»Wir sind Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker, wie alle ver­nünf­ti­gen Men­schen mittlerweile.«

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Mag­Ma bringt hier eine Über­set­zung des Vor­worts des Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­schen Mani­fests (Mani­fes­te Con­spi­ra­ti­onnis­te) aus Frank­reich, erschie­nen im Ver­lag Seuil. Wei­te­re Aus­zü­ge lie­gen eben­so in Über­set­zung in der Mag­Ma vor.

I’ll play it first and tell you later what it is.

Miles Davis

Wir sind Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker, wie alle ver­nünf­ti­gen Men­schen mitt­ler­wei­le. In den letz­ten zwei Jah­ren, in denen wir her­um­ge­schubst wur­den und uns infor­miert haben, haben wir den nöti­gen Abstand gewon­nen, um zwi­schen »wahr und falsch« unter­schei­den zu kön­nen. Die lächer­li­chen Selbst­tes­tun­gen, die man vor­gab, erfül­len zu müs­sen, soll­ten uns dazu brin­gen, unse­rer eige­nen Gefan­gen­nah­me zuzu­stim­men und uns zu unse­ren eige­nen Ker­ker­meis­tern zu machen. Ihre Ent­wick­ler fei­ern sich dafür zur Zeit. Das Spek­ta­kel einer welt­wei­ten töd­li­chen Pan­de­mie, die »schlim­mer als die Spa­ni­sche Grip­pe von 1918« sei, war nicht mehr als eine Insze­nie­rung. Die Doku­men­te, die das bele­gen, sind seit­her durch­ge­si­ckert; das wird spä­ter noch deut­lich wer­den. All die erschre­cken­den Modell­rech­nun­gen waren falsch. Auch die Erpres­sung mit den über­füll­ten Kran­ken­häu­sern war nur eine Mär’. Ein­ge­denk der fast schon unter­be­schäf­tig­ten Pri­vat­kli­ni­ken, die noch dazu weit ent­fernt von jeg­li­cher Ent­eig­nung waren, sind Beweis genug dafür. Aber die von Anfang an anhal­ten­de Insze­ne­set­zung der Kran­ken­häu­ser und ihres Per­so­nals lie­fer­te den end­gül­ti­gen Beweis. Schon die ver­bis­se­ne Ent­schlos­sen­heit, jede Behand­lungs­mög­lich­keit zu unter­bin­den, bei der nicht mit Bio­tech­no­lo­gien an gan­zen Bevöl­ke­rungs­grup­pen — zu Ver­suchs­ka­nin­chen degra­diert — expe­ri­men­tiert wur­de, war suspekt. Eine von McK­in­sey orga­ni­sier­te Impf­kam­pa­gne und ein »Gesund­heits­pass« spä­ter und die Ver­ro­hung der öffent­li­chen Debat­te nahm einem auch noch den letz­ten Sinn. Ohne Zwei­fel ist das die ers­te töd­li­che Epi­de­mie, von der die Leu­te über­zeugt wer­den müs­sen, dass sie exi­si­tiert. Das Mons­ter, das sich hier seit zwei Jah­ren auf uns zube­wegt, ist, vor­erst, nicht ein Virus, geschmückt als Pro­te­in, son­dern eine tech­no­lo­gi­sche Beschleu­ni­gung mit einer kal­ku­lier­ten Durchschlagskraft.

Wir wer­den jeden Tag Zeu­ge des Ver­suchs, das wahn­sin­ni­ge trans­hu­ma­nis­ti­sche Pro­jekt der Ver­schmel­zung der NBIC-Tech­no­lo­gien (Nano-Bio-Info-Kogni­ti­ve Tech­no­lo­gien) zu ver­wirk­li­chen. Die­se Uto­pie einer kom­plet­ten Neu­ge­stal­tung der Welt, die­ser Traum von der opti­ma­len Steue­rung sozia­ler, phy­si­scher und men­ta­ler Pro­zes­se macht sich nicht ein­mal mehr die Mühe, es ver­deckt zu tun. Nicht mal Skru­pel wird man gehabt haben, einem Virus, das aus Expe­ri­men­ten zur gain of func­tion im Rah­men eines Pro­gramms zur »bio­lo­gi­schen Ver­tei­di­gung« her­vor­ge­gan­gen ist, als Heil­mit­tel ein ande­res bio­tech­no­lo­gi­sches Expe­ri­ment ent­ge­gen­zu­set­zen, das von einem Labor kommt, des­sen medi­zi­ni­scher Lei­ter sich damit brüs­tet, »die Soft­ware des Lebens zu hacken«. »Immer mehr vom Glei­chen« scheint das letz­te, blin­de Prin­zip einer Welt zu sein, die kei­ne Prin­zi­pi­en mehr kennt. Kürz­lich befrag­te einer die­ser Hal­tungs­jour­na­lis­ten, die die Pari­ser Redak­tio­nen bevöl­kern, einen halb­wegs ehr­li­chen Wis­sen­schaft­ler nach dem Ursprung von SARS-CoV‑2. Er muss­te zuge­ben, dass die gro­tes­ke Fabel vom Schup­pen­tier immer mehr von der Hypo­the­se abge­löst wur­de, dass ein bestimm­tes P4-Labor an dem Virus her­um­ge­pfuscht hat. Und der Jour­na­list frag­te ihn, ob »dies nicht Was­ser auf die Müh­len der Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker sein könn­te«. Das Pro­blem mit der Wahr­heit ist nun mitt­ler­wei­le, dass sie den Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­kern Recht gibt. An die­sem Punkt sind wir ange­langt. Es war höchs­te Zeit, eine Exper­ten­kom­mis­si­on ins Leben zu rufen, um die­ser Ket­ze­rei ein Ende zu berei­ten. Und die Zen­sur wie­der einzuführen.

