, immer schon Ideologie. Die Grund- und Menschenrechte als Errungenschaften der Aufklärung sind immer als Schutzrechte des Einzelnen gegenüber des Staates und der Mächtigen zu begreifen. Der Satz aus Artikel 1, »Die Würde des Menschen ist unantastbar« ließe sich so interpretieren. Der Mensch als Wesen, das in Körper, Seele (Gefühlserleben) und Geist (Vernunft) individuell in Erscheinung tritt soll vor dem staatlichen Zugriff und vor der Zurichtung für wie auch immer geartete Zwecke geschützt sein. Das Grundgesetz fußt hier auf die unmittelbare geschichtliche Erfahrung des dritten Reiches, in dem der Einzelne nichts war – beziehungsweise sich auf das zu reduzieren hatte, was im Sinne der herrschenden Meinung erwünscht war –, der Staat und seine Ideologie (Nation, Vermögen, Rasse, usw.) hingegen alles. Den Menschen in seiner Würde zu achten, daraus lassen sich direkt weitere allgemein bekannte Grundrechte ableiten, zum Beispiel die Freiheit von Wort und Schrift als Achtung der Vernunftbegabtheit jedes Einzelnen. Ebenso natürlich folgt daraus ein Folter- und Demütigungsverbot, also die Achtung von Körper und Seele als Unverletzlichkeit der Person. Auch eine Bewegungsfreiheit lässt sich daraus ableiten, der Schutz vor willkürlichem Festhalten oder Einsperren von Personen. Alles Rechte, die das Individuum vor Übergriffen und Bevormundung durch den Staat oder anderen, dem Einzelnen gegenüber übermächtigen Institutionen, schützen sollen. Wenn momentan also gerne das verbriefte Grundrecht auf Unversehrtheit der Person gegen sich selbst in Stellung gebracht wird, zum Beispiel indem behauptet wird, ein jeder müsse sich impfen lassen zu Gunsten einer behaupteten körperlichen Unversehrtheit anderer, und der Staat hätte dies durchzusetzen, dann ist das nichts anderes als Bauernfängerei.

Zusammenfassend begründen die Grund- und Menschenrechte ergänzt um einige weitere rechtsstaatliche Prinzipien den Liberalismus als vage Grundlage der modernen Demokratien, die sie sich gerne in Form einer Verfassung rechtlich verbriefen. Dass der Liberalismus selbst ideologischen Charakter hat, ist allgemein bekannt, und darauf wird später noch zurückzukommen sein. Offensichtlich werden in jedem Falle Grundrechte in den Händen der Machthaber und des Staates auch zum Herrschaftsinstrument. Denn durch sie wird letzten Endes entschieden, wie die Menschenwürde, die den Bürgern gerecht wird, konkret aussieht. Es werden sich noch viele an die nicht endenden Debatten zur Hartz 4 – Gesetzgebung erinnern: Hier einigte man sich schließlich darauf, dass kein 1‑Euro Job zu billig, keine Sanktionsmaßnahme zu hart sein könne – bis hin zur 100 Prozent-​igen Entziehung aller staatlicher Unterstützung einschließlich des Wohngeldes, also die Entlassung in die Obdachlosigkeit. Auch zur politischen Verfolgung kann es eingesetzt werden, bei der Jagd auf sogenannte Verfassungsfeinde, während die weitgehende Außerkraftsetzung der Verfassung durch den Staat selbst als legitim angesehen wird.

