EINIGE GEDANKEN…… ÜBER DAS SPAZIERENGEHEN IN BEWEGTEN ZEITEN

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Die herrschende Klasse dieses Landes verfügt ja über unendliche Erfahrungen bezüglich der Unterdrückung, insbesondere der arbeitenden Menschen, aber auch fortschrittlich gesonnener bürgerlicher Kreise. Diese Erfahrung erstreckte sich ja sogar bis hin zu faschistischer Unterdrückung durch den reaktionärsten Teil der herrschenden Klasse, der sich dafür entschieden hatte, faschistische Unterdrückung unter der Tarnbezeichnung »Nationalsozialismus« zu praktizieren. Wie heute jeder wissen kann, war diese Nazibande weder national, noch sozialistisch, sondern in ihrer viehischen Vorgehensweise äußerst reaktionär, rassistisch und bluttriefend. Solche mörderischen Elemente mussten von der Leine gelassen werden, weil die Arbeiterklasse dieses Landes und ihre politischen Organisationen zu einer ernsten Gefahr für das kapitalistische System wurden. Eine solche Entwicklung fand auch in diversen anderen Staaten statt. Das musste gestoppt werden, daran waren auch alle Imperialisten und insbesondere der US-​Imperialismus stark interessiert.

Eine Situation, in der die gesellschaftlichen Verhältnisse zu kippen drohen, waren die damaligen krisenhaften Verhältnisse des kapitalistischen Systems und sie sind es auch heute wieder, mit dem Unterschied, dass wir aktuell noch keine starke Arbeiterbewegung haben. Schon vor dem „Ausbruch“ von Corona zeichnete sich mehr als deutlich ab, dass das kapitalistische System wieder mal in eine seiner größeren Krisen schlittern würde. Dass es im Zuge dessen, eine solche bisher noch nicht dagewesene Entwicklung geben würde, war für uns zu dem Zeitpunkt aber nicht erkennbar. Die kapitalistischen Fädenzieher werden aber sehr wohl die Dimension erkannt, oder sogar bewirkt haben und entsprechende Unterdrückungsszenarien gleich auch mitgeplant haben. Denn das war ja nur allzu logisch, dass bei einer sozialen Verwerfung so breiter Bevölkerungsteile, wie sie sich derzeit abzeichnet, es automatisch zu Unruhe bis Widerstand in der Bevölkerung kommen muss. Eine Viruserkrankung dafür zu nutzen, hier weite Teile der Bevölkerung sozusagen kirre zu machen, ist allerdings eine ziemlich raffinierte Methode der Unterdrückung.

Teile und herrsche

Um die Stimmung im Lande wegen der nun folgenden massiven Einschränkungen, oder sogar Aufhebungen von bürgerlichen Rechten, nicht schlagartig kippen zu lassen, wurden insbesondere bei den abhängig Beschäftigten immense Zugeständnisse gemacht, zumindest erstmal. Hunderttausende Beschäftigte in den Fabriken oder Büros, kamen mit Kurzarbeitergeld und oftmals zusätzlichem Aufstocken durch die Firmenleitung, selbst in Zeiten von Kurzarbeit, auf fast das gleiche Einkommen, wie zu Vollarbeitszeiten und hatten außerdem viel weniger Arbeitsbelastung. Prekäre Beschäftigte kamen und kommen allerdings weitestgehend nicht in diesen Genuss.

Kleine Selbstständige bis weit in den Mittelstand hatten dagegen eine ganz andere Bürde zu ertragen. Erhebliche Einbußen, teilweise Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz waren Folge der staatlichen Maßnahmen für die angebliche Gesundheitsfürsorge, durch Lockdown und ähnliche diktatorische Maßnahmen. Und so war es auch nicht verwunderlich, dass sich gerade aus solchen Kreisen frühzeitig Protest gegen die Maßnahmen des kapitalistischen Staatsapparates regte. Zuerst recht kleine, dann immer größer werdende Kundgebungen und Demonstrationen von empörten Menschen, bezüglich der Vernichtung von Wirtschaftskraft und gesellschaftlichen Werten, insbesondere aber auch bezüglich der Unterdrückung (bürgerlicher) demokratischer Rechte. Die Kundgebungen und Demonstrationen nahmen massiv an Teilnehmerzahlen zu. Nicht selten fanden solche in einer Beteiligung von zig Zehntausenden Teilnehmern statt (Verlautbarungen der Veranstalter, bezüglich weit aus höherer Zahlen, können wir nicht bestätigen, das ist aber auch nur unsere eigene Einschätzung).