Wenn alle Ver­nunft den öffent­li­chen Raum ver­lässt, wenn das Über­hö­ren immer mehr zunimmt und die Pro­pa­gan­da ihre Peit­sche noch här­ter schlägt, um den Dis­kurs zu bän­di­gen, muss man Land gewin­nen. Das ist es, was der Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker tut. Aus­ge­hend von sei­ner Intui­ti­on stürzt er sich in die Suche. Gewillt zu ver­ste­hen, wie es so weit kom­men konn­te und wie man aus die­sem Schla­mas­sel, das die Aus­ma­ße einer gan­zen Zivi­li­sa­ti­on ange­nom­men hat, wie­der her­aus­kom­men könn­te. Er will Kom­pli­zen fin­den und auf den Zahn füh­len. Sich nicht mit der Tau­to­lo­gie des bereits Vor­han­de­nen abfin­den. Weder fürch­ten noch hof­fen, son­dern gelas­sen nach neu­en Waf­fen suchen. Das Wüten aller Mäch­te gegen die Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker ist Beweis genug dafür, wie sehr die Rea­li­tät ihnen zuwi­der­läuft. Die Erfin­dung der Pro­pa­gan­da durch den Hei­li­gen Stuhl (die Con­gre­ga­tio de pro­pa­gan­da fide oder Kon­gre­ga­ti­on für die Ver­brei­tung des Glau­bens) im Jahr 1622 hat der Gegen­re­for­ma­ti­on auf lan­ge Sicht nicht gut getan. Man­ches Gejau­le wird so uner­träg­lich, dass es sei­ne Hel­fer ver­scheucht. So ist auch die Vor­stel­lung vom Leben, mit der die wer­ten Inge­nieu­re die­ser Ver­ei­ni­gung ans Leben und des­sen Umge­stal­tung her­an­tre­ten der­art platt, lücken­haft und irrig, dass sie nur schei­tern kön­nen. Das Ein­zi­ge, was sie errei­chen wer­den, ist, die Welt noch ein wenig mehr zu ver­wüs­ten. Des­halb ist es ganz in unse­rem Sin­ne, sie zu ver­trei­ben, ohne dar­auf zu war­ten, dass sie scheitern.