Die Politik und die Macht sind heute so anti-​aufklärerisch wie eh und je. Neu ist aber das Durchschlagen einer solchen ideologischen – im aktuellen Fall medizinischen – Agenda quasi über Nacht und über den Bereich der Medizin hinaus durch die Gesellschaft bis hinunter auf das letzte Refugium von Freiheit, das dem einzelnen Menschen innerhalb der Lohnverhältnisse bleibt. Es ist daher eine Parteiname für die entstandene Gegenbewegung im Sinne des Anliegens einer Rettung der Aufklärung unerlässlich. Nicht im Sinne einer Fetischisierung des Grundgesetzes, der Deklaration der Menschenrechte, oder des Rechtsstaates als ein bloßes Einfordern dieser Rechte, wie dies beispielsweise die Menschenrechtsorganisationen tun. So ehrbar deren Protest gegen die Grausamkeiten der Herrscher der Welt gegen die Untergebenen auch ist, man kommt nicht umhin zu bemerken, dass die Menschenrechte in diesem, heutigen Verständnis – bar jeglichen emanzipatorischen Gehalts – zu einem Regelwerk für die artgerechte Haltung von Menschen verkommen sind. Diese Verkürzung fällt also nicht nur hinter die übliche Legitimation der bürgerlichen Gesellschaft mit dem an sie geknüpften Gebrauch von Menschen als Arbeitskräften zurück, sie kommt ihrer negativen Aufhebung gleich. Einer Aufhebung, die rasch voranschreitet und jeden Einwand, jedes Pochen auf Selbstbestimmung, unter dem Vorwand der Pandemiebekämpfung oder einem anderen, angeblich höheren Gut, niederbügelt. Mit dieser Willkür tun sich Linke besonders leicht, denen Grund- und Menschenrechte heute als allzu »bürgerlich« (oder »neoliberal«, wie oben die TAZ) und egoistisch erscheinen, während jene Bürgerlichen sich wenigstens noch die Mühe geben, den Ausnahmezustand durch das Herbeireden immer neuer Drohkulissen zu legitimieren. Dass einst die Internationale das Menschenrecht erkämpfte, haben diese linken Bevormunder und Elendsverwalter, so sie davon überhaupt je gehört haben, längst vergessen. Wenn also Jutta Ditfurth also stellvertretend für den deutschen Mainstream twittert,

Was sind das für ekelhafte Menschen, die jahrzehntelang weder gegen Armut, Ausbeutung und Naturzerstörung, nicht gegen rassistische Morde und Antisemitismus auf die Straße gingen, aber jetzt einen ›FREIHEITSKAMPF‹ gegen 1 Virus, Rücksichtnahme und 1 Stück Stoff führen [34],

kommt darin genau die eben beschriebene reaktionäre Einstellung zum Ausdruck. Der vernünftige, anständige und privilegierte Deutsche, hat nicht für eigene Interessen zu streiken oder auf die Straße zu gehen, sondern nur selbstlos für Umweltschutz und andere von ihnen abgesegneten moralische Gebote einzutreten! In diesem Zitat ist die perverse Solidarität, mit der kritische und selbstbestimmte Menschen ausgegrenzt und ohnmächtig gemacht werden sollen, bestens auf den Punkt gemacht.

In diesem Sinne ist dieses Pamphlet den schlechtesten, ekelhaften Deutschen gewidmet: Denjenigen, die sich nicht vorschreiben lassen wollen, was sie zu tun oder zu denken haben, und die sich nicht im Zuge einer Ideologie entmenschlichen lassen; Denjenigen, die ihrerseits voller Ekel, voll von gerechtem Hass auf die verlogene vorherrschende gesellschaftliche Moral, die sie transportierende Medienlandschaft, sowie die korrupten polit-​ökonomischen Institutionen und Eliten sind, ob der Zumutungen die man ihnen auferlegt, sowie auf die bereitwilligen Lakeien und Denunzianten; Denjenigen, die sich der Dummheit und dem Reglementiertwerden verweigern, weil sie den behaupteten Schutz des Lebens als eine weitere Einschränkung des Lebens erkannt haben, in einer Gesellschaft die dem Menschen immer weniger zugesteht, immer weniger bieten kann, und die ihn nicht einmal mehr als Mensch im Sinne eines aufgeklärten Menschenbildes achten kann, weil sie ihn als Sicherheitsrisiko, als Überträger von Viren, als Kostenfaktor oder als potentiellen Störfaktor und Gefahrenträger im System ansieht. Gegen Hygienedeutschland und seine Experten!

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Verweise

[1] Kowall et al. Excess mortality due to Covid-​19? A comparison of total mortality in 2020 with total mortality in 2016 to 2019 in Germany, Sweden and Spain. PLoS ONE 16(8): e0255540. 10.1371/journal.pone.0255540

[10] Lausen & von Rossum. Die Intensiv Mafia. 2021

[26] M. Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus, ca Ira-​Verlag, 2005

[28] Horkheimer und Adorno, Elemente des Antisemitismus, Abschnitt III.

[33] Horkheimer und Adorno, Dialektik der Aufklärung. Begriff der Aufklärung

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