In den meisten EU‐Ländern und auch in den USA hat eine regelrechte Inflationswelle eingesetzt. Ihre Folge ist ein Absinken der Kaufkraft der um Lohn Tätigen, wobei die Geringverdiener am meisten betroffen sind, trifft die Teuerung doch sehr wesentlich Lebensnotwendiges.
Da ist zum einen der Weg zur Arbeit, der sich für viel zu viele eben nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erledigen läßt. Die Spritpreissteigerungen treffen diese hart, wobei das ausschließlich Spekulationsgewinne sind, die da schlagend werden. Denn weder beim Bedarf noch bei der Förderung hat sich irgendetwas geändert, seit der 2014 in der Ukraine begonnene Krieg noch heißer als zuvor wurde. Noch immer gibt es keine von der USA anbefohlene EU‐Sanktionen auf dem Gebiet der Energie, wobei hinzukommt, daß 2008 die Rohölpreise höher waren als jetzt.
Beim Gaspreis, wo stellenweise bereits eine Verdoppelung des Preises von Verteilern bekannt gemacht wurde, ist ebenfalls kein materieller Grund auszumachen dafür. Denn aus der Russischen Föderation kommt ungebrochen alles, was bestellt wird, auch über die Pipeline, die durch die Ukraine führt. Wobei die Ukraine schlecht beraten wäre, das abzudrehen, sind doch die Durchleitungsgebühren aktuell die einzigen realen Staatseinnahmen.
Geändert hat sich eigentlich gegenüber dem Vorjahr nur, daß die EU mittels Reglement verfügt hat im letzten Sommer, Gaspreise seien wie Strompreise an der Energiebörse festzusetzen und nicht über langfristige Verträge wie bisher. In diesen hat sich der Preis nicht verändert, aber es ist natürlich für einen Importeur ein hoch willkommener Extraprofit, wenn er auf der Börse den vierfachen, ja zehnfachen Betrag erlösen kann wie den, den er laut Vertrag dem Lieferanten zahlt.
Höhere Energiepreise schlagen sich natürlich sofort durch auf die Lebensmittelpreise. Denn selbst nicht verarbeitete Lebensmittel müssen unter Einsatz von Energie geerntet, transportiert und verteilt werden. Bei verarbeiteten Lebensmitteln – denken Sie zum Beispiel an Nudeln – kommt noch mehr Energieeinsatz hinzu. Logischerweise können diese Kosten weder von den Herstellern noch von den Verarbeitern geschluckt werden. Zahlen muß der hungrige Kunde. Leider ist das Denken in Zusammenhängen viel zu vielen abhanden gekommen, um dies auf den ersten Blick zu schnallen. Es wird halt kein einziges Produkt in den Supermarkt gebeamt.
Vernunft geht nur gegen die EU
Wer Spekulationsgewinne fürs Groß‐ und Finanzkapital nicht als das Normalste in der Welt ansieht, hat innerhalb der Vorschriftenwelt der EU leider keine Möglichkeit dagegen vorzugehen. Denn das erste, was zu tun ist, ist die Energieverteuerung zurückzudrehen. Das ist mit einer Preisfestsetzung an der Börse nicht durchsetzbar.
Es braucht also den Mut, das nicht zuzulassen und weiterhin die Preise für Energie über langfristige Verträge zu regeln. Die ungarische Fidesz‐Regierung tut das und zieht sich damit natürlich den Zorn der EU‐Kommission auf sich. Zudem darf sich Premier Orban als Diktator bezeichnen lassen, woraus vor allem der Neid all jener Parteiführer spricht, die weit von absoluten Mehrheiten bei Wahlen sind und selbst in Dreierkoalitionen nicht auf einen derartigen Prozentsatz an Zustimmung an der Wahlurne kommen.
Unter Verweis auf langfristige Verträge, bei denen sich die Preisgestaltung nicht verändert hat, ist in Ungarn der Gaspreis dort geblieben, wo er davor auch war. Selbiges ist bei Benzin 95 Oktan und bei Diesel geschehen, die preisgeregelt bei 480 Forint pro Liter gedeckelt sind, was 1,29 € entspricht. Dieser Preis gilt für 50 Liter je Tankvorgang für in Ungarn zugelassene Fahrzeuge bis 7,5 t und für Touristenfahrzeuge bis 3,5 t. Darüber ist an Spezialtankstellen zu tanken, wo ein um 100 Forint höherer Preis gilt. Wie beim Gas hat Ungarn für Benzin und Diesel langfristige Lieferverträge mit Firmen aus der Russischen Föderation, was auch das Durchführverbot für Waffen in die Ukraine zu ebener Erde und im Luftraum erklärt. Und schon wieder ist die EU‐Kommission verärgert, weil da wer auf weiterhin gute Beziehungen besteht mit dem, der als »Feind« ausgerufen ist.
Nachdem in Ungarn so das Problem der Energiepreise sich nicht stellt, gilt es zu verhindern, daß trotzdem versucht wird, über Steigerungen der Lebensmittelpreise ungerechtfertigte Extraprofite einzuschieben. Deshalb hat die Regierung einen Preisstop für sechs Grundnahrungsmittel verfügt: Schweinefleisch, Hühnerfleisch, weißer Zucker, weißes Mehl und Weißbrot, ungarische Paprika und Sonnenblumenöl. Das sind alles Dinge, bei denen Ungarn Selbstversorger ist. Aber schon wieder ist die EU‐Kommission höchst aufgebracht, wird doch mit einer Preiskontrolle gegen das neoliberale Markt‐Dogma verstoßen.
Mut gewinnt
Die Bevölkerung aber freut sich und dankte es der Regierungspartei mit zusätzlichen 5 Prozent Stimmanteil bei den am ersten Aprilsonntag abgehaltenen Parlamentswahlen, wo die Fidesz gegen die von der EU alimentierte Sechs‐Parteien‐Allianz von Rechtsextrem bis zur Sozialdemokratie zu bestehen hatte. Wer das davor Aufgezählte nicht weiß oder nicht wissen kann, weil es in der hiesigen Berichterstattung nicht verkommt, kann nicht verstehen, wie das möglich ist.
Allerdings ist das, was in Ungarn in die Praxis umgesetzt wurde, genau der richtige Weg, um den Schaffenden erfolgreich über die Runden zu helfen in dieser total verrückten Zeit, ohne sie zu Almosenempfängern zu degradieren. Es braucht nur den Mut dazu, der EU‐Kommission die Stirn zu bieten. Diesen Mut können und sollen wir natürlich auch von den jeweiligen Regierungen anderer Länder einfordern!