Wir taten also das, was jeder ande­re Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker auch tun wür­de: Wir haben uns auf die Suche bege­ben. Hier ist, was wir berich­ten kön­nen. Wir wagen es zu ver­öf­fent­li­chen, weil wir glau­ben, dass wir zu meh­re­ren Schluss­fol­ge­run­gen gelangt sind, die unse­re Zeit in einem har­ten und wahr­heits­ge­treu­en Licht erschei­nen las­sen. Wir haben uns in die Ver­gan­gen­heit bege­ben, um das Neue zu ergrün­den, denn alle Bri­sanz ten­diert dazu, uns im Laby­rinth end­lo­ser Gegen­wart zu umschlie­ßen. Man muss die Kehr­sei­te der Zeit­ge­schich­te erzäh­len. Am Anfang war des­halb wich­tig, sich nicht von die­ser Sog­kraft und Bri­sanz der Panik­ma­che der herr­schen­den Pro­pa­gan­da anste­cken zu las­sen. Sich an das neue Regime der Din­ge zu gewöh­nen, ist die größ­te Gefahr, die auch die Gefahr beinhal­tet, zu ihrem Papa­gei zu wer­den. Dazu gehört auch die Furcht vor der Zuschrei­bung »Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker«. Die Debat­te fin­det nicht zwi­schen den Lagern der Ver­schwö­rungs­theo­rie und der Anti-Ver­schwö­rungs­theo­rie statt, son­dern inner­halb eines Kom­ple­xes von Ver­schwö­rungs­theo­rie[1]. Unse­re Mei­nungs­ver­schie­den­heit mit den Ver­tei­di­gern der bestehen­den Ord­nung betrifft nicht die Inter­pre­ta­ti­on der Welt, son­dern die Welt selbst. Sie rich­ten die Welt so hin, wie wir sie nicht wol­len – sie kön­nen sich ger­ne selbst hin­rich­ten. Es ist kei­ne Fra­ge der Mei­nung; es ist eine Fra­ge der Unver­ein­bar­keit. Dabei schrei­ben wir nicht, um zu über­zeu­gen. Dafür ist es viel zu spät. Wir schrei­ben, um unser Lager in einem Krieg zu bewaff­nen, der auf Leib und See­le abzielt – ein Krieg, in dem es sicher­lich nicht um einen Virus und das Wohl­erge­hen der Mensch­heit geht, wie es die­se spek­ta­ku­lä­re Dra­ma­tur­gie will. Wir haben uns also bemüht, die Wahr­heit »hand­lich wie eine Waf­fe« zu machen, wie Brecht es riet. Wir haben uns den beweis­füh­ren­den Stil, die Fuß­no­ten und den lang­sa­men Weg von der Hypo­the­se zur Con­clu­sio erspart. Wir haben uns auf die Geschüt­ze und die Muni­ti­on beschränkt. Kon­se­quen­te Ver­schwö­rungs­theo­rie, die nicht als Orna­ment der Macht­lo­sig­keit dient, kommt zu dem Schluss, dass wir uns ver­schwö­ren müs­sen, weil das, was uns gegen­über­steht, ent­schlos­sen zu sein scheint, uns zu über­rol­len. Zu kei­nem Zeit­punkt erlau­ben wir uns, dar­über zu urtei­len, wie der Ein­zel­ne in die­sen Zei­ten von sei­ner Frei­heit Gebrauch machen soll­te. Wir beschrän­ken uns dar­auf, die läs­tigs­ten geis­ti­gen Fes­seln zu spren­gen. Wir behaup­ten nicht, dass ein Buch aus­reicht, um der Ohn­macht zu ent­kom­men, aber wir erin­nern uns auch dar­an, dass eini­ge gute Bücher, die wir auf unse­rem Weg gefun­den haben, uns schon so man­che Knecht­schaft erspart haben. Die letz­ten bei­den Jah­re waren sehr anstren­gend. Sie waren für alle emp­find­sa­men und logisch den­ken­den Men­schen anstren­gend. Alles schien dar­auf aus­ge­rich­tet zu sein, uns in den Wahn­sinn zu trei­ben. Es hing von eini­gen fes­ten Freund­schaf­ten ab, dass wir unse­re Gefüh­le und Gedan­ken – unse­re Ver­blüf­fung und unse­re Empö­rung – tei­len konn­ten. Wir ertru­gen die letz­ten Jah­re gemein­sam, Woche für Woche. Die Recher­che folg­te logisch zwin­gend dar­aus. Die­ses Buch ist anonym, weil es nie­man­dem gehört; es gehört der sich im Ent­ste­hen wäh­nen­den Bewe­gung der sozia­len Abspal­tung. Es beglei­tet das, was kom­men wird – in sechs Mona­ten, in einem Jahr oder in zehn. Es wäre ver­däch­tig, nebst gera­de zu unklug, gewe­sen, wenn es sich mit einem oder meh­re­ren Namen hät­te Berech­ti­gung ver­lei­hen wol­len. Oder dass es umge­kehrt ihnen Ruhm verliehe.

»Der Unter­schied zwi­schen einem wah­ren Gedan­ken und einer Lüge besteht dar­in, dass die Lüge not­wen­dig einen Den­ker erfor­dert und wah­res Den­ken nicht. Es braucht nie­man­den, um sich den wah­ren Gedan­ken vor­zu­stel­len zu kön­nen. […] Die ein­zi­gen Gedan­ken, für die es einen Den­ker braucht, sind Lügen.« (Wil­fred R. Bion, Auf­merk­sam­keit und Inter­pre­ta­ti­on, 1970)

[1] Ori­gi­nal­satz, S. 10: »Le débat n’est pas ent­re con­spi­ra­ti­onnis­me et anti­con­spi­ra­ti­onnis­me, mais à l’interieur du con­spi­ra­ti­onnis­me

3 thoughts on “»Wir sind Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker, wie alle ver­nünf­ti­gen Men­schen mittlerweile.«

  1. Gibts das Buch auch auf deutsch? Vie­len Dank für die­sen ein­lei­ten­den Text. Hof­fe die fran­zö­si­sche Lin­ke kann die teu­to­ni­schen Lin­ken in D,Ch und A zum den­ken anregen,denn die haben sich völ­lig verrant.

    1. soweit uns bekannt hat der Nau­ti­lus-Ver­lag sich gegen eine Über­set­zung ent­schie­den, ob ande­re Ver­la­ge in die Lücke sprin­gen ist uns nicht bekannt

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