Diese Massenaktionen zeigten bei der herrschenden Klasse aber durchaus ihre Wirkung. Alles wurde daran gesetzt, diese Bewegung zu zerstören. Systematische Hetzpropaganda, Jobverluste und nicht zu vergessen, das brutale Vorgehen des Unterdrückungsapparates gegen diese Demokratiebewegung, waren an der Tagesordnung. Unter dem Beifall sogenannter Demokraten, den Staatsmedien und auch diverser Pseudolinker, wurden solche Manifestationen entweder verboten, zusammengeschlagen, mit Wasserwerfern zusammengeschossen, oder mit massiven Reizstoffeinsatz mürbe gemacht. Unzählbare Verletzte, gefangengenommene und gedemütigte Menschen waren die Folge – wohlgemerkt alle Handlungen unter der Überschrift des Gesundheitsschutzes. So ist es dem staatlichen Unterdrückungsapparat auch scheinbar gelungen, Teile der Organisatoren solcher Manifestationen abzuschrecken, denn es fanden seit einiger Zeit solche oftmals bundesweiten Aktionen nicht mehr statt. Dies war aber vielleicht auch dem Umstand geschuldet, dass solche Manifestationen entweder sowieso verboten, oder unter fadenscheinigen Vorwänden dermaßen drangsaliert wurden, dass eine politische Aussage gar nicht mehr möglich war. Da lachte sich wahrscheinlich die herrschende Klasse ins Fäustchen und fühlte sich eventuell schon ein stückweit im sicheren Bereich.

Wie Spazierengehen zum hochkriminellen Akt werden kann

Was die herrschende Bande dieses Landes scheinbar irgendwie nicht auf dem Schirm gehabt hat, war allerdings, dass in der Bevölkerung eine massive Rebellion angewachsen ist, die sich jetzt Wege sucht, um ihren Unmut, oder sogar ihre Wut öffentlich zum Ausdruck zu bringen. Hatte man die riesigen Manifestationen der Demokratiebewegung noch halbwegs gut unter Kontrolle halten, oder sogar auflösen können, indem man ganze Polizeiarmeen zusammengezogen hat, so wird das etwas schwierig für den Unterdrückungsapparat, wenn in fast allen Städten dieses Landes und etwas despektierlich ausgedrückt, in jedem Kuhkaff sogenannte Spaziergänge überwiegend gleichzeitig stattfinden. Über hunderttausend Menschen sollen am letzten Montag auf den Straßen unseres Landes aus Protest unterwegs gewesen sein. Eine sehr beachtliche Anzahl und es sieht ja so aus, als wenn diese Bewegung weiter anwächst. Und das sprengt dann auch die Möglichkeiten des ausgeklügelten, hochgerüsteten und für solche Vorgänge personell großzügig aufgestellten Polizeiapparates damit umzugehen. Haben sie noch eine Zeitlang versucht, diversen aufkeimenden Protest kleinzureden, Hetzpropaganda zu verbreiten und nach Möglichkeit die kleinsten Widerstandsfunken im Keim zu ersticken, ist dies jetzt scheinbar nicht mehr so leicht möglich.

Das enorme zahlenmäßige Anwachsen bei solchen »Spaziergängen«, aber auch die zunehmende Empörung, Wut und Durchsetzungsfähigkeit von Teilen der Bevölkerung, macht den Herrschenden hier erstmal einen Strich durch die Rechnung. Sie ziehen zwar weiterhin erhebliche Kräfte zusammen, um besonders widerständige Ortschaften einzuschüchtern und regelrecht zu besetzen, das nützt ihnen aber wenig, wenn gleichzeitig in tausend oder mehr Ortschaften der Unmut auf die Straße getragen wird. Denn darum geht es dem Staatsapparat ja eigentlich, er will die Potemkin’sche Fassade aufrechterhalten, dass es in diesem Land keinen nennenswerten Widerstand und keine andere Meinung gibt, bezüglich der staatlichen Maßnahmen. Und genau das durchbrechen die massenhaften »Spaziergänge« derzeit. Jeder kann sehen, die Masse der Menschen auf den Straßen sind nicht Nazis, sind nicht fundamentale Christen, oder irgendwelche skurrilen Gestalten wie immer behauptet wird, sondern sind Durchschnittsmenschen, die einfach nur für ihre Rechte eintreten. Inzwischen ist unser Eindruck, es kommen auch immer mehr Menschen aus Arbeiter- oder Angestelltenhaushalten, sowie insbesondere Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund zu diesen Manifestationen. Die Verlogenheit der staatlichen Propaganda wird scheinbar immer stärker durchschaut. Durch diese Umstände ist ja auch die weitestgehend verlogene hiesige Medienwelt gezwungen, etwas an Wahrheit, zumindest über die Anzahl und Stärke der Manifestationen durchzulassen. Zwar immer mit entsprechender Hetze verbunden, aber dieses »Zugeständnis« spricht Bände über die aktuelle Stärke dieser Bewegung.

Ein ganz trauriges Kapitel …

… ist die immer noch anhaltende zögerliche, bis feindselige Haltung eines beträchtlichen Teils dessen, was sich als politische Linke dieses Landes begreift. Nun gibt es ja Menschen, welche sich als Linke bezeichnen, bei denen es von Anfang an keinen Ansatz dafür gab. Und es gibt Linke, welche sich inzwischen an den kapitalistischen Staatsapparat verkauft haben, von denen soll hier nicht die Rede sein. Sondern von denen, die tatsächlich gesellschaftlichen Fortschritt und den Sturz des kapitalistischen Systems anstreben. Man kann sich ja eine Zeitlang verirren, sind wir ja auch nicht frei von, aber nach fast zwei Jahren zunehmender Faschisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse durch die herrschende Klasse, mit den ganzen ökonomischen und sozialen Begleiterscheinungen, sollten wir doch langsam zu fundierten Ergebnissen bezüglich der Einschätzung der gesellschaftlichen Situation kommen. Diese ganze sozialdemokratisch/​grün versiffte reaktionäre Propaganda, die so vorherrschend ist innerhalb der Linken, mal durchbrechen und endlich wieder den Verhältnissen an die Wurzel gehen. Aus dem vom kapitalistischen Staatsapparat hervorgerufenen und verordneten Panikmodus mal wieder herauskommen. Wenn darüber gejammert wird, dass soziale Kämpfe, wie beispielsweise der Mieten- und Wohnungskampf nicht mehr ausreichend geführt werden kann, so stellt sich doch die Frage, warum eigentlich nicht?

Diese Demokratiebewegung macht es uns gerade vor, wie es gehen kann. Es liegt eigentlich auf der Hand, dass man sich mit der ganz überwiegenden Mehrheit dieser Bewegung, welche sich gerade die Straßen erobert, verbinden kann, denn diese hat durchaus berechtigte Forderungen. Und wir sind uns sicher, dass man nicht nur diese Menschen, sondern noch viele darüber hinaus gewinnen kann, wenn man beispielsweise »spazieren« geht für Forderungen wie:

  • Ausreichend Lohn
  • Adäquate Gesundheitsversorgung
  • Bezahlbare Mieten
  • Ausreichend Wohnraum
  • Bezahlbare Energie
  • Gute Schulbildung
  • Aufrüstung und Kriegstreiberei verhindern
  • Und, und, und …

In Magdeburg haben Genossen einen unserer Ansicht nach guten Schritt getan, vielleicht sind sie ja auch gar nicht allein. Diese Genossen einer Gruppierung, welche sich ZK (zusammen kämpfen) nennt, haben an der Montagsdemonstration vom 3.1.2022 in Magdeburg mit einigen Transparenten teilgenommen und dies auch in linken Foren bekannt gemacht. Von der Freien Linken war uns solch eine Haltung ja schon bekannt, aus diesem Spektrum bisher eher nicht. Umso erfreuter sind wir aber über eine solche Entwicklung. Es gärt und schwelt doch überall in der Bevölkerung und auch unter ehrlichen Linken, aber bisher gelingt es diesem pseudolinken sozialdemokratisch/​grün versifften Mainstream viele aufrechte Genossen zu deckeln, oder sogar platt zu machen, das sollten wir nicht weiter dulden.

Diese Spaziergänger, welche wir so erlebt haben, waren oft sehr mutige, standhafte und leidensfähige Menschen. Ein Menschenschlag, der unter Umständen auch mit den über die Corona-​Geschichten hinaus gehenden, sozialen Forderungen etwas anfangen kann. Das wäre dann schon eine beachtliche gesellschaftliche Kraft, wenn sich die Forderungen der Demokratiebewegung, mit den sozialen Forderungen eines weiteren beträchtlichen Teils der Bevölkerung verbinden könnten. Aber unabhängig davon, liegt doch die dringende Notwendigkeit von sozialen Kämpfen auf der Hand.

Der Artikel erschien zuerst bei Einige​-Gedanken​.de

4 thoughts on “EINIGE GEDANKEN…… ÜBER DAS SPAZIERENGEHEN IN BEWEGTEN ZEITEN

  1. Ich möchte hier gerne einige Anmerkungen machen.
    Das größte Problem ist m. E. , dass die »Linke« in Deutschland nicht merkt, dass die Massen sie links überholt haben und ihre klägliche Untätigkeit durchaus registrieren. Unter dem Vorwand »man läuft nicht mit den Nazis« verkennen sie auch, dass bei den primitivsten legalen »demokratischen Bewegungen«, bewusst oder unbewusst auch konservative rechte Menschen mitlaufen, die aus Empörung gegen die Abbröckelung der Fassade der bürgerlichen Demokratie aufstehen. Anstatt diesen Menschen unter dem Motto »Wenn du gegen das Geschehene kämpfst, kannst du mitkämpfen, aber sobald du dich gegen uns kämpfende Menschen richtest, werden wir dich bekämpfen« eine Möglichkeit anzubieten und sie damit in den Kampf einzubeziehen, sie dadurch von den systemtreuen bewussten Faschisten abzuspalten, wird das ganze Kampfpotential, das durch die Repressalien hervorgetreten ist, den Faschisten überlassen. Damit wird den Faschisten, die letztendlich als ein Instrument des Systems in Erscheinung treten, die Möglichkeit geboten, ihre menschenverachtende Politik unter die Menschen zu bringen. Gleichzeitig bieten sie dem System die Möglichkeit, eine Angriffsfläche gegen die sich auflehnenden Menschen zu haben. Nein, die Menschen sind keine Faschisten und sie sind auch keine Mitläufer. Es sind die Faschisten, die »hinter« den Massen laufen und versuchen, Anschluss zu finden, um ihnen ihre menschenverachtende Politik aufzudrücken. Dennoch habe ich persönlich keine Menschen gesehen, die gegen Flüchtlinge hetzen.
    Wenn die »Linke« nicht schnellstens aufhört, die sie selbst lähmende kindliche, kleinbürgerliche Position ihrer »Antifaschismustheorie« zu verlassen und wirklich Politik zu betreiben, um das hervorgetretene Potential einzuverleiben und für die Massen eine richtungsweisende Initiative zu werden, dann kann sie aus diesem Kampf gegen die Repressalien des Systems nur als kläglicher Verlierer hervorgehen.
    Linke haben nicht das Recht, die Massen gegen die Gewalt des Systems, das die Menschenwürde und die körperliche Unversehrtheit untergraben versucht, in Stich zu lassen! Und niemand, insbesondere die Linke hat nicht das Recht, mit ihrer Untätigkeit das menschenverachtende System zu unterstützen, egal, mit welchen Vorwand auch immer. Und die Linke hat nicht das Recht, gegen das System tätige bzw. kämpfende Menschen in ihrem Kampf zu schwächen. Umgekehrt muss sie die faschistische Unterwanderung aufdecken und offenlegen. Instrumente dafür gibt es genug.
    Unter diesen Gesichtspunkt meinen Respekt an den linken Widerstand.

  2. Der Fehler und der Irrtum der Linken scheint mir zu sein, dass sie sich Faschismus nur als Abziehbild des Nationalsozialismus/​Nazifaschismus in seiner Hochphase vorstellen können. Weder haben sie dabei im Blick, dass es auch damals Anfangsschritte gab, die viele Menschen noch glauben ließen, das werde schon bald wieder enden, noch dass Faschismus, der sich in entwickelten »Demokratien« etablieren soll, eine andere Begründung und auch andere Erscheinungsformen braucht und generiert.

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