Nazi-​Vorwurf an die Freie Linke Österreich: Offener Brief an »Der Standard«

Lesezeit4 min

Sehr geehrter Standard, sehr geehrte Redaktion!

Bestens unterhalten konnte uns Ihr Artikel »Corona-​Demos: Unter gefährlichen Flaggen« vom 12. Februar. Da fragen Sie sich nicht nur, was denn an uns jetzt »links« sei – die Frage geht hiermit einmal umgekehrt an Sie zurück; Sie unterstellen uns gar, eine »False-​Flag-​Aktion von Neonazis« zu sein. Wir dachten doch immer, Sie würden sich Verschwörungstheorien verwehren.

Wenn Sie schon nicht fair berichten – bestimmt nicht aus Unwissenheit, Naivität oder Ideenlosigkeit –, dann sollten Sie wenigstens das Nazi-​Framing im Zusammenhang mit der Freien Linken sein lassen.

In »der Linken« kennt man uns also nicht? Und deshalb dürften wir eine »irreführende False-​Flag-​Aktion« von »Neonazis« sein? Wie gut haben Sie denn recherchiert?

Warum hat niemand aus Ihrer mit üppigen Regierungsgeldern finanzierten Redaktion Kontakt mit uns aufgenommen? Weil es den Redakteuren in ihrem schicken, heimeligen Home-​Office, von wo aus man seit bald zwei Jahren krankhaft Hygienismus und gehässigen Moralismus betreibt, vielleicht doch zu komfortabel ist? Oder dachte sich die Redaktion, dass eine Kontaktaufnahme ohnehin unmöglich wäre, weil die bestimmt alle zu den »Ungeimpften« gehören, mit denen man sich nicht mehr treffen darf?

Einen unserer Aktivisten in die Auslage zu stellen, bestätigt uns auch in einem weiteren Punkt: Aktuell sollte man sich vorrangig aufgrund von besonders fleißigen Journalisten und den »Genossen« von der Antifa das Gesicht verhüllen, und erst zweitrangig aufgrund des Verfassungsschutzes. Staatsicherheitliche Arbeitsteilung?

Wie 1914 wurde die überwältigende Mehrheit der Linken zum großen Verräter. Halten wir kurz fest: Die besten Teile der Linken, etwa die Grazer KPÖ, sind höchstens aufrichtige Sozialdemokraten, die schlimmsten Teile der Linken, die Antifa und progressive Kulturkämpfer, sind Verteidiger des Status-Quo.

Was an uns »links« ist, wollen Sie nun wissen? Wir halten fest an der staats- und kapitalkritischen Tradition der Linken. Wir stehen für materialistische Analyse statt für idealistische Luftschlösser, für wissenschaftliche Skepsis statt für szientistischen Religionsersatz. Wir wollen uns ehrlich und profund Rechenschaft darüber ablegen, was wir als Schaden und Belästigung wahrnehmen und keine staatliche Notlage oder Pandemie kann an der Richtigkeit dieser Methode etwas ändern.

Es liegt nicht an uns, dass die Linke in der autoritären Trommel des Staates miteingestimmt hat, und Forderungen von Demokratie und Grundrechten plötzlich als Gefahr von »rechts« identifiziert. Es liegt eher an der »Linken« selbst, die sich zum großen Teil bestens in diesen autoritären Strukturen eingerichtet hat. Dementsprechend gering ist ihr Wille, aktuelle Auswüchse des Kapitalverhältnisses grundlegend anzugehen. Die Linke ist so verschmolzen mit dem neoliberalen Kapital, dass wir der Teil der Linken sind, die es zur Aufgabe hat, jene Traditionen zu retten, die sie selbst vergessen hat.

Dass die Freie Linke Österreich in der linken Szene nicht bekannt zu sein scheint – umso schlimmer für die linke Szene – hat somit wohl damit zu tun, dass die sogenannte linke Szene in puncto Corona-​Maßnahmenthematik so weit von einem dialektisch-​kritischen Zugang zu den Ereignissen abgerückt ist, dass sie sich in den mittigen Stau an maßnahmenbezogener Evidenzbefreitheit und der Verkennung sozioökonomischer beziehungsweise sozialpolitischer Langzeitfolgen eingereiht hat.

Dass der Standard – hätte es ihn damals schon gegeben – 1914 die allgemeine Kriegstrommelei in der ersten Reihe angeführt hätte, wissen wir spätestens seit 2020 gewiss. Aus dem »Burgfrieden« wurde der »Nationale Schulterschluss«. Und wie er heute gegen die »Krisenverlängerer«, die sogenannten »Ungeimpften«, hetzt, so hätte er 1914 über die »Kriegsverlängerer«, über jene verbliebenen Aufrichtigen, die sich dem allgemeinen Wahn widersetzen konnten und gegen die Kriegskredite opponiert haben, agitiert.

Doch Brüche, wie wir sie seit 2020 auf vielen Ebenen erleben, haben auch jede Menge gute Seiten. So fordert der Standard zwar vehement die Maskierung der Menschen mit gesundheitsschädigenden Masken, dafür sind die eigenen Masken endlich gefallen. Der Standard hat sich endlich allen Lesern als das offenbart, was er wirklich ist: Ein Blatt, im Dienst von Kapital und Herrschaft, voll mit Ekel gegenüber den Abgehängten und angeblich Ungebildeten und Abscheu gegenüber den Arbeiterklassen.

Mit freien linken Grüßen!

Die Freie Linke Österreich

PS: Sollte dieser Brief nicht für Ihre gewünschten Framing-​Versuche taugen, stellen wir Ihnen noch einen zweiten Text zur Verfügung, um dem »Mysterium« Freie Linke, wie Sie in ihrem amüsanten Artikel über uns schreiben, gerecht zu werden.

Lieber Standard, werte Redaktion!

Wir sind eine Handvoll Männer und Frauen, denen fad war und die eigentlich nur als Minderheit eine Mehrheit tyrannisieren wollten. Wir waren zu faul, uns einen eigenen Namen auszudenken. Drum haben wir Google Trends nach einem shitty links klingenden Namen durchsucht. Zack Zack: die Freie Linke. Nun gibt es uns auch in Österreich!

Wie sie sicher schon mitbekommen haben, ist an uns, mit Ausnahme des Namens, nicht viel links. Wie kommt’s? Nun: Wie ihnen bestimmt schon aufgefallen ist, haben wir uns extra bemüht, erst auf Demos aufzutauchen, nachdem der Vorwurf laut wurde, dass Neonazis die Demos organisieren. Es begab sich so:

Als wir eines Nachts am 20. April 2021 wieder mal mit Gottfried Küssel in unserem Keller in der Stallburggasse 7 saßen und unsere NS-​Devotionalien polierten, sagte Küssi (wie wir ihn liebevoll nennen), nachdem er seinen dritten Humpen Vollweizenbier geslayt hat: »Burschen, måcht‘s an False Flag!« Wir waren alle so: »Kannst nicht bringen, Friedl! (Einer bei uns darf ihn auch Friedl nennen.) Das wär ur hinterfotzig und betrayal +100.« Aber er hat sich nur so die Hände gerieben und wahnwitzig gelacht und war so: »1337, 1312!«.

So war es. Wer was anderes behauptet, lügt!

Leider machten sie uns mit Ihrer Erwähnung im Artikel »Corona-​Demos: Unter gefährlichen Flaggen« vom 12. Februar einen Schmiss durch die Rechnung. Unser wohlgehütetes Projekt »Mysterium« ist der gneißenden Strahlkraft ihres investigativen Journalismus’ zum Opfer gefallen. Denn in der linken Szene kannte uns bisher niemand. Sie verstehen schon: Wir sind mit denen nicht so, nun ja — sagen wir: vernetzt. Fortan wollen wir offen rechts sein. Äh, links. Warte. Welches war nochmal das mit dem Mitarbeitsplus?

*checks moral privilege: rechts = dumm, links = Friedensnobelpreis*

Mit strammem Gruß,

Die Freie Linke Österreich

15 thoughts on “Nazi-​Vorwurf an die Freie Linke Österreich: Offener Brief an »Der Standard«

    1. Wissenschaftsfeindliche Piefke mit einem Österreich-​Ableger auf einer russischen domain. Danke für euren Beitrag zur Zerstörung der zivilisierten Welt.

  1. Werden die Euren offenen Brief auch veröffentlichen?

    Dann lasst die Spiele beginnen.

    Ansonsten? Na dann ist es wie wenn ein Schwein/​alle Kritiker sich an einem Baum/​MSM krazt. Net Amol ignoriert werden.

    Immerhin typisch österr Antwort. Mit Schmäh, Bravo

  2. Wie üblich erkennt Die Linke nicht den wahren »Feind«. Für die im Spektrum sehr links muss »rechts« der Feind sein. Ihr Genossen bemerkt nicht, dass der wahre Feind uns alle ausspielt. Ihr seid in eurer Ideologie so festgefahren, dass es wehtut zuzusehen. Schütteln möchte man euch und »Wach auf!« rufen. Euer links/​rechts Modell ist so veraltet. Wenigstens scheint ihr den Unterschied zwischen »Nazi« (den es nicht mehr gibt) und Neonazi (weitergeführte Ideologie des dritten reiches) zu kennen. Pluspunkt dafür! Und auch einer dafür, dass ihr erkennt, dass der Standard ein Bobo-​Schundblatt ist! Ihr denkt, jeder, der die geschichtliche Niederschrift des 2. WK hinterfragt, ist ein solcher NN? Oder schon jeder, der ein MRNA-​Präperat hinterfragt? Junge*innen! Recherchiert doch mal ergebnisoffen, dann wird’s auch was mit der Wahrheit. Traut euch.

  3. Der Standard war im ersten halben Jahr seines Erscheinens eine gute Zeitung, danach ging es rasch den Scheißbach hinunter. Das konnte ich live und in Farbe als einer der Abonnenten der ersten Stunde erleben. Ein Abo, das ich nach dem ersten Jahr natürlich nicht verlängert habe. Heute ist das Blatt schlichterdings ungenießbar – wie alle übrigen gebliebenen österreichischen Zeitungen, höchstens noch im Gratis-​Abo jeden 10. Sonntag mit Kopfschütteln durchzublättern. Ein Glück, es gibt mittlerweile Feindsender und im Internet gar manch Spannendes !

  4. Gibt also doch noch leute die geschichtsverstndnis haben und das denken noch nicht ganz verlernt;
    Aber vor allem eines habe ich bei leuten nicht erwartet, die sich nach wievor als »links« bezeichnen: guten humor!
    ich sag nurmehr, nennt mich gern kommunist aber mit linken will ich nichts zu tun haben 🙂

  5. es ist schon faszinierend zu beobachten wenn bürgerliche medien( für mich immer reaktionär oder zumindest systemimmanent) eine bewegung der straße als rechts unterwandert bezeichnen nochmals laut aufheulen wenn dann endlich genügend linke aus der bewegung aufstehen und aufzeigen: diese bewegung ist gar nicht rechts.

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