Nur gegen den Kapi­ta­lis­mus kann der Pro­test Erfolg haben

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Am 26. März gin­gen wie­der eini­ge Genos­sin­nen und Genos­sen der Grup­pe »Freie Lin­ke West Akti­on« zusam­men mit etwa 1.500 ande­ren Demons­tran­ten auf die Stra­ßen Frank­furts, um gegen die Coro­na-Maß­nah­men zu pro­tes­tie­ren. Die­ses Mal wur­de die Demo in zwei engen Run­den um die Innen­stadt geführt, statt wie üblich in einem lan­gen Marsch vom Nor­dend in die Innen­stadt und zurück.

Anders als in der Ver­gan­gen­heit, als wir höchs­tens eine Fah­ne tru­gen, ver­teil­ten wir die­ses Mal eini­ge kur­ze Flug­blät­ter, die für eini­ge Kern­ele­men­te unse­rer poli­ti­schen Visi­on war­ben. Der Pro­test war, wie es seit Mona­ten üblich ist, ent­spannt, locker und fast kar­ne­val­esk. Nichts­des­to­trotz lässt die Vita­li­tät der Pro­test­be­we­gung etwas nach. Das hat viel­leicht weni­ger mit der halb­her­zi­gen, schein­ba­ren »Locke­rung« zu tun, son­dern eher mit dem Gefühl der Ver­geb­lich­keit ange­sichts des zuneh­mend mehr­glei­si­gen und dreis­ten Angriffs der herr­schen­den Klas­se auf die Menschheit.

Nomi­nell wur­de die Demo unter der For­de­rung ange­mel­det: »Für die medi­zi­nisch kor­rek­te Aner­ken­nung einer lang­fris­ti­gen, sta­bi­len Immu­ni­sie­rung von Gene­se­nen!« Wie immer war der eigent­li­che Inhalt der Pro­tes­te, was die Ansich­ten und Zie­le der Teil­neh­mer angeht, viel radi­ka­ler. Die Genos­sin­nen und Genos­sen von Wider­stand 4.0 haben begrün­de­te Kri­tik an den wöchent­li­chen Demos geäu­ßert, auf die wir hier nicht näher ein­ge­hen wol­len. Es genügt zu sagen, dass wir das Recht des bür­ger­li­chen Staa­tes oder der Kon­zer­ne ableh­nen, über den Gesund­heits­zu­stand von Men­schen zu ent­schei­den, egal ob er »medi­zi­nisch kor­rekt« ist oder nicht. Und wir leh­nen die Instru­men­ta­li­sie­rung des Gesund­heits­sta­tus als Recht­fer­ti­gung dafür ab, die Bevöl­ke­rung ein­zu­schlie­ßen, aus­zu­gren­zen, zu spal­ten oder zu belästigen.

Durch das Ver­tei­len unse­rer Flug­blät­ter woll­ten wir mit den Men­schen auf den Demos in Kon­takt tre­ten, von denen die meis­ten die­se Ableh­nung wahr­schein­lich tei­len. Wir woll­ten ihnen zei­gen, wie die Kri­tik an den Coro­na-Maß­nah­men in eine brei­te­re und tie­fe­re Klas­sen­ana­ly­se des über­grei­fen­den reak­tio­nä­ren Pro­gramms der herr­schen­den Klas­se ein­ge­ord­net wer­den kann und muss.

Die herr­schen­de Klas­se dach­te, sie kön­ne eine leicht zu mani­pu­lie­ren­de, rechts­ori­en­tier­te Pseu­do-Oppo­si­ti­on gegen ihren eige­nen Coro­na-Coup erschaf­fen. Wie immer haben sie ihre Macht oder den Ein­fluss ihrer kon­trol­lier­ten Oppo­si­ti­ons­agen­ten wie Boris Reit­schus­ter über­schätzt. Tat­säch­lich steht die Mehr­heit auf den Demos der Kriegs­hys­te­rie zutiefst skep­tisch gegen­über, viel­leicht sogar mehr als vie­le in der tra­di­tio­nel­len Antikriegslinken.

Aller­dings hat sich bei vie­len Teil­neh­mern der Pro­test­be­we­gung ein schäd­li­ches, klein­bür­ger­li­ches »weder links noch rechts«-Denken breit gemacht. Das hängt natür­lich mit dem Klas­sen­cha­rak­ter des Pro­tests zusam­men. Ein gro­ßer Teil der Betei­lig­ten, selbst bei den sehr hete­ro­gen zusam­men­ge­setz­ten Frank­fur­ter Pro­tes­ten, gehört zur Mit­tel­schicht oder zur Arbei­ter­aris­to­kra­tie. Sie haben tra­di­tio­nell von den Divi­den­den des west­li­chen Impe­ria­lis­mus pro­fi­tiert, wenn auch nur in gerin­gem Maße, und tun dies auch wei­ter­hin, zumin­dest rela­tiv gese­hen, selbst wenn sie jetzt selbst von der herr­schen­den Klas­se in noch nie dage­we­se­ner Wei­se ange­grif­fen werden.

Die Tra­gö­die der Klas­sen, die zwi­schen dem Pro­le­ta­ri­at und der herr­schen­den Kapi­ta­lis­ten­klas­se ste­hen, war schon immer ihre Angst, in die Rei­hen der ers­te­ren geschleu­dert zu wer­den. Aus die­ser Angst her­aus waren sie oft anfäl­lig für unschar­fe, kom­pro­miss­ori­en­tier­te und halb­her­zi­ge Kri­tik. Ein offe­ner Krieg mit der herr­schen­den Klas­se ist zu schreck­lich, um ihn in Betracht zu zie­hen. Es ist viel ein­fa­cher, wei­ter­hin so zu tun, als ob sie sich irren oder ver­wirrt sind. Dann kön­nen wir ihnen den rich­ti­gen Weg zei­gen, uns wie­der anfreun­den und zur »alten Nor­ma­li­tät« zurückkehren.

Wenn die abstiegs­ge­fähr­de­ten Mit­tel­schich­ten und die Arbei­ter­aris­to­kra­tie dar­auf her­ein­fal­len, wird das ihr Unter­gang sein. Dadurch wer­den sie von der radi­ka­le­ren Oppo­si­ti­on getrennt, die vor allem in der super­aus­ge­beu­te­ten glo­ba­len Peri­phe­rie ent­steht. Marx und Engels beleuch­ten die­se Dyna­mik ein­ge­hend in Der 18. Bru­mai­re des Lou­is Napo­le­on und Revo­lu­ti­on und Kon­ter­re­vo­lu­ti­on in Deutsch­land.

Anders als vie­le von uns in der Frei­heits­be­we­gung ist die herr­schen­de Klas­se nicht ver­wirrt über links oder rechts. Sie las­sen sich nicht von dem Rauch ver­wir­ren, den sie in die ideo­lo­gi­sche Luft gepumpt haben. Das zeigt sich beson­ders deut­lich in der Ukrai­ne, auf die sie ihre faschis­ti­schen Hor­den los­ge­las­sen haben: Sie wis­sen, wer ihre Ver­bün­de­ten sind und wer ihre Fein­de. Das müs­sen wir auch. Schon jetzt hat das Über­lau­fen der deut­schen Rech­ten auf die Sei­te des Kie­wer Regimes eine wohl­tu­en­de, rei­ni­gen­de Wir­kung auf die Pro­test­be­we­gung. Möge es so wei­ter­ge­hen und der ers­te Schritt sein, um die Bar­rie­ren zwi­schen der Pro­test­be­we­gung und den sub­al­ter­nen Klas­sen in Deutsch­land und der Welt niederzureißen.

Natür­lich haben die herr­schen­de Klas­se und ihre Hand­lan­ger wie Klaus Schwab recht: Wir kön­nen nie wie­der zur alten Nor­ma­li­tät zurück­keh­ren. Die herr­schen­de Klas­se ist zu weit gegan­gen. Wir müs­sen ohne Angst und Kom­pro­mis­se eine radi­ka­le Ana­ly­se ihres faschis­ti­schen Pro­gramms vor­neh­men. Ihre größ­te Angst ist, dass sie es nicht schaf­fen, uns zu ver­wir­ren und zu spal­ten. Wir appel­lie­ren an die­je­ni­gen, die uns bei den Pro­tes­ten sehen und dies erken­nen, sich uns anzu­schlie­ßen und eine Orga­ni­sa­ti­on auf­zu­bau­en, die eine rigo­ro­se Klas­sen­ana­ly­se mit der kom­pro­miss­lo­sen Aus­ein­an­der­set­zung mit der Rea­li­tät ver­bin­det, die die Frei­heits­be­we­gung im Gegen­satz zu den fal­schen oder irre­ge­führ­ten »Lin­ken« vor­lebt. Denn am Ende des Tages geht es in der Tat abso­lut um links gegen rechts, Aus­ge­beu­te­te gegen Aus­beu­ter, wir gegen sie. Sozia­lis­mus oder Bar­ba­rei. Revo­lu­ti­on oder Reset.

Zuerst erschie­nen bei Freie Lin­ke West Akti­on (hier ange­passt an MagMa-Format)

3 thoughts on “Nur gegen den Kapi­ta­lis­mus kann der Pro­test Erfolg haben

  1. Dan­ke. Immer schön wenn Lin­ke wis­sen was links ist. Nicht so wie die PdL (sie­he DeMa­si) oder die pseu­do­lin­ke MLPD.